Wie die Frage des „geschlossenen“ ökonomischen Weltbildes doch eine Frage der Medien ist

Brexit: No to EU AusterityKommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 7.8.2018

Sind die Print-Medien der „Gatekeeper“ zur Sicherung der neoliberalen Theorie – aber Stephan Kaufmann hat das jetzt in der FR durchbrochen? – Nur sind die Print-Medien eigentlich dafür noch von Bedeutung, wenn es auf Youtube längst ausführlich „wahrgenommen“ werden kann? (siehe weiter unten) – Ja aber, wer „liest“ schon gemütlich beim Frühstück o.ä. Youtube? (Gegenfrage: Wer liest überhaupt noch Zeitung?)

Wie es zur „Zwangsläufigkeit“ des jetzt allseits so dominanten Neoliberalismus kam

„… die Ideen von Ökonomen sind wirkungsmächtiger als man üblicherweise glaubt. In der Tat wird die Welt von nichts anderem beherrscht. Menschen mit praktischem Verstand, die sich selbst frei von intellektuellen Einflüssen halten, sind – in der Ökonomie – meist Sklaven irgendeines verblichenen Ökonomen„. (Keynes, „General Theory“) Selbst wenn dann Friedrich Hayek und Co. dies dann – zumindest – ab den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts gegen Keynes (der 1946 verstorben war) und für sich „entscheiden“ konnten.

Wie Stephan Schulmeister doch zu einer Alternative des „Alternativlosen“ vordringt. Es war mir eine Freude das Interview von Stephan Schulmeister am Samstag in der FR mit Stephan Kaufmann zu lesen. (http://www.fr.de/wirtschaft/finanzsystem-wir-erleben-derzeit-eine-strangulation-a-1556577 externer Link) Wunderbar diese Kennzeichnung der von verschiedenen ökonomischen Theorien „angeleiteten“ Wirtschaftsphasen in Deutschland

  • einerseits noch in den sechziger Jahren, wo die Rendite von Realanlagen über 20 Prozent lag und der Zins – auf den streng regulierten Finanzmärkten – inflationsbereinigt bei zwei Prozent. – So entstehen eben „Wirtschaftswunder“.
  • Und andererseits dann seit den siebziger Jahren der Renditevergleich zwischen Real- und Finanzanlagen sich zugunsten der Finanzanlage immer stärker umgekehrt hat.

Und für dieses irrationale Marktgeschehen braucht es auch die „Priester“, die dieses Geschehen – wie von höherer Warte – deuten, damit die Finanzmarktgläubigen bei der Stange gehalten werden – die Finanzanalysten. Und so werden dann immer wieder diese „Bullen“- oder „Bärenmärkte „erzeugt“. Ein „Ethnologe“ als Insider hat dies ausgeleuchtet. (http://www.taz.de/!5520195/ externer Link)

Darf die ökonomische Krise unsere vorrangige „Hoffnung“ sein, aus diesem Schlamassel rauszukommen?

Nur eine Frage drängte sich mir dabei auf, ob wir wirklich dahin „orientieren“ können, auf die „Krise der Ökonomie“ zu warten, während sich gleichzeitig – davon ungeniert – mit dem Rechtspopulismus die Krisen des Politischen (wie die Kieler (= IfW) es für alle Finanzkrisen analysiert hatten – vgl. dazu den Abschnitt „Wie Finanzkrisen die politischen Verhältnisse bei uns umstürzen durch das Erstarken populistischer Parteien“ – auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=135403) weiter ausapern können, die genau mit ihrem Programmen total kontraproduktiv für eine Lösung in einem sozialen Sinne sind (Schulmeister hat das Entsprechende auch schon gesagt – siehe weiter unten diese Kritik an den „Schwarz-Blauen in Österreich) – aber dafür wieder doch recht „produktiv“ im Sinne des Finanzkapitals wirken…? (und voraussichtlich von diesem dann auch dafür „finanz“-politisch recht klar unterstützt werden…)

Die Finanzkrise 2008 ff. als Scheitern der idealistischen neoliberalen Theorie

konnte politisch bei uns nicht virulent werden, weil es niemanden mehr gab, der diese Finanzkrise 2008 ff. als ein gewaltiges Scheitern der neoliberalen Theorie anprangern konnte. Weder die sozialdemokratischen Parteien noch die Gewerkschaften haben seit den 1970-er und 1980-er Jahren, als die Entfesselung der Finanzmärkte begann, verstanden, dass diese Entfesselung der Finanzmärkte und die gleichzeitige Aufgabe der Vollbeschäftigungspolitik zugunsten der Geldwertstabilität Teil einer durchaus angestrebten politischen Offensive gegen die Interessen der von ihnen vertretenen Menschen war.

Dieses Unverständnis führte dann zu dem „Glücksfall“ für den Neoliberalismus, dass ausgerechnet die Schröder-SPD mit der Agenda 2010 die Liberalisierung nicht nur der Arbeitsmärkte, sondern auch die weitere Entfesselung der Finanzmärkte durchsetzte.

Jedoch am verhängnisvollsten erwies sich die Tatsache, dass die als späteren Vordenker des Keynesianismus – als Nachfahren jenes Keynes, der noch selbst als Spekulant seine Erfahrungen auf den Finanzmärkten gemacht hatte – inzwischen zu bloßen „Trivial-Keynesianern“ verkümmert waren. Ihnen war es nicht mehr möglich sowohl eine empirische als auch eine theoretische Erklärung der Hauptwirtschaftsentwicklungen seit den 1970-er Jahren zu erarbeiten.

Insbesondere erfassten sie nicht die Verlagerung des Gewinnstrebens von den Aktivitäten der Realwirtschaft zur Finanzspekulation.

Jetzt erst einmal ein Start des Kampfes gegen die dadurch ausgelöste Entsolidarisierung und ein Start des Kampfes um die Gegenposition durch den Realkapitalismus.

Die Zivilgesellschaft beginnt sich da auch schon deutlich zu positionieren, um gegen das wachsenden Selbstbewußtsein von Rechtsaußen Gegenstrategien zu entwickeln – oder wie es Meron Mendel formuliert: Die wichtige Frage lautet jetzt, wie schaffen wir eine solidarische Gesellschaft, in der nicht jede Gruppe nur für ihre eigenen Partikularinteressen kämpft. Es muss klar werden, warum diese Tendenzen der Entsolidarisierung so gefährlich sind. (http://www.fr.de/politik/flucht-zuwanderung/day-orange-wir-muessen-in-die-offensive-a-1556679 externer Link)

Wir dürfen uns nicht in unsere eigenen Diskurse einkapseln.

Dabei wird es auch zur wichtigen Frage, inwieweit die Gewerkschaften diesem rechtspopulistischen Druck von seiten der Arbeitnehmer in den Betrieben standhalten. (https://www.vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/rechtspopulismus-und-gewerkschaften/ externer Link) Und eine klare Stellung für eine solidarische Gesellschaft entwickeln, und dazu noch eine klare Gegenposition im Sinne des Realkapitalismus entwickeln. (Siehe z.B. https://www.youtube.com/watch?v=cKy4Y5Zk8ig externer Link )

Ich befürchte – auch wenn es die Anforderungen an die Kompetenzen der Beteiligten noch erhöht, wir müssen hier „zweigleisig“ fahren:

  • einerseits den Finanzkapitalismus angreifen mit dem Herausstellen der Krisengefahr durch ihn – mit dem Dagegenstellen der Vorteile des Realkapitalismus (vgl. Europa auf dem Weg in die Krise und zurück: https://www.youtube.com/watch?v=cKy4Y5Zk8ig externer Link )
  • und andererseits den ganzen Schwachsinn des politisch so virulenten Rechtspopulismus – weil ganz einfache Lösungen suggeriert werden, die so gar nicht im Interesse des normalen Arbeitnehmers sind -, angreifen. (Siehe zu den Maßnahmen – ohne vorher angekündigt worden zu sein – der schwarz-blauen Regierung in Österreich auch Stephan Schulmeister auf dem Gewerkschaftstag „Pro GE“: https://www.youtube.com/watch?v=IXBmu6lP3js externer Link sowie kürzer noch zusammengefasst: https://www.youtube.com/watch?v=aWCap_mp4IY externer Link )
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=135721
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