Krankes System: Mehr und mehr wird das Gesundheitswesen dieses Landes nach den Grundsätzen der Profitorientierung organisiert

Medizin und Ökonomie„… Das deutsche Gesundheitssystem war eine der stabilsten Säulen des bundesrepublikanischen Sozialstaats. Es hatte die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung in der Vergangenheit für jeden jederzeit und stets auf hohem Niveau gewährleistet. Natürlich machte es immer schon einen Unterschied, ob man als Privat- oder als Kassenpatient behandelt wurde. (…) Das verändert sich seit einiger Zeit erheblich. Auf der einen Seite ist das Gesundheitswesen zum Objekt ökonomischer Begierden geworden. Er gilt als krisensicherer und konjunkturunabhängiger Anlagemarkt, zu dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon vor Jahren vorausschauend für das westdeutsche Kapital feststellte: »Das Gesundheitswesen ist einer der wenigen Wachstumsmärkte, die es überhaupt noch gibt.« (FAZ vom 21. Mai 2005). (…) Ein Blick auf die Geschichte der Entwicklung des bundesrepublikanischen Sozialstaatsmodells zeigt, dass dieses weder als fürsorglicher Gunst- noch als hoheitlicher Gnadenerweis dahergekommen ist. Der Sozialstaat BRD ist das Ergebnis sozialer und ökonomischer Auseinandersetzungen. (…) Es geht dabei immer um die Frage von gesellschaftlicher Macht und Gegenmacht. So ist der gesellschaftliche Kompromiss, der bei der Konstituierung der Bundesrepublik als Sozialstaat zugrunde lag, geprägt durch die sozialen Kämpfe der Nachkriegsära. (…) Mit dem Wegbrechen dieser Systemalternative und dem Rückgang der Industriearbeit in großen Verbünden, den sozialen Veränderungen in der modernen digitalisierten Arbeitswelt mit ihrer Zersplitterung und der fortschreitenden Prekarisierung: »Job statt Beruf« – hat sich das gesellschaftliche Kräfteverhältnis verschoben. Der historische Kompromiss wird aufgekündigt…“ Beitrag von Wolfgang Albers, ehemaliger Oberarzt und Mitlied des Betriebsrates von Vivantes, bei der jungen Welt vom 2. August 2016 externer Link

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