Ver.di Fachtagung „Gewalt im Jobcenter“

Am 16. April 2013 fand in Düsseldorf die Fachtagung „Gewalt im Jobcenter“ statt, zu der ich, neben vielen Fachreferenten der Jobcenter selbst, als Referent eingeladen wurde, um aus Sicht der HartzIV-Betroffenen darzulegen, wieso es zu Aggressionsausbrüchen kommt. Dass es kein Zuckerschlecken werden würde vor über 100 Personalräten der Jobcenter zu referieren war eigentlich von Anfang an klar. Insbesondere, wenn man der Einzige ist, der als Betroffener, bzw. für die Betroffenen eine Sichtweise darlegt, die den Jobcenter-Mitarbeitern zwar bekannt sind, aber stets verdrängt wird.
Anlass der Fachtagung war der schreckliche Mord im Jobcenter Neuss, bei der eine Sachbearbeiterin von einem Erwerbslosen erstochen wurde, weil dieser in der irrigen Annahme war, dass man mit seinen Daten handeln wollte. Zudem war sie selber noch nicht einmal das Ziel seiner Aggression, sondern schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort, weil der zuständige Sachbearbeiter nicht da war.
Während meine Vorredner, sieht man von Frau Prof. Dr. Helga Spindler einmal ab, welche über das Aggressionspotential im SGBII referierte, ausschließlich um die Sicherheit der Beschäftigten sprachen, versuchte ich zu erläutern, wie es zu einem Aggressionsstau bei den Betroffenen kommt, der dann durchaus in Kurzschlusshandlungen münden kann. In meinem Referat legte ich dar, warum Betroffene der HartzIV-Gesetzgebung mitunter aggressiv reagieren und auftreten können
…“ Bericht von Berthold Bronisz vom 19. April 2013 externer Link bei LINKEN ERWERBSLOSEN ORGANISATION (L.E.O.)

  • Aus dem Text: „… Dass man auf Seiten der Jobcenter auch für die Beibehaltung von Sanktionen ist, wurde durch die an mich gerichtete Frage, wie ich mir den vorstellen könnte, das System zu ändern, offenbar. Meine Erläuterung darauf war, dass man die Regelsätze, welche das Bundesverfassungsgericht als derzeitiges Existenzminimum und Grundrecht festgelegt hat, über das Existenzminimum hinaus anheben muss. Dann könne man ggf. auch sanktionieren. Aber eben nur bis hin zum Existenzminimum und nicht darunter. Schon fast reflexartig kam daraufhin das „Sachargument“, dass sich die Betroffenen ja dann in Hartz IV ausruhen würden. Da war sie wieder, die Pauschalierung…“
  • Siehe dazu die Anmerkung von Norbert Hermann (BO-Prekaer): „Mitarbeitende, Geschäftsführungen, Personalräte der Jobcenter halten die Maschinerie am Laufen. Wer noch über (Arbeitsamts-) >>Berufsethos<< verfügt oder sonstwie „anständig“  ist, sieht zu, dass er/sie wegkommt oder sich im Amt eine Nische sucht. Was bleibt ist grossteils negative Auslese von „Alten“ oder unverschämte Junge oder Ahnungslose mit Zeitvertrag. Wenn sie nicht selbst zu Tätern  und Täterinnen werden, so werden sie doch mitschuldig durch wegschauen oder durch Nichtstun.“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=32665
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