Jagd auf kranke Überflüssige

Dossier

Die 1.000 Augen der Jobcenter - Veranstaltungsreihe in Berlin, März 2016Hartz-IV-Empfänger, die häufiger krank sind, müssen sich einem Zeitungsbericht zufolge auf schärfere Kontrollen der Jobcenter gefasst machen. Künftig kann das Jobcenter wohl Atteste fordern und Leistungen kürzen, wenn es glaubt, dass eine Krankheit nur vorgeschoben ist….“ Artikel in der Berliner Zeitung online vom 08.04.2013 externer Link („Jobcenter will kranke Hartz IV-Empfänger schärfer kontrollieren“), siehe dazu:

  • Wenn dem Jobcenter das „normale“ Attest vom Arzt nicht ausreicht New
    „… Jeder Arbeitgeber muss sich mit einer normalen Arbeitsunfähigkeit zufrieden geben. Warum fordern Jobcenter mehr? Das Informationsfreiheitsgesetz erlaubt Nachfragen. Das Portal www.fragdenstaat.de hilft beim Fragen stellen. Beispiel: Wer hat das Formular entwickelt? Wann wurde es entwickelt? Wie ist die Anwendungsweise dokumentiert? Auf welcher Rechtsgrundlage ist die Forderung begründet? Warum werden Kostenübernahmezusagen auf 5,36 € beschränkt und nicht die volle Kostenübernahme zugesagt. Es liegen Rückmeldungen vor, dass höhere Gebühren für Atteste gefordert werden. Warum verwenden Jobcenter-Mitarbeiter im Märkischen Kreis dieses Formular nicht einheitlich? (…) Antwort: „Die ,,ergänzende ärztliche Bescheinigung“ wurde von Mitarbeitenden des Jobcenters Märkischer Kreis im Jahr 2014 entwickelt. Liegt bei einem Kunden/einer Kundin laut ärztlichem Gutachten eine Erwerbsunfähigkeit bis zu sechs Monaten vor, erfolgt spätestens sechs Monate nachdem das Gutachten eröffnet und mit dem Kunden/der Kundin besprochen wurde eine erneute Einladung, um den aktuellen Gesundheitszustand zu besprechen. Der Vordruck wurde entwickelt, um den Mitarbeitenden eine Hilfestellung an die Hand zu geben, eine erneute Einschaltung des ärztlichen Dienstes gut vorzubereiten oder im Interesse der Kunden und Kundinnen ggf. auch darauf zu verzichten. Die Vorlage dieser Bescheinigung beim behandelnden Arzt erfolgt auf freiwilliger Basis und ist nicht verpflichtend. Die Kosten für die Ausstellung eines solchen Attestes können nur in angemessenem Umfang vom Jobcenter Märkischer Kreis übernommen werden. Dies sind die nach Ziffer 70 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vorgesehenen Gebühren für eine kurze Bescheinigung, zwar in Höhe des bei Privatrechnungen üblichen 2,3 fachen Satzes, mithin derzeit 5,36 EUR. Interne Weisung zur Verwendung von hauseigenen Formularen „ergänzende ärztliche Bescheinigung Informationsfreiheitsgesetz-Anfragen an Optionskommunen fallen in die Zuständigkeit der Länder, Anfragen an Jobcenter unterliegen dem IFG des Bundes. Ich möchte ermutigen diese Möglichkeiten kreativ zu nutzen…“ Beitrag von Ulrich Wockelmann vom 29. November 2022 beim Lokalkompass Iserlohn externer Link
  • Jobcentern fehlt der Respekt
    „Mehr laufen, besser essen: Ämter drängen Arbeitslose, ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Mit solchen Themen befasste sich der Kongress Armut und Gesundheit (…) Die Runde »Arbeitslosigkeit – Kritik gegenwärtiger Gesundheitsstrategien«, bei der Steffens am vergangenen Freitag sprach, war nur eine von über 100 Veranstaltungen, die im Rahmen des diesjährigen Kongresses Armut und Gesundheit stattfanden. Die zweitägige Konferenz (Donnerstag und Freitag) in Berlin zog mehr als 2.000 Besucher an. Ausgerichtet wurde sie von verschiedenen Sozialverbänden und Krankenkassen; auch staatliche Stellen wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und das Bundesfamilienministerium sind an ihr beteiligt. Zum Umgang der Jobcenter mit Hartz-IV-Berechtigten sprach neben Steffens auch Elene Weber, ebenfalls von der Diakonie. Den Erwerbslosen würden oft Angebote zur Verbesserung ihrer Gesundheit gemacht. Diese Offerten könnten die Erwerbslosen zwar ablehnen. Doch dass die derart Beratenen selbst entscheiden können, werde nicht hinreichend vermittelt. »Wir hören von den Menschen immer wieder: ›Ich mache besser, was sie mir vorschlagen, sonst kriege ich nur Probleme‹«, so Weber. Allzuoft würden die Ämter nur auf eine Umstellung der Lebensweise pochen, sagte Steffens. »Aber wir wissen aus vielen Studien, dass die ›Lebenslage Arbeitslosigkeit‹ selbst einen Faktor für Krankheit darstellt.« Auf eine Änderung der sozialen Situation der Menschen – etwa ihrer Möglichkeiten, an Treffen mit Freunden teilzuhaben oder in einem Verein tätig zu sein – würden die Jobcenter jedoch wenig achten. Das sei hochproblematisch, denn so würde ein soziales Problem zu einem individuellen Problem umgedeutet…“ Kongressbericht von Johannes Supe bei der jungen Welt vom 20. März 2017 externer Link
  • Datenschutz bei Krankheitsdaten in bayrischen kommunalen Jobcentern mangelhaft
    Der bayrische Landesbeauftragte für den Datenschutz hat in einer Pressemitteilung vom 15.07.2016 festgestellt: „Sozialbehörden: Umgang mit Gesundheitsdaten nicht immer datenschutzkonform… Teilweise werden unnötig Diagnosen, gesundheitliche Beeinträchtigungen, Arzt-, Krankenhaus-,  Rehaentlass- und Therapieberichte, Gutachten und Atteste angefordert… Sachbearbeiter… sind meist keine Mediziner, sondern Verwaltungsbeamte. Sie dürfen daher nur die Informationen bekommen, die erforderlich sind, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Für sie ist nicht die konkrete Krankengeschichte des Betroffenen von Interesse, sondern welche Beeinträchtigungen die Krankheit aktuell für den Betroffenen hat und welche Folgen daraus abzuleiten sind. (…)  In Bezug auf die „Erhebung medizinischer Daten durch Sozialbehörden“ – die Feststellung, was erlaubt und was nicht erlaubt ist – hat der Bayrische Landesbeauftragte für den Datenschutz eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin sind folgende Leitlinien im Umgang von Sozialbehörden mit Krankheitsdaten festgehalten…“ Beitrag vom 21.7.2016 bei dieDatenschützer Rhein Main externer Link
  • Unmenschliche Methoden gegen Schwerkranken. Jobcenter Regensburg: Ein Mensch wird erledigt
    Erst verweigert das Jobcenter einem schwerkranken Mann so lange Arbeitslosengeld II, bis er obdachlos wird. Jetzt hilft ihm ein Rechtsanwalt, sich gegen die andauernden Schikanen zu wehren. Erfolgreich. Doch das Jobcenter schlägt zurück. Nach zahlreichen verlorenen Klagen wird nun versucht, den Mann abschieben zu lassen. Zwar lebt er seit über 20 Jahren in Deutschland, stammt aber aus Italien. Ein Protokoll der Unmenschlichkeit…“ Artikel von Stefan Aigner vom 25.8.2015 bei Regensburg digital externer Link
  • KSA: Kranke Arbeitslose verdienen Vertrauen. „Neuregelung“ ist Aktionismus auf Kosten von Arbeitslosen
    Als „starkes Stück“ und „Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegenüber Arbeitslosen“ und Ärzten hat die Koordination Saarländischer Arbeitslosen (KSA) die neueste Kampagne gegen kranke Hartz-IV-Bezieher/innen  bezeichnet. Die interne Weisung der Bundesagentur für Arbeit, die eine verschärfte Prüfung von Arbeitslosen bei Krankmeldungen vorsieht, beschädige erneut den Ruf der Betroffenen, so KSA-Vorsitzender Manfred Klasen…“ Presseerklärung vom 13.03.2013
  • Krankheit als Schikanegrund – die moralische Verkommenheit einer kranken Gesellschaft
    Seit Jahren ist es kein Geheimnis mehr, dass die Bundesregierungen den Armen im Lande den Krieg erklärt haben. Dies zeigt sich sehr deutlich in den Schikanen, denen diese ob im Umgang mit Jobcentern (früher ARGEs) und Sozialämtern ausgeliefert sind. Folge einer verbrecherischen Gesetzgebung, die alles einem Verwertungswahn unterwirft, auch den Menschen einschließlich seiner Gesundheit. Wert ist nur noch der Leistungsträger…“ Artikel von Thomas M. Müller vom 10.04.2013 bei den Hartz-IV-News  externer Link
  • Zum Hintergrund siehe den Thomé-Newsletter  vom 03.04.2013: Neue Weisungen der BA zum SGB II / Perfektionierung der Sonder-AU für Hartz-IV-Empfänger
    Die BA hat eine Reihe neuer Weisungen zum SGB II rausgegeben, so zu §§23, 26. § 31/31a/31b, 42a und 56 SGB II. Dabei ist insbesondere die Weisung zu § 56 SGB II hervorzuheben. Hier werden konsequent die Empfehlungen des gemeinsamen Bundesausschuß (AU) zur „Sonder-AU für Hartz-IV-Empfänger“ umgesetzt. Die gibt es hier: http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/327/ externer Link
    Die spezielle Weisung zu § 56 SGB II gibt es hier: http://www.harald-thome.de/media/files/sgb-ii-hinweise/FH-56—20.03.2013.pdf externer Link
    Kommentar: hier wird die Schikane und Drangsalierung von Hartz IV’ern perfektioniert.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=31111
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