Entscheidung des EuGH zur Anwendung der Leiharbeitsrichtlinie auf DRK-Schwesternschaft: Mitglieder sind Leiharbeiter/innen

Dossier

Missbrauch von Leiharbeit: Protestaktionen bei H&M„… Mit dem Urteil des EuGH wird in Zukunft die dauerhafte Ausleihe von DRK-Schwestern an einzelne Einrichtungen auch außerhalb des DRKs beendet. DRK-Schwestern haben bislang als Vereinsmitglieder keine vollständigen Arbeitnehmerrechte – gedeckt durch die deutsche Rechtsprechung. Für sie gilt weder das deutsche Arbeitsrecht noch das Streikrecht nach Artikel 9 Abs. 3 GG. Auch werden den DRK-Schwestern der Zugang zu staatlichen Arbeitsgerichten und die Teilnahme an Betriebsratswahlen verwehrt. Betroffen sind etwa 25.000 Arbeitnehmerinnen in 33 DRK-Schwesternschaften. „DRK-Schwestern müssen in Zukunft mit den Beschäftigten der Einsatzbetriebe gleichgestellt – oder noch besser – in diese Betriebe übernommen werden. Wir helfen gerne dabei, gute tarifliche Regelungen für den Übergang zu finden und die Ansprüche der Betroffenen zu sichern“, sagte ver.di-Bundesvorstandmitglied Sylvia Bühler…“ ver-di-Pressemitteilung vom 18. November 2016 externer Link zu Aktenzeichen EuGH C-216/15. Siehe dazu ein Interview mit dem Anwalt und neu dazu:

  • Nahles vs. Mitbestimmung: DRK-Schwestern sollen rechtlos bleibenNew
    „»Mitbestimmung, das ist für uns die Musik der Zukunft.« Es ist nicht allzu lange her, seit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) diesen Satz bei einer Betriebsrätekonferenz der IG Metall fallenließ. Doch nun sorgt die vermeintliche Vorkämpferin für Beschäftigteninteressen selbst für Misstöne: Mit einer Gesetzesänderung will sie dafür sorgen, dass in den 33 Schwesternschaften des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) weiterhin weder Betriebsräte noch Tarifverträge existieren. Von der Gewerkschaft ver.di wird sie deshalb bei der Anhörung im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales am heutigen Montag Kritik gefallen lassen müssen. (…) Denn zum Beispiel bei Arbeitskämpfen sind die DRK-Schwestern in manchen Häusern ein Problem. So arbeiten beispielsweise in der Uniklinik Bonn rund 500 von ihnen. Im Essener Uniklinikum sind es mehr als 1.100. Wenn die Belegschaft im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen zum Streik aufgerufen wird, kann das Management Ausfälle durch den Einsatz der DRK-Schwestern kompensieren. Die ökonomische Wirkung von Streiks wird so erheblich geschwächt…“ Beitrag von Daniel Behruzi bei der jungen Welt vom 15. Mai 2017 externer Link

  • Dauer-Leih-Schwestern vom DRK: Auch in Zukunft im Angebot? Da muss die Ministerin selbst Hand anlegen, um das hinzubiegen
    „Täglich werden zehntausende Kranke von Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gepflegt. (…) Man muss sich klar machen, mit was für einer Beschäftigungskonstruktion wir es hier zu tun haben: Die DRK-Schwestern sind (bis vor kurzem) nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts keine Beschäftigte nach dem Betriebsverfassungsgesetz und verfügen über keine Arbeitsverträge und -rechte. Sie besitzen keinen Kündigungsschutz und dürfen auch keinen Betriebsrat wählen. Sie leisten Arbeit aufgrund ihrer DRK-Mitgliedschaft, ihr Gehalt auf Tarifniveau wird ihnen offiziell als „Aufwandsentschädigung für karitativen Einsatz“ von der Schwesternschaft gezahlt. Bei Konflikten zählt ausschließlich die Vereinssatzung. Aber das ganz Konstrukt wurde in Frage gestellt und der Streit darüber vor die Gerichte getragen. (…) Eine unbefristete vollständige Herausnehme dieser Personengruppe aus dem Geltungskreis des AÜG wäre ein rechtssystematisch „mutiger“ Ansatz, um das nett zu formulieren. Mögliche Folgeprobleme (beispielsweise die absehbare Forderung anderer Branchen und Unternehmen, eine vergleichbare Sonderregelung für die eigenen Beschäftigten zu bekommen) liegen auf der Hand…“ Beitrag von Stefan Sell vom 1. März 2017 bei Aktuelle Sozialpolitik externer Link
  • DRK: Arbeitnehmerüberlassung nun mit Hintertür
    „… Noch bevor das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner von der GGB Hannover begrüßten Entscheidung die Gestellung von Rotkreuzschwestern als Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) beurteilte , hatten sich Politik und Arbeitgeber schon darauf verständigt, Konsequenzen aus dem Urteil wieder zu unterlaufen. Zu diesem Zwecke soll das DRK-Gesetz geändert werden. (…) Derweil hatten sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes Dr. Rudolf Seiters am 20. Februar darauf verständigt, die unbefristete Gestellung von Rotkreuzschwestern in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen weiterhin zu ermöglichen, indem „das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz mit der Maßgabe gilt, dass die Regelungen zur Überlassungshöchstdauer nicht anwendbar sind.“ Dazu soll nun das DRK-Gesetz ergänzt werden…“ Mitteilung von Frank Matz vom 1. März 2017 bei FAU-GGB Hannover externer Link

  • Leiharbeitsfirma Rotes Kreuz – Extrawurst für die Schwesternschaften von Nahles
    Dauerhaft wurden DRK-Schwestern an deutsche Kliniken verliehen. Damit hätte nun Schluss sein können, doch Ministerin Nahles funkt dazwischen (…) In einigen Krankenhäusern waren die DRK-Schwestern für ver.di bisher nämlich ein großes Problem. So arbeiten allein im Essener Uniklinikum rund 1.400 von ihnen, in der Uniklinik Bonn etwa 500. Das erschwert in Tarifauseinandersetzungen die Mobilisierung, da die Rotkreuzschwestern den Betrieb im Arbeitskampf aufrechterhalten. Ausgerechnet die Bundesarbeitsministerin der SPD will nun dafür sorgen, dass es dabei bleibt. Während ihr Kanzlerkandidat gegen prekäre Arbeit wettert, verkündete Andrea Nahles kurz vor der BAG-Entscheidung eine Einigung mit dem DRK-Präsidenten Rudolf Seiters. Demnach sollen Rotkreuzschwestern zwar künftig unter das AÜG fallen, zugleich jedoch von der Höchstüberlassungsdauer ausgenommen werden. »Ich freue mich, dass wir gemeinsam eine Lösung im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben finden konnten, die es den Rotkreuzschwestern erlaubt, ihr Modell weiterzuführen«, so Nahles in einer gemeinsamen Erklärung mit dem DRK-Chef. Das Ministerium begründete die Extrawurst für die Schwesternschaften mit dem Verweis auf die »besonderen gesetzlichen Aufgaben« des Deutschen Roten Kreuzes…“ Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 23.02.2017 externer Link – im Abo! Siehe dazu ver.di:

    • ver.di begrüßt Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu DRK-Schwestern: Mitglieder sind Leiharbeitnehmer auch nach deutschem Recht – Bundesarbeitsministerin auf Abwegen
      „… Mit dem Urteil des BAG wird in Zukunft die dauerhafte Ausleihe von DRK-Schwestern an einzelne Einrichtungen auch außerhalb des DRKs beendet. (…) Für vollkommen abwegig hält ver.di unterdessen die Ankündigung von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, den Sonderstatus der Schwesternschaften auf Grundlage einer Änderung des DRK-Gesetzes zu erhalten. „Eine solche Sonderregelung wäre nicht EU-rechtskonform und von vornherein zum Scheitern verurteilt“, stellte Bühler klar. Das EU-Recht dürfe nicht durch politische Tricksereien umgangen werden. Behauptungen, wonach der Sonderstatus der DRK-Schwesternschaften für den Einsatz im Krisenfall erforderlich sei, entbehrten im Übrigen jeglicher Grundlage. Der Gesetzgeber habe für solche Fälle hinreichend Vorsorge getroffen…“ Pressemitteilung vom 21.02.2017 externer Link
  • Bundesarbeitsgericht: DRK-Schwestern sind LeiharbeiterInnen – Der Betriebsrat des Krankenhauses kann Zustimmung verweigern
    Wird eine DRK-Schwester, die als Mitglied einer DRK-Schwesternschaft angehört, von dieser in einem vom Dritten betriebenen Krankenhaus eingesetzt um dort nach dessen Weisung gegen Entgelt tätig zu sein, handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung. Der Betriebsrat des Krankenhauses kann dieser Einstellung die erforderliche Zustimmung verweigern, wenn der Einsatz gegen das Verbot der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verstößt. (…) hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu Recht verweigert. Bei der Gestellung der DRK-Schwester handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung. Aufgrund der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung liegt diese auch dann vor, wenn ein Vereinsmitglied gegen Entgelt bei einem Dritten weisungsabhängig tätig ist und dabei einen Schutz genießt, der – wie bei den DRK-Schwestern – dem eines Arbeitnehmers entspricht.“ Pressemitteilung Nr. 10/17 des Bundesarbeitsgerichts zum Beschluss vom 21. Februar 2017 externer Link – 1 ABR 62/12.
  • EuGH zu Arbeitnehmerbegriff und Arbeitnehmerüberlassung von DRK-Schwestern: Rotkreuzschwestern sind Arbeitnehmerinnen
    „DRK-Schwestern sind Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 17.11.2016, C-216/15 (Ruhrlandklinik). Die Richtlinie 2008/104/EG schreibt das Prinzip der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft vor, lässt davon aber Ausnahmen zu, wenn die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer durch (Leiharbeits-)Tarifverträge geregelt sind. In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass auch die Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen können, wenn sie in einer nicht vom DRK betriebenen Einrichtung arbeiten. Für die Einordnung als „Arbeitnehmer“ kommt es nämlich nicht auf das deutsche Arbeitsrecht an…“ Rechtsinfo Arbeitsrecht Aktuell 17/009 vom 9. Januar 2017 von und bei der Kanzlei Hensche externer Link

    • Die Mitteilung bezieht sich auf EuGH-Urteil C-216/15 vom 17. November 2016 externer Link wo ist im Leitsatz wörtlich heißt: „… Art.1 Abs.1 und 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit ist dahin auszulegen, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat.“
  • »Einen Betriebsrat dürfen sie nicht wählen« Bislang galten die 25.000 DRK-Schwestern nicht als Beschäftigte. Nun entschied ein Gericht anders. Gespräch mit Gunnar Herget
    Die Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes sollen künftig als Leiharbeiterinnen angesehen werden. Das hat kürzlich der Europäische Gerichtshof entschieden, nach dem sich wohl auch das deutsche Bundesarbeitsgericht richten wird. (…) Im aktuellen Fall geht es um den Betriebsrat einer Klinik, der die Einstellung einer DRK-Schwester abgelehnt hat. Nach Auffassung des Betriebsrats wäre die Einstellung ein Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Es handele sich bei der Kollegin um eine Leiharbeiterin, die dauerhaft überlassen würde – was unzulässig ist. Der Europäische Gerichtshof hat das bestätigt, das letzte Wort hat nun aber das Bundesarbeitsgericht…“ Johannes Supe im Gespräch mit Gunnar Herget bei der jungen Welt vom 22. November 2016 externer Link (Gunnar Herget ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei CNH-Anwälte in Essen)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=107598
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