Newsletter am Freitag, 09. Juni 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen) Newsletter die WICHTIGSTEN der neu veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Marokko » Soziale Konflikte

Massenhafte Festnahmen und Demonstrationsverbote können die Proteste im Norden Marokkos nicht stoppen

Al-Hoceïma kommt nicht zur Ruhe. Seit der Verhaftung des Anführers der sozialen Protestbewegung „Hirak“, Nasser Zafzafi, am Montag vor einer Woche ziehen Abend für Abend Tausende durch die wichtigste Stadt des nordmarokkanischen Rifgebirges. In der Dunkelheit illuminieren ihre Handys den Protest gegen die herrschende Korruption und die Misswirtschaft. Sie verlangen Arbeit und Investitionen in der Region. Ihr Motto lautet: „Freiheit, Würde und soziale Gerechtigkeit!“ Außerdem skandieren sie immer wieder: „Wir sind alle Zafzafi“. Die Protestierenden werden von der Polizei gewaltsam daran gehindert, in die Innenstadt zu marschieren. Die Bewegung in Al-Hoceïma begann vor rund sieben Monaten, nachdem der ambulante Fischhändler Mouhcine Fikri ums Leben kam, als er seine von der Polizei beschlagnahmte Ware aus dem Innern eines Mülllasters retten wollte“ – so beginnt „„Wir werden nicht aufgeben““ von Reiner Wandler am 06. Juni 2017 in der taz externer Link, worin die aktuellen Proteste auch der kontinuierlichen Diskriminierung der Berber-Region zugeordnet werden. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge – inklusive Berichte über Solidarität anderswo

2. Internationales » Türkei » Politik » Putschversuch im Juli 2016 und die Folgen

[10. Juni 2017] Solidaritäts-Sitzstreik mit Nuriye Gülmen und Semih Özakca in Berlin

Auch Nuriye Gülmen und Semih Özakca gehören zu den Zehntausenden Akademikern, die per Notstandsdekret aus ihren Berufen entlassen wurden. Nach ihrer Entlassung entschied sich Nuriye Gülmen, vor der Menschenrechtsstatue in Ankara Yüksel mit einem Sitzstreik zu protestieren. Der Grundschullehrer Semih Özakca schloss sich ihr an. In den ersten Tagen dieses Widerstands wurden die beiden täglich festgenommen und in Gewahrsam gefoltert. Nuriye Gülmen wurde während einer Festnahme die Nase gebrochen. Trotz dieser Einschüchterungsversuche kehrten die beiden nach jeder Verhaftung zurück an den Platz ihres Widerstands und führten diesen fort. In einer Zeit, in der die Menschen in einer Spirale aus Terror und Einschüchterung gefangen waren, durchbrachen die beiden AkademikerInnen mit ihrem Einsatz die Mauer aus Angst und begannen, den Menschen Hoffnung zu geben. Sie zeigen: Nur wer sich gegen die staatliche Willkür zur Wehr setzt, kann diese besiegen. Nuriye und Semih begannen zu zweit, heute folgen in allen Ecken der Türkei entlassene Arbeiter und AkademikerInnen ihrem Beispiel. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, fingen die beiden am 11.März 2017, dem Todestag von Berkin Elvan, mit einem unbefristeten Hungerstreik für die Aufhebung des Ausnahmezustands und ihre Wiedereinstellung“ – aus dem Aufruf „Die Forderungen von Nuriye Gülmen, Semih Özakca müssen erfüllt werden“ des Soli-Komitees für Nuriye Gülmen und Semih Özakca am 06. Juni 2017 bei linksunten.indymedia externer Link, mit dem zu einem Solidaritäts-Sitzstreik in Berlin am Samstag, 10. Juni, von 17.00-19.00 am Kottbusser Tor aufgerufen wird

3. Internationales » Kolumbien » Soziale Konflikte

Nach drei Wochen Hafenblockade in Buenaventura gibt die kolumbianische Regierung nach

Es seien fortschrittliche Vereinbarungen erzielt worden, erklärte Víctor Vidal, Mitglied der fast ausschließlich mit Afrokolumbianern besetzten Delegation gegenüber amerika21. Er meint, dass nun erst der schwerste Teil des Protests beginne: Die Umsetzung und Überwachung der zugesagten Investitionen. „Wir haben wichtige Erfolge erzielt und vor allem innovative Maßnahmen verhandelt, diese umzusetzen“, sagte Vidal. Dazu gehört ein autonomes Vermögen, das rund 460 Millionen Euro umfasst und von der Region selbst verwaltet werden soll. „Damit wollen wir verhindern, dass die Gelder schon auf dem Weg nach Buenaventura verschwinden“, so Vidal. Korruption sei eins der Hauptprobleme Kolumbiens. Ein weiteres Problem sei der institutionelle Rassismus. In Kolumbien sind die von Schwarzen und Indigenen bewohnten Regionen die mit Abstand ärmsten und benachteiligsten Landstriche. Um der humanitären Notlage und der extremen Armut gerecht zu werden, wurden in den Vereinbarungen vor allem drei Punkte beschlossen: Verbesserung der Bildung, Zugang zu Trinkwasser und Gesundheitsversorgung. Mit einem gesetzlich verankerten Zehnjahresplan soll der Anschluss an sauberes Trinkwasser, Abwasser, Zugang zu Schulen und der Bau eines neuen Krankenhauses umgesetzt werden“ – aus dem Beitrag „Generalstreik in Hafenstadt in Kolumbien nach Verhandlungserfolg beigelegt „ von Ani Dießelmann am 08. Juni 2017 bei amerika21.de externer Link, worin auch noch einmal eine Zwischenbilanz der letztlich vergeblichen Polizeirepression gezogen wird. Siehe dazu einen weiteren aktuellen Beitrag und eine erste Bewertung des erfolgreichen Kampfes

4. Internationales » Brasilien » Politik » Die Offensive des Kapitals und der Rechten zum Sturz der PT Regierung 2016

[30. Juni 2017] Zweiter Generalstreik in Brasilien beschlossen

Die neun brasilianischen Gewerkschaftsverbände haben für den 30. Juni 2017 einen erneuten Generalstreik beschlossen. Bis dahin sollen verschiedene Aktionstage auch und vor allem der Mobilisierung für diesen Tag dienen – die Messlatte des historischen Generalstreiks vom 28. April liegt sehr hoch, als mindestens 35 Millionen Menschen sich am Streik beteiligten. Auch dieser zweite Generalstreik richtet sich gegen das antisoziale Kampfprogramm der reaktionären ungewählten Regierung, die neben dem großen Rentenklau auch die allgemeine Auslagerung auch der Kernaktivitäten eines Unternehmens und weitere Wohltaten für ihre Wahlmänner in den Unternehmerverbänden durchsetzen will – und die parlamentarischen Prozeduren ohne Rücksicht auf Verluste vorantreiben muss. Dass etwa die Reform der Arbeitsgesetze von Senator Jeiressati verantwortet wird, von dem jeder in Brasilien weiß, dass er gerade mal 150 Millionen Euro auf seinem „Sparbuch“ hat, erleichtert diese Prozeduren nicht gerade. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge

5. Internationales » China » Gewerkschaften » Basisgewerkschaftliche Ansätze und Repression

Fortgesetzte Verfolgung chinesischer Basisaktivisten: Auch in der Schuhfabrik, die für Frau Trump produziert

Eine Festnahme, zwei „Verschwundene“ – das ist das Resultat einer neuerlichen Repression gegen Basis-Aktivistengruppen in der VR China – diesmal traf es drei Aktive, die eine Untersuchung der Arbeitsbedingungen in einer Schuhfabrik unternahmen, in der unter anderen für die Marke einer gewissen Frau Trump produziert wird. Die Begründungen sind die üblichen im Reich des kommunistischen Kapitalismus: Natürlich haben die Aktivisten gegen irgendwelche Gesetze verstoßen (gegen welche, wird entweder später nachgeliefert, oder aber es wird, wie in so vielen sozialistischen Ländern früher, gleich eine kriminelle Anklage konstruiert – erinnert sich noch jemand an „Rowdytum“ in der DDR?). Der Reuters-Artikel „Activist Probing Factories Making Ivanka Trump Shoes in China Arrested“ am 31. Mai 2017 bei Portside externer Link dokumentiert, berichtet auch davon, dass die Betroffenen „verwarnt“ worden seien und nicht mehr nach Hongkong ausreisen durften – und dass die (imperialistische, versteht sich, zumindest, wenn es passt) Menschenrechtsorganisation ai bereits Protest gegen die neuerliche Repression eingelegt habe – überflüssig, zu unterstreichen, dass die Untersuchung in der Schuhfabrik ergeben hatte, dass es deutliche Verstöße gegen die Arbeitsgesetze gegeben habe. Siehe dazu einen Bericht über die Aktualisierung der Anklagen

6. Branchen » Automobilindustrie » VW » VW international

Nach Protesten im Februar hatte VW kund getan, man nehme die Anliegen der Leiharbeiter in China ernst: Einmal die Wahrheit gesagt – und die Polizei gerufen

Die chinesische Polizei ist VW im Kampf gegen Leiharbeiter, die seit Monaten für solche (antikommunistischen?) Forderungen wie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ eintreten, beigesprungen und hat drei Aktivisten festgenommen (zwei wurden inzwischen wieder frei gelassen). Im Changchuner FAW-Volkswagen Werk arbeiten rund 3.000 Leiharbeiter, teilweise schon seit 10 Jahren, die seit Ende 2016 eine entsprechende Protestbewegung entwickelten, die durch Gespräche mit der Werksleitung keiner Lösung zugeführt werden konnten. Im Februar hatten sie vor der örtlichen Schlichtungsbehörde demonstriert, die die Frist für eine Entscheidung über ihr Anliegen nicht eingehalten hatte – woraufhin VW erklärte, man nehme diese Anliegen ernst, was sich jetzt gezeigt hat. In dem Artikel „Volkswagen worker representatives arrested at Changchun plant“ am 06. Juni 2017 beim China Labour Bulletin externer Link wird berichtet, seit Februar habe die Polizei ihre Präsenz am Werk intensiviert. Was – bisher – am 26. Mai in der Festnahme von Fu Tianbo, Wang Shuai, und Ai Zhenyu kulminiert sei, von denen Fu immer noch im Polizeigewahrsam sich befindet. Und es wird darauf verwiesen, dass VW 2012 eine Charta über Zeitarbeit unterzeichnet habe – wie viel das Wert ist, zeigt sich heute – worin beteuert wird, dass Vertretungen der so Beschäftigten respektiert würden.

7. Branchen » Stoffe und Bekleidung » Dossier: Leder- und Schuhproduktion im Visier: Kampagne „Change Your Shoes“ prangert Missstände an

Leder-und Schuhproduktion in der Türkei: Report der Kampagne Change Your Shoes prangert Missstände an

„Das INKOTA-Netzwerk veröffentlicht heute eine Studie, die massive Arbeitsrechtsverletzungen in der türkischen Schuh- und Lederindustrie aufdeckt. Die Staaten der Europäischen Union, allen voran Deutschland, sind die größten Abnehmer von Schuhen aus der Türkei. Deshalb fordert INKOTA zusammen mit seinen Partnern von Change Your Shoes europäische Schuhunternehmen auf, die Einhaltung der Menschenrechte in Produktionsländern wie der Türkei sicherzustellen und darüber öffentlich zu berichten. Die aktuelle Studie „Hier läuft was schief… – Arbeitsbedingungen in der türkischen Schuh- und Lederindustrie“ untersucht die Situation der Arbeiter in der türkischen Schuh-und Lederindustrie…“ INKOTA-Pressemitteilung vom 6. Juni 2017 externer Link pdf

8. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Real/Metro » So mag es das Unternehmen am liebsten: Überwachung und Werbedaten in einem Atemzug

a) Petition gegen Gesichtserkennung in Real-Märkten

Sehr geehrter Herr Gieseke, sehr geehrter Herr Müller-Sarmiento, wir sind empört darüber, dass sie in ihren real-Supermärkten unsere Gesichter und Gefühle analysieren, ohne uns Kunden darüber zu informieren. Ein allgemeiner Hinweis auf eine Video-Überwachung reicht hier nicht aus – denn was Sie praktizieren, geht weit darüber hinaus! Die Erhebung biometrischer Daten, die für die Gesichtsanalyse nötig sind, ist ein massiver Übergriff, denn sie machen uns eindeutig identifizierbar. Stoppen Sie die Praktiken sofort!“ – so beginnt die Petition „Keine Gesichtsanalyse im Supermarkt!“ seit dem 07. Juni 2017 bei campact.org externer Link, in deren Begründung auch darauf hin gewiesen wird, dass es bereits einmal gelang, ähnliches in Supermärkten zu verhindern (bei metro).

b) Gesichtsanalyse bei Post und Real – Wir stellen Strafanzeige

In 40 Real-Supermärkten werden Kund.innen von Kameras mit Gesichtserkennung ausgespäht, ebenso in 100 Filialen der deutschen Post – zu Werbezwecken. Wir stellen Strafanzeige, um die Überwachung und Analyse von Kund.innen zu stoppen. Die Real-Filialen, die diese Technik einsetzen, wollen das Problem nicht erkennen. Die Pressesprecher wiegeln ab: die eingesetzte Software zur Gesichtserkennung von Kund.innen sei zertifiziert und datenschutzkonform. Außerdem seien in den Filialen klar erkennbare Hinweise zur Videoüberwachung angebracht. Und überhaupt, die Real-Filialen hätten die Daten nicht selber, sondern die gingen an den Dienstleister Echion, dem die Kameras und die Software gehören. Beruhigend klingt das für uns nicht. Deshalb lassen wir uns nicht einlullen! Die Technik stellt einen groben Übergriff auf die Privatsphäre dar. Wir stellen Strafanzeige gegen Post und Real…“ Mitteilung vom 7. Juni 2017 von und bei Digitalcourage externer Link mit umfangreichen Hintergründen

9. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » H&M-Konzern

Arbeit auf Abruf: Ständig in Bereitschaft

Fast rund um die Uhr in Bereitschaft, sechs Tage die Woche – und das für einen Hungerlohn. Dabei werden beispielsweise Verkäuferinnen mit einem Vertrag angestellt, der Ihnen nur zehn bis 15 Stunden pro Woche garantiert. Wer mehr arbeiten will, wartet in ständiger Bereitschaft und springt kurzfristig ein. Das Risiko wird also vollkommen auf den Arbeitnehmer abgewälzt. Wir spielen in der ersten Liga – so präsentiert sich H&M seinen Mitarbeitern in einem Motivationsvideo. (…) Aber die Realität sieht ganz anders aus. Das berichten uns Verkäuferinnen von H&M, die anonym bleiben wollen. Sie sind festangestellt, allerdings nur mit Teilzeitverträgen. Garantiert sind ihnen nur zehn bis 20 Stunden pro Woche. Wenn sie mehr arbeiten wollen, dann müssen sie spontan auf Abruf bereit stehen. (…) Doch H&M zeigt nur die Spitze des Eisberges. Prekäre Festanstellungen, sind anscheinend der neue Trend im bundesdeutschen Einzelhandel…“ Bericht von Ulrich Hagmann und Anna Klühspies vom 6. Juni 2017 bei Report München externer Link (in der ARD-Mediathek abrufbar bis 6. Juni 2018, Dauer: ca. 6 Min.)

10. Branchen » Energiewirtschaft (und -politik) » Energie und Klima » Dossier: “Ende Gelände! Kohlebagger stoppen – Klima schützen!”: Polizei und RWE gehen gemeinsam gegen 1.500 KlimaaktivistInnen vor

Solidaritätserklärung der Initiative Gewerkschafter*innen für Klimaschutz

Das Unterfangen von RWE, mit Unterlassungsverpflichtungserklärungen den Widerstand gegen den Braunkohleabbau zu kriminalisieren und zu lähmen, kritisieren wir auf’s schärfste. Wir erklären uns solidarisch mit den Klima-Aktivist*innen, die sich für die Zukunft unseres Planeten einsetzen, indem sie mit ihren Körpern der zerstörerischen Maschinerie des Braunkohleabbaus Einhalt gebieten. Lasst euch nicht unterkriegen, bis RWE und andere Energieriesen es unterlassen, das Klima zu ruinieren, Menschen das Zuhause zu nehmen und Wälder und Felder abzubaggern! There are no jobs on a dead planet! Unten lassen statt unterlassen!“ Solidaritätserklärung beschlossen beim Treffen am 31.5.2017, siehe dazu unser Dossier zur Initiative

  • Siehe zum Hintergrund dem Kapagnenaufruf „Kohle unten lassen statt Protest unterlassen!“ im Dossier

11. Politik » Erwerbslosigkeit » Arbeitsamt und Arbeitszwang » Alltägliche Schikanen

Wahrheitspatenschaft / Hartz IV macht mundtot

„Du wirst gezwungen, etwas anderes zu sagen als Du denkst und fühlst? Dich abweichend von dem zu verhalten, was Deinem Wesen entspricht? Und das nur, um Geld zu verdienen (=Deine minimale Existenz zu behalten) oder Sanktionen vom Jobcenter zu vermeiden? Du musst überhaupt irgendwo „gute Miene zum bösen Spiel machen“ – wenn Du die Wahrheit sagst, droht Dir Ärger? Am Beispiel Zwangsbewerbung/Vorstellungsgespräch fangen ein paar Betroffene/Solidarische damit an: sie sprechen aus, was anderen verboten wurde selbst zu sagen und klären dabei mit Worten und Bildern über die Mechanismen und Triebkräfte unseres derzeitigen Wirtschaftssystems auf!…“ Aufruf zum Mitmachen bei der Wahrheitspatenschaft vom 26. April 2017 externer Link mit allen Infos zur Aktion und zur Beteiligung an der Aktion, die wir jetzt erst mitbekommen haben, aber dadurch für nicht weniger unterstützenswert halten

12. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsorganisation » Industrie/Arbeit 4.0

„Industrie 4.0“: Roboter machen das Leben einfacher – aber nur in den richtigen Händen

„Roboter und neuartige Maschinen gefährden heute jeden siebten Arbeitsplatz. Das meldete kürzlich die Tageszeitung „Neues Deutschland“ mit Blick auf das Bundesland Sachsen-Anhalt. Schon seit geraumer Zeit geistern die Schlagworte „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ durch die Medien. Von großen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ist die Rede. Doch sind tatsächlich die Maschinen und Roboter das Problem? Oder ist es nicht vielmehr eine Gesellschaftsordnung, die nicht imstande ist, die technische Entwicklung zum Wohle der gesamten Bevölkerung einzusetzen? (…) Die Perspektive für ArbeiterInnen und Angestellte liegt also nicht darin, die technische Entwicklung zu fürchten oder aufhalten zu wollen, sondern den Kapitalisten die moderne Technik wegzunehmen und in gesellschaftliches Eigentum zu verwandeln. Auf dieser Grundlage könnten sie eine sozialistische Gesellschaftsordnung aufbauen, welche die oben genannten, technisch schon lange gegebenen Möglichkeiten der selbst bestimmten Lebensgestaltung Wirklichkeit werden ließe.“ Beitrag von Thomas Stark vom 4. Juni 2017 bei der Perspektive online externer Link – unser Reden!

13. Politik » Europäische Union » EU-Militärpolitik

[„Verteidigungsfonds“] Europas Leitkultur

Mit der Veröffentlichung eines neuen „Reflexionspapiers“ zur Militarisierung der EU und eines Konzepts für einen „Verteidigungsfonds“ treibt die EU-Kommission die Militarisierung des Staatenbundes voran. Künftig sollen jährlich 1,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt für die Rüstungsforschung und -entwicklung bereitgestellt werden; die Gelder sollen als Anreiz dienen, die Rüstungsindustrie EU-weit stärker als bisher zu verschmelzen. Darüber hinaus stellt die Kommission Szenarien für die Militärpolitik zur Debatte, die auf „strategische Autonomie“ zielen und es der EU auf lange Sicht ermöglichen sollen, nicht nur „an der Seite ihrer Hauptverbündeten“, sondern bei Bedarf auch „allein zu handeln“. Neue Beschlüsse der EU zur Militärpolitik werden für das zweite Halbjahr 2017 erwartet, allerdings vermutlich erst nach der Bundestagswahl. Unterdessen treibt Berlin die Unterstellung von Truppenteilen fremder Staaten unter die Bundeswehr energisch voran. Wie es an der Münchner Bundeswehr-Universität heißt, könnten im nächsten Schritt skandinavische Einheiten ihre Einbindung in die deutschen Streitkräfte in Angriff nehmen. Einflussreiche deutsche Politiker plädieren zudem dafür, Einsätze „europäischer“ Soldaten der nationalen Kontrolle zu entziehen und sie von EU-Beschlüssen abhängig zu machen…“ Bericht vom 08.06.2017 von und bei German Foreign Policy externer Link

14. Interventionen » Kriege und Militarisierung » Militarisierung und die Bundeswehr

Allseits digital aktiv? Wo die Bundeswehr überall verteidigen (?) soll… Und: Künftig kann

Obwohl ein auch offensiv wirkendes militärisches Nachrichtenwesen im Kommando Strategische Aufklärung bereits zuvor existierte, erfährt dieses als wesentliches Element der Teilstreitkraft Cyber- und Informationsraum eine massive Aufwertung. Dies ist umso problematischer, als von der Bundesregierung keine klare Unterscheidung zwischen ziviler „Cyberabwehr“ und militärischer „Cyberverteidigung“ getroffen wird. So werden in die „Erstellung eines gesamtstaatlichen Lagebilds im Cyber- und Informationsraum“ laut Bundesregierung „alle dem KdoCIR [Kommando Cyber- und Informationsraum] unterstehenden Einheiten einbezogen“. Auf die Frage, [anhand] welcher Kriterien … innerhalb der ‚gesamtstaatlichen Cybersicherheit‘ jene ‚Verteidigungsaspekte‘ identifiziert [werden], deren Bewältigung ‚durchgängig wahrzunehmende Aufgabe‘ der Bundeswehr“ sind, und wie „die praktische Aufgabenteilung zwischen der Bundeswehr und zivilen Behörden bei der Gewährleistung von Cybersicherheit“ stattfindet, antwortet die Bundesregierung nicht. Letztlich legt sie der Aufgabenteilung das Prinzip zugrunde: Was die Bundeswehr macht ist Verteidigung, weil es die Bundeswehr macht, und damit legal. Dabei behält sie sich vor, mit den „vorhandenen defensiven und offensiven Fähigkeiten“ auch gegen nicht-militärische Angriffe vorzugehen („zur Abwehr von (militärischen) Cyberangriffen“). Somit geht mit der Aufstellung des Organisationsbereichs Cyber- und Informationsbereich eine kontinuierliche Einbeziehung des militärischen Nachrichtenwesens in die Erstellung eines gesamtstaatlichen Lagebildes einher, während zugleich der Einsatz offensiver Cyberkapazitäten der Bundeswehr gegen nichtmilitärische Angriffe zur Option wird“ – aus dem Beitrag „Strukturen für den geheimdienstlichen Dauerkrieg“ am 08. Juni 2017 bei imi-online externer Link, worin auch die vielfältigen Organisationsstrukturen und ihre Entwicklung deutlich gemacht werden

15. Interventionen » Kriege und Militarisierung » Antimilitarismus

Bundesweite Proteste am 10. Juni 2017: Kein Tag der Bundeswehr

Um die Bevölkerung von Militäreinsätzen zu überzeugen und junge Leute für den Kriegsdienst zu werben, führt die Bundeswehr seit 2015 einen „Tag der Bundeswehr“ durch. An diesem Tag öffnet die Armee an ausgewählten Standorten ihre Kasernentore oder präsentiert sich auf öffentlichen Plätzen mit einer Millionen-Euro schweren Propaganda-Show. Protest von seiten der Friedensbewegung darf da natürlich nicht fehlen! Auch in diesem Jahr finden an zahlreichen Standorten Aktionen gegen das Militärspektakel statt…“ Bundesweiter Aufruf von Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Bundesverband, Netzwerk Friedenskooperative und Termine auf der Aktionsseite des Netzwerks Friedenskooperative externer Link

  • Siehe z.B.: Nein zum Tag der Bundeswehr – 10. Juni 2017 in Aachen (…) Dazu sagen wir NEIN! Wir rufen auf zur Teilnahme an einer Mahnwache am 10. Juni vor dem Eingang zur Lützow-Kaserne, Trierer Str. 445 in Aachen. Beginn ist ab 10.00 Uhr. Ab 11 Uhr findet auf dem Aachern Markt parallel ein bundeswehrkritisches Straßentheater der Gruppe die „Unbelehrbaren“ statt.“ Aufruf der DFG-VK NRW externer Link, dort auch der Flyer

16. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU

a) Positionspapier: Verbände fordern mehr legale Migrationswege

„Mehr als 20 Organisationen fordern in einem gemeinsamen Positionspapier die Bundesregierung auf, legale Fluchtwege zu schaffen. Bei Migration dürfe es nicht nur um wirtschaftlichen Interessen der Aufnahmeländer gehen. (…) Auch für Menschen mit geringen Qualifikationen solle es zusätzliche Möglichkeiten zur Einwanderung geben. Gleichzeitig müsse das Recht auf Familiennachzug für Arbeitsmigranten gestärkt werden. Zudem sei es wichtig, Migranten unabhängig von Aufenthaltsstatus und Herkunft, Teilhabe und Mitsprache zu ermöglichen. (…) Mit Blick auf den Vorsitz Deutschlands beim Globalen Forum für Migration und Entwicklung (GFMD) Ende Juni fordern die Organisationen die Bundesregierung außerdem auf, die positiven Wirkungen der Migration auf Herkunfts- und Zielländer stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. Migration sei etwa ein wichtiges Instrument des internationalen sozialen Ausgleichs. Gleichzeitig müsse die Regierung ein deutliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen…“ Meldung vom 7. Juni 2017 von und bei Migazin externer Link

b) EU geht auch anders: Städte der Zuflucht. Eine Konferenz in Gdansk sucht nach eigenen, solidarischen Wegen in der Flüchtlingspolitik: von unten, von den Kommunen her.

„Kann man die EU auch »von unten erneuern«, sozusagen von den »solidarischen Städten« her? In Sachen Flüchtlingspolitik unternehmen Bürgermeister und Wissenschaftler nun genau diesen Versuch: Im polnischen Gdansk findet an diesem Mittwoch die Konferenz »Relaunching Europe Bottom-Up« statt – es geht um Netzwerkarbeit zwischen Kommunen und Regionen, die die Aufnahme von Geflüchteten selbst in die Hand nehmen wollen, weil die EU in dieser Frage scheitert bzw. nationalstaatliche Regierungen eine gemeinsame Aufnahmepolitik verweigern. Es geht in Gdanks also um nichts Geringeres als die Frage, wie dort, wo kommunal die Bereitschaft zu einer solidarischen Politik besteht, auch am jeweiligen Staat vorbei agiert werden kann – in direkter Kooperation mit der Europäischen Union. (…) Bei der Konferenz in Gdansk soll es nun nicht nur um »eine neue ganzheitliche und direkte Finanzierungsstrategie der europäischen Gemeinschaften« direkt durch die EU gehen, man will die Möglichkeiten solidarischer Politik gegen oder trotz staatlicher Blockaden auch bekannter machen. Ziel sei eine Integrationspolitik, »die sich auf eine gemeinsame Entwicklungsstrategie auf kommunaler Ebene konzentriert«, so die Governance Plattform der Humboldt-Viadrina, eine gemeinnützige Gesellschaft, an der auch Schwan beteiligt ist. Beteiligung der Zivilgesellschaft, Vermeidung von Zentralisierung und Renationalisierung, Erneuerung der EU von unten her – das sind die Grundgedanken des Projekts…“ Beitrag von Tom Strohschneider bei neues Deutschland vom 7. Juni 2017 externer Link

17. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Krisen und der alltägliche Kapitalismus » Alltagswiderstand und Commons » Commons und Recht auf Stadt

Rechtsradikal und Marktradikal: Passt. Ergibt zusammen: Mietwucher

Die Neue Rechte und ihre Stadt der Reichen – Am 19. und 20. Juni 2017 findet wieder eine Veranstaltung der Berliner Immobilienrunde statt. Es treffen sich hier Leute aus der Immobilienwirtschaft, um ihre Strategien der Profitmaximierung zu optimieren. (Genaueres zu Ort und Zeit siehe ganz unten) Themen diesmal sind Grunderwerbs- und Grundsteuer. Zurzeit umgehen Immobilienunternehmen bei den meisten Immobilienverkäufen die Grunderwerbssteuer und das Vorkaufsrecht der Bezirke, indem sie die Verkäufe als sog. Share Deals abwickeln. Das bedeutet, es werden formal nicht Häuser verkauft, sondern Anteile an Kapitalgesellschaften, denen die Häuser vorher nur zu diesem Zweck übereignet wurden. Mit Hilfe der Share Deals maximieren Immobilienunternehmen also ihre Gewinne und verschärfen die Ausbeutung der Bevölkerung. Immobilienunternehmen haben selbstverständlich ein Interesse daran, dass das auch in Zukunft so bleibt. Deshalb heißt es in der Einladung zur Immobilienrunde: „Da die großen Transaktionen als Share Deals durchgeführt werden, wollen die Bundesländer unbedingt auch diese in die Grunderwerbssteuer einbeziehen. Wie kann man darauf ggf. vorbeugend reagieren?…“ ist aus dem Beitrag „“Die Einfachen gehen, die Guten kommen…“ Die Neue Rechte und ihre Stadt der Reichen“ am 01. Juni 2017 bei linksunten.indymedia externer Link

  • worin es zum Veranstalter der Sache unter anderem noch heißt: „… In den 1980er und 1990er Jahren war Zitelmann einer der exponiertesten Vertreter eines informellen Netzwerks sich selbst als rechts bezeichnender weißer, männlicher Akademiker, oft „Neue Intellektuelle Rechte“ oder „Neue Rechte“ genannt. Dazu gehören u.a. auch Ernst Nolte, Eckhard Jesse und Uwe Backes. Im Zentrum des Denkens dieses Netzwerks steht ein völkischer Nationalismus mit der Nation als übergeordnetem Organismus, dem sich die Individuen dienend unterzuordnen haben. Zentral ist die Bejahung von Autorität und Unterordnung, die Forderung nach einer „Elite“, der das „Fußvolk“ untersteht. Damit verknüpft ist die Behauptung einer natürlichen Ungleichheit der Menschen. In den 1980ern und 1990ern beschäftigten sich Linke kritisch mit Zitelmann. Seitdem er Immobilienunternehmer ist, hat das leider aufgehört…“ – ein, auch mit einer Reihe von Links versehener Beitrag, der zu lesen lohnt…

Arbeitsfreies Wochenende wünscht Eure LabourNet-Redaktion

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Mieter_innen zu verkaufen
Durch die Liberalisierung des Wohnungsmarktes sind die Mietpreise in der Innenstadt von Poznań, Polen, deutlich gestiegen. Viele Bewohner_innen können sich die Mieten nicht mehr leisten und ziehen weg. Dem Besitzer eines Wohnhauses ging dieser schleichende Verdrängungsprozess nicht schnell genug. Er schickte Bauarbeiter, die das Haus unbewohnbar machen sollten und die Bewohner_innen schikanierten. In diesem Film von 2013 sprechen Mieter_innen und Unterstützer_innen über das Vorgehen des Hausbesitzers und die gezielte Vertreibung auch anderer Mieter_innen aus der Innenstadt. Sie schildern die dubiose Rolle von Baufirmen wie örtlichen Behörden und erklären ihren Widerstand gegen eine Wohnungspolitik, die sich an den Profitinteressen der Hausbesitzer orientiert.  Video bei labournet.tv externer Link (polnisch mit dt. UT | 44 min | 2013)
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LabourNet Germany:  https://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes,  qu`ils aient ou non un emploi
IBAN DE 76430609674033739600

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