Newsletter am Montag, 29. August 2016

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen!) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage:

1. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Leiharbeit und Sklavenhandel » Leiharbeit und Gewerkschaften » Kampagne: Offener Brief: Equal Pay für LeiharbeiterInnen, diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen!

Die Zahl des Tages (29.8.16): 316

Die Zahl ergibt sich aus den 37 ErstunterzeichnerInnen + momentan 236 online-Unterschriften + 43 Unterschriften aus den uns bisher postalisch zugesandten Listen (danke!)

Dabei eine Neue in der Liste der nun 22 unterstützenden Gruppierungen: FAU Duisburg/Ruhrgebiet Sektion östliches Ruhrgebiet

Wir bitten weiterhin, den Offenen Brief zu unterschreiben und zu verbreiten!

2. Internationales » Italien » Arbeitskämpfe

Foggia: Arbeitskampf in der italienischen Tomatenernte

Der Distrikt Foggia ist das Zentrum der „Tomatenindustrie“ Europas – und dort werden nach verschiedenen Schätzungen rund 20.000 Menschen bei der Ernte beschäftigt. MigrantInnen, die zum halben Mindestlohn arbeiten müssen – und unter Bedingungen hausen, die man nicht wohnen nennen kann, wo selbst fließend Wasser ein Fremdwort bleibt. Beschäftigt im Übrigen bei Großunternehmen der Branche wie etwa der Princes Industrie Alimentari, ein Unternehmen der Mitsubishi-Gruppe. Bereits im letzten Jahr hatte es Protest und Widerstand gegen diese unmenschlichen Bedingungen gegeben – jetzt, am 25. August, war Streik: 400 ArbeiterInnen streikten sechs Stunden lang und blockierten Straßen. In einer Rundmail vom 28. August 2016 wird berichtet: „In Foggia (Apulien, Süditalien) ist seit mehreren Wochen auch diesen Sommer wieder das Netzwerk Campagne in Lotta durchgehend vor Ort aktiv, um die Selbstorganisierung und Rechtedurchsetzung von migrantischen Tagelöhner_innen in der Landarbeit zu unterstützen. Seit dem vergangenen Herbst haben kontinuierlich Demonstrationen, Blockaden und Versammlungen der Arbeiter*innen stattgefunden, um gemeinsam für Aufenthaltspapiere, Unterkünfte, Arbeitsverträge, bessere Transportmöglichkeiten zu kämpfen. Vergangenen Donnerstag haben rund 400 Arbeiter*innen eine erfolgreiche Blockadeaktion durchgeführt und über sechs Stunden die Produktions- und Vertriebskette eines Tomaten verarbeitenden Großunternehmens stillgelegt. LKWs waren blockiert, Fahrer*innen zeigten sich solidarisch. Auch die Basisgewerkschaft SI.COBAS, in der sich in den vergangenen Jahren v.a. Arbeiter*innen aus der Logistikbranche organisieren, unterstützt den Streik“ Siehe dazu zwei aktuelle Berichte und die Pressemitteilung des Netzwerkes

3. Internationales » Italien » Arbeitskämpfe » Arbeitskämpfe in der Logistik » Streikende in italienischen H&M Lagern: Boykottaufruf

Die Entwicklung der Streikbewegung in den italienischen H&M Lagern

Einen kurzen Abriss der Entwicklung – und der Hintergründe – der Streiks in zwei italienischen H&M Lagern gibt der Artikel „[PAVIA – LODI] Primo mese di lotta dei lavoratori H&M!“ am 24. August 2016 bei den SI Cobas externer Link dokumentiert (ursprünglich bei den Clash City Workers), der mit dem ersten Streiktag am 28. Juli beginnt. Besonders interessant an diesem Beitrag unter anderem auch, dass er mit zahlreichen Fotos und einigen Kurzvideos versehen ist, die einen guten Eindruck von der Mobilisierung geben.

4. Internationales » Bolivien

Bergbau-Kooperativen gegen die bolivianische Regierung: Ein privilegierter Pakt zerfällt

Auf der einen Seite erscheint es einfach, folgt man Meldungen und Berichten in den meisten (nicht nur bürgerlichen) bundesdeutschen Medien: Polizei in Bolivien eröffnet Feuer auf demonstrierende Bergarbeiter. Auf der anderen Seite ist es noch einfacher: Die Regierung Boliviens hat einen Putschversuch verhindert, so die amtliche Darstellung. Den Putschversuch einer Vereinigung, die noch beim (gescheiterten) Referendum über eine mögliche weitere Amtszeit von Evo Morales bekundete, man werde Massen mobilisieren für eine Wiederwahl? Den Putschversuch einer Vereinigung, die jene Privilegien verteidigt, die ihnen diese Regierung verschafft hat? Fencomin, der Verband der Kooperativen im Bergbau, wehrt sich vor allem gegen zwei Dinge in einem neuen Gesetz: Die – eigentlich verfassungsgemäß ohnehin notwendige – Kontrolle ihrer Geschäfte mit Großunternehmen des internationalen Bergbaus, und gegen das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten von Kooperativen (von dem im aktuellen Gesetzentwurf die Beschäftigten der Bergbau-Kooperativen sogar ausgenommen bleiben sollten, aber es scheint dabei ums Prinzip zu gehen). Zum Verständnis dieser Entwicklung ist es nötig, die besondere wirtschaftliche Struktur des bolivianischen Bergbaus ansatzweise zu kennen – und die besondere Art der Politik der regierenden Bewegung für den Sozialismus MAS. Unsere aktuelle Materialsammlung „Klassenkampf in Bolivien – welche Klassen kämpfen?“ vom 28. August 2016 versucht, einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten

5. Internationales » Indien » Gewerkschaften

Die indische Regierung versucht, den Generalstreik am 2. September abzuwenden – beim Verband der Regierungspartei ist ihr dies (erneut) gelungen

Sie sei den Gewerkschaften ja bereits weit entgegen gekommen – so die indische Regierung. Weswegen es auch keinen Grund gäbe, an dem beschlossenen Generalstreik für den 2. September 2016 festzuhalten. Alternativ gibt es noch die Drohung der bengalischen Ministerpräsidentin, den Streik zu verbieten. Weder das eine noch das andere hat bisher gefruchtet – und alle Vorbereitungs- und Mobilisierungsaktionen zeigen, dass die Stimmung so ist, dass wohl, wie bereits vor einem Jahr, erneut weitaus mehr Beschäftigte sich an diesem Streik beteiligen werden, als die aufrufenden Gewerkschaften Mitglieder haben. Wie erneut zu erwarten ist, dass trotz der abermaligen Weigerung des regierungsnahen Gewerkschaftsbundes BMS sich am Streik zu beteiligen, viele Einzelgewerkschaften des Verbandes dies trotzdem tun werden – insofern besonders wichtig auch, weil der BMS nach verschiedenen Angaben heute die größte Föderation Indiens ist. Siehe dazu einige aktuelle Beiträge

6. Internationales » Indien » Arbeitskämpfe » Maruti-Suzuki

Überraschung!: Der Oberste Gerichtshof Indiens auf der Seite des Kapitals – Antrag der Suzuki-Belegschaft auf weitere Zeugenvernehmung abgelehnt

Die Anwälte der Maruti-Suzuki Belegschaft hatten den Antrag gestellt, in dem laufenden Verfahren erneut Zeugen von Seiten der Geschäftsleitung benennen zu können, die ihre bisherigen Aussagen über Gewaltanwendung der Streikenden im Jahr 2012 wiederrufen könnten. Dies hatten zwei Landesgerichte zugelassen – das Oberste Gericht hat jetzt dem Einspruch der Landesregierung, die offensichtlich um die Glaubwürdigkeit ihrer bisherigen Darstellungen – und der des Unternehmens, dem sie sich verbunden fühlt – fürchtet, statt gegeben. In dem Artikel „Supreme Court rejects witness recall plea from Maruti workers“ am 25. August 2016 bei Economic Times externer Link wird berichtet, der Oberste Gerichtshof meine vor allem, das Verfahren müsse „zügig“ fortgesetzt werden und alle Einsprüche und Zusatzanträge, die bei früheren Prozessetappen hätten gestellt werden können, müssten nicht berücksichtigt werden…

7. Internationales » Türkei » Politik » Putschversuch im Juli 2016 und die Folgen

Ankara: Zehntausende für Demokratie und Laizismus

Wenn sich in der Türkei von heute 50.000 Menschen (Augenzeugenangabe) für Demokratie und Laizismus, Freiheit und Gleichheit versammeln, ist dies ohne Frage eine Meldung wert. So geschehen in Ankara am Sonntag, 28. August 2016: Das jährliche Festival der Halkevleri, der Bewegung der Volkshäuser, stand in diesem Jahr unter dem Motto „Demokratie und Laizismus“. Zahlreiche Künsterlinnen und Künstller füllten das Bühnenprogramm, zehntausende Menschen folgten der Einladung. Bilder von Che Guevara waren zu sehen, und die Fotos der Toten aus dem Gezi-Aufstand und dem Bombenanschlag vom 10. Oktober 2015 auf eine Friedenskundgebung ebenfalls in Ankara. Der Slogan „Tek yol sokak, tek yol devrim“ – Der einzige Weg ist die Straße, der einzige Weg ist die Revolution – prangte großflächig an einem nahegelegenen Wohnhaus. Siehe dazu den Fotobericht bei sendika.org vom 29. August 2016 externer Link, der auch ohne türkische Sprachkenntnisse einen Einblick gibt

8. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Dossier: Unterstützt die KollegInnen von XXXL Rück Oberhausen

a) Solidarität mit den KollegInnen von XXXL Rück: Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 30.8. und 1.9.

Im Zuge der Übernahme von Rück durch die XXXLutz-Gruppe zu Beginn des Jahres 2014 wurde allen Beschäftigten des Möbelhauses in Oberhausen gekündigt. In 2016 entschied das Arbeitsgericht Oberhausen, dass die Kündigungen der Altbeschäftigten unzulässig waren und ein Betriebsübergang nach BetrVG § 613 stattgefunden hat. Gegen dieses Urteil legte XXXL Berufung ein. Am Dienstag, den 30. August findet nun eines der Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf statt.

Wenn Ihr die Möglichkeit habt, besucht die Verhandlung und zeigt Euch solidarisch mit den KollegInnen von Rück: Dienstag, 30. August 2016, 12:30 Uhr (Beginn der Verhandlung: 13:00) am Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21 in 40227 Düsseldorf (Nähe Düsseldorf Hbf, Ausgang Ost/Oberbilk)

Zwei weitere Verhandlungen werden am Donnerstag, 1. September stattfinden. Die Uhrzeit ist derzeit noch nicht bekannt.

b) Staatsanwalt ermittelt nun doch wegen Betruges gegen XXXL Rück

Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt nun doch gegen Verantwortliche des XXXL-Möbelhauses Rück wegen Betrugs. Anlass ist die Strafanzeige von Anfang März, die 26 gekündigte Mitarbeiter unterschrieben haben. Sie fühlen sich in ihrem Vermögen geschädigt. Denn sie waren 2014, nach dem Verkauf des Möbelhauses an den österreichischen XXXL-Konzern, einer Empfehlung ihres neuen Arbeitgebers gefolgt. Der wollte zum Jahreswechsel 2011/ 2015, dass sie einem Wechsel zu einer neuen Tochterfirma zustimmten. Das taten sie dann auch. Sie vertrauten dabei der Information des Arbeitgebers, dadurch würde sich für sie nichts ändern. Das dicke Ende kam im Sommer 2015, als die Tochterfirma ihnen betriebsbedingt kündigte…“ Artikel von Martin Kleinwächter vom 23.08.2016 in der WAZ Oberhausen externer Link

Siehe Hintergründe im Dossier

9. Branchen » Automobilindustrie » VW » VW Deutschland » Dossier: VW-Werk Wolfsburg [u.a.]: Materialengpass hat Auswirkungen auf die Produktion

a) VW-Betriebsrat fordert Beteiligung an Zulieferern

„Nach der Einigung im Zuliefererstreit verzichtet Volkswagen in fünf der sechs betroffenen Werke auf Kurzarbeit. Den weit überwiegenden Teil der Ausfallzeiten habe VW durch interne Maßnahmen auffangen können, erklärte der Wolfsburger Autobauer am Freitag. Lediglich im Werk Emden, wo die Produktion wegen fehlender Sitzbezüge der Prevent-Tochter Car Trim gestoppt werden musste, habe es Kurzarbeit gegeben. (…) VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh bringt nach dem Streit mit Zulieferern ein stärkeres Engagement bei den Partnern ins Gespräch. „Ich muss unser Management nicht verteidigen, aber die Schuld liegt hier aus meiner Sicht nicht bei Volkswagen. Dennoch brauchen wir womöglich jetzt aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Tagen noch ein zusätzliches Warnsystem, um derartige Risiken für Volkswagen weiter zu reduzieren. Ein denkbarer Ansatz dabei sind Minderheitsbeteiligungen – oder Vorkaufsrechte“, sagte Osterloh bei einem Besuch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin…“ Bericht vom 27. August 2016 beim manager magazin online externer Link – wird er eigentlich für solche Sorgen entsprechend beteiligt?

b) VW vs. die Zulieferer: wer steckt den abgepressten Mehrwert ein? Richtigstellungen zur kleinbürgerlichen Aufregung um die Marktgerechtigkeit

„… Beide, Automobilbauer und -zulieferer, arbeiten tatsächlich nicht nur Hand in Hand in der maßlosen Abpressung des Mehrwerts, über den sie sich nun streiten, in der Senkung von Löhnen und der heimlichen oder offenen Verlängerung und Intensivierung der Arbeit, sondern ihr Produkt, das Automobil, steht paradigmatisch für die kapitalistische Zerstörung des Planeten. Die Verteidigung dieser ehrlichen Kapitalisten und ihrer ehrlichen Produkte impliziert die Verteidigung der Frackingindustrie, die Verteidigung der neuen Weltordnungskriege, die Verteidigung der Verpestung von Luft, Wasser und Lebensmitteln. Das Schicksal der kleinen und großen Kapitalisten kann man getrost der Hand des Marktes überlassen; das Schicksal des Planeten und der Menschheit muss man ihnen entreißen.“ Beitrag vom 26.08.2016 von und bei Kritische Perspektive externer Link

c) [Video] Christian Ehring zum VW-Zulieferer-Streit

„Der Tipp mit den Hamsterkäufen kam für VW leider ein klein wenig zu spät. Ein deutsch-bosnischer Zulieferer hat es gewagt, den großen Konzern herauszufordern. Plötzlich war die Balkanroute dicht.“ Video mit Christian Ehring bei ARD-extra3 vom 25. August 2016 externer Link (Dauer: 02:55 Min.)

10. Politik » Gewerkschaften » Kampf und Streik » neue Kampfformen

Solidarische Netzwerke – Ein Leitfaden

In der radikalen Linken wächst seit einigen Jahren wieder das Interesse am Aufbau konkreter Gegenmacht durch Selbstorganisation und direkte Aktion. Die Bereitschaft, entsprechende Organisierungsmodelle zu entwickeln, wurde u. a. durch die jüngste Welle konfliktorientierter Selbstorganisierungen in Südeuropa befeuert. (…) Ihr Erfolg resultiert aus einer politischen Praxis, die entlang von Alltagskonflikten entwickelt wird. Ein ähnlicher Ansatz, der im deutschsprachigen Raum aber noch weitgehend unbekannt ist, stammt aus den USA. Solidarity Networks versuchen die Erfahrungen aus Community Organizing, gewerkschaftlichem Organizing und Anarchosyndikalismus zusammenzuführen. Heute gibt es in zahlreichen nordamerikanischen Städten Gruppen, die sich nach diesem Vorbild zusammenfinden. Was unser Interesse geweckt hat, war die Idee, sich nicht ausschließlich gegen Chefs, das Jobcenter oder innerhalb eines Wohnhauses zu organisieren. Vielmehr wird von einer proletarischen (Alltags-)Erfahrung ausgegangen, die ein Gefühl umfassender Klassensolidarität produzieren kann. (…) Die Veröffentlichung dieses Leitfadens ist auch dem Wunsch geschuldet mit allen ins Gespräch zu kommen, die ähnliche Experimente wagen. Denn wir werden noch viele solcher Versuche brauchen, um Arbeitszwang und Herrschaft zu überwinden…“ Infos zum Leitfaden bei zweiter-mai.org externer Link

Die Broschüre „Solidarische Netzwerke – ein Leitfaden“ des Seattle Solidarity Network externer Link pdf steht als Download bereit oder kann als kostenlose Printausgabe bei zweiter-mai.org bestellt werden, ist allerdings leider mitlerweile vergriffen

Siehe dazu auch eine Besprechung

11. Politik » Wirtschaftspolitik » Gesundheitspolitik » Gesundheits-„Reformen“ » [DGB] Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung wiederherstellen

DGB-Studie: Gesundheitskosten sind extrem ungleich verteilt. DGB fordert Rückkehr zur paritätischen Finanzierung

„Nach Schätzungen des GKV-Spitzenverbands werden die Kosten im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren um 19 Milliarden Euro steigen. Wenn sich an der aktuellen Gesetzeslage nichts ändert, müssen dafür ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufkommen. Auf Durchschnittverdiener kommen allein durch die Zusatzbeiträge der Krankenkassen Mehrkosten von bis zu 855 Euro im Jahr zu. Das hat eine neue DGB-Studie ergeben…“ DGB-Pressemitteilung vom 24. August 2016 externer Link (mit Download-Möglichkeit der Studie)

  • Lesenwert dazu auch der Beitrag „Krankenkassenbeiträge: Arbeitgeber oder Arbeitnehmer – wer zahlt mehr für Gesundheit?“ von Florian Diekmann vom 25. August 2016 bei Spiegel online externer Link. Diekmann nimmt dort unwidersprochen hin, dass die Arbeitgeber bei ihrer angeblichen Beteiligung an den Gesundheitskosten einfach die 6 Wochen Entgeltfortzahlung ansetzen, obwohl richtig wäre, dass sie NUR 6 Wochen den Lohn fortzahlen müssen und was darüberliegt, zu Lasten der überwiegend von den Arbeitnehmern finanzierten gesetzlichen Krankenversicherung geht. Diekmann macht sich mit dieser kritiklosen Akzeptanz zum eindeutigen Fürsprecher der Flucht der Arbeitgeberverbände vor jeder sozialen Verantwortung und kommt so zu einer völlig falschen und gewerkschaftsfeindlichen Berechnung. Es ist Schade, dass der DGB sich mit dieser Kapitallogik bisher leider nicht auseinandersetzt; so hat SPON natürlich die Chance für neoliberale Propaganda…

12. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsorganisation » Industrie/Arbeit 4.0

Crowdworking braucht faire Spielregeln – Studie liefert erstmals Daten zur Klickarbeit

„Sie sind jederzeit verfügbar, jeder kann sie anheuern: Das Heer der Klickarbeiter im Internet wächst. Die Hans-Böckler-Stiftung hat die Arbeitsbedingungen in einer empirischen Studie untersucht – und dabei Auswüchse wie Überwachung per Tastatur oder Stundenlöhne von drei Euro gefunden. Das ist nicht akzeptabel, sagt DGB-Chef Reiner Hoffmann: „Wir brauchen passende Spielregeln für diesen Arbeitsmarkt“. (…) Ein Ergebnis (der Studie): Oft sind sie gut ausgebildet, viele nutzen die Jobs im Internet, um sich etwas dazu zu verdienen. Gut ein Fünftel der Befragten verdient damit seinen Lebensunterhalt, zum Beispiel als Programmierer oder Designer. (…) Allerdings: Viele der Jobs sind schlecht bezahlt, im Schnitt verdienen hauptberufliche Crowdworker gerade einmal 1.500 Euro im Monat. Es gibt weder feste Arbeitszeiten noch Urlaubsanspruch oder Kündigungsschutz; manche Crowdworker arbeiten 80 Stunden in der Woche. Und auch wenn sich die Mehrheit nicht ausgebeutet fühlt und das flexible Arbeiten schätzt: Die meisten sind mit ihrem Arbeitsumfeld nicht zufrieden, viele wünschen sich mehr Mitbestimmung und eine Interessenvertretung…“ DGB-Pressemitteilung vom 25. August 2016 externer Link

Die komplette empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen „Crowd Worker in Deutschland“ von an Marco Leimeister, David Durward und Shkodran Zoga externer Link pdf steht bei der Hans-Böckler-Stiftung zum kostenlose Download bereit

Siehe dazu auch zwei Besprechungen

13. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsbedingungen » Allgemeines zu den Arbeitsbedingungen

Wandel der Arbeitswelt: Soziale Medien steigern den Leistungsdruck

Facebook, Xing und andere Web-2.0-Anwendungen verschärfen die Aufforderung zur Eigenverantwortung im Job, auch die Tendenz zur Selbstvermarktung verstärkt sich, zeigen Untersuchungen der LMU-Soziologin Tanja Carstensen. „Soziale Medien bringen eine neue Dynamik in den Wandel der Arbeitswelt, denn sie sind die perfekte technologische Unterstützung für selbstorganisiertes und eigenverantwortliches Arbeiten“, sagt Dr. Tanja Carstensen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie und Gender Studies der LMU. Durch das Arbeiten in Projekten, wie es sich seit Jahren durchsetzt, steigt die Gestaltungsfreiheit, zugleich bleibt es aber allen selbst überlassen, wie sie ihre Ziele und ihr Arbeitspensum schaffen. „Damit gehen neue Freiräume einher, zugleich gibt es aber eine Tendenz zur Selbstausbeutung.“ Das verschärft sich mit Technologien wie sozialen Netzwerken und Smartphones, durch die Beschäftigte nun jederzeit erreichbar sind. Zudem geben Präsenzanzeigen darüber Auskunft, wer wann wie lange online ist. Ein Teil der Beschäftigten schätze die neuen Möglichkeiten, sich auszutauschen und zu profilieren. „Das steigert aber auch den Leistungsdruck“, sagt Carstensen…“ Meldung vom 22.08.2016 beim Informationsdienst Wissenschaft externer Link zur Studie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

14. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Entlohnung » Lohnungleichheit bei Männern und Frauen

Mehr Frauen arbeiten kürzer und werden ärmer

„… Bei den Arbeitszeiten klafft in Deutschland weiterhin eine deutliche Lücke zwischen den Geschlechtern. Mit durchschnittlich 30,1 Wochenstunden arbeiteten Frauen in Deutschland im vergangenen Jahr 8,2 Stunden weniger als Männer, wie das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen am Freitag auf der Basis einer aktuellen Auswertung mitteilte. Die Frauen zahlten damit den »Preis für ein funktionierendes Familienleben«. Damit verlaufe die Entwicklung in Deutschland »gegen den europäischen Trend«, sagte Arbeitszeitforscherin Angelika Kümmerling. Im europäischen Durchschnitt betrug die Arbeitszeitlücke zwischen Männern und Frauen im Jahr 2015 5,8 Stunden – sie hat sich damit seit 2002 um 0,3 Stunden reduziert. Noch größer als in Deutschland und Österreich ist die sogenannte Gender Time Gap in Großbritannien und den Niederlanden.(…) Viele Frauen kämen (…) nicht über die Rolle der Hinzuverdienerin hinaus. Diese Entwicklung negativ verstärken würde etwa das Steuerrecht in Form des Ehegattensplittings, weil dadurch Zweiteinkomnen »bestraft« würden. Mehr geleistete Arbeitsstunden würden dadurch häufig zu keinem höheren Nettoeinkommen führen. In Schweden, Finnland, Dänemark oder Litauen, wo dieses System nicht angewandt wird, liege die Arbeitszeitlücke dagegen auch bei hoher weiblicher Erwerbstätigenquote unter dem EU-Durchschnitt, so Kümmerling.“ Bericht bei neues Deutschland vom 26. August 2016 externer Link

15. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Aus-Um-Weiter-BILDUNG » Studium und Hochschulpolitik

Wie Arbeiterkinder schon während des Studiums in die Schuldenfalle getrieben werden – möglichst gleiche Bildungschancen, das war einmal

„… Die Eltern sind die Topfinanzierer der Studierenden. Wenn diese selbst materiell schlecht dastehen, stehen die Kinder vor dem Aus. Lediglich 16 Prozent der deutschen Studenten finanzieren ihr Studium ganz alleine über Nebenjobs und eigenes Vermögen. Die meisten greifen auf Stipendien, BAföG und vor allem die elterliche Hilfe zurück. (…) Wie fast alles, ist auch die Bildung zur Ware geworden. Wie lauteten unsere Forderungen noch vor einigen Jahren: Freier Zugang zu allen Bildungsangeboten für alle jungen Menschen, von der Kinderkrippe bis zum Hochschule, inklusive ein kostenloses, tägliches und gutes Mittagessen.“ Artikel vom 24. August 2016 beim Gewerkschaftsforum Dortmund externer Link

16. Interventionen » Sozialpolitische Proteste und Aktionen » Proteste und Aktionen 2016 » Dossier: Blockupy 2016/17: An die Arbeit – Aktionswochenende am 2./3. September 2016 in Berlin

Blockupy besucht das Arbeitsamt am 27.8., Tag der offenen Tür

Aktivisten der antikapitalistischen Blockupy-Bündnisses haben am Samstag mit »Konfetti, Parolen und Infoflyern« im Bundesarbeitsministerium für den Aktionstag am kommenden Wochenende geworben. Bei der spontanen »Begehung« des Ressorts von SPD-Ministerin Andrea Nahles wurde der »Tag der offenen Tür« der Bundesregierung »umgenutzt«. Im Kurznachrichtendienst Twitter hieß es, »das war ein Warm-up für Freitag«. Am 2. September soll das Arbeitsministerium »bunt und entschlossen« blockiert werden, dazu ruft Blockupy schon seit längerem auf. Man wolle »ein starkes Zeichen gegen Prekarität und Grenzen zu setzen. Unser Ziel ist es, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu blockieren und dessen Politik der Ausbeutung, sozialen Spaltung und Ausgrenzung zu markieren«, heißt es in einer Erklärung. An diesem Samstag waren schon einmal rund 20 Aktivisten von Blockupy »zu Besuch«. Vor dem Ministerium waren Polizeifahrzeuge aufgefahren. Laut Berichten von vor Ort soll es mehrere vorübergehende Festnahmen gegeben haben…YouTube-Video vom neuen deutschland vom 28. August 2016 externer Link

17. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Aufenthalt und Ausweisung » Nichts ist mehr heilig: Polizei räumt Kirchenasyl

a) BAMF hat Vereinbarungen zum Kirchenasyl im Münsteraner Fall gebrochen – Im Kirchenasyl festgenommener Flüchtling wieder glücklich in Nordkirchen

Issa Ali, der am 23.8. (Dienstag) im Kapuzinerkloster Münster festgenommen wurde und nach Ungarn abgeschoben werden sollte, ist nach Nordkirchen (Kreis Coesfeld) zurückgekehrt. Die UnterstützerInnen aus der Katholischen Gemeinde St. Mauritius empfingen ihn dort überaus freudig. Das BAMF hat zugestimmt, dass sein Asylverfahren nun in Deutschland verhandelt wird. Eine Verantwortungsübernahme und Entschuldigung von Seiten der beteiligten Behörden steht aber immer noch aus. In einer gegenüber dem WDR vorgelegten gemeinsamen Erklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und des Kreises Coesfeld hat das BAMF nun eingeräumt, es habe den „Bescheid zur Abschiebungsanordnung nach Ungarn aufrecht erhalten und der Ausländerbehörde mitgeteilt, dass diese vollziehbar ist“. Das BAMF muss vom bestehenden Kirchenasyl gewusst haben, behauptet aber wider besseres Wissen, dass es keine Grundlage für Gesprächsangebote oder konstruktive Lösungsversuche gegeben habe. Es wird auch mit keinem Wort erwähnt, wie das BAMF versäumen konnte, vor der Anordnung der Abschiebung die Bedingungen in Ungarn im Blick auf die dort bestehenden systemischen Mängel im Asylverfahren zu prüfen, wie das vom Verwaltungsgericht Münster angemahnt wurde…Pressemitteilung des Netzwerks Kirchenasyl Münster vom 27. August 2016 pdf

b) VG Münster: ABH hat Mitverantwortung bei Dublin-Überstellungen, Vollzug der Überstellung nach Ungarn ist auch nach Bestandskraft des Bescheides wegen systemischer Mängel nicht zulässig

… Es ist das Verwaltungsgericht Münster, das in einer von Rechtsanwalt Michael Gödde erwirkten wegweisenden Eilentscheidung dieses Hin und Her ziemlich eindeutig vom Tisch wischt: 1. In Ungarn bestehen nach ständiger Rechtsprechung der Kammer „systemische Mängel“ (…) 2. Wenn die Frist zur Erhebung einer Klage gegen den Überstellungsbescheid überschritten und dieser da mit bereits bestandskräftig geworden ist, muss ein Wiederaufgreifensantrag beim BAMF gestellt werden (…) 3. Unabhängig davon schreibt das Gericht auch bei einem bestandskräftigen Überstellungsbescheid der ausführenden Ausländerbehörde eine (Mit-)Verantwortung zu…Infomail von Claudius Voigt vom 25. August 2016, dokumentiert bei Harald Thomé externer Link pdf

18. Über uns: Bitte fördern!

Liebe KollegInnen, es wäre sooo schön, wenn diese Kette nicht abreissen würde: Im dritten Newsletter in Folge freuen wir uns über ein neues bekennendes Fördermitglied, das unsere Arbeit unterstützenswert findet!

Eine kurzfristige, einmalige Spende hilft uns übrigens ebenso, auch wenn wir damit nicht planen können…
Konto des Labournet.de e.V.: GLS Bank
Konto 40337 39600
Bankleitzahl: 43060967
IBAN DE 76430609674033739600

Lieber Gruß, die LabourNet Germany-Redaktion

 


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Heißer August bei H&M in Italien

Die Streikwelle der migrantischen Logistikarbeiter_innen in Italien hat sich auf H&M ausgeweitet. In dem Video vom 20. August 2016 sehen wir eine Blockade des H&M Werkes in Casalpusterlegno, Lombardei. Die Streikenden stehen ihren Kolleg_innen gegenüber, die zur Schicht gehen wollen, dann aber in kleinen Grüppchen überlaufen. Der Streik hat am 28. Juli in dem Standort Stradella bei Pavia begonnen und sich im August auf Casalpusterlegno ausgeweitet. Die Forderungen sind: normale Arbeitszeiten, ein Ende der Praxis, am Abend vorher zu erfahren ob man am nächsten Tag arbeitet oder nicht, unbefristete Vollzeitverträge und die Einhaltung des Nationalen Tarifvertrages, der Mindeststandards für die Arbeit in den Warenlagern festlegt. SI Cobas hat in allen XPO Lagern in Italien (XOP macht die Logistik für H&M in Italien) zum unbefristeten Streik aufgerufen! Ab dem 27. August sind wir dazu aufgerufen, Boykottaktionen gegen H&M durchzuführen. Video bei labournet.tv externer Link (italienisch mit dt. UT |2 min | 2016 )


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ externer Link Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=103580
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