Reisetagebuch der Solidaritätsreise nach Griechenland, 15. bis 22. September 2012

Das Reisetagebuch ist auch als pdf in chronologischer Reihenfjolge  verfügbar

Reisetagebuch Samstag Vormittag

Besuch im Gesundheitszentrum der Solidarität in Thessaloniki

Anna hat mit ihrem Bericht ja bereits eine gute Vorinformationsarbeit geleistet. Trotzdem war es spannend eine solche Initiative selbst zu erleben.

Der erste Eindruck war, dass hier in einem politischen Projekt gearbeitet wird.
Antifaschistische Plakate, Informationen in mindestens 4 nichteuropäischen Sprachen hingen neben Kinderzeichnungen, die wohl dort entstanden.sind. An diesem Tag hatte Moises, eine Kinderärztin und eine Zahnärztin Dienst.

Anastasia, die Psychotherapeutin, hatte sich an ihrem arbeitsfreien Samstag extra für uns auf den Weg gemacht.

Insgesamt arbeiten ca. 40 ÄrztInnen sowie weiteres medizinisches Fachpersonal ehrenamtlich und unentgeltlich. Die Räume gehören der Regionalorganisation Thessaloniki des Griechischen Gewerkschaftsverbandes und werden dem Gesundheitszentrum unentgeltlich überlassen.
Ursprünglich zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen gegründet, wird es zunehmend von GriechInnen in Anspruch genommen, die  die fälligen Gebühren des staatlichen Gesundheitssystems nicht mehr aufbringen können.

Dabei steht eine weitere Verschlechterung der Gesundheitsversorgung bevor. Von den ca. 140 staatlichen Krankenhäusern sollen 60 zusammengelegt bzw. geschlossen werden.
Moises und Fanny erklärten uns, dass das Gesundheitszentrum nur eine Art erste Hilfe bieten kann. Für Therapien und längerfristige Behandlungen reichen die Kapazitäten nicht. Hier setzt der politische Anspruch an.

Neben der eindeutig antirassistischen Positionierung wird die Durchsetzung des Rechtes auf medizinische Behandlung auch für die sozial Schwachen gefordert.

Die ÄrztInnen des Zentrums intervenierten in den öffentlichen Krankenhäusern, um eine  „Blutspendeaktion“ der Faschisten zu stoppen, die aufgerufen hatten „griechisches Blut nur für Griechen“ zu spenden. Die Krankenhausleitungen jedoch erlaubten die Aktion. Letztlich haben die Faschisten ihre Aktion abgebrochen. Es waren ohnehin nur ihre eigenen Anhänger, die zum Spenden gekommen waren. Der Unsinn dieser Aktion war offensichtlich, aber sie haben es mal wieder geschafft mit ihrer Propaganda in die Medien zu kommen.

Medikamente, die gebraucht werden, sind vorwiegend Impfstoffe. Das Problem bei Medikamenten, die im Ausland gesammelt werden, ist, dass sie meistens keine inländische Zulassung haben. Selbst wenn ein Medikament dieselben Wirkstoffe enthält, aber einen anderen Namen hat, ist es dann nicht zugelassen. Das einfachste ist, Geld zu spenden, damit die benötigten Medikamente vor Ort gekauft werden können. So übergaben wir  unser gesammelten Spenden in der Gewissheit, dass das Geld einer wichtigen politischen Initiative zu Gute kommt, die in Griechenland weiter Schule machen wird.
Hans,   Thessaloniki 22.092012


Reisetagebuch Freitag

Nachtrag Donnerstag: Nach dem Interview mit Christos übergaben wir ihm 500€ aus unseren Spenden für den Aufbau des sozialen Zentrums, das einige von uns Sonntagabend besucht hatten. Siehe den Bericht im Reisetagebuch Sonntag.

Das gallische Dorf

Greece AluminiumFür den heutigen Tag hatte Apo für uns einen Besuch im größten Industriebetrieb Griechenlands organisiert, Greece Aluminium, einer Aluminiumhütte am Golf von Athen. Auf dem Weg dorthin betätigte sich Damon als Fremdenführer, der er manchmal auch für deutsche Reisegruppen ist, und klärte uns über die Berge (Parnass) und die antiken Städte und Stätten wie Theben und Delphi auf, an denen wir vorbei kamen. Er lebt gewissermaßen in der griechischen Antike und leitet daraus viel für heute ab. Griechenland ist ja die Wiege der europäischen Kultur, wie es ja auch heute viele in Deutschland betonen, wenn sie die europäische Einheit beschwören (z.B. Walser). Aber seither ist Griechenland eigentlich entweder immer Provinz eines größeren Reiches gewesen (Rom, Osmanisches Reich) oder abhängig. Das beschämt so einen Mann mit Würde und Stolz wie Damian natürlich ungeheuer.

Greece AluminiumNeulich hatte ich einen guten Film einer jungen griechischen Regisseurin gesehen, „Attenberg“, in dem ein Aluminiumwerk vorkommt mit surrealen Bildern einer rostbraun verdreckten Fabrik in einer verschandelten Mondlandschaft direkt am Meer. Es erschien mir damals wie das Symbol für Griechenland in der Krise. Ich hatte jetzt so eine Ahnung, dass es sich um dasselbe Werk handeln könnte, zu dem wir hinfuhren, und, je näher wir kamen, desto deutlicher wurde die Übereinstimmung. Es liegt etwa 170km von Athen entfernt am Golf von Korinth, war 1960 von einem französischen Unternehmen gekauft worden und ging vor einigen Jahren an ein griechisches Unternehmen über, das seine Zentrale in Athen hat. Der Betrieb hat zwischen 1400 und 1500 Beschäftigte, wovon 1000 fest angestellte Beschäftigte sind, die übrigen sind bei Subunternehmen beschäftigt. Eigentlich ist die Gegend wunderschön, bergig, mit Büschen bedeckt, rote Erde, dazu das strahlend blaue Meer, nur vereinzelt ein paar Dörfer. Max Frisch hat diese Landschaft in „Homo faber“ beschrieben. Kein Wunder, dass das französische Unternehmen hier weitab vom Schuss gebaut hat, sind doch Aluminiumwerke hochgiftige Dreckschleudern. Abgasprobleme spielen hier in der menschenleeren Gegend keine Rolle und für Abwässer ist das Meer da.

Ganz in der Nähe hat man damals ein ganz neues Dorf errichtet mit Werkswohnungen für die Beschäftigten, in denen sie mietfrei wohnen konnten (vermutlich waren dafür die Löhne nicht so hoch). Mietfreiheit ist bis heute noch so. Eurydike, die sich einen Tag frei genommen hatte und uns neben Damon begleitete, erzählte. dass Verwandte von ihr hier gearbeitet hätten, für sie sei das das Paradies gewesen: sichere Arbeitsplätze, gute Löhne, freies Wohnen. Jetzt ändere sich das aber.

Als wir in das Werk kamen, wurden wir im Gewerkschaftsbüro von einigen Kollegen empfangen, darunter auch von Yannis Lappas, der immer noch im Vorstand der Gewerkschaft ist, aber mittlerweile als einziger Arbeiter Abgeordneter für Syriza im Parlament in Athen sitzt. Der Anfang der Diktatur des Proletariats!

Greece AluminiumSie stellten uns ihre Arbeit als Gewerkschafter im Betrieb vor, wobei zuerst Yannis das Wort ergriff, danach noch vier weitere Kollegen. Er erzählte, dass sie bisher noch keine Kürzungen erfahren hätten; sie hätten vor einiger Zeit mal für Lohnerhöhungen 50 Tage gestreikt mit dem Ergebnis von 3€ pro Monat mehr. Kürzungen hätten sie bisher abwehren können. Gemeinsames Thema ihrer Beiträge war die Beziehung zu den gewerkschaftlichen Dachverbänden. Diese arbeiteten mit der Regierung bei den Sparprogrammen zusammen, weswegen die Gewerkschaftsarbeit unabhängig von ihnen geführt werden müsse. Man habe im Betrieb es auch geschafft, bei den letzten Wahlen (zum Gewerkschaftskomitee, Betriebsräte gibt es in Griechenland nicht, außer in deutschen Tochterunternehmen, aber dort nur als Attrappe, weil sie keine Rechte haben) eine Einheitsliste aufzustellen, bis auf die PAME, das sei aber kein Problem.

Nur ein Kollege von der PAME (Gewerkschaftsverband der KKE) ging nicht auf die Unabhängigkeit von Dachverbänden ein (die PAME ist selbst ein Dachverband!), sondern betonte, dass man immer vom Boden des Klassenkampfes aus agieren müsse.

Die Löhne im Betrieb liegen bei durchschnittlich 1400€ plus Zuschläge, was netto 1350€ ausmacht. Nach all den Horrorgeschichten aus Athen kam es uns vor, als sei dieser Betrieb mit den relativ hohen Löhnen, abgewehrten Kürzungen, mietfreien Wohnungen das abgelegene gallische Dorf, was die Römer nicht erobern konnten.

Nach einer kurzen Begrüßung unsererseits und einem gemeinsamen Foto blieb keine Zeit für ein längeres Gespräch, denn wir waren schon zu einer Betriebsbesichtigung eingeladen. Zuerst wurden wir in die Etage der Betriebsleitung geführt, wo uns an einem großen ovalen Tisch der Betriebsleiter erwartete und uns die Produktionsabläufe erklärte.

Der Freund von Damon, ein alter Widerstandskämpfer, der mit uns mitgekommen war, Panagiotis Papagaryfallou, erinnerte daran, dass an solchen ovalen Tischen große Verbrechen beschlossen wurden.

Abends zurück im Hotel zofften wir uns dann noch, weil zwei von uns Fragen an den Betriebsleiter gestellt hatten zur Umsatzentwicklung und zum Umweltschutz (ich). Die Kritik lautete, dass man damit den Kollegen in den Rücken falle. Wir hätten nichts mit der Betriebsleitung zu diskutieren, das müssten die Kollegen schon selber machen.

Danach fuhren wir durch das Werk mit unserem Kleinbus, wobei wir die Lüftung nicht anmachen durften, sonst wären wir vergiftet worden. Der Sicherheitsberater erklärte uns das Werk, das aus zwei Teilen besteht: dem Bauxitwerk, das aus der Bauxiterde das Vorprodukt Aluminiumoxyd herstellt (das Bauxit kommt zum großen Teil aus dem umliegenden Berg), und der eigentlichen Aluminiumhütte.

Danach lud uns Yannis in ein Restaurant an dem nicht weit entfernten, wunderschönen Strand von Distomo (mit Blick auf das Werk) ein, wo wir der Gewerkschaftskasse für die zukünftig zu erwartenden Abwehrkämpfe 500 € spendeten

Das Massaker von Distomo und die abgelehnte Entschädigungsforderung

Wir fuhren ein paar Kilometer ins Landesinnere nach Distomo. Distomo hat eine traurige Berühmtheit aus zwei Gründen: Im Juni 44 verübte eine SS-Truppe hier ein Massaker, als sie nach einem Partisanenangriff auf eine SS-Einheit das ganze Dorf und seine Bevölkerung vernichtete, Männer, Frauen, Kinder, insgesamt 228 Menschen. In jüngster Zeit verklagten Hinterbliebene der Gemeinde Distomo die Bundesrepublik Deutschland auf Entschädigung, da sich die deutsche Bundesregierung beharrlich weigert hier Wiedergutmachung zu leisten. Es ging bis vor den Internationalen Gerichtshof in den Haag, wo vor kurzem entschieden wurde, dass die Klage abzuweisen sei, da Individuen kein Recht hätten, Staaten zu verklagen. Welch ein Hohn und welch ein rechtlicher Zynismus!

Wir fuhren zur Gedenkstätte, wo auf einmal noch mehr Besucher eintrafen. Yannis hatte für uns noch eine Blume besorgt, die wir niederlegten. Außer Yannis Lappas waren u.a. noch da der blinde Parlamentsabgeordnete Panagiotis Kouroumplis und der Bürgermeister des Ortes, Giannis Patsantaras. Der blinde Ab geordnete, ein beeindruckender feiner Mann Mitte 50, wurde dadurch bekannt, dass er beim ersten Sparpaket vor zwei Jahren als PASOK-Abgeordneter mit Nein stimmte und danach aus der PASOK rausgeworfen wurde. Er schloss sich dann Syriza an und wurde bei der letzten Wahl mit den meisten Stimmen in seinem Wahlkreis ins Parlament gewählt. Da kann man mal sehen, wie Blinde sehen und Sehende blind sind. Er griff die Sache mit der Entschädigung für Distomo zusammen mit Yannis Lappas auf und betreibt sie weiter. Er war wohl extra unseretwegen aus Athen nach Distomo gekommen!

In einem kleinen Museum neben der Gedenkstätte fiel mir besonders ein Foto auf, das SS-Angehörige vor den brennenden Häusern von Distomo zeigt, wie sie lachend herumstehen. Bei so was dreht sich mir immer der Magen um.

Danach war ein Treffen im Sitzungssaal des Rathauses zu Ehren unseres Besuches (wir waren nur noch sieben, vier waren nach Saloniki gefahren und vier waren in Athen geblieben). Die Opposition aus dem Gemeinderat war auch gekommen, also ganz wichtig und ernst. Auf einmal saßen wir mitten in der (für Deutsche) beschämenden Geschichte und Gegenwart. Die beiden Parlamentsabgeordneten, Yannis und Pangiotis, sprachen, dann der Bürgermeister und auch die Opposition. Sie gingen alle auf das damalige Verbrechen ein und die Entschädigungsforderung und den Prozess, den sie führen. Für sie ist die Vergangenheit lebendig, wichtig und ist nicht von der Gegenwart zu trennen.

Wir erklärten unsererseits unsere Unterstützung für diese Forderung, da natürlich die Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Dritten Reiches Entschädigung zu leisten hat. Aber Entschädigung wird gezahlt nicht aus Gerechtigkeitserwägungen oder aus moralischer Verantwortung, sondern aus politischem Kalkül und staatlichem Interesse. Das bedeutet gegenüber den Hinterbliebenen von Distomo dann nackten Zynismus. Wir werden versuchen mit unseren bescheidenen Mitteln wie diesem Tagebuch die Mauer des Schweigens zu durchbrechen, die in Deutschland sowohl um die damaligen Ereignisse wie um die heutigen Prozesse gezogen wird.

Für uns war Distomo dann auch ein Abschluss, der zum Beginn am Sonntag in Kaiseriani passte wie das A und O des griechischen Alphabets. Dazwischen hatten wir die sozialen Folgen des neuen Blitzkriegs kennen gelernt, mit dem Griechenland gerade überzogen wird. Die Perspektive kann unseres Erachtens nur darin liegen, den gemeinsamen Kampf über die Grenzen hinweg gegen die Angriffe des internationalen Kapitals aufzunehmen. Dazu sind wir nach Griechenland gefahren.

Das war so etwa das, was wir dort zum Ausdruck brachten.

(Manfred)

Und hier die Darstellung von Rainer, die gerade eingetroffen ist: Die kämpferischen Arbeiter der „Aluminium of Greece“

Der letzte Tag unserer Reise führt uns ins Aluminiumwerk in der Nähe von Distomo, im Golf von Korinth. Die in den 1960er Jahren aufgebaute „Aluminium of Greece“ gehört heute zur MYTILINEOS-Gruppe, einem der grössten Mischkonzerne Griechenlands, mit verschiedenen internationalen Beteiligungen. Der zur Aluminiumherstellung benötigte Bauxit wird zu einem schönen Teil im nahe gelegenen Bergwerk abgebaut, den anderen Teil bringen die Schiffe aus Übersee direkt in den werkseigenen Hafen. Das riesige, 750 Hektaren grosse Werk in der Bucht von Agios Nikolaos hat über tausend Beschäftigte, von denen die meisten in der Nähe, auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht, wohnen. Eine reine Arbeitersiedlung, wie man sie nicht mehr oft antrifft.

Solche Industriebetriebe, in denen jahraus, jahrein rund um die Uhr gearbeitet wird, schweissen die Belegschaft zusammen. Die Beschäftigten sind ein Teil der Fabrik und die Fabrik ist ein Teil von ihnen, auch wenn sie formell nicht ihnen gehört. Das spürt man sogleich bei den Arbeitern der „Aluminium of Greece“ (ob das Werk auch Frauen beschäfigt, wissen wir nicht, gesehen haben wir keine). Das Gebäude, in das sie uns führen, scheint halb Aufenthaltsraum, halb gewerkschaftlicher Versammlungsraum. Zwei dicke Alben mit Fotos vergangener Kämpfe werden herumgereicht. Bis jetzt hätten sie jeden Lohnabbau erfolgreich abwehren können, erzählen sie voller Stolz.

Es besteht kein Zweifel, hier lernen wir Vertreter einer geeinten Belegschaft kennen. In den einzelnen Voten beklagen auch sie sich – wie bereits die Beschäftigten der Athener U-Bahn und andere Gewerkschafter, mit denen wir uns getroffen haben – über die gewerkschaftlichen Dachverbände, denen die Interessen der Arbeiterschaft egal seien. Man müsse sich unabhängig von Gewerkschaften und Parteien organisieren, betonen sie. Doch nicht nur das. Einer von ihnen bringt es auf den Punkt: „Gewerkschaftliche Kämpfe genügen nicht mehr, es braucht politische Kämpfe. Damit meine ich nicht Parteipolitik, sondern Klassenkampf.“ Ganz klar sehen sich diese Arbeiter als Teil einer ausgebeuteten Klasse, die für ihre Interessen kämpfen muss.

Janis, 37 Jahre, ebenfalls Aluminiumarbeiter, ist seit Juni Abgeordneter von Syriza. Als einziger Arbeiter im griechischen Parlament fühlt er sich als Aussenseiter. Es wäre besser, meint er, wenn es noch ein paar Arbeiter mehr hätte, dann könnten sie ihre Anliegen besser einbringen. Nicht nur der Parlamentsbetrieb ist ihm fremd, auch den Privatwagen, auf den er als Abgeordneter Anrecht hätte, hat er abgelehnt. Lieber fährt er in seinem alten Auto herum, obwohl dieses noch nicht restlos abbezahlt ist. Von den zwei Leibwächtern, die jeder Parlamentarier zu seinem Schutz hat, will er ebenfalls nichts wissen. Die sollen lieber die Bevölkerung in Livadia vor Kriminellen schützen, findet er. In der Kleinstadt am Fuss des Parnass-Gebirges, an der Autobahn Lamia-Athen, engagiert sich Janis in der Freizeit im Arbeiterzentrum, das von Basisgewerkschaften verschiedener Berufe gegründet wurde und auch ein Gesundheitszentrum umfasst.

Aufgewachsen ist Janis in Distomo. Der Vater, ursprünglich Landwirt, baute im Bergwerk Bauxit ab und starb früh an Silikose. Es gibt allerdings noch eine ganz andere Tragödie in Distomo, die ihn stark geprägt hat. Als er zum ersten Mal in seinem Leben in eine andere Ortschaft kam, habe er erstmals Frauen gesehen, die nicht schwarz gekleidet waren. Denn in Distomo trugen alle Frauen Trauer. Für die Väter, Brüder, Schwestern und anderen Verwandten, zweihundertachtzehn an der Zahl, die während der deutschen Besatzungszeit, genauer am 10. Juni 1944, von Mitgliedern der Waffen-SS auf grausame Art ermordet worden waren.

Das Massaker und die Spuren des Krieges lasten auch heute noch schwer auf der Gegend. Das wird deutlich spürbar, als wir uns an der Gedenkstätte in Distomo zu einer Schweigeminute versammeln. Zu uns gesellt sich ein ehemaliger PASOK-Abgeordneter, der seit seinem 6. Lebensjahr blind ist, nachdem eine Granate, die er beim Spielen gefunden hatte, explodiert war. Als er vor zwei Jahren die Fraktionsdisziplin gebrochen und gegen das Sparpaket gestimmt hatte, wurde er sogleich aus der PASOK ausgeschlossen. Heute ist auch er Abgeordneter von Syriza.

Es ist ein beklemmender Abschluss der Reise, der Empfang beim Bürgermeister von Distomo. Wir fühlen uns hilflos, versuchen Mitgefühl zu zeigen und spüren, dass hier die Wunden des Krieges noch nicht verheilt sind. Das liegt vor allem auch daran, dass die deutsche Regierung – die an vorderster Front in Griechenland Schulden eintreiben will! – bisher nichts zur Wiedergutmachung getan hat. Deutsche Gerichte haben die Klagen von Nachkommen der Opfer abgewiesen. Ausserdem hat der deutsche Staat beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag erfolgreich eine Staatenimmunität erwirkt und ist damit auch in Zukunft vor internationalen Klagen geschützt. Einmal mehr – wie bereits in den verschiedenen andern Gesprächen, die wir im Laufe der Woche zu diesem Thema geführt haben – wird deutlich, dass es den Menschen in Griechenland weniger um materiellen Schadenersatz geht als vielmehr um Gerechtigkeit. Sie fühlen sich durch das Verhalten der deutschen Regierung, der deutschen Gerichte und deutschen Medien in ihrer Würde verletzt. Und dagegen wehren sie sich mit aller Kraft.

(Rainer)

Auf der Rückfahrt nutzten wir die Gelegenheit uns bei Eurydike und Damon zu bedanken und ihnen eine Kleinigkeit zu schenken, Das war schwer genug, da sie partout sich weigerten von uns Geld anzunehmen. Bei Martha, der Tochter von Damon (einer arbeitslosen Deutschlehrerin, die mit kläglichst bezahlten Vertretungs- und Privatstunden vergeblich zu überleben versucht, aber von uns auch kein Geld annehmen wollte) hatten wir uns schon am Abend vorher bedankt und ihr ein Geschenk „aufgenötigt“). Ohne die Hilfe dieser ÜbersetzerInnen wären wir wie Fische auf dem Trockenen mit unserem politischen Anliegen in Athen völlig verdurstet. Besonders Damon war unglaublich. Er ist zwar Rentner und hat dadurch Zeit, aber trotzdem ist es unglaublich, wie er die ganze Woche uns zur Verfügung stand und immer, wenn Not am Mann war, sich uns ganz selbstverständlich zur Verfügung stellte, obwohl er für den Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands an Deutschland (hier noch einmal voll genannt zu Ehren von Damon!) genug zu tun hatte. Für mich persönlich war diese selbstlose und vorbehaltslose Bereitschaft dieser drei, aber auch von anderen, uns zu helfen, das absolute Highlight von unserer Reise. Ansonsten war vieles ja eher deprimierend.

Zum Schluss möchte ich Damon noch zu Wort kommen lassen, der mir eine mail geschickt hat mit der Bitte sie allen mitzuteilen:

(Manfred)

Damon:

Ich bin wegen der knappen und kompakten Zeit, nicht dazu gekommen, meine Ansichten über die Krise zu äußern und zu erklären.
Ich werde das hoffentlich in der Zukunft machen, denn ich bin mit sehr vielen geäußerten Ansichten, deren ich teilhaftig geworden bin, nicht einverstanden. Ich bin einfach in vielen Sachen anderer Meinung. Ich glaube, dass die ganze Situation, wie sie von verschiedenen Gesprächspartnern dargestellt wurde, nicht die richtige und die ganz objektive ist.
Ich konnte nur den Aristoteles -Spruch sagen: „????? ap??e??“. Ich denke, dass sehr viele Leute, diese Methode, die Aristoteles so treffend gesagt hat, nicht so oft anwenden, wenn überhaupt!
Die Phänomene täuschen oft. Die Wirklichkeit sieht manchmal anders aus. Ich bin sehr kritisch über die eigentlichen Ursachen der griechischen und teilweise der internationalen Krise.
Momentan will ich nur eins sagen. Die herrschenden Klassen in Griechenland haben durch das  kapitalistische Konsum-Modell mit geliehenem Geld sogar einen Grossteil der Griechen korrumpiert. Die politische Klasse in Griechenland, die herrschenden Parteien und die Unfähigkeit der opositionellen Parteien, haben größtenteils zu der Krise geführt. Dazu hat natürlich das raffinierte und kluge Kapital vom Ausland und vom Inland geholfen. Griechenland lebte mit gepumptem Geld. Zwei Drittel, wegen der Klientelwirtschaft und des Staatsraubs (Schattenwirtschaft) haben vor der Krise gut gelebt ( Sie haben, so zu sagen, das Brot unserer Kinder aufgefressen). Ein Drittel, wie ich, waren diejenigen, die litten.
Nach der Krise natürlich wird es die Gesellschaft von einem Drittel werden. Das heißt: Das eine drittel von den zwei Drittel wird auch proletarisiert, und so erleben wir heute die Gesellschaft von dem einen Drittel. Das heißt wiederum, dass ein Drittel oder eventuell weniger auf Kosten von den zwei Dritteln in Zusammenarbeit mit ausländischem Kapital leben. Das eine Drittel vor der Krise ist dasjenige, dass das Meiste leidet. Es lebte in der Armut, jetzt lebt sie in der Apognose. Das heißt, viel schlechter als früher.
Dazu gehöre ich. Bei mir gibt es eine Ausnahme. Ich lasse mich nicht unterdrücken und nicht weinen, sondern ich kämpfe mit allen Kräften gegen alle, die uns zu dieser ausweglosen Situation gebracht haben.
Deswegen begrüße ich Eure unabhängige Position und euren Kampf
Damon
PS Bitte, Manfred, ich möchte, dass Du das den anderen mitteilst.
Ich würde gern Kommentare dazu hören, obwohl ich sehr viel noch dazu und  zu anderen Fragen, zu sagen habe.

Und nun ein Sprung nach Saloniki: Besuch in einem besetzten Betrieb in Thessaloniki

Ganz so wie man sich einen besetzten Betrieb vorstellt sah es nicht aus .

Ein schweres Eisentor versperrte die Zufahrt . Auf dem großen Gelände lagert Kalk und andere Baurohstoffe. Es gehört zum ehemaligen Mutterbetrieb Filkeram Johnson.

Wir werden von ca. 15 Arbeitern begrüßt. Makis, der Betriebsgewerkschaftsvorsitzende begrüßt Anna und Eleni besonders herzlich. Sie kennen sich bereits.

Bio Metaliki wurde ausgegliedert, an eine Firma vermutlich französischer Herkunft (Lafargue) verkauft.

Hier wurden Kacheln, Bodenbeläge, speziell beschichtete Dämmplatten für Wärmeisolierung an Gebäuden hergestellt.

Nach dem Konkurs vom Mutterbetrie Filkeram gab es für Bio Metiki keine Aufträge mehr. Zuletzt war noch eine Menge minderwertigen Rohmaterials eingekauft worden was zu einer schlechten Qualität der Produkte führte. Vieles spricht dafür dass ein betrügerischer Konkurs herbeigeführt werden sollte.

Seit dem Mai 2011 haben die Arbeiter keine Löhne mehr bekommen. Im Juli hat sich der ehemalige Besitzer dann endgültig abgesetzt. Es gab kein ausreichendes Rohmaterial, mit dem man hätte weiterproduzieren können. Der Kundenstamm wanderte ab zur Konkurrenz oder bezog die Produkte aus dem Ausland.

Die Belegschaft will sich aber nicht mit der Arbeitslosigkeit abfinden. Sie will selber produzieren. Aufträge gab es genug , auch aus dem benachbarten Ausland auf dem Balkan, aus Zypern und aus Israel.

Milenko berichtete von der Situation in Serbien. So genannte Investoren nehmen Kredite auf , kaufen die Firmen und lassen sie dann pleite gehen. Dadurch werden sie die Arbeiter und die Gewerkschaften los und können besser weiterverkaufen.

Er meinte auch mit Bezug auf Bio Metiki, dies sei auch ein Fall für die Polizei. Gelächter, ein Kollege meinte, die Polizei sei ein Fall für die Polizei.

Unstrittig ist, dass das Inventar inzwischen den Arbeitern gehört (wegen ausstehender Löhne?)

Was fehlt sind die Besitzanteile an der Firma. Solange sie diese nicht haben, dürfen sie keine Produkte ausliefern. Die Arbeiter wollen sie vor Gericht einklagen, aber das Verfahren zieht sich hin.

“Was wir wollen, ist eine Arbeiterkooperative”.

Es wurden sowohl Anträge auf Förderung ihres Projektes bei einer europäischen Behörde für Arbeitslosigkeit gestellt, als auch ein Termin beim Ministerium für (industrielle) Entwicklung beantragt. Auch bei der griechischen Arbeitsagentur haben sie noch keinen Termin. Jetzt wollen sie politisch Druck machen.

Ein Marsch nach Athen wird organisiert. Dieser Marsch – Karawane der Solidarität – startet in Alexandropolis ganz im Nordosten, sammelt in Thessaloniki weitere Teilnehmer ein. Es wird einen Stop in Valos (?)geben, wo ein Konzert vorbereitet wird. Sie wollen auch in andere Teile Griechenlands fahren. Es soll einen Lawineneffekt geben, der andere Menschen in ähnlicher Lage mitziehen soll.

Die Ankunft ist in Athen ist für den 14. Oktober geplant. Dort sollen dem Ministerpräsidenten öffentlich die Forderungen übergeben werden. Die Arbeiter werden den Platz vor dem Sitz des Ministerpräsidenten besetzen und nicht mehr weggehen bevor die Forderungen nicht erfüllt sind.

Anna berichtete von einer ähnlichen Aktion polnischer Krankenschwestern. 1500 von ihnen hatten den Platz vor dem Parlament in Warschau besetzt. Eine Delegation von 7 oder 8 Krankenschwestern übergaben dem Präsidenten ihre Forderung, dann aber weigerten sie sich erfolgreich mehrere Tage lang , das Gebäude zu verlassen. Und sie konnten sich damit durchsetzen, wichtige Teile ihrer Forderungen wurden erfüllt.

Milenko bereichtet über ihr Arbeit in Serbien, wo es eine ganze Reihe von Betrieben gibt, die von den Arbeitern übernommen wurden, wiel sie sonst geschlossen worden wären. Die Situation ähnelt in Vielem dem, was sich jetzt in Griechenland abspielt. Es gibt auf dem Balkan ähnliche Kultur- und Wirtschaftsstrukturen. Er arbeitet in einem Koordinationskommitee der Arbeiter und Bauern. Diese Organisationsform könnte ein Modell auch für die anderen Balkanländer sein. Die Bauern in Griechenland sind noch ärmer dran, weil sie den Verschlechterungen ihrer Lage oft vereinzelt gegenüberstehen. Via campesino ist ein weltweites Netzwerk von Bauern, mit dem sie auch in Serbien zusammenarbeiten.

Es wurde auch von anderen Belegschaften berichtet, die ihren Betrieb in Selbstverwaltung übernommen haben. Bio Metalika hat auch Kontakte zu Mondragon, dem größten Unternehmen, das erfolgreich selbstverwaltet arbeitet.

Auf die Frage, wie sie in dieser Situation überleben könnten, erfahren wir, dass ein Jahr lang Arbeitslosengeld in Höhe von ca. 350 € gezahlt wurde. Dies ist jetzt ausgelaufen. Die Kollegen erhalten jetzt Lebensmittelspenden und andere Unterstützungen aus der Bevölkerung. Ihre Forderung ist, dass das Arbeitslosengeld verlängert wird.

Die Gewerkschaft, in der sie organisiert sind, heißt Verband der Arbeiter in der Industrie- und in allgemeinen Unternehmen.

Mehr Informationen gibt es auf der Internetseite: www.bio-met.blogspot.gr externer Link

(Hans, Thessaloniki 21.9.2012)


Reisetagebuch Donnerstag 20.9.  

Splitter aus einem verwüsteten Land

Krebskranke suchen über facebook andere Krebskranke, um sich die Chemotherapie zu teilen wegen der Kosten…

Bei Geburten wird das Neugeborene so lange in der Klinik zurückgehalten, bis die Rechnung bezahlt ist…

Professoren der Wirtschaftsfakultät haben seit eineinhalb Jahren kein Gehalt bekommen…

Ein angestellter Lehrer bekam bis vor kurzem 850€, jetzt noch 450, bei Vollzeitjob. Bezahlung von Ende September bis Juni, Sommerferien unbezahlt…

Bei einem Gespräch auf dem Sintagmaplatz bei der zentralen Streikkundgebung der S- und U-Bahn: Ein S-Bahner, der vor einiger Zeit in Berlin arbeitete und dort 2000€ mit Trinkgeldern verdiente, bekommt jetzt noch 800€. Er ist verheiratet und hat ein Kind. Die Eigentumswohnung (80% haben Eigentumswohnungen oder Häuser) ist noch nicht abbezahlt. Zu den Zinsen und Tilgung kommen diverse Versicherungen für die Wohnung, ohne die er von der Bank keinen Kredit bekommen würde. Lohn- und Verbrauchssteuern sind gestiegen. Beim ersten Sparpaket wurde eine jährliche Steuer auf Wohnungseigentum von 4€/m² eingeführt, die mit der Stromrechnung eingezogen wird. Er hat jetzt die Stromrechnung plus 100€ Wohnungssteuer bekommen, so dass er nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll. Gleichzeitig werde ich hier auf dem Platz von Arbeitslosen angemacht, warum ich hier streike, ich hätte doch Lohn und Arbeit“…

Zwei Branchen, die im Unterschied zu allen anderen, im Aufschwung sind: Umzugsfirmen und Fahrradhändler. Die Umzugsfirmen, weil viele aus der Stadt, wo sie nicht mehr überleben können, aufs Land zu Verwandten ziehen, um ein bisschen Landwirtschaft zu betrieben. Fahrradhändler, weil sich viele kein motorisiertes Fahrzeug mehr leisten können (Benzin ist hier teurer als bei uns)…

Morgens

Kam Christos für die Wochenzeitung „Dromos“ zu einem Interview. Christos hatte uns vorher schon geholfen, nun standen Erich und Manfred ihm zur Verfügung. Damon übersetzte. Die Fragen gingen vor allem Richtung Deutschland, ob sich dort was unter den Beschäftigten bewegt, was die Leute über die Krise denken usw. Es ist bei solcher Gelegenheit zu beobachten, dass die Gesprächspartner ganz aufmerksam auf Deutschland achten, auch etwas hoffnungsvoll, weil die deutsche Regierung ja als Speerspitze des internationalen Kapitalangriffs angesehen wird. Vielleicht regt sich dort ja auch Widerstand? Leider können wir ihnen dann kaum was Optimismus Machendes berichten, sondern hauptsächlich davon, dass sich die Beschäftigten wegducken in der Hoffnung, dass das Krisengewitter an ihnen vorbei ziehen möge.

Währenddessen gingen die andern zum Syntagma-Platz, wo die Kundgebung der streikenden S-Bahn- und Metro-Kollegen angesetzt war. Sie entrollten dort unsere Transparente und kamen dadurch wieder in gute Gespräche. Um eins gingen Andi und Jan mit Martha als Übersetzungshilfe zu einer für uns anberaumten Pressekonferenz. Es erschien aber nur einer von „Avgi“, einer kleinen Zeitung, die zu SYRIZA gehört. Dort waren die Fragen ähnlich wie vorher bei Christos.

Um halb eins waren wir zu einer Versammlung in einem staatlichen Krankenhaus eingeladen. Wegen der Streikversammlung kamen wir etwas später zusammen. Es handelte sich um eine Betriebsversammlung, anwesend waren vielleicht 40 KollegInnen. Es sah so aus, als ob wir etwas überraschend kämen. Sie unterbrachen dann kurz und wir konnten uns vorstellen. Man merkte, dass sie uns interessant fanden. Ansonsten ging aber die Versammlung auf Griechisch weiter und wir hatten keine Gesprächspartner. Interessant war noch der Auftritt eines Syriza-Abgeordneten, der zuständig ist für die Beziehungen zu den Gewerkschaften. Er hielt eine halbstündige Rede in einem aberwitzigen Sprechtempo, wobei er einen Antrag erläuterte, den Syriza ins Parlament einbringen wird. Wie Damon uns erläuterte, geht es z.B. darum, dass für diejenigen, denen die Löhne um z.B. 30% gekürzt wurden, auch ihre Schulden um 30% gekürzt werden. Menschen, die unter dem Existenzminimum oder gar nichts verdienen, sollen die Schulden völlig erlassen bekommen. Der Redner wirkte einigermaßen gehetzt, vermutlich muss er gleichzeitig in ganz Athen diesen Antrag in allen Betrieben bekannt machen…

Nachmittags: Die „Redakteurszeitung“

In Hamburg hatte ich Anfangs September bei einer Kampnagel-Veranstaltung mit dem Schwabinggrad-Ballett Babis Agrolabos getroffen, auch ein ehemaliger Redakteur von Eleftherotypia. Er hatte uns eingeladen ihn bei seinem neuen Zeitungsprojekt zu besuchen. Wir trafen ihn in einem Büro, was gerade neu mit Büromöbeln eingerichtet war, aber noch ohne Arbeitsgeräte wie Laptops usw. Mit ihm waren noch zwei junge Kollegen da. Martha übersetzte für uns.

Seit einigen Monaten bereiten 100 KollegInnen eine neue Zeitung vor. 90 sind von Eleftherotypia, auf deutsch „Freie Presse“. Sie erschien seit Ende der Militärdiktatur 1974 bis letztes Jahr. Das Meinungsspektrum reichte von Mitte bis links, es waren 800 Beschäftigte, davon 200 Redakteure und Journalisten.

Es sind also nicht alle beim neuen Projekt dabei. Einige hoffen, dass Eleftherotypia wieder in Betrieb gehen werde, was sie aber für unrealistisch halten, da die Schulden zu hoch seien. Außerdem glaubten sie, dass eine Zeitung nur funktionieren könne mit Chefredaktion und klarer Hierarchie. Sie setzen dagegen auf eine kollektive, genossenschaftliche Lösung. Jede(r) der 100 hat 1000€ in die Genossenschaft einbezahlt, dafür hat jeder eine Stimme auf der Versammlung, auf der der Chefredakteur und die Ressortchefs gewählt werden. Die Versammlung wird dreimonatlich stattfinden. Die Genossenschaft hält 51% der Anteile, die restlichen 49% sollen anonym eingezahlt werden, also von Geldgebern.

Ihr Konzept sieht vor, dass sie die ersten beiden Monate umsonst arbeiten, dann mindestens zum gewerkschaftlichen Mindestlohn. Sie brauchen mindestens eine verkaufte Auflage von werktags 15 000 und am Wochenende 40 000. Zum Vergleich: Bei Eleftherotypia waren es 30 000/100 000. Avgi hat 2500/5000. (Für Deutschland müsste man die Zahlen etwa versiebenfachen). Leserpublikum: etwas linker als bei der Taz.

Diese Woche wollen sie die Arbeitsgeräte kaufen, danach die virtuelle Produktion beginnen und am Montag, den 15.10., erscheinen. Da der Titel „Eleftherotypia“ blockiert ist, wird die neue Zeitung „Redakteurszeitung“ heißen.

Wir waren natürlich schon etwas skeptisch, andererseits sind die griechischen Verhältnisse eben so: Selbstverwaltung, Kollektivlösungen werden in der Not gefunden und angefangen. Aus diesem Grunde haben wir mit den Spendengeldern einen symbolischen Genossenschaftsanteil von 1000€ gekauft und erwarten euer Feedback.

Abends gingen einige von uns noch zu einem Treffen im Polytechnikum zum Start und der Organisation einer Kampagne zur Koordination sozialer Projekte (oder so ähnlich). Der Hörsaal war aber total überfüllt, außerdem fand natürlich alles auf Griechisch statt. Dass ein solcher Andrang herrschte, war bestimmt kein schlechtes Zeichen.

(Manfred)

Nachtrag zu Dienstag:

(Ich poste hier noch meinen Text rein, den ich über die Rechtentwicklung und die Situation der Flüchtlinge fürs ver.di-Mitgliedernetz geschrieben hatte. Romin)

Eindrücke vom dritten Tag – Griechisches Blut für griechische Bürger

Ein Thema ist dieser Tage allgegenwärtig in unseren Gesprächen in Athen, der Aufstieg der Nazi-Partei „Chrysi Avgi“ (Goldene Morgenröte).

Noch vor drei Jahren erhielt die rechte Partei nur 0,29 Prozent der Stimmen. Seit dem die Krise das Leben eines Großteils der Bevölkerung bestimmt, hat die mit der NPD befreundete Partei von bekennenden Hitler-Verehrern enorm zugelegt. Bei den letzten landesweiten Wahlen im Juni 2012 steigerte sie sich auf fast sieben Prozent der Stimmen. Jüngste Meinungsumfragen sehen sie sogar bei 13 bis 14 Prozent. Doch die Aktivitäten der neuen Nazis beschränken sich nicht auf das griechische Parlament.

Gewalt von rechts

Der 30-jährige Straßenhändler Abdul zeigt mir seine Schnittwunden am Rücken. „Vor drei Wochen habe ich abends an einer Bushaltstelle gewartet, als auf einmal eine Gruppe von Chrysi Avgi Leuten mit Motorädern auf mich zufuhr. Ich habe sie schon bevor sie Parolen gegen Ausländer riefen, an ihren schwarzen Uniformen erkannt. Sie haben nicht nur auf mich eingeprügelt, sondern auch mit einem Messer probiert mich umzubringen“, erzählt der Inder mit stockender Stimme. Solche Angriffe auf Migrant/innen sind keine Einzelfälle, wie uns Costas Isychos berichtet, der bei der größten Oppositionspartei Syriza aktiv ist. Ihm zufolge vergeht in Athen keine Nacht ohne Übergriffe auf Einwander/innen. Mindestens sechs Menschen seien in den letzten Monaten tödliche Opfer des Nazi-Terrors geworden. Mit ihren Absichten, so Costas, halten die griechischen Nazis nicht hinter dem Berg: Zuerst würden sie mit den Einwanderern aufräumen, nachher kämen die Homosexuellen dran und anschließend die Linken.

Abdul hat aus seinem traumatischen Erlebnis die Konsequenz gezogen, dass er sich fast nur noch im linken Anarchistenviertel Excharchia aufhält und die meisten Athener Stadtviertel mittlerweile meidet. Dazu zählt für ihn besonders Agios Panteleimonas. Das nur 15 Minuten von Excharchia entfernte Viertel hat aufgrund des hohen Stimmenanteils für Chrysi Avgi bei den letzten Wahlen eine negative Berühmtheit erlangt.

Nazis entdecken die soziale Frage

Ortsbesuch in Agios Panteleimonas: „Heraus zum Panhellenischen Tag der Blutspende“ verkündet das Plakat am Laternenpfahl . Auf dem abgebildeten Blutbeutel prangt unübersichtlich das Hakenkreuz ähnliche Symbol der Chrysi Avgi, nur griechisches Blut soll an diesem Tag für griechische Bürger gespendet werden. Die Partei versucht nicht nur als rassistische Schlägertruppe Einfluss zu gewinnen, sondern auch soziale Themen wie den Mangel an Blutkonserven aufzugreifen. Von den Suppenküchen, die die Rechten laut vielen Medienberichten ebenfalls nur für Griechen eingerichtet hätten, ist an diesem Tag nichts zu sehen. Dagegen ist der Prozess der Verarmung in dem Arbeiterviertel sichtbar, viele Häuser sind in einem schlechten Zustand, Geschäfte stehen leer, entlang der Straßen parken viele abgemeldete Autos ohne Kennzeichen.

Einfache Antworten auf die Krise

Doch die Verarmung reicht bei weitem nicht aus, um den Aufstieg der Rechten zu erklären. Der Athener Anwalt Harry Ladis berichtet uns gegenüber, dass die Nazis zielgerichtet an bestimmte Gruppen herantreten und sich als „Männer fürs Grobe“ anbieten. In Agios Panteleimonas wenden sich ihm zufolge Vermieter, die ausländische Mieter loswerden wollen, direkt an Chrysi Avgi. Auch das gesellschaftliche Klima gegenüber Migrant/innen und Flüchtlingen spielt den Nazis in die Hände, schildert Heike Schrader, die seit vielen Jahren als Journalistin aus Griechenland berichtet.

Ihr zufolge nutzt der Staat die Anwesenheit der Flüchtlinge, um von den hausgemachten Problemen abzulenken. In klassischer Sündenbocklogik werde der Schwarzhandel von Flüchtlingen und nicht die Massenentlassungen als Grund für die hohe Arbeitslosigkeit unter Griechen ausgemacht. Von den Medien werden diese Erklärungen vielfach unhinterfragt aufgenommen, ergänzt Heike. Den Nazis liefert diese Situation einen fruchtbaren Boden. Bei ihren Angriffen auf Flüchtlinge erscheinen sie als diejenigen die „Recht und Ordnung“ durchsetzen – und erhalten dafür Zustimmung in Teilen der Bevölkerung.

Situation der Flüchtlinge

Bei dem Angriff auf Abdul war dies nicht der Fall: „Zum Glück kamen mir Passanten zu Hilfe und verscheuchten die Nazis. Aber weil ich keine Aufenthaltspapiere habe, konnte ich danach nicht direkt ins Krankenhaus gehen. Und an eine Anzeige bei der Polizei ist nicht zu denken.“ Abduls Situation entspricht der vieler Flüchtlinge, zwischen 700.000 und zwei Millionen sollen heute ohne Papiere in Griechenland leben. Denn im Moment versuchen die meisten Flüchtlinge den Weg nach Europa über die griechisch-türkische Landgrenze zu nehmen, da das Abwehr-Netz der EU im Mittelmeer kaum noch jemanden durchlässt und bereits tausende Todesopfer gefordert hat. Wie unsicher die Situation auch nach dem Erreichen Europas bleibt, zeigt Abduls Situation in bitterer Weise.

(Romin Khan)


Reisetagebuch Mittwoch, 19.9.

Nachts: Talkshow im Kontrachannel

Über Stefanos, Anwalt, einen Bekannten von Rolf, hatten wir eine Einladung bekommen, nachts von eins bis drei in einer Sendung des privaten Senders Kontrachannel aufzutreten. Rolf, Andi, Fritz und Jan nahmen es auf sich, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen.

Erfahrungen über die Bestrebungen zur Privatisierung der Berliner S-Bahn

Ausgehend von dem unsäglichen Beschluss der Bundesregierung von 1994, der die Rechtsgrundlagen für die Privatisierung des Bahnverkehrs in Deutschland schuf, berichtete ich über Erfahrungen der anstehenden Privatisierung der S-Bahn Berlin.

Erfahrungen der Rationalisierungswelle, die in Vorbereitung auf den zu erwartenden Wettbewerb durch den DB Konzern vorgenommen wurde.

  • Abbau von c. a. 800 Mitarbeitern
  • Ausgründungen von Leistungen
  • Verlängerung der Wartungsfristen in der Fahrzeuginstandhaltung

Was erwartet die Mitarbeiter im Wettbewerb?

Die Abgabe von Dienstleistungen rund um den S-Bahnverkehr wird weiter vorangetrieben. Die Folgen sind weitere Ausgründung von Leistungen (Reinigung, Marketing-Vertrieb). Dies erfolgt entweder durch Vergabe an Firmen, die diese Leistungen billiger erstellen (durch Einsatz von Subunternehmern), die ihre Beschäftigten unter dem z. Z. bestehenden Tarif entlohnen.

Für die Mitarbeiter bedeutet dies Verlust des Arbeitsplatzes oder massiven Lohnverzicht, eine andere Alternative gibt es nicht.

Für die konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen sind die für den Bahntransport festen Kosten (Energie-, Materialkosten) relativ gleich. Die Kosten für die lebendige Arbeit hingegen sind flexibel. Hier ist der Ansatz für das Erzielen von Gewinn. Oder, wenn der Lohn nicht abgesenkt wird, dann stehen enorme Arbeitsleistungsverdichtungen an, die die Mitarbeiter krank machen. Lange Schichten, mehr Arbeitsdruck oder zu wenig Lohn wirken demotivierend. Das macht Mitarbeiter krank und schlägt durch bis auf den familiären Bereich.

Für Bahnkunden bedeutet der privat betriebene Verkehr,

  • dass er nicht zwangsläufig stabiler wird,
  • dass es zu Fahrpreis Erhöhungen kommen wird (Umlage der steigenden Kosten auf den Kunden),
  • unter Umständen werden unrentable Linien ausgedünnt.

Die Folgen sind:

  • Verlust von Lebensqualität in den Randgebieten Berlins,
  • Wertverlust der Grundstücke durch fehlende Verkehrsanbindung,

Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge, die in Verantwortung dem Staat liegt, ist die denkbar schlechteste Alternative.

Fazit: Gegen diese Politik müssen wir uns wehren. Dazu bedarf es aller Möglichkeiten des Kampfes, den wir bei unserer Gewerkschaft einfordern müssen und dies bedeutet zugleich den Kampf um unsere Organisationen zu führen. Bedeutet ebenso öffentlichkeitswirksam zu agieren, denn die Bahnkunden sind unsere potentielle Verbündete.

Zum TV Auftritt:

Als Übersetzer stand uns RA Stefanos bei Seite. Als weiterer Gesprächsgast war ein Dr. Wassili anwesend.

Der Themenkomplex der Gesprächsrunde:

  • die Haltung unserer Gruppe zur deutschen Politik gegenüber Griechenland mit all ihren Folgen,
  • die Beantwortung von Zuschauerfragen zu den Lebensbedingungen in Deutschland im Vergleich zu Griechenland,
  • Zum Umgang mit den ausstehenden Reparationsleistungen der Bundesregierung an das griechische Volk.

Man kann wohl demnächst mal versuchen die Sendung bei You Tube anzuschauen unter kontrachanel.gr oder auch bei www kontrachanel.gr

(Fritz)

Mittags: Treffen mit Gewerkschaftern von Syriza: Die Folgen des Blitzkriegs

Das Treffen hatte Apo organisiert, der aber nicht da sein konnte, da er seit zwei Tagen krank darnieder liegt. Ein Teil von uns ging zu einem Gesundheitszentrum, später dann zu einem besetzten Campingplatz. Auf dem Weg zu unserem Treffen begegneten wir einer Demonstration, ziemlich groß, so geschätzte 2000, ein einziges blauweißes Fahnenmeer griechischer Nationalfahnen. Befremdlicher Anblick! Es stellte sich heraus, dass es sich um Militärangehörige handelt, die für die Erhaltung des griechischen Militärs und damit ihrer Arbeitsplätze und gegen die Kürzung ihrer Gehälter protestierten, die auch sie betrifft. Morgens war schon eine Demonstration von uniformierten Feuerwehrleuten zu sehen. Irgendwie ist alles auf den Beinen.

Als wir im Büro der OTOE, der Gewerkschaft der Bankangestellten, kamen, waren wir die ersten (deutschen und griechische Pünktlichkeit unterscheiden sich ein bisschen). Wir sprachen dann mit vier GewerkschafterInnen, die zu Syriza gehören. Es wurde eifrig geraucht, obwohl Rauchverbotsschilder an den Wänden hingen. Auch in den Büros wird geraucht, das hatten wir auch schon beim Radio Kokkino gesehen.

Damon begleitete uns und übersetzte wie immer unglaublich. Er ist nicht nur einfach Übersetzer, sondern engagiert dabei, er ist ja selbst ein alter Kämpfer und politisch aktiv und bewusst, ihm macht keiner was vor und so lässt er auch die griechischen Gesprächspartner bei Ungenauigkeiten nicht davon kommen.

Drei von den GewerkschafterInnen gehörten zum Dachverband GSEE, einer zu OTOE. Sie schilderten uns noch einmal den sozialen Blitzkrieg, der in den letzten Jahren gegen die griechische Bevölkerung geführt wurde und wird. Einer meinte: „Was wir bisher gesehen haben, war nur die Einleitung des Dramas. Das eigentliche Drama kommt noch.“ Sie meinten auch, dass man vor zwei Jahren sich nicht vorstellen konnte, was passieren würde und passiert. Das kommende Sparpaket werde schon das Fünfte sein. Jetzt schon lägen die Gehaltskürzungen bei bis zu 50%, dazu kämen ja noch Steuererhöhungen und Preissteigerungen. Durchgesetzt würde das von der „äußeren Troika“ verlangte Programm von der „inneren Troika“, d.h. aktuell der ND/PASOK/DIMAR-Koalition. Dabei spielten die Massenmedien eine wichtige Rolle, die die Regierungspolitik unterstützten. Grundlegende soziale, arbeitsrechtliche und demokratische Rechte würden abgeschafft. Man habe den Eindruck einer permanenten Diktatur (und das bei einer demokratisch gewählten Regierung!).

Die Arbeiterbewegung sei durchaus aktiv, so habe es in letzter Zeit alleine sieben größere Streiks gegeben, die unabhängig von der Führung der Dachverbände durchgeführt worden seien. Natürlich sei die große Zersplitterung in Tausende von Gewerkschaften eine Schwäche. Bemerkenswert sei aber, dass die Arbeiterbewegung sich insgesamt etwas politisiert habe, denn ohne politischen Kampf gegen die Regierungspolitik seien gar keine Erfolge mehr möglich.

Besonders im Gesundheitswesen, das praktisch zusammen gebrochen sei, könne man beobachten, wie sich Beschäftigte organisieren, um die Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten. Die Idee der „Selbstverwaltung“ sei aber ziemlich neu und generell noch schwach entwickelt.

Die Politik der Troika werde letztlich zur Verelendung führen, zur vollständigen Privatisierung aller Betriebe und Einrichtungen, zum Exodus von ausgebildeten Fachkräften: Perspektive 3. Welt.

Auf die Frage, warum der Generalstreik nächste Woche auf einen Tag befristet sei, meinten sie, ein Tag wäre schon sehr positiv, wenn er klappt. Mit längeren oder gar unbefristeten Generalstreiks hätten sie noch keine Erfahrung. Außerdem wollten sie keinen Misserfolg riskieren, weil das die Führungen der Dachverbände nur ausnützen würden, nach dem Motto: Seht ihr, es fehlt ja die Bereitschaft, man kann ja gar nichts tun.

(Manfred)

Später Nachmittag: „Freiheit der Straende!“ – Die Wiederaneignung des Oeffentlichen

„Unsere erste Aktion war, dafuer zu sorgen, dass die Menschen wieder kostenlos im Meer baden koennen. Denn nebenan muss man 7 Euro bezahlen, damit man an den Strand kommt“, erklaert uns der Mann, der uns an der Endstation der Strassenbahn Linie 5, die vom Syntagma-Platy nach Voula, einer Vorortsgemeinde von Athen fuehrt, abgeholt hat, um uns das Gelaende zu zeigen, das von der Kuestenstrasse bis an den Strand reicht und dem griechischen Staat gehoert.

„Zwanzig Jahre lang war der Campingplatz nicht mehr benuetzt worden. Am 10. Juni haben wir das Gelaende besetzt, damit es der Oeffentlichkeit wieder zur Verfuegung gestellt werden kann.“ Die AktivistInnen, die zur Organisation „Enallaktiki Drasi“ (Alternative Aktion) gehoeren, sauebern in Freiwillenarbeit regelmaessig den Strand. Der Buergermeister, der die Aktion unterstuetzt, laesst die Abfaelle durch die Muellabfuhr abholen. Auch vom griechischen Staat haben sie bereits Post bekommen, die Sache sei nicht gesetzeskonform… Im Hintergrund stehen die Plaene der Regierung, aus dem ganzen Kuestenstreifen von Salonikos, von Piraeus bis zum Kap, eine Luxus-Tourismusanlage zu machen. Betroffen waere auch ein Behindertenheim auf dem angrenzenden Gelaende. Die behinderten Kinder muessten weichen, damit nachher dort die Schoenen und Reichen baden koennen. „Nein zur Riviera von Salonikos!“ steht auf einem Spruchband am Eingang des Campings.

Der Zufall will es, dass wir gleich an einer Vollversammlung des besetzten Campings teilnehmen koennen, die einmal woechentlich stattfindet. Anfaenglich sind es ein knappes Dutzend Personen, die sich einfinden und ueber die naechsten Aktionen diskutieren. Nach und nach stossen weitere dazu, insgesamt etwa zwanzig Leute. Die Sonne ist soeben untergegangen, vom Meer her weht ein kuehles Lueftchen, die Frauen huellen sich in Strickjacken. Hauptthema der Versammlung ist die Teilnahme mit einem eigenen Transparent am Generalstreik vom 26. September. „Schreiben wir doch einfach ‚Freiheit der Straende!‘ auf das Spruchband“, schlaegt eine Frau vor. Die Versammlung erinnert an irgendeine Buergerinitiative von Menschen, die sich erstmals oeffentlich engagieren und sonst nichts mit Politik am Hut haben.

Anschliessend an die Versammlung schauen sich die Anwesenden den Navigator-Film ueber die Privatisierung der englischen Eisenbahnen an. Einer begruesst uns, als wuerde er uns kennen: „Ihr wart doch vor zwei Tagen an der Eisenbahner Versammlung in Piraeus!“ Vor Beginn der Filmauffuehrung verabschieden wir uns und uebergeben dem Vorsitzenden zur Unterstuetzung des Projekts einen Betrag aus den mitgebrachten Spendengeldern, die er dankbar entgegennimmt. Sogleich verkuendet er den andern die Neuigkeit. Grosser Applaus, einer ruft in gebrochenem Deutsch: „Die Zukunft gehoert dem Sozialismus!“ Ganz so politisch unbeschriebene Blaetter, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hat, scheinen doch nicht alle AktivistInnen dieser „Buergerinitiative“ zu sein.

(Rainer)

„In Indien ja, aber doch nicht in Europa!“

Abends kamen dann diejenigen zurück, die ein Gesundheitszentrum besucht hatten. Dieses Gesundheitszentrum ist selbstverwaltet und versucht nach dem weitgehenden Zusammenbruch der öffentlichen Gesundheitsversorgung die medizinische Betreuung der Bevölkerung sicher zu stellen. Da unsere Leute Spendengelder dabei hatten, wurden sie gebeten, in der nahe gelegenen Apotheke Medizin für sie einzukaufen. Also gingen sie mit ihren 500€ ein und kauften Impfstoffe für Kinder und andere notwendigen Medikamente. Der Apotheker legte von sich aus noch einiges drauf, weil er das Zentrum kennt. Tanja war abends noch fassungslos. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich im 21. Jahrhundert in Europa mit Spendengeldern Medikamente für ein Gesundheitszentrum einkaufen würde. In Indien ja, aber doch nicht in Europa!“

Ein weiteres Gespräch mit betrieblichen KollegInnen, das nachmittags stattfand, wollen wir hier nicht näher schildern um sie nicht zu gefährden. Der vorherrschende und schockierende Eindruck war die nackte Angst um die Arbeitsplätze, die jede betriebliche Gegenwehr unmöglich macht.

Abends Diskussion mit Moisis Litsis : „500 000 Menschen arbeiten in Griechenland ohne Bezahlung“

Moisis war Journalist bei Eleftherotypia für über 20 Jahre, bis diese letztes Jahr schloss. Wir waren über einen Artikel in der „Soz“ auf ihn aufmerksam geworden und hatten ihn über facebook kontaktet. Er war sofort bereit uns zu helfen und mit uns Kontakt aufzunehmen. Er ist ein sehr scharfsinniger politischer Beobachter. Er gehört zu keiner Partei, hat aber das letzte Mal Syriza gewählt.

Mittlerweile hat er einen anderen Job, bei dem er aber nicht bezahlt wird oder mal etwas Lohn bekommt, z.B. im September mal ein Drittel vom Juligehalt. Er gehört zu den 500000 Menschen in Griechenland, denen es genauso geht. Warum arbeitet man denn überhaupt, wenn man nicht bezahlt wird? Man macht das, weil man die Hoffnung hat, dass sich irgendwann vielleicht doch mal etwas ändert, weil man bei Gelegenheit doch mal was bekommt. Und weil man, wenn man kündigen würde, gar keinen Arbeitsplatz mehr hätte, völlig vor dem Nichts stünde.

Er beobachtet einen ökonomischen Niedergang der Mittelschicht. Man überlebt, weil man auf Eltern, Großeltern zurück greift, Ersparnisse aufbraucht, Freunde anpumpt usw. Es gibt nicht nur die äußere Verschuldung Griechenlands, auch eine innere: Bei Freunden hat man sich was geliehen, was man nicht zurückzahlen kann. Bankschulden. Auch Firmen, die ihre Rechnungen nicht bezahlen können oder nicht bezahlt bekommen.

Zur Rolle und Bedeutung von Syriza sprachen wir länger. Syriza habe die vielen Stimmen bekommen, nicht weil sie eine Massenbewegung repräsentiere, sondern weil sie ein Hoffnungsträger wurde für viele Menschen. Wenn es nicht gelinge, eine tatsächliche Massenbewegung zu schaffen, mit fester Verankerung in Betrieben, Stadtteilen, auf dem Land usw. dann habe Syriza langfristig keine Chance. Die jetzige Regierung werde bestenfalls noch drei, vier Monate halten, dann werde sie stürzen. Es könnte dann durchaus sein, dass Syriza stärkste Kraft würde und Tsipras Ministerpräsident. Aber was könne Tsipras ausrichten, ohne eine starke Massenbewegung in seinem Rücken? Bei Verhandlungen würde ihn Merkel einfach abblitzen lassen wie einen Schuljungen.

Generell sei das Problem der Linken, dass sie keine realistische Perspektive für Griechenland aufzeigen könne. Die Rechten hätten den Vorteil, dass sie sagen könnten, wir erfüllen das, was die Troika uns diktiert, dann werden wir im Euro und der EU bleiben, was für Griechenland die einzige Chance sei. Was können die Linken anbieten? Raus aus dem Euro oder der EU? Das wäre eine Katastrophe. Aber was stattdessen?

Syriza sei keine Partei im klassischen Sinne. Sie ist ein Bündnis von verschiedenen Parteien und Personen der Linken von Trotzkisten, Kommunisten, Autonomen bis zu ehemaligen PASOK-Abgeordneten, die rechtzeitig die Pferde gewechselt hätten. Es gibt auch kein gemeinsames verbindliches Programm, sondern jedes Mitglied des Bündnisses ist selbstständig. Eigentlich könne man sagen, dass Syriza eine Art flüssiges Gebilde ist, das in Bewegung ist und sich weiter entwickelt. (Anmerkung: Ganz Griechenland ist in Bewegung, im Rutschen begriffen, dazu passt Syriza ganz gut). Was sich da heraus kristallisieren wird, sei völlig offen.

Trotzdem sei natürlich Syriza eine sehr wichtige politische Kraft, auf deren Entwicklung sehr viel ankomme. Die KKE stehe außen vor, ihre Stimmenzahl halbierte sich bei der letzten Wahl. Sie musste bereits einen Sender Zeitung [Es war nicht eine Zeitung, sondern ein Sender, den die KKE geschlossen hat (sie besitzt verschiedene Firmen). Korrektur vom 20.09; Red.] schließen (und feuerte deren Mitarbeiter ziemlich rüde). Womöglich werde sie ganz marginalisiert. Zwar übe sie in manchen Punkten eine richtige Kritik an Syriza, aber sie isoliere sich.

(Manfred)


Reisetagebuch Dienstag, 18.9.

Vormittags: Radiointerview im Sender „Kokkino“ (Rot“)

Radio „Kokkino“ gehört zu der Zeitung Avgi, die wiederum zu Syriza gehört, sendet Musik und Text. Wir waren eingeladen über Babis, einen Journalisten von Eleftherotypia, der nach der Schließung der Zeitung dort einen Job gefunden hat. Vereinbart war 11h über Christos und Apo, zwei Leute sollten kommen. Manfred und Matthes gingen hin, Damon begleitete uns als Übersetzer. Als wir ankamen, waren alle überrascht, da sie nicht wussten, dass wir kamen. Aber kein Problem, griechische Improvisationskunst live: kurze hektische Telefonate, dann hieß es, wir sollten warten, das Interview würde bald gemacht. Um zwölf kam dann der Chefredakteur von Avgi angeschnauft, wusste nicht so recht, worum’s ging, machte aber gute Miene zum bösen Spiel und eine Viertelstunde später saßen wir im Aufnahmeraum und waren live auf Sendung.
Der Chefredakteur sprach uns zuerst auf die Bedingungen in Deutschland an, Niedrigl öhne, Lohnniveau allgemein, Stimmung unter den Beschäftigten usw. Dann kamen wir auch noch ein bisschen auf Griechenland und unsere Reise. Am Schluss sollten wir noch eine Botschaft für Syriza formulieren, was ja eigentlich nicht so unser Anliegen ist. Aber wir konnten sagen, dass es keine einfachen Lösungen für eine kapitalistische Krise bzw. Krise des Kapitalismus gibt und dass es nichts hilft, wenn sich die Beschäftigten nicht gemeinsam und grenzübergreifend zur Wehr setzen. Wir merkten natürlich, dass der Chefredakteur nicht vorbereitet war, trotzdem hoffen wir, dass wir uns gut geschlagen haben.

(Manfred)

Nachmittags:Treffen mit dem Syriza-Abgeordneten Costa

„Wir muessen den Menschen wieder eine Perspektive geben, sonst gehen sie zu den Faschisten!“

Auf das Treffen mit dem Syriza-Abgeordneten war ich echt gespannt. Wie wuerde er auf mich wirken, von Angesicht zu Angesicht, von Mensch zu Mensch? Gewisse Vorstellungen, um nicht zu sagen Vorurteile, bestanden selbstverstaendlich: Ein Parlamentsabgeordneter, stellte ich mir vor, der von von Gesetzesvorlagen erzaehlt, von Forderungen, die seine Partei an die Regierung richtet, von taktischen Allianzen und Kompromissen, vom Bestreben Abstimmungsmehrheiten zu finden und aehnlichen Dingen. Weit gefehlt! Costas Isychos, Politbuero-Mitglied von Synaspismos, ist ein Aktivist mit Leib und Seele. Lebhaft und engagiert schildert er die katastrophalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zustaende in seinem Land. Von einer Jugendarbeitslosigkeit, die in den Staedten bereits ueber 50 Prozent liegt, Tendenz steigend.
Besonders beunruhigend ist fuer ihn, wie die Faschisten der „Goldenen Morgenroete“ versuchen, das soziale Elend zu ihren Gunsten zu nutzen und wie der Staat ihnen freie Hand laesst. Es vergehe keine Nacht ohne Uebergriffe auf Einwanderer, mit Verletzten und Toten, die Opfer des faschistischen Terrors werden. Mit ihren Absichten, erzaehlt uns Costas, halten die griechischen Nazis nicht hinter dem Berg: Zuerst wuerden sie mit den Einwanderern aufrauemen, nachher kaemen die Homosexuellen dran und anschliessend die Linken.

Dass diese Bedrohungslage von den Syriza-Leuten sehr ernst genommen wird, ist nur allzu verstaendlich. Sie wollen den faschistischen Sumpf trockenlegen, bevor er endgueltig zur Massenbewegung wird. „Wir muessen den Menschen wieder eine Perspektive geben, sonst gehen sie zu den Faschisten!“, fasst Costas ihre Abwehrstrategie zusammen. Wenn den Menschen der Boden unter den Fuessen weggezogen werde, wie gegenwaertig in Griechenland, sei die Gefahr gross, dass sie empfaenglich wuerden fuer einfache Loesungen, die darin bestehen, dass sie ihre Wut auf jene richten, die noch schwaecher sind als sie. Damit die sozial Deklassierten nicht in diese Falle tappen, muesse man ihnen positive Alternativen bieten. „Die Leute wollen keine schoenen Worte hoeren, sondern Taten sehen!“, macht Costas klar. Nicht ideologische Konzepte, sonden praktische Solidaritaet sei gefragt. Darum setze sich Syriza mit aller Kraft fuer Selbsthilfeprojekte ein. Erst kuerzlich sei ein brachliegendes Landstueck besetzt worden, ein 100 Hektaren grosser, nicht mehr benutzter Camping-Platz, um dort wieder Landwirtschaft zu treiben. Fuer Familien, die in der Lohnarbeit kein Auskommen mehr finden. Die Ertraege fliessen dann in die selbstorganisierte Nahrungsmittelverteilung. Wie im letzten Winter mit den Kartoffeln, welche die Produzenten den Verbrauchern fuer 20 Cent verkauft hatten. Ein ausreichender Ertrag fuer die Bauern, bei 9 Cent Herstellkosten  – waehrend die gleichen Kartoffeln bei den Grossverteilern fuer 2 Euro das Kilo verkauft wurden. Ein Preis, den sich in Griechenland immer weniger Menschen leisten koennen.

„Im naechsten Winter werden wir dieses Projekt erweitern, mit zusaetzlichen Produkten. Unser Ziel ist es, dass niemand in Griechenland Hungers sterben wird!“, verkuendet der Abgeordnete der wichtigsten Oppositionspartei im griechischen Parlament. Man waehnt sich in Zeiten vergangener Jahrhunderte zurueckversetzt, als es in Europa noch Hungerkatastrophen gab und der Kampf ums nackte Ueberleben auf der Tagesordnung stand, und nicht in einem EU-Land des 21. Jahrhunderts. In einer Epoche, in welcher die Vermarktung oder sogar Vernichtung landwirtschaftlicher Ueberschuesse das Hauptproblem der europaeischen Landwirtschaftspolitik ist. Der Hunger ist nach Europa zurueckgekehrt. Diese unglaubliche Tatsache macht deutlich, wie weit die Krise des niedergehenden Kapitalismus bereits vorangeschritten ist.

„Es ist kein Geld, das wir wollen, wir erwarten keine Barmherzigkeit, sondern Solidaritaet!“ Das ist Costas Botschaft an uns, ein flammender Aufruf an die Arbeiterinnen und Arbeiter im noerdlichen Europa, ihre griechischen KlassengenossInnen nicht im Stich zu lassen. Morgen wird er nach Spanien fahren, um sich mit spanischen Gewerkschaftern zu treffen und den Widerstand gegen die Krisenpolitik der Troika zu koordinieren. Denn das sind sich wahrscheinlich alle bewusst: Es wird keinen griechischen oder spanischen Ausweg aus der Krise geben – und erst recht keinen kapitalistischen Wiederaufschwung. Eine wirksame Antwort auf die Krise und auf den Angriff auf die Arbeits- und Lebensbedingungen koennen die ArbeiterInnen in ganz Europa nur gemeinsam finden.

(Rainer)

Abends: Demonstration des Netzwerks der Basisgewerkschaften gegen das neue Sparpaket

BasisgewerkschaftenKurz nach sechs machten wir uns vom Hotel auf, da der Beginn der Demo um 18.30h angesetzt war. Wir waren zwar vorher gewarnt worden, dass das realistisch eher 19.30h bedeuten würde, aber wir gingen auf Nummer sicher. Als wir auf dem Platz gegen ½ 7 ankamen, war er tatsächlich ziemlich leer, ein Transparent war zu sehen, um das ein paar Leute herum standen. So hatten wir aber Platz und genügend Zeit, uns vor dem Gebäude der alten Universität –schön klassizistisch mit Säulen und Wandgemälden- mit unseren mitgebrachten Transparenten aufzubauen. Eines auf Griechisch, eines auf Deutsch mit unserer Losung von dem Aufruf: „Nein gegen Spardiktate und Nationalismus“, dann woher wir kommen und „Internationale Solidarität“. Das fand auch bald Aufmerksamkeit, so dass schnell uns einige ansprachen, mit denen wir ins Gespräch kamen.
Allmählich füllte sich der Platz etwas und gegen halb acht ging es dann, wie vermutet, auch los. Wir wurden mit unseren Transparenten ziemlich vorne eingereiht und viele wurden auf es aufmerksam. Es war halt deutlich anders als die anderen, die die Leute wahrscheinlich schon kennen. Wir waren sehr interessant. Es waren wohl etwa 500 (Optimisten: 1000) Menschen gekommen, natürlich einige kleine Parteigrüppchen, auch ein Stadtteilkomitee und Mitglieder von Basisgewerkschaften.
Nach einigen hundert Metern stoppte der Zug und wir sollten unsere vorbereitete Rede halten. Wir hatten sie schon auf griechisch von Eberhard übersetzt, Rainer las auf Deutsch und Damon auf Griechisch vor. Das Problem war nur, dass es keinen Lautsprecherwagen gab, nur ein Megaphon. Bedingt durch die Umgebungsgeräusche und die gerufenen Parolen weiter hinten war schon nach fünf bis zehn Metern nichts mehr zu verstehen. Das Megaphon wurde im wahrsten Sinne des Wortes zur Flüstertüte.

Vor zwei Jahren etwa bildeten sich mehr oder weniger spontan so genannte Basisgewerkschaften in Abgrenzung zu den so genannten offiziellen Gewerkschaften, die quasi ein Hauptopfer der Krise sind. Praktisch jeder, mit dem wir sprechen, redet nur mit Verachtung von ihnen, spricht von „eingekauft“, „korrupt“ usw. Sie gehören zu den Gebäuden, die von der Woge der Krise zertrümmert wurden.

Die Basisgewerkschaften ähneln den schon lange existierenden Betriebsgewerkschaften, die quasi auch Basisgewerkschaften sind. Von denen gibt es über 5000, die in 260 Branchengewerkschaften und diese wiederum in zwei Dachverbänden organisiert sind (einer für die Staatsbetriebe, einer für die Privatwirtschaft). Also eine ungeheure Zersplitterung.

Als sich vor zwei Jahren Basisgewerkschaften neu gr ündeten, auch mit Arbeitslosen, von Leiharbeitern z.B. schien das eine neue Welle der Organisierung anzukündigen. Mittlerweile ist der Schwung aber schon wieder abgeebbt.

So sind die Basisgewerkschaften, zumindest was das gestrige Bild betrifft, noch lange keine Alternative und noch nicht in der Lage, massenhaft Menschen zu mobilisieren. Das ist auch klar, wenn es vorher praktisch nichts Eigenst ändiges gab, muss eine Widerstandsbewegung im betrieblichen Bereich fast von null anfangen. Dazu muss natürlich auch die Resignation und das Gefühl der Aussichtslosigkeit überwunden werden, die angesichts des Blitzkriegs gegen die Beschäftigten vorherrschen dürften. Eine Frau meinte zu mir, es gibt noch viel zu viele (Partei)Fahnen und zu wenig Leute, die die gemeinsame Sache in den Vordergrund stellen.

(Manfred)


Reisetagebuch Montag (17.9.)

Morgens kam Heike zu uns ins Hotel. Sie ist Griechenland-Korrespondentin für Junge Welt und Neues Deutschland. Sie erläuterte uns ihre Sicht auf die politischen Verhältnisse in Griechenland. Wir sprachen u.a. länger über das Aufkommen der faschistischen Partei „Goldene Morgenröte“. 2009 lag sie noch bei 0,29% bei den Wahlen, dieses Jahr in beiden Wahlen bei 6,9%, also ein Aufstieg wie aus dem Nichts. Ihr Hauptmerkmal ist, dass sie die Ausländer zu Sündenböcken erklärt und offen zur Jagd auf sie aufruft und das auch tut. Im Moment sind es noch die Illegalen, die sich in Griechenland aufhalten. Deren Zahl schwankt zwischen geschätzten 800 000 und zwei Millionen. Auf Deutschland umgerechnet wären das zwischen fünf und 13 Millionen. Es sind Flüchtlinge, die es bis Griechenland geschafft haben, aber kein Asyl oder einen gesicherten Status haben. Sie können nicht weiter fliehen, da Griechenland aus Sicht der anderen EU-Staaten wie Deutschland als erster Aufnahmestaat dient. Der Staat tut nichts für sie. Sie hausen irgendwo und überleben irgendwie. Da schafft auch Probleme gegenüber der griechischen Bevölkerung. Daran knüpfen die Faschisten an. Ein sehr großes Wählerpotential ist die Polizei. Dies erklärt zum Teil, warum es bei Überfällen öfters eine Quasi-Zusammenarbeit zwischen Faschisten und Polizei gibt.

Nachmittags hatte Apo für uns ein Treffen mit Gewerkschaftern des Transportbereichs organisiert. Wir trafen uns in dem Büro einer Gewerkschaft im Endstationsgebäude der Piräus-Linie. Eurydike übersetzte für uns zwei Stunden lang. Das war sehr anstrengend für sie, zumal gegen Ende die Beiträge immer länger und engagierter wurden. Sie machte es aber prima.

Es waren sowohl mehrere Gewerkschaftsorganisationen vertreten als auch engagierte Kollegen. Für uns verwirrend war, dass praktisch jeder Betriebsbereich mindestens eine Gewerkschaft hat. Insgesamt sind dort sieben Gewerkschaften aktiv, von denen eine z.B. 180 Mitglieder von 1005 Beschäftigten hat, eine andere vertritt 50 Beschäftigte des Kontrollzentrums. Alle sind Mitglied des Verbandes für den Transportsektor. Ebenso gibt es einen regionalen Verband für die Stadt Piräus. Alle sind Mitglied des Dachverbandes GSEE für Griechenland.
Die Gewerkschaftsvertreter berichteten erst über ihre Situation, die seit drei Jahren von massiven Angriffen geprägt ist: Lohnkürzungen bis zu 30%, Entlassungen, Rentenkürzungen, Beseitigung gewerkschaftlicher Rechte, Privatisierungen, Wirtschaftskrise (seit 2009 Rückgang BIP um 22%). Jetzt wird gerade über das dritte Sparpaket verhandelt, das eine weitere Verschlechterung bringen wird. Die Angst war mit Händen greifbar.

Nachdem Andi unsere Gruppe und ihr Anliegen vorgestellt hatte, berichtete Fritz von der S-Bahn Berlin von seinen Erfahrungen im Kampf gegen die Privatisierung. Wichtig war dabei, dass die kämpfenden KollegInnen dabei von den jeweiligen Gewerkschaftsführungen und den Betriebsräten im Stich gelassen wurden. Sein Fazit war, dass die KollegInnen selbst eine Organisation aufbauen müssen, die sie im Kampf weiterbringen kann.

Das war so etwas wie der Startschuss für eine lebhafte Diskussion, die über Grußworte an uns von den griechischen Kollegen geführt wurde. Dabei kam auf einmal zur Sprache, dass die Dachverbände die Gewerkschaften an der Basis im Stich gelassen haben. Es scheint also durchaus ähnliche Probleme zu geben, wie wir sie in Deutschland kennen. Obwohl die Differenzen nur indirekt zur Sprache kamen, war die Situation plötzlich ganz angespannt.

Sie berichteten uns auch, dass die Transportgewerkschaften für diesen Donnerstag einen Streik gegen die Sparpolitik planen, der also wenige Tage vor dem Generalstreik stattfinden soll, an dem sie sich aber auch beteiligen wollen. Das verstehen wir auch nicht ganz, das kommt uns aus deutscher Sicht wie Kräftezersplitterung vor.

Danach gab´s noch einige angeregte Gespräche –soweit sprachlich möglich─ bei Häppchen und Raki. Wir werden diesen Kontakt insbesondere durch die KollegInnen der Berliner S-Bahn aufrechterhalten und aufbauen.
(Manfred, Jan)

Abends

hatten wir im Hotel ein Gespräch mit Hary, einem Rechtsanwalt aus Athen, der perfekt Deutsch spricht. Krawatte, gepflegtes Äußere, Autonomer. So sehen hier also die Autonomen aus!
Auch hier entspann sich ziemlich bald eine Diskussion über die Gefahr einer drohenden Faschisierung anhand des Vortrags von Hary.

Der Faschismus ist ein strukturelles Problem des Systems. Er wird als Instrument eingesetzt, wenn dieses gebraucht wird.

In Griechenland hatte die Partei Chrisi Avghi zuvor keine große Basis. ( bei den Wahlen 2009 hatte sie einen Stimmenanteil von nur 0,29 % Nach den 2 Jahren der Krise  kam diese Partei auf 7,9%.Auffaellig war dass vor den Wahlen plötzlich Geld zu fließen begann.

So wurden z.B. Propagandaeinkäufe beobachtet werden. Leute von Chrisi Avghi kamen in einen Schallplattenladen und kauften einige beliebige Artikel. Z.B. auch Musikkassetten. Dinge die absolute Ladenhüter sind. Die Rechnung belief sich auf vielleicht 12 Euro. Der Faschist gab 50 Euro und meinte „es stimmt so“. Als der Plattenverkäufer darauf hinwies, dass er bestimmt nicht für die ChrisiAvghi stimmen würde und dass er ihre Politik ablehne, antwortete dieser „Käufer“, das sei auch nicht wichtig. Die Kleinhändler sollten aber wissen dass die Partei auf ihrer Seite sei.
Es gibt mehrere Vermutungen woher das Geld kommt. So gibt es Hinweise, dass die Kirche die Faschisten sponsert. Auch große Unternehmer zeigen sich in diese Richtung großzügig.
Bei den öffentlichen Aktionen bekommen die Aktivisten für ihre Propagandaeinsätze 50 Euro am Tag.

Eine neue Qualität des Auftretens der Faschisten ist, dass sie Sturmstaffeln aufgestellt haben, uniformiert in Schwarz gekleidet auftreten und Überfälle durchführen.

Der Staat hat großspurig angekündigt, dass er diese Sturmstaffeln verbieten will. Aber er hat überhaupt noch nichts unternommen. Bei einer Propagandaaktion (auf den Thermopylen, einem geschichtsträchtigen Ort, zitierte einer der Faschos die staatliche Drohung  und kommentierte in einer Position der Stärke: „na lass sie doch kommen.“

Keiner der faschistischen Gewaltakte der letzten Monate ist bisher zur Anklage gebracht worden. Als ein faschistischer Abgeordneter in einer Straßenaktion den Stand eines Straßenhändlers  umstürzte, gab es Berichte in allen Medien. Auf die Forderung nach Aufhebung der Immunität des Abgeordneten gab es  keine Reaktion.
Die große bürgerliche Zeitung Kathimerini weist  zwar auf die Gewalttaten der Faschisten hin, setzt aber linke und rechte Gewalt gleich: Gewalttätige Überfälle auf MigrantInnen  mit Platzbesetzungen und Demonstrationen der Linken.  Allerdings kommt das in der Öffentlichkeit  kaum glaubwürdig an.
Es gibt kaum Gegengewalt gegen die Faschisten. Diese hat auch kein großes Potential und keine große Akzeptanz.

Es gibt eine große Protestbewegung gegen die Umweltzerstörung beim Goldabbau in Chaldiki durch einen kanadischen Konzern. Die Linke und die Umweltbewegung haben die Proteste unterstuetzt und großen Einfluss. Hier stellten die Faschos sich auf die Seite der armen kleinen Arbeite,r die durch die Proteste ihre Jobs in der Goldmine verlieren würden.
Bei einem ähnlichen Bergbauprojekt in Nordgriechenland bei Kilkis, wo die Linke nicht so präsent war, versuchen sie sich auf die Seite der Protestbewegung zu stellen.
Ein Phänomen war, dass auch viele Schwule für die Nazis gestimmt haben. Inzwischen hat sich das jedoch geändert, nachdem auch Überfälle der Nazis auf Homosexuelle zugenommen haben.
Die Gewerkschaft der Kleinhändler hat die Faschisten eingeladen um die Flohmärkte von illegalen MigrantInnen zu säubern.

Die rassistische Grundstimmung in Griechenland kommt aus der Mitte der Gesellschaft. So haben die Buergermeister von Athen und von Thessaloniki, die beide von der linken Dimar gestellt werden, angekündigt selbst das Problem der  illegalen Kleinhändler zu lösen. Auch die KKE ist nationalistisch eingestellt. Die Pame verteidigt im Bausektor die griechischen Arbeitsplätze gegen die  (Schwarzarbeit der) Migranten.

Der Einfluss der KKE ist allerdings stark zurückgegangen. Die Verluste bei den Wahlen bringen auch finanzielle Einbußen. So musste die Partei bereits ihren Sender schließen. Eine gewisse Hoffnung liegt auf dem Engagement von Syriza. Sie hat beschlossen, dass ihre Abgeordneten 6000 von ihren 8000 Euro Abgeordneten Diäten in soziale Projekte fließen lassen.
Das sind bei 80 Abgeordneten immerhin monatlich  480 Tausend Euro im Monat….

In unserer Diskussion gingen wir davon aus, dass die Faschisten von der „Goldenen Morgenröte“ schon wie eine Art staatliche Hilfstruppe auftreten, illegale Migranten jede Nacht überfallen, verletzen, bei Gelegenheit auch totschlagen, ohne dass der Staat eingreifen würde. Er lässt sie also gewähren. Bedeutet das schon, dass die herrschende Klasse dabei ist, ihre Macht an die faschistische Partei abzutreten, wie es in Deutschland 1933 der Fall war? Oder bleibt die Rolle der Faschisten auf eine terroristische Hilfstruppe beschränkt, die dazu dient, den Hass, die Frustration, die durch die Krise und das Versagen der Herrschenden aufkommen, auf willkommene Opfer abzulenken? Die Frage ist ja auch, welche Perspektive eine faschistische Partei – wenn an der Regierung- für Griechenland aufzeigen könnte. Ein Austreten aus der EU wäre selbstmörderisch, ein Verbleiben in der EU würde weitere Spardiktate bedeuten. Also was könnte sie der Bevölkerung als Ausweg aufzeigen?

(Hans, Manfred)


Reisetagebuch Sonntag (16.9.2012)

Treffen morgens 11h im Hotel.

Es waren gekommen: Apostolis (Apo, wissenschaftlicher Berater der Gewerkschaft GSEE), der für uns alles vorbereitet hatte und hat; Christos, ein Bekannter von Apo, Occupy und sozialen Bewegungen nahe stehend; Euryidike, eine junge Journalistin von Kathimerini, die sich bereit erklärt hat, für uns zu übersetzen; Babis Agrolabos, ein Journalist der geschlossenen Zeitung Elefterothypia; sowie Damon und Yannis vom Nationalrat zur Forderung deutscher Kriegsschulden; Damon, ein früherer Deutschlehrer übersetzte auch für uns und wird uns diese Woche auch beim Übersetzen helfen, ebenso wie seine Tochter Martha. Weiterhin war Eberhard da, ein Anwalt, der in Griechenland lebt und nach Athen zu uns gekommen ist. Insgesamt waren wir beeindruckt von der Bereitschaft der griechischen Freunde, die wir ja so gut wie gar nicht kannten, uns zu helfen.
Wir begrüßten und stellten uns vor und Apo erläuterte, was er uns für diese Woche vorschlägt. Im Moment sei es gar nicht so einfach, etwas zu organisieren, da alle in großer Aufregung und Unruhe sind, da in diesen Tagen das dritte Sparpaket von der Regierung beschlossen wird, um die Bedingen der Troika für das dritte Hilfspaket zu erfüllen. Alle rechnen mit dem Schlimmsten, da die ersten beiden Sparpakete schon tiefe soziale Einschnitte und Eingriffe in die Rechte der Gewerkschaften beinhalteten. Trotzdem werden wir jeden Tag Treffen mit Aktiven haben, zu Gewerkschaftsversammlungen gehen und auf einer Demonstration ein Grußwort sprechen.

Nachmittags

KesarianiUnser erster Programmpunkt: Fahrt nach Kesariani, einer Gedenkstätte an dem Ort, wo die Nazis während der Besatzung Hunderte von Menschen erschossen, Widerstandskämpfer, Geiseln, Kommunisten, auch Deserteure.Manolis Glesos

Organisiert hatte das der Nationalrat, von dem fünf Mitglieder gekommen waren. Anwesend war ebenfalls der stellvertretende Bürgermeister von Kesariani. Höhepunkt war die Ansprache von Manolis Glesos, 92, Vorsitzender des Nationalrats. Glesos war während der Besatzung berühmt geworden, weil er die Hakenkreuzfahne von der Akropolis heruntergeholt hatte. Im Februar letzten Jahres protestierte er vor dem Parlament gegen  die Verabschiedung des. 1. Sparpaketes gemeinsam mit Mikis Theodorakis. Sie wollten jedem Abgeordneten in die Augen sehen. Ihre Augen konnten sie jedoch nicht benutzen, denn sie von der Polizei mit Tränegas beschossen. Diese Bilder gingen um die Welt.

Manolis GlesosRolf hielt eine kleine Ansprache. Er betonte: unsere Absicht heute der Ausplünderung durch die Herrschenden entgegen zu treten. Ähnlich wie es damals im Widerstand darum ging, gemeinsam gegen die Besatzung zu kämpfen.

In den Reden der Nationalratsmitglieder wurde deutlich, dass die Vergangenheit bezüglich der Verbrechen der deutschen Nazis in Griechenland, durchaus lebendig ist. Dies erklärt auch die Verbindungslinien, die in Teilen der griechischen Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der ökonomischen und politischen Kraft sowie dem konkreten Wirken der deutschen Wirtschaft und Politik nicht nur in Richtung Griechenland gezogen werden. Hier gibt es durchaus Anhaltspunkte für einen Nationalismus, der die Völker auseinander treibt und somit das Spiel der Herrschenden erleichtert.

Am Abend gehen einige der Reisegruppe mit Christos in ein selbstverwaltetes Zentrum, das sich noch im Aufbau befindet. Auf den ersten Blick hat es wenig gemeinsam mit einem „autonomen Zentrum“, einem besetzten Haus, wie wir es aus Deutschland, der Schweiz oder andern Laendern kennen. „Wir wollten von Anfang an etwas Dauerhaftes aufbauen“, erklaert er. Das Haus, in dem frueher eine Privatschule untergebracht war, wird nach und nach renoviert. Mit Materialspenden, die sie erhalten, und unzaehligen Stunden unentgeltlicher Arbeit. Das Erdgeschoss ist bereits fertig, die andern Stockwerke werden folgen. So weit wie moeglich wollen sie ohne Geldspenden auskommen, nur mit Naturalspenden und freiwilliger Arbeit, als erste Schritte hin zu einer neuen Gesellschaft, die ebenfalls kein Geld mehr benoetigt.

Im entstehenden sozialen Zentrum sind verschiedene Arbeitsgruppen taetig, unter anderem eine Rechtsberatung fuer Menschen, die sich weigern, die neuen, schlechteren Arbeitsvertraege zu unterzeichnen. Aehnliche Initiativen gebe es in ganz Griechenland. Eine breite Bewegung, der sich auch viele angeschlossen haben, die letztes Jahr an der Syntagma-Platzbesetzung aktiv dabei waren. Demnaechst werde uebrigens eine Landkarte Griechenlands entstehen, wo jede und jeder online seine Ortschaft anklicken und sehen koenne, welche Moeglichkeiten zur Selbsthilfe es an seinem Ort bereits gebe.

Griechenland wird oft als „Experimentierfeld“ bezeichnet, das zeigen soll, wie weit die Verarmung breiter Bevoelkerungsschichten vorangetrieben werden kann. Das ist allerdings nur die eine Seite. Auf der andern Seite koennte es auch sein, dass die herrschenden Eliten damit ihr eigenes Grab schaufeln. Denn Griechenland scheint ebenso zu einem Laboratorium zu werden, in welchem neue Formen der Produktion und des Austausches ausprobiert werden. In dieser Hinsicht haben Saetze, die Christos so ganz beilaeufig ausspricht, eine besondere Bedeutung. Wenn er etwa sagt: „Bei uns ist eine aehnliche Situation wie in Nordafrika, es geht darum, das Regime zu stuerzen. Nicht um einen Regierungswechsel, sondern um eine neue Gesellschaft, die sich aus der heutigen Situation heraus entwickelt.“

Fuer uns, die aus Landern kommen, wo die Bourgeoisie noch fest im Sattel sitzt, klingen solche Worte unglaublich utopisch, wie aus einer andern Welt. Es ist allerdings eine frohe Botschaft, voller Hoffnung und Glauben an eine bessere Zukunft. Daraus spricht alles andere als Resignation und Verzweiflung, angesichts einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise, die von den Menschen in Griechenland als eine Art „Kriegszustand“ empfunden wird, in einem Krieg, der nie erklaert worden ist und in dem sich das Land dennoch befindet. Denn die dramatischen wirtschaftlichen Einbrueche, die Griechenland gegenwaertig erlebt, sind frueher nur in Kriegszeiten verzeichnet worden. Und gegen die „Fremdherrschaft“, welche die internationalen Kapitalvermoegensbesitzer Griechenland aufgezwungen haben, werden die Menschen, die in diesem Land leben, ebenso Widerstand leisten wie einst gegen die fremden Besatzungsarmeen. Das Selbstvertrauen von Christos und seinen Freunden drueckt sich auch in einem andern Satz aus, den er ebenso beilaeufig auspricht: „Wir Griechen brauchen keine barmherzige Hilfe, wir sind nicht schwach, wir haben die Macht, die Entwicklung Europas zu beeinflussen.“

Manfred Klingele, Jan Rübke, Rainer Thomann


Zum Hintergrund der Reise siehe:

Nein zu Spardiktaten und Nationalismus! Solidaritätsreise nach Griechenland, 15. bis 22. September 2012

  • Aufruf zur Unterstützung, Bekanntmachung und Spendensammlung pdf-Datei mit DelegationsteilnehmerInnen und InterstützerInnen (samt LabourNet Germany) – um neue UnterstützerInnen aktualisierte Fassung vom 12.09.2012
    Aus dem Text: „…Wir haben beschlossen, als Zeichen der Solidarität nach Griechenland zu fahren. Wir wollen uns selbst ein Bild machen von den verheerenden  sozialen Zuständen. Wir wollen Kontakte vertiefen und neue aufbauen mit denjenigen, die sich seit zwei Jahren gegen die von der Troika verordneten Spardiktate zur Wehr setzen. Wir wollen ihnen zeigen, dass es auch im relativ ruhigen Deutschland KollegInnen gibt, die sie unterstützen. Nach unserer Rückkehr werden wir die gewonnenen Erfahrungen weitergeben – damit die Idee der grenzübergreifenden Solidarität stärker wird und sich ausbreitet. Heute die griechische Bevölkerung, morgen wir –  der Krisenlösung von Oben die Solidarität von Unten entgegensetzen.“
  • „Wir bitten um Spenden für griechische KollegInnen, die unsere Hilfe in ihrem Kampf benötigen. Über die Verwendung der gespendeten Gelder werden wir öffentlich berichten. Spendenkonto: Manfred Klingele-Pape, Konto-Nr: 1211 478 910, Hamburger Sparkasse (BLZ 200 505 50) Verwendungszweck: Griechenland-Soli“
  • Wer den Aufruf und die Delegation mit seinem Namen unterstützen will, bitte Mail an: Manfred.Klingele@t-online.de
  • Siehe auch das komplette Reisetagebuch in chronologischer Reihenfolge pdf-Datei
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=10765
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