Neues Anti-Terror-Paket: Bundesregierung will Identifikationspflicht für Prepaid-Mobilfunk im Eiltempo beschließen

Dossier

#Terrorthomas: Dieser Mann könnte die Bevölkerung verrunsichern. CC BY 4.0 DigitalcourageDie Bundesregierung will schon nächste Woche ein neues Anti-Terror-Gesetz beschließen. Eine von neun Maßnahmen ist eine Identifikationspflicht für Prepaid-SIM-Karten. Doch laut EU-Kommission gibt es „keine Beweise für die Wirksamkeit dieser Maßnahme“…Beitrag von Andre Meister bei netzpolitik vom 20. Mai 2016 externer Link. Dazu neu:

  • Eilgesetz: Bundestag verabschiedet verschärftes Anti-Terror-Paket
    … Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kann künftig Daten jugendlicher „Gefährder“ schon von 14 statt bisher 16 Jahren an sammeln. Trotz des NSA-Skandals dürfen deutsche Geheimdienste zur Terrorismusbekämpfung enger mit ausländischen Partnern zusammenarbeiten und „gemeinsame Dateien“ anlegen. Dazu kommt zügig eine Ausweispflicht beim Kauf von Prepaid-Mobilfunkkarten. Dies sind die Kernpunkte des neuen Anti-Terror-Pakets, das der Bundestag am Freitag nach einer hitzigen Debatte mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD verabschiedet hat. Die Opposition votierte gegen das im Eiltempo durch das Parlament gejagte Vorhaben…Beitrag von Volker Briegleb bei heise online vom 24. Juni 2016 externer Link. Siehe dazu:

    • Die Verschärfung des Antiterrorgesetz – ein paar Worte dazu.
      Es hat hierzulande beinahe schon Tradition, dass man während größeren Events wie z.B. einer Fußball-WM strittige Gesetze den Bundestag passieren lässt. Beispiele? 2006, die Erhöhung der Mehrwehrsteuer, 2010, die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge und 2012 während der EM 2012, unser persönlicher Liebling das neue Meldegesetz welches in sagenhaften 57 Sekunden durch den Bundestag gepeitscht wurde nur um dann später wieder vom Bundesrat zur Korrektur kassiert zu werden…Gastbeitrag von Anonymous Germany bei den Ruhrbaronen vom 27. Juni 2016 externer Link
    • Terrorthomas de Maizière: Endlich ein eigenes Konterfei
      Unseren Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat der Ehrgeiz gepackt. Seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble wurde mit der „Schäublone“ ein fragwürdiges, aber bleibendes Denkmal gesetzt – dafür, dass er sich nachhaltig gegen das Freiheitsinteresse der eigenen Bevölkerung stellte und sich die Assoziation „Stasi 2.0“ mit viel Engagement verdient hat. So etwas hat seither nur Ursula von der Leyen geschafft, die ihre eigene Variation der Schäublone als „Zensursula“ erhielt. (Vereinzelt sieht man mal einen Hans-Peter Friedrich, aber darin besteht ja gerade der Witz ;) Und nun bewirbt sich Herr de Maizière mit neu gewonnenem Eifer darum, auch in die Liste der Politiker.innen einzuziehen, die sich wegen besonders übergriffiger Internet- und Datenkontrolle einen Namen gemacht haben…Beitrag von Leena Simon bei Digitalcourage vom 24. Juni 2016 externer Link mit Bildchen von #Terrorthomas de Maizière – „dieser Mann könnte die Bevölkerung verunsichern“
  • Bundesregierung will „Anti-Terror-Paket“ beschließen – Grundrechte werden grob missachtet
    Die Bundesregierung hat die Abstimmung über das „Anti-Terrorpaket“ auf Freitag, 24. Juni 2016 verschoben. Das „Gesetz zur Umsetzung der Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung“ greift massiv in Grundrechte ein. Dennoch wird das Paket nicht ausreichend parlamentarisch, juristisch und öffentlich diskutiert. Dazu fehlt die Zeit und der unbefangene Sachverstand im Innenausschuss. Sicherer werden wir durch dieses Placebo-Gesetz nicht. Die fortlaufende Einschränkung von Grundrechten schwächt sogar unsere Abwehrkräfte. Wirksame Terrorbekämpfung sieht anders aus…Pressemitteilung von Digitalcourage vom 23. Juni 2016 externer Link. Siehe dazu:

    • Grundrechteabbau im Eilverfahren: Große Koalition verschärft Anti-Terror-Paket nochmal
      Kurz vor der finalen Abstimmung haben Abgeordnete von Union und SPD heute einen Änderungstrag beschlossen, der eine Ausweitung der Überwachung von Minderjährigen vorsieht. Verfassungsschutz-Präsident Maaßen bedankte sich dafür bereits am Montag und entlarvt damit das undemokratische Verfahren…Beitrag von Ingo Dachwitz bei netzpolitik.org vom 22. Juni 2016 externer Link
    • Neuestes Anti-Terror-Gesetzespaket – Das Macht-was-Ihr-wollt-Gesetz
      Die Koalition hat es scheinbar eilig. Am Montag (20. Juni 2016) fand bereits die Anhörung im Innenausschuss des Bundestages statt – wie üblich eine Farce, die man sich eigentlich sparen könnte. Denn wirkliche Änderungen des Gesetzentwurfs sind nicht zu erwarten, umso weniger als die Koalition über eine erdrückende Mehrheit im Parlament verfügt und die drei sie tragenden Parteien ihren Geheimdiensten – Skandale hin oder her – ewige Treue geschworen haben. Wie absurd diese Veranstaltung war, zeigt sich spätestens daran, dass die Regierungsfraktionen gerade die Chefs der Bundespolizei, des BKA und des BfV geladen hatten und nicht einmal den Anschein wahrten, sich einen der üblichen willigen Experten von außerhalb zu suchen. Die Opposition hat recht getan, dass sie sich das Schauspiel nicht zugemutet hat und rausgelaufen ist…Kommentar von Heiner Busch beim Grundrechtekomitee vom 23. Juni 2016 externer Link
  • Anonyme SIM-Karten: Europäischer Menschenrechtsgerichtshof schaltet sich ein
    … Dem Plan der Bundesregierung, im Rahmen des neuen Anti-Terror-Pakets unter anderem eine Ausweispflicht für Prepaid-SIM-Karten einzuführen, könnte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in den Weg stellen. Dabei geht es im vorliegenden Fall gar nicht mal um den aktuellen Gesetzentwurf, der anonyme beziehungsweise pseudonyme Mobilfunk-Kommunikation abschaffen will: Bereits seit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Jahr 2004 ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass auch solche SIM-Karten auf einen Anschlussinhaber registriert werden müssen – selbst wenn Mobilfunkanbieter bei der Anmeldung nicht überprüfen müssen, ob die angegebenen Daten tatsächlich korrekt sind, indem sie sie etwa mit einem Personalausweis abgleichen…Beitrag von Tomas Rudl bei netzpolitik.org vom 9. Juni 2016 externer Link. Aus dem Text:

    • … Unter anderem gegen die Verpflichtung, persönliche Daten beim Kauf und der Aktivierung von Prepaid-SIM-Karten zu erfassen und zu speichern, haben schließlich die Brüder Patrick und Jonas Breyer im Jahr 2005 eine Verfassungsbeschwerde eingebracht. Die Klage wurde sieben Jahre später vom Bundesverfassungsgericht jedoch in diesem Punkt abgeschmettert, da eine Speicherpflicht der „Verbesserung staatlicher Aufgabenwahrnehmung vor allem im Bereich der Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und nachrichtendienstlicher Tätigkeiten“ diene und daher legitim sei. (…) Daraufhin zogen die Kläger mit der Begründung vor den EGMR, dass die „freie und unbefangene Kommunikation und Internetnutzung“ unverzichtbar für unsere Gesellschaft sei. (…) Der EGMR, der die Beschwerde mittlerweile zugelassen hat, will nun bis zum 10. Oktober von der Bundesregierung wissen, ob die Erhebungspflicht in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens, privater Kommunikation sowie der freien Meinungsäußerung eingreife. Sollte sich die Regierung einen Vergleich vorstellen können, möge sie bis zum 12. September einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten…
  • Netzpolitik.org: Wir veröffentlichen das Anti-Terror-Paket: Der Ausweis-Zwang für Mobilfunk kommt
    Mobilfunk-Anschlüsse dürfen nicht mehr pseudonym genutzt werden, ab jetzt soll Ausweiszwang für SIM-Karten gelten. Das ist Teil des neuen Anti-Terror-Pakets, das die Bundesregierung heute beschlossen hat. Schon jetzt werden diese Daten millionenfach abgefragt. (…) Die Bundesregierung hat heute ihr neues Anti-Terror-Paket beschlossen. Nur sechs Wochen nach den ersten Eckpunkten hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf angenommen, den wir veröffentlichen: „Entwurf eines Gesetzes zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus“. Wie berichtet, werden mit dem Artikelgesetz gleich neun Gesetze auf einmal geändert: und zwar die Gesetze für BKA, Bundespolizei, Bundesverfassungsschutz und BND, dazu Visa-Informationssystem-Zugangsgesetz, Artikel 10-Gesetz, Vereinsgesetz, Strafgesetzbuch und Telekommunikationsgesetz…Beitrag von Andre Meister bei netzpolitik.org vom 1. Juni 2016 externer Link, siehe dazu den beschlossenen Gesetzentwurf bei netzpolitik.org zum Download externer Link
  • Prepaid-Ausweiszwang stoppen – Anonyme Telekommunikation ist kein Verbrechen!
    Prepaid-Handykarten sollen in Deutschland nur noch gegen Personalausweis freigeschaltet werden – so ein „Maßnahmekatalog“ von SPD und Union zur Terrorismusbekämpfung. Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammen geschlossenen Bürgerrechtler, Datenschützer und Internetnutzer warnen vor einem sinnlosen Unterfangen, dass auch Opfern von Straftaten schaden würde. (…) Anonyme Telekommunikation ist kein Verbrechen! Umgekehrt sind Opfer von Straftaten oftmals auf die Möglichkeit anonymer Strafanzeigen und auf vertrauliche Beratung und Selbsthilfe angewiesen. Anonymität ist essenziell für Presseinformanten, für die anonyme Äußerung unliebsamer Meinungen im Internet, für den vertraulichen Austausch von Geschäftsgeheimnissen, für die vertrauliche Koordinierung politischer Proteste, für die psychologische, medizinische und juristische Beratung sowie für Selbsthilfegruppen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfiehlt offiziell eine ‚Verschleierung der Identität gegenüber dem Mobilfunkbetreiber‘ im Geschäftsumfeld – doch nun soll der Schutz Vieler auf dem Altar der Terrorangst geopfert werden…Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 23.05.2016 externer Link. Siehe dazu weitere Informationen im Infoheftchen „Ein Recht auf Anonymität? – Über Identifizierungszwang, Bürgerrechte und Anonymität“ externer Link beim AK Vorrat zum Download
  • Zum Hintergund in o.g. Text von Andre Meister externer Link: „… Schon derzeit ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Mobilfunk-SIM-Karten auf einen Anschlussinhaber registriert werden müssen. Es gibt jedoch bisher keine gesetzliche Verpflichtung, dass Mobilfunk-Anbieter auch überprüfen müssen, dass die angegebenen Daten auch korrekt sind oder gar mit einem Ausweis-Dokument übereinstimmen. So finden sich viele Anbieter von Prepaid-Karten, die man auf beliebige Angaben registrieren und damit pseudonym nutzen kann. (Dabei sollte man beachten, dass die Funkzelle der ersten Nutzung dauerhaft gespeichert wird. Bei einer Online-Registrierung sollte man Anonymisierungsdienste wie Tor verwenden.) Das ist derzeit vollkommen legal und angesichts der immensen Sensibilität und Aussagekraft von Mobilfunk-Daten auch dringend zu empfehlen. Mobilfunkdaten sind ein Kernelement der weltweiten Geheimdienst-Überwachung, auf deren Basis Menschen ermordet werden. Auch Abseits von NSA und BND werden Mobilfunkanschlüsse massenhaft überwacht, beispielsweise per Vorratsdatenspeicherung und allgegenwärtiger Funkzellenabfrage. Neben einem rudimentären Schutz des Grundrechts auf anonyme Kommunikation gibt es auch weitere Gründe, pseudonyme Prepaid-Karten zu verwenden. Geflüchtete beispielsweise bekommen oft keinen Mobilfunkvertrag und haben nicht immer die notwendigen Ausweis-Dokumente. Auch andere Menschen ohne Adresse (Obdachlose) oder Personalausweis (Touristen) werden ausgegrenzt…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=98562
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