Unterzeichnung im Dezember: Rechte Allianz macht mobil gegen UN-Migrationspakt

Dossier

ArbeitsmigrationDie internationale Gemeinschaft bereitet einen Migrationspakt vor. Er gilt als „großer Wurf“. Doch von rechts formiert sich eine Allianz gegen das Vorhaben. (…) Der Pakt namens „Global Compact for Migration“ ist eigentlich dazu gedacht, Migrationsströme in geregelte Bahnen zu lenken. Er soll Migranten besseren Schutz vor Ausbeutung, Diskriminierung und Gewalt bieten. Wissenschaftler vergleichen den Vertrag in seiner Bedeutung sogar mit dem Pariser Klimaabkommen, von einem „großen Wurf“ ist die Rede. Doch von rechts formiert sich eine Allianz dagegen. (…) Am 10. und 11. Dezember soll in Marokko der Migrationspakt unterzeichnet werden, der 23 Ziele enthält. So wollen die Staaten legale Zuwanderungsrouten schaffen, um Menschenhandel und das Schlepperwesen zu unterbinden. Sie verpflichten sich, Migranten vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen, sie zügig in den Arbeitsmarkt und das Sozialsystem zu integrieren. Zugleich sollen Staatsgrenzen besser gesichert und die persönlichen Daten von Migranten effektiver registriert werden. Auch die Herkunftsländer der Migranten sollen unterstützt werden, indem Geldüberweisungen erleichtert werden und es mehr internationale Hilfe für die Bekämpfung der Armut dort gibt. Es ist ein ambitioniertes Vorhaben, zumal der Pakt rechtlich nicht bindend ist. Daneben ist gleichzeitig ein eigenständiger Flüchtlingspakt namens „Global Compact on Refugees“ auf dem Weg, der aber weniger heiß diskutiert wird...“ Artikel von Maria Fiedler und Paul Starzmann vom 31.10.2018 beim Tagesspiegel online externer Link, siehe dazu:

  • Marrakesch: UN-Migrationspakt offiziell angenommen – 164 Staaten haben Migrationspakt zugestimmt – 10 haben Zustimung verweigert New
    „164 Länder haben in Marrakesch dem Migrationspakt der Vereinten Nationen zugestimmt. Er umfasst eine Reihe von Leitlinien für den Umgang mit weltweiter Migration. (…) Auf der Konferenz in Marrakesch sagte Nasser Bourita, Präsident der Konferenz, die Verabschiedung des bereits ausgehandelten Dokuments zur besseren Bewältigung der weltweiten Migration sei angenommen worden. Die Annahme in Marrakesch war ein weiterer formeller Schritt, im Januar wird der Pakt dann noch von der UN-Generalversammlung förmlich gebilligt. (…)Für Flüchtlinge haben die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen parallel einen Globalen Pakt für Flüchtlinge erarbeitet, den der UN-Flüchtlingskommissar in seinen Jahresbericht an die Generalversammlung aufnehmen wird. Er soll sicherstellen, dass Flüchtlinge besseren Zugang zu Gesundheit und Bildung erhalten und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können.“ Beitrag vom 10. Dezember 2018 bei Zeit online externer Link

    • 164 Staaten haben Migrationspakt zugestimmt – 10 haben Zustimung verweigert: Österreich, Australien, Tschechien, Dominikanische Republik, Ungarn, Lettland, Polen, Slowakei, USA, Chile – 6 unentschieden: Bulgarien, Estland, Italien, Israel, Slowenien, Schweiz
  • Flüchtlings- und Migrationspolitik: Zwei Pakte für eine bessere Welt 
    „… Die Vereinten Nationen spüren Handlungsbedarf. Mindestens 60.000 Migranten kamen seit 2000 auf dem Weg in ihre Zielländer ums Leben, viele ertranken im Mittelmeer oder verdursteten in der Sahara. Hunderttausende Kinder, Frauen und Männer geraten jedes Jahr in die Fänge krimineller Schleuser und Menschenhändler. Die Karawanen, die derzeit durch Mittelamerika ziehen, symbolisieren das Chaos. In den Zielländern leben rund 260 Millionen Migranten, oft unter erbärmlichen Bedingungen. Niemals zuvor waren es mehr. (…) Der „Globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration“ soll nun dafür sorgen, dass Menschen legal und gefahrlos in aufnahmebereite Staaten gelangen. Dort sollen sie nicht ausgebeutet und besser integriert werden. „Die Umsetzung des Migrationspaktes wird Sicherheit, Ordnung und ökonomischen Fortschritt für alle Beteiligten bringen“, verspricht Louise Arbour, die UN-Sonderbeauftragte für Migration. (…) Angesichts der zunehmenden globalen Flüchtlingsbewegungen sehen die UN zu dem Pakt keine Alternative. Mittlerweile befinden sich 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht, ein neuer Höchststand. „Die Lasten werden oft durch die Länder getragen, die am wenigsten dafür ausgestattet sind“, erklärt der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. Arme Aufnahmeländer sollen nun mehr Hilfen erhalten. Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge leben derzeit in den Ländern des Südens. Die Flüchtlinge sollen laut dem Pakt einen besseren Zugang zu Schulen und zum Gesundheitswesen erhalten. Zudem soll die Jobsuche erleichtert werden. Beide Abkommen, der Flüchtlingspakt und Migrationspakt, zeigen Wege hin zu einem besseren Leben für Millionen Menschen auf. Ab Dezember wird es an den Staaten liegen, ob der Weg auch beschritten wird.“ Beitrag von Mey Dudin und Jan Dirk Herbermann vom 23. November 2018 bei MiGAZIN externer Link
  • [UNHCR-Petition] #WithRefugees-Kampagne: Jetzt mehr denn je stehen wir zusammen 
    „Jeden Tag sind Tausende Familien dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und vor Kriegen zu fliehen. Menschen wie wir. Um der Gewalt zu entkommen, lassen sie alles zurück – alles, außer ihren Hoffnungen und Träumen von einer Zukunft in Sicherheit. UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, ist davon überzeugt, dass alle Flüchtlinge ein Leben in Sicherheit verdienen. Unterzeichnen Sie die #WithRefugees-Petition! Lassen Sie uns eine klare Botschaft an die Regierungen der Welt senden – für mehr Solidarität und für eine faire Verteilung der Verantwortung…“ UNHCR-Petition vom November 2018 externer Link. Die Kampagne dauert so lange, bis der globale Flüchtlingspakt, der sogenannte Global Compact, 2018 verabschiedet wird.
  • Eine antirassistische Kritik am Migrationspakt wäre nötig: Angriff auf globale Verpflichtungen 
    „…Der »Globale Pakt für sichere, geordnete und geregelte Migration«, kurz Global Compact for Migration (UN-Migrationspakt) soll auf einem Treffen der Vereinten Nationen am 10. und 11. Dezember in Marrakesch, Marokko, verabschiedet werden. (…). Rechtzeitig vor der Unterzeichnung in Marrakesch haben extreme Rechte wie die Identitäre Bewegung in Österreich und die AfD in Deutschland aber erkannt, welche Chance sich ihnen bietet. Sie verbreiten die Behauptung, durch den Pakt würde die Souveränität der Nationalstaaten in Bezug auf Grenzkontrollen und die Steuerung von Migration ausgehöhlt. Er verfolge das Ziel, schrittweise Grenzen zu öffnen. Doch davon kann keine Rede sein. (…) Ohnehin steckt hinter der Kritik der extremen Rechten noch ein anderes strategisches Ziel: Ihre Kampagne gegen den UN-Migrationspakt soll dazu beitragen, das Prinzip internationaler Abkommen anzugreifen, die zwar die nationale Souveränität achten, aber globale Verpflichtungen postulieren und so dafür sorgen könnten, die politische Realisierung der Vorhaben von völkischen Nationalisten zu behindern. (…) Falsch ist auch die Behauptung, der Pakt öffne die Tür für ein Menschenrecht auf Migration. Aus antirassistischer Sicht wäre das durchaus zu begrüßen, es lässt sich aber dem Pakt nicht entnehmen. An vielen Stellen fasst der UN-Migrationspakt nur die Rechte in einem Dokument zusammen, die heutzutage ohnehin in internationalen Verträgen festgelegt sind, zum Beispiel eine verpflichtende Seenotrettung, der Kampf gegen Menschenhandel oder die Sicherstellung von fairen Arbeitsverhältnissen. Über bereits geltende Grundrechte geht der Pakt kaum hinaus. Als eine der wenigen Neuheiten sieht der Abschlussentwurf einen diskriminierungsfreien Zugang von Migranten zu basalen Leistungen vor, dazu zählen materielle Sozialleistungen, die Gesundheitsversorgung und Teilhabe an inklusiver Bildung. Bezogen auf die Situation in Deutschland gibt es bereits ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das in der Praxis sehr oft missachtet wird. Der Pakt könnte immerhin dazu taugen, diesem Grundrecht Geltung zu verschaffen. Leider zeigt die Debatte über den UN-Migrationspakt, wie defensiv die Verteidiger der Rechte von Migranten und Flüchtlingen der rechtspopulistischen Agitation entgegentreten. In der Entwurfsversion steht explizit, das Dokument sei ein rechtlich nicht bindender Kooperationsrahmen, der das souveräne Recht der Staaten, ihre Migrationspolitik selbst zu bestimmen, nicht berührt. Auf diesen Aspekt wird in jeder Diskussion über den Pakt verwiesen, offenbar, um die Rechten zu beschwichtigen. Genau an dieser Stelle müsste aber eine migrationsfreundliche und anti­nationalistische Kritik einsetzen, um verbindliche Rechte von Migranten einzufordern. Dafür liefert der Pakt, so beschränkt seine Wirksamkeit sein mag, strategische Optionen. Er sieht internationale Überprüfungsgremien vor, die die Umsetzung des Paktes in der staatlichen Praxis sicherstellen ­sollen. Auf diese Weise ließe sich ein Maßstab zur Bewertung staatlicher Praxis etablieren. Durch die Verteidigung solcher Evaluation und eine gleichzeitige Kritik der repressiven Aspekte des Paktes hätte man der Kam­pagne von AfD und anderen offensiv begegnen können. Doch zu vernehmen sind nur rechte Einwände und als Reaktion Beschwichtigungsversuche, während antirassistische Kritik am UN-Migrationspakt, die durchaus notwendig wäre, kaum geäußert wird.“ Beitrag von Maximilian Pichl vom 22. November 2018 bei Jungle World 2018/47 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=140075
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