Nach Hamburg: Hannover. Die polizeiliche Botschaft an Demonstrationen lautet: Welcome to the slaughterhouse!

Wasserwerfen (bei 0 Grad) und Polizeigewalt bei Protesten gegen den AfD Bundesparteitag am 02. Dezember 2017 in HannoverWährend gerade in diesen Tagen deutlich gemacht wird, dass die BRD keinen Protest verzeiht und jene von der Polizei ständig verfolgt werden, die gegen Treffen organisierter Regierungskriminalität protestieren – und demzufolge das Stichwort G20-Repression in Hamburg erneut weiteste Verbreitung findet -, ist die zweite große Polizeistaats-Übung 2017 darüber schnell etwas in den Hintergrund getreten: Die polizeiliche Verteidigung des AfD-Parteitags in Hannover. Wenn schon Mainstream-Medien davon berichten, die Polizei „verteidige“ diesen Parteitag (unter anderem mit Stacheldraht) verwundert es auch nicht, wenn die AfD ihr Vertrauen in die Arbeit der Polizei unterstreicht. Völlig unabhängig von der Frage, auf welche Weise der Kampf gegen die AfD und die Haltungen, die sie ausdrückt und verstärkt, erfolgsversprechend zu führen sei und genauso unabhängig von der Frage, welche Formen des Protestes sinnvoll sind und welche nicht: Das martialische Aufgebot war eine Großübung zur Unterdrückung jeder Protestform. Siehe dazu einige Beiträge:

  • „Polizeigewalt bei Protesten gegen den AfD Bundesparteitag“ am 04. Dezember 2017 im Antifa-Infoblatt externer Link beginnt so: „Im Rahmen der antifaschistischen Protestaktionen gegen den Bundesparteitag der „Alternative für Deutschland“ (AfD) am 02. Dezember 2017 in Hannover entschieden sich drei mit Protestformen des zivilen Ungehorsam erfahrene Aktivisten zur einer bewährten und kreativen Aktion. Mittels einer Metallpyramide wollten sie, auf der Hauptzufahrtsstraße für die AfD-Delegierten zum Congress Center in Hannover, ihren Protest gegen rassistische Politik Ausdruck verleihen. Der Einsatz von Pyramiden hat sich bei vielen Protesten gegen Atommüll aber auch bei Neonaziaufmärschen bewährt. Laut einem Urteil von 2011 wurde diese Protestform als Versammlung eingestuft und unterliegt somit dem rechtlichen Rahmen. Um die Aktivisten nicht zu verletzen wurden bisher technische Einheiten der Polizei hinzugerufen die für die weiteren Maßnahmen die Verantwortung übernahmen. (…) Am 02. Dezember 2017 war für Deeskalation und Versammlungsfreiheit scheinbar kein Platz im Polizeikonzept. Die drei Antifaschisten hatten die Pyramide gerade strategisch positioniert und ihre Finger in ihr verankert als sie von Polizeibeamten aus Hamburg massiv angegangen wurden. „Die Polizei hat uns massiv zusammengeschlagen, die haben wie die Irren drauflos geprügelt„, sagte einer der drei Männer kurz nach der Aktion“.
  • „Wasserträger für die AfD“ von Markus Bernhardt am 04. Dezember 2017 bei der jungen welt externer Link, worin unter anderem berichtet wird: „Trotz großer Polizeipräsenz gelang es, mehrere Straßen in unmittelbarer Nähe des HCC zeitweise zu blockieren. Obwohl Temperaturen um den Gefrierpunkt herrschten, setzte die Polizei Wasserwerfer gegen friedliche Teilnehmer einer Sitzblockade ein. Auch vor teils äußerst brutalen Angriffen mit Pfefferspray und dem Einsatz von Schlagstöcken machten die Einsatzkräfte nicht Halt. Beim Versuch einer technischen Einheit der Polizei, zwei Männer zu entfernen, die sich aus Protest gegen die Nationalisten an der Kleefelder Straße an ein Metallgestänge gekettet hatten, erlitt einer der Neonazigegner einen Beinbruch und musste von einem Rettungswagen ins Krankenhaus transportiert werden. Die Polizei leitete mittlerweile Ermittlungen wegen des Verdachts des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gegen den Mann und seine Unterstützer ein. Angaben der Polizei zufolge wurden zehn Personen »freiheitsentziehenden Maßnahmen« unterworfen, davon vier Fest- und sechs Ingewahrsamnahmen. Strafanzeigen begründeten die Beamten unter anderem mit angeblicher Nötigung von AfD-Anhängern und vermeintlichem Widerstand gegen Polizisten“.
  • „Weil sie Zufahrtswege blockierten – Polizei richtet Wasserwerfer auf AfD-Gegner“ am 02. Dezember 2017 im Focus externer Link ist eine Meldung, die hier als Beispiel für eine Art der extrem weit verbreiteten Berichterstattung steht, die sich folgendermaßen charakterisieren lässt: „Unter einem Großaufgebot an Polizeischutz hat am Samstag in Hannover der Bundesparteitag der AfD begonnen. Rund um das Kongresszentrum versammelten sich bereits am frühen Morgen hunderte Demonstranten. Mit Sitzblockaden wurde versucht, die Zufahrtswege der Delegierten zu blockieren. Die Polizei reagierte umgehend. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wurden die AfD-Gegner mit Wasserwerfern zurückgedrängt und die Straßenblockaden gewaltsam aufgelöst. Mehrere Beamte und mindestens ein Demonstrant wurden verletzt“. Haben die Wasserwerfer ihre Knochenbrecherstrahlen etwa auf die eigenen Leute gerichtet, oder haben die sich beim Nase popeln den Finger gebrochen? Erstaunlicherweise enden die Großübungen der Polizei immer mit serienweisen Verletzungen von PolizistInnen – was aber eine eindeutige Spezialität nur bundesdeutscher Hüter rechter Ordnungen ist. Die dann zu Meldungen verarbeiteten Pressemitteilungen der Polizeidienststellen bleiben halt die Mutter aller Fake News.
  • „AfD-Parteitag endet ohne weitere Störungen“ am 03. Dezember 2017 beim NDR externer Link berichtet vom Auftragsvollzug der Polizei: „Wegen der Proteste und Blockaden begann der Parteitag mit Verspätung. Einige Delegierte hatten Probleme, zum Veranstaltungsort zu gelangen. Die Demonstranten versuchten, die Zufahrten zum Congress Centrum zu blockieren. Vier Personen wurden nach Polizeiangaben fest-, sechs in Gewahrsam genommen. Die 600 Delegierten bei dem Treffen im Congress Centrum werden unter anderem mit Nato-Stacheldraht gegen ein mögliches Vordringen von AfD-Gegnern geschützt“. Was in der Summe des Aufgebots macht: Stacheldraht, Wasserwerfer, Schlagstöcke, Pfefferspray, Verstärkung aus anderen Bundesländern, über die nicht genauer informiert werden sollte und im Ergebnis, natürlich: Verletzte PolizistInnen…
  • Anti-AfD-Demonstrant über Polizeieinsatz: „Wie die Irren auf uns eingeschlagen“
    Bei den Protesten gegen die AfD in Hannover versuchten sich Aktivisten mit einer Pyramide festzusetzen. Sie sollen von der Polizei schwer verletzt worden sein. (…) Als sie gesehen haben, dass wir mit der Pyramide hinter dem Auto standen, sind sie losgerannt. Als sie bei uns ankamen, hatten wir die Finger schon in der Pyramide. Die haben sich ohne Vorwarnung auf uns draufgeschmissen, haben wie die Irren auf uns eingeschlagen und sind auf uns draufgesprungen. Das war völlig verrückt. Es war ja klar, dass wir uns überhaupt nicht wehren können. Was soll man machen mit eingeklemmten Fingern? Wir haben alle geschrien. Ich wurde ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen und bekam immer wieder Knie in den Rücken, weil sie mich ­fixieren wollten. Ich hatte extreme Schmerzen. (…) Einer hatte noch beide Finger drin. Die BeamtInnen haben versucht, sie rauszureißen, haben sich mit dem Fuß abgestützt und an seinem Arm gezogen. Den Finger des dritten Freundes haben sie rausgerissen, haben ihn auf den Boden gedrückt und sind auf ihn draufgesprungen. Er hat gleich zu Anfang laut geschrien: „Die haben mein Bein gebrochen, mein Bein ist ab!“ Das hat die überhaupt nicht gekümmert. Die hatten überhaupt keine Hemmungen…“ Interview von Patricia Hecht vom 4.12.2017 bei der taz online externer Link
  • Demonstration gegen AfD: IG Metall Hannover kritisiert Polizeigewalt am 02.12.2017
    In einem offenen Brief an den Innenminister des Landes Niedersachsen, Boris Pistorius, und an den Präsidenten der Polizeidirektion Hannover, Volker Kluwe, kritisiert Dirk Schulze, Geschäftsführer der IG Metall Hannover, das unverhältnismäßige Auftreten der Polizei im Zuge der Proteste gegen den Bundesparteitag der AfD im HCC. Insbesondere solidarisiert sich die Gewerkschaft mit ihrem langjährigen Mitglied, dem ein offener Bruch am Bein zugefügt wurde, nachdem dieser sich an einer Metallpyramide festgekettet hatte. Der Polizeieinsatz vom 2.12.2017 stellt für die IG Metall Hannover eine Einschränkung des Rechts auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit dar. Viele Mitglieder der Gewerkschaft, die an der Demonstration teilnahmen, fühlten sich durch das Auftreten der Polizei kriminalisiert und eingeschüchtert. Es wird nicht der letzte Protest in Hannover gegen die AfD oder andere rechtsradikale Umtriebe gewesen sein. Wir fordern daher eine Aufarbeitung der Geschehnisse vom 2.12.2017 unter Einbezug unserer Bündnispartner, eine Entschädigung für den schwerverletzten Kollegen und eine konsequente Verfolgung der begangenen Straftaten, Fehlentscheidungen und Grenzüberschreitungen im Einsatz.“ Pressemitteilung vom 06.12.2017 externer Link von und bei IG Metall Hannover und der offene Brief externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=124921
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