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Wie überall in der EU: Die Armut in Frankreich wächst weiter

Gewerkschaftsaufruf zum Protesttag gegen Armut in Frankreich am 3.12.2016Man hat sich schließlich gegen härtere Lageberichte zu wappnen, wie am heutigen Donnerstag der Jahres-Bericht der französischen Caritas-Organisation Secours catholique-Caritas France demonstriert. Dessen Kernbotschaft lautet, dass man eine wachsende Verarmung der Familien feststellt. Zwar liefert die Organisation nur einen Ausschnitt der Misere – in Frankreich gibt es nach ihren Angaben 9 Millionen, die in Armut leben, und die Organisation beschränkt sich auf die Darstellung derjenigen, die zu ihr kommen, um Hilfe zu suchen. Aber den Bericht gibt es seit 34 Jahren, er ist eine „Institution“. Sein Befund lautet, dass „die Prekarisierung seit zehn Jahren zunimmt und dass wir es nicht schaffen, die Armut in unserem Land zurückzudrängen…“ – aus dem Artikel „Frankreich: Die Armut wächst“ von Thomas Pany am 17. November 2016 bei telepolis externer Link – siehe dazu auch einen gewerkschaftlichen Aufruf zum Protest gegen Prekarisierung am 3. Dezember 2016 und die Entwicklung danach:

  • Frankreich: Armut verändert ihr Erscheinungsbild. In Frankreich leben laut der Hilfsorganisation SCCF 9,8 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze New
    „Frankreich ist dank seines gesellschaftlichen Modells eines der Länder in Europa mit einer vergleichsweise guten sozialen Absicherung, doch Armut und Prekarität gehören nach wie vor zu den elementaren Realitäten. So heißt es in einem aktuellen Bericht der Hilfsorganisation Secours Catholique-Caritas France (SCCF), 9,8 Millionen Menschen lebten unter der Armutsgrenze, die bei 60 Prozent des mittleren Einkommens oder 1288 Euro für eine einzelne Person im Monat liegt. Das 1946 gegründete katholische Hilfswerk mit Sitz in Paris beruft sich auf die aktuellsten Zahlen des Statistischen Amtes INSEE, die sich auf Erhebungen von 2023 stützen. (…)
    Doch die Formen der Armut und das Profil der betroffenen Teile der Bevölkerung hätten sich in den vergangenen 30 Jahren durch die ökonomischen, sozialen und demografischen Veränderungen und die aufeinander folgenden Krisen gründlich gewandelt, stellt der SCCF-Bericht fest. »In diesen Jahren ist die Armut nicht wesentlich zurückgegangen, aber ihre Natur, ihr Erscheinungsbild und ihr Charakter haben sich verändert«, wird darin konstatiert. Besonders betroffen seien nach wie vor insbesondere Arbeitslose und Rentner, Geringverdiener mit einem prekären Arbeitsverhältnis sowie alleinerziehende Mütter oder Väter, aber auch jugendliche Berufsanfänger ohne oder mit geringer Ausbildung. (…)
    Die Hilfsorganisation hat in ihrer tagtäglichen Arbeit auch eine Veränderung der öffentlichen Meinung zu den Armen im Lande festgestellt. Nachdem der Kampf gegen Armut zum nationalen Anliegen erklärt worden war, überwog bei den nicht direkt Betroffenen die Überzeugung, dass Armut konjunkturbedingt sei und in absehbarer Zeit überwunden werden könne. Als dies ausblieb, machte sich die Meinung breit, dass es eigentlich genug Arbeit und Unterstützung gebe und dass viele Arme einfach nicht genug täten, um selbst ihre Situation zu verbessern. Während nach Umfragen von SCCF die Zahl derer, die meinten, dass die Armen nur nicht arbeiten wollen, lange bei etwa 40 Prozent lag, steigt sie seit 2005 an und macht derzeit schon 60 Prozent der Befragten aus. Hinzu kam die von Rechtsextremen propagandistisch ausgenutzte starke Zuwanderung. Migranten und ihre Familien, soweit sie nicht schnell Arbeit finden und auf eigenen Beinen stehen, verstärken das Heer der Armen und Sozialhilfeempfänger. Immer mehr wehren gegen diesbezügliche Diffamierungen muss sich auch die Organisation SCCF, für die die Hilfe für ausländische Familien eine ständig wachsende Bedeutung hat. Dabei geht es um die Beschaffung von Wohnraum und Lebensmittelhilfe, aber vor allem um Papiere wie Aufenthaltsgenehmigung oder Arbeitserlaubnis, zumal die Behörden immer unzugänglicher werden und mit Bürokratie alles tun, um hilfsbedürftige Ausländerfamilien zu zermürben.“
    Artikel von Ralf Klingsieck vom 23. November 2025 in Neues Deutschland online externer Link
  • „Contre le chômage et les précarités Et pour la justice sociale !“ vom 15. November 2016 externer Link (hier bei SUD Solidaires dokumentiert) ist der gemeinsame Aufruf zahlreicher Gewerkschaften, sozialer und MigrantInnen-Organisationen zum Protesttag gegen Erwerbslosigkeit und Armut am 3. Dezember 2016, worin unter anderem ein Mindestlohn (Smic) von 1.700 Euro gefordert wird
  • Schon lange im Notstand leben: Armut in Frankreich
    Karte der Armut: Frankreich, 2015Der Kapitalismus ist in Frankreich auch nicht netter als in der BRD. Auch dort gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die sozusagen schon lange vor seiner aktuellen Ausrufung im Notstand leben müssen: „Aufmerken lassen Zahlen, die zum ersten Mal in dieser Art in dem Bericht auftauchen, so sollen sich 2013 knapp 4,8 Millionen beklagt haben, dass sie in den Wohnungen frieren, weil sie kein Geld für die Heizung hatten. In dem Jahr betraf das 18,8 Prozent der Haushalte (1996 waren das noch 10,9 Prozent). Seit 2006 ist die Zahl derjenigen, die beim Heizen sparen, um 44 Prozent gestiegen“ ist ein Auszug aus dem Beitrag „Frankreich: 3,8 Millionen nur „notdürftig untergebracht““ von Thomas Pany am 18. Dezember 2015 bei telepolis externer Link, worin zentrale Zahlen aus dem Jahresbericht der christlichen Fondation Abbé Pierre zur Wohnungssituation in Frankreich berichtet werden. Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge

Siehe u.a. auch Social Scoring in Frankreich: 15 zivilgesellschaftliche Gruppen klagen gegen stigmatisierenden Sozialhilfe-Algorithmus zur „sozialen Bewertung“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=107451
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