Dieselgate: Fetisch Auto trifft Fetisch Arbeit

Dossier

je suis autoIn unserem Ende 2015 eröffnetem Dossier „Wer wird für den Dieselgate bezahlen? Na? Wer wohl?“ ging es noch um die Frage, welche Folgen der VW-Skandal für die Belegschaft haben wird. Für uns stand damals fest: „Wie alle Katastrophen wird auch diese gegen die Lohnabhängigen benutzt – und ziemlich sicher nicht nur diejenigen bei VW…“ Mittlerweile steht auch fest, dass der teilweise begonnene Umstieg auf Elektroantriebe mit Jobvernichtung, Verschlechterungen und Auslagerungen einher geht oder dazu benutzt wird, so z.B.  bei Daimler Sindelfingen oder Daimler Untertürkheim. Doch gehört zum Profil des LabourNet Germany, dass wir zwar für bestmögliche Arbeitsbedingungen eintreten, doch keinsfalls für Arbeitsplätze um jeden Preis. Und doch gelten sie aktuell und mal wieder als Argument, trotz herstellerübergreifendem Dieselgate und den nun bekannt gewordenen – keinesfalls überraschenden – Kartellabsprachen der Automobilindustrie in diesem Zusammenhang, um sowohl am Diesel als auch am Produkt Auto festzuhalten. Es geht hierbei keinesfalls nur um Arbeitsplätze auf der einen Seite und um Profite auf der anderen Seite, den Flankenschutz gegen eine gesellschaftlich und ökologisch sinnvolle Mobilität erhalten die Autoindustrie wie die IG Metall von einer breiten gesellschaftlichen Union der deutschen BürgerInnen und ihrem Fetisch Auto… Mag es ein Zufall sein, dass diese Debatte nur wenige Wochen aufkommt, nachdem ein Aufschrei die Republik erschütterte über die schlimmste der Gewaltformen: Der an Auto während der G20-Proteste… Diesen nicht nur arbeitsmarktpolitischen Hintergründen widmet sich unser Dossier:

  • [»Car is over – say good-bye«] Eine Website sammelt Argumente gegen das Auto: “Verstrickt mit dem Auto“ New
    “Unter dem Motto »Car is over – say good-bye« ging in der vergangenen Woche eine Website online, die sich für »Veränderungen des Weltverkehrs« ausspricht. Das Auto sei in die »Matrix der deutschen Geschichte eingeschrieben wie das Fett in die Leberwurst«, meint die Kuratorin Eva Berlin-Schmidt. [Ursprünglich war eine Ausstellung im Berliner Haus der Statistik ­geplant. Aufgrund der Covid-19-­Pandemie veröffentlichen Sie Texte und Bilder auf der Website carisover-saygoodbye.de. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Projekt gegen das Auto zu ­kuratieren?] Das Mobilitätsthema hat mich immer schon interessiert. Ausschlaggebend war für mich aber der Dieselskandal und der öffentliche Umgang damit, der mich wahnsinnig geärgert hat. In Deutschland wurde der Diesel­skandal fast wie ein Kavaliersdelikt wahrgenommen, man hatte Mühe, den überhaupt als ein Verbrechen zu verstehen. Anders in den USA, wo es nach der Aufdeckung eine sofortige Strafverfolgung gab. Damals habe ich noch geraucht. Da kam ich auf die Idee, ob man nicht einmal Warnhinweise für Autos entwickeln müsste. Ich habe dann mit einem Freund Warnhinweisaufkleber gedruckt und verteilt. [Was stand auf diesen Warnhinweisen?] Das ging vom plakativen »Autos sind tödlich« bis hin zu »Kinder von ­Autofahrern werden oft selbst Autofahrer«. Wir haben einfach versucht, diese Warnhinweise, die es auf Zigarettenschachteln gibt, auf das Auto anzuwenden. Aus dieser Idee entstand vor zwei Jahren die Facebook-Seite »Warnhinweis Auto«, auf der wir versucht haben, den Diskurs über das Auto abzubilden. Schließlich ­haben wir Freunde und Bekannte angefragt, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen, so dass daraus das Projekt »Car is over – say good-bye« entstanden ist. [Wie lautet Ihre Kritik am Auto?] Auf unserer Homepage kritisieren wir weniger, dass das Auto so und so ­viele Verkehrstote pro Jahr produziert, in großem Maße am CO2-Ausstoß beteiligt ist oder sich die ganze Verkehrspolitik an ihm ausrichtet. Uns beschäftigt etwas anderes: Wie ist unser Verhältnis zum Auto auf den unterschiedlichen Ebenen: historisch, kulturell, biographisch, emotional? Wie weit gehen unsere Verstrickungen mit dem Auto? An dem, wie das Auto kulturell und in unseren Biographien verarbeitet wurde, kann man sehr viel darüber herausfinden, wie unterschiedliche Aspekte in unserer Gesellschaft funktionieren. So ist das Auto beispielsweise ein sehr patriarchal aufgestelltes Objekt…“ Interview von Martin Brandt mit Eva Berlin-Schmidt vom 03.09.2020 in der Jungle World online externer Link – siehe dazu die empfehlenswerte Homepage externer Link
  • Deutschland einig Autoland: Die Kraftfahrzeugproduktion ist die Leitindustrie in der Bundesrepublik. Zu dem Eigentums- und Machtverhältnissen bei Daimler, BMW und VW 
    „… Von ehemals vielen deutschen Autoherstellern blieben drei, BMW, Daimler und VW, übrig. Nach der Liste »Fortune Global 500«, die die nach Umsatz erfolgreichsten Unternehmen für das Jahr 2018 versammelt, ist VW der weltweit siebtgrößte Konzern überhaupt und der zweitgrößte Autokonzern nach Toyota. Daimler belegt in der Branche den dritten Platz, den 16. bei allen Konzernen. BMW hat Platz acht bei den Autokonzernen und Platz 51 bei allen Konzernen und steht damit noch vor Siemens (Platz 66). BMW, Daimler und VW überlebten andere Hersteller, indem sie sich diese einverleibten. Schon in den 1950er und 1960er Jahren eröffneten sie Filialen in den USA, Lateinamerika und Südafrika. Die Schaffung des EU-Binnenmarktes und die als »Globalisierung« verklärte, gegenseitige Marktöffnung für die monopolistische Konkurrenz in den 1990er Jahren machten die Bahn frei für Übernahmen in West- und Südeuropa. Chinas Öffnung 1978 und der Fall der Mauer 1989 ebneten den Weg für Joint Ventures und Investitionen in Osteuropa und Asien. In Deutschland belegen VW, Daimler, BMW nach Umsätzen die ersten drei Plätze. All das verweist auf die überragende Bedeutung der Autoindustrie für die deutsche Volkswirtschaft. Während in anderen europäischen Ländern das Gewicht der Autoindustrie zurückging, stieg in der BRD von 2005 bis 2015 ihr Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung von 3,4 auf 4,5 Prozent, innerhalb des verarbeitenden Gewerbes sogar von 15 auf 19,6 Prozent, erarbeitet von 871.000 Beschäftigten. (…) – in der Regel engagiert sich der Staat so, dass die Schonung der Profite der Autokonzerne Vorrang vor den gesundheitlichen Bedürfnissen und dem Geldbeutel der Bürger hat. Kürzlich stellte die Regierung sogar den Plan einer (zuvor lauthals geforderten) sogenannten Digitalsteuer zurück, aus Furcht, Donald Trump könne sich mit höheren Steuern auf Autoexporte rächen…“ Artikel von Beate Landefeld bei der jungen Welt vom 10. Januar 2019 externer Link – dieser Artikel ist ein Vorabdruck aus der neuen Ausgabe der Zeitschrift Marxistische Blätter mit dem Schwerpunkt »›Dieselgate‹, Verkehrschaos, Umweltkrise«.
  • »Alle sind nervös«: Die Transformation der Automobilindustrie und das progressive Lager 
    “… Die Automobilindustrie gehört zu den ökonomischen Fundamenten der Bundesrepublik. 41 Endmontagewerke, viele mittelständische Zulieferer, ein vielgliedriges Wertschöpfungsnetzwerk mit etwa 1,5 Millionen Beschäftigten. Die ganze Branche ist aus mehreren Richtungen unter Druck, und das wirft viele Fragen auch für eine kritische Ökonomie und das progressive Lager auf: von der ökologisch engagierten Zivilgesellschaft über die Gewerkschaften und Mitte-Links-Parteien bis hin zu Forschung und alternativer Wirtschaft. Die schlagzeilenträchtigen Äußerungen von Lobbyisten der Industrie, die Hoffnungen der Gewerkschaften, der kriminelle Abgasbetrug und die möglichen Folgen der neuen protektionistischen Welle sind dabei nur ein Teil – es sind die Geräusche, die eine große, über diese Einzelaspekte hinausreichende Transformation macht. Worum es geht, haben die jüngsten Konjunkturzahlen ein bisschen angedeutet: Der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes im dritten Quartal um 0,2 Prozent wurde weithin mit den Problemen erklärt, welche die Automobilindustrie bei der Umstellung auf ein neues Abgastest- Verfahren habe. Ein Husten der Branche, so Ulrich Bochum in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift »Sozialismus«, kann »die Wirtschaftsleistung der gesamten Republik ins Stottern« bringen. Mit der Automobilindustrie kommt eine ganze Fabrikkultur, kommen auch bisher andere Bereiche prägende Beschäftigungsstrukturen, Arbeitsformen, fordistische Arrangements usw. in eine prekäre Lage. Die Auswirkungen des bereits laufenden Wandels auf regionale Beschäftigung, öffentliche Haushalte, kommunale Kultur und so weiter dürften gravierend sein. Wer von diesem Wandel spricht, wird nicht davon absehen können, dass er eine gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Dimensionen hat – Energieerzeugung, Infrastruktur, Qualifikation. Da haben wir noch nicht einmal mit der Frage begonnen, ob und wie ein Umbau Richtung weitergehender Alternativen möglich ist. Und selbst eine Etage unterhalb von Ideen mit utopischem Überschuss ist offen, wie jener »komplizierte Dreischritt« aussehen könnte, von dem Bochum spricht – nämlich »Klimaschutz, neue Geschäftsmodelle und sichere Arbeitsplätze miteinander in Einklang zu bringen«. (…) Das ist nicht so entscheidend, entscheidend ist die Dimension, wie Timo Daum das für die Rosa-Luxemburg-Stiftung unlängst formuliert hat: »Der Automobilindustrie steht der wahrscheinlich größte Umbruch ihrer Geschichte bevor. Der fossile Antrieb wird durch den elektrischen abgelöst und der Mensch am Steuer wird von Algorithmen verdrängt. Zudem bringen neue Generationen, die mit dem Internet und digitalen Services aufgewachsen sind, etablierte Nutzungsweisen und Geschäftsmodelle ins Wanken. Eine Transformation des Mobilitätssektors – wie vieler anderer Bereiche auch – zum digitalen Service zeichnet sich ab. « Als spezielle Herausforderung für die deutschen Hersteller kommt »ihre Globalisierungs- oder Internationalisierungsstrategie« hinzu. 77 Prozent der Pkw-Produktion gehen in den Export. …“ Beitrag von Tom Strohschneider vom 30.11.2018 beim Oxi-Blog externer Link
  • Kraftfahrt-Bundesamt macht Werbung für die Autoindustrie und verschickt 1,5 Mio. Briefe 
    “Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat im Abgasskandal lange Zeit keine besonders gute Figur gemacht. Erst in jüngster Zeit wurde es mit etlichen Zwangsmaßnahmen in der Abgasaffäre gegen Autohersteller seiner Funktion als Kontrollorgan des Bundesverkehrsministeriums anscheinend gerecht. Nun allerdings untergräbt ein Schreiben der Behörde erneut ihre Glaubwürdigkeit. Im November versandte das KBA rund 1,5 Millionen Briefe an Halter von Dieselfahrzeugen, die nicht der neuesten Abgasnorm entsprechen. Das Schreiben informiert dabei über die Umtauschprämien der Hersteller und die Möglichkeit, den alten Diesel durch einen neuen zu ersetzen. Angeschrieben werden alle Autofahrer, deren Pkw in einer Region zugelassen sind, in der ein Stickstoffoxid-Jahresmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten wird. Das KBA sieht den Brief als Teil der Informationskampagne, um die auf dem Dieselgipfel beschlossenen Maßnahmen umzusetzen. (…) Damit noch nicht genug. Weiterhin wird auf Hotlines und Internetpräsenzen dreier Hersteller hingewiesen – und zwar von BMW, Daimler und VW. Angegeben sind dort die Rufnummern und Internetadressen der drei großen Hersteller, die einen direkt zu den Diesel-Umtauschprogrammen der Firmen leiten. Immerhin wird der Halter noch darüber informiert, dass es ihm unbenommen bleibe, „sich auch bei anderen Herstellern über laufende Umtauschaktionen zu informieren“. (…) „Das ist ein unglaublicher Vorgang. Die Bundesregierung betreibt Werbung für die Autohersteller“, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Er erwarte, dass sich die Bundesregierung für das Wohl der Bürger einsetze und nicht einmal mehr die Interessen der Autohersteller vertrete…“ Artikel von Christian Frahm vom 06.11.2018 in Spiegel online externer Link, siehe dazu:

    • Auf der Nase herumgefahren. Kurt Stenger über den Umgang der Dieselautohersteller mit dem Staat
      Falls Sie wissen wollen, wo Sie ihren alten Dieselstinker gegen eine üppige Umtauschprämie loswerden können, dann fragen Sie doch mal in Flensburg nach: Das Kraftfahrtbundesamt sammelt nicht nur Informationen über rücksichtslose Verkehrsrowdys und ist für Tests an neuen Automodellen verantwortlich, sondern wirbt nun auch für den Neukauf. Selbst die Hotlines der deutschen Hersteller hat die dem Verkehrsministerium unterstehende Behörde in einem Schreiben den Dieselautobesitzern gesteckt. Die ausländischen Autobauer sind natürlich stinksauer, dass sie nicht genannt werden: Ihre deutschen Konkurrenten haben mit ihren Betrügereien den Dieselskandal ins Rollen gebracht – und nun sollen sie von der Flottenerneuerung profitieren. Die Flensburger Losung lautet: Verschrottung eines Stinker-Audis gegen Kauf eines neuen Audis – und nicht eines Toyotas, Volvos oder Kias. Ist das der Lohn für die Weigerung von VW, Daimler und BMW, endlich ihre alten Diesel auf eigene Kosten so nachzurüsten, dass sie die Stadtluft nicht ganz verpesten?…“ Kommentar von Kurt Stenger vom 08.11.2018 beim ND online externer Link
  • Leben wir in einer Demokratie oder in einer Auto-kratie? 
    Wenn deutsche Autofirmen gegenüber China, Japan, Korea oder auch gegenüber Tesla das E-Auto verschlafen, sind natürlich wieder die Anderen Schuld oder die fehlenden Ladesäulen. (…) Wer gefährdet wirklich die Jobs in der deutschen Automobilwirtschaft? Wenn deutsche Autofirmen gegenüber China, Japan, Korea oder auch gegenüber Tesla das E-Auto verschlafen, sind natürlich wieder die Anderen Schuld oder die fehlenden Ladesäulen. Jetzt hat auch das Kraftfahrtbundesamt Strafanzeige gegen Opel gestellt – wegen krimineller Machenschaften. Ex-Audi-Chef Stadler sitzt bereits im Gefängnis und Ex-VW-Chef Winterkorn droht Gefängnis in den USA. Wer also gefährdet wirklich die Jobs in der deutschen Automobilwirtschaft? Doch eher die Autobosse selbst als strengere Umweltauflagen. In den USA musste VW bereits viele Milliarden Dollar Strafe bezahlen. Auch dafür ist nicht die Umwelt verantwortlich, sondern kriminelle deutsche Automanager. Es ist auch nicht die böse Politik, welche VW, Daimler oder BMW zu hohe Auflagen vorschreibt, eher hat die Politik den Tricksereien allzu lange tatenlos zugesehen. Immer mehr stellt sich die Frage: Leben wir in einer Demokratie oder in einer Auto-kratie?...“ Kommentar von Franz Alt vom 28. Oktober 2018 bei telepolis externer Link
  • Deutsche Umwelthilfe bewertet „Diesel-Konzept“ der Bundesregierung als „Doppelte Nulllösung“ – Merkel erneut vor der Automobilindustrie eingeknickt 
    „Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das soeben von der Bundesregierung vorgestellte, sogenannte „Konzept für saubere Luft“ als „doppelte Nulllösung“ für die Luftreinhaltung und als weiteren Beleg für die wahren Machtverhältnisse in der Autorepublik Deutschland. „Drei Jahre warten Millionen unter giftigen Dieselabgasen leidenden Menschen nun auf das Tätigwerden einer Bundesregierung, die sich weiter im Würgegriff der Dieselkonzerne befindet“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Auch den von Dieselfahrverboten betroffenen elf Millionen Autohaltern verweigert die Bundesregierung weiterhin eine wirksame Hilfe. Sie können nicht, wie ursprünglich angekündigt, ihren Betrugs-Diesel zurückgeben und sich den Kaufpreis beziehungsweise einen um 20 Prozent erhöhten Zeitwert erstatten lassen. Auch die sogenannte „Umtauschprämie“ ist ein Muster ohne Wert. Es geht der Bundesregierung dabei ausdrücklich nicht um saubere Neufahrzeuge. Es genügt, wenn im Tausch beliebig schmutzige Gebrauchtfahrzeuge ausgegeben werden. Wichtig scheint nur, dass diese formal – noch – nicht von Fahrverboten betroffen sind. Bei der Hardware-Nachrüstung schließlich ist die Bundesregierung ebenfalls mit allen Forderungen gescheitert. Weder ist die Automobilindustrie bereit, die Kosten für den Austausch verbindlich zu übernehmen – die Bundesregierung „erwartet“ dies nur. Auch der Gewährleistung verweigern sich die für die Betrugs-Diesel verantwortlichen Hersteller...“ Pressemitteilung von Deutsche Umwelthilfe vom 02.10.2018 externer Link  und – fast selbstverständlich –  ganz anders die IG Metall:
  • IG Metall bewertet das Konzept der Bundesregierung für saubere Luft positiv für Arbeitsplätze und Autofahrer 
    “… Mit dem Paket, das die Bundesregierung am Montagabend geschnürt hat, besteht aus Sicht der IG Metall endlich die Chance, das Stickoxidproblem in den besonders belasteten Städten schnell und wirksam zu lösen, ohne die Autobesitzer unzumutbar zu belasten und die Sicherheit zigtausender Arbeitsplätze in der Auto- und Zulieferindustrie zu gefährden. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Autobranche darunter leiden, dass der Verkauf von Dieselfahrzeugen in der langen Zeit der Unsicherheit stark zurückgegangen ist. Sie und die verunsicherten Dieselautofahrer erhalten jetzt mehr Klarheit und Sicherheit. (…) Dieselfahrer mit Autos, die weniger als 270 Milligramm/Kilometer Stickoxid pro Kilometer ausstoßen, können künftig auch in Städten fahren, in denen Fahrverbote bestehen. Das gilt auch für Wagen der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5. Mit dem neuen Grenzwert von 270 mg/km wurde ein Maßstab geschaffen, den etliche Fahrzeuge einhalten können, gegebenenfalls mit einer Softwarenachrüstung. Damit wissen die verunsicherten Besitzer von Dieselfahrzeugen endlich, woran sie sind. Sie haben Klarheit, ob sie weiter mit ihren bisherigen Autos in Städte fahren können, ohne Geld in teure Nachrüstungen investieren zu müssen – die sich bei älteren Fahrzeugen ohnehin oft kaum mehr rentieren würden…“ Mitteilung der IG Metall vom 02.10.2018 externer Link
  • Diesel-Skandal: Wie die Autohersteller vom Abgasskandal profitieren
    Die Hersteller dürfen ihren Gewinn um die Kosten für gut fünf Millionen Software-Nachrüstungen mindern. Allein bei den Updatekosten von 100 bis 200 Euro je Fahrzeug ließe sich der Gewinn branchenweit um bis zu eine Milliarde Euro mindern und ein dreistelliger Millionenbetrag an Steuern sparen. Die deutsche Autoindustrie bekommt in der Abgasaffäre Hilfe von den Steuerbehörden. Die betroffenen Hersteller können die Korrektur der verursachten Abgasprobleme steuerlich absetzen. So geht es aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. „Die den Herstellern entstehenden Kosten sind bilanzrechtlich Betriebsausgaben der Unternehmen“, schreibt Wirtschafts-Staatssekretär Rainer Baake in dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. (…) Auch die Belege für jene bis zu 10 000 Euro schweren Rabatte, die Käufer beim Umstieg von einem alten auf ein neues Diesel-Auto winken, sollten die Konzerne aufbewahren. Auch sie können möglicherweise steuerlich geltend gemacht werden. So legt es Baakes Antwort nahe. (…) Unternehmen oder Privatpersonen können die Wertminderung ihrer Fahrzeuge nicht absetzen. Das hatte die Regierung bereits kurz nach Beginn der Affäre im Fall VW klar gestellt…“ Artikel von Markus Balser vom 23. September 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Der Tesla-Schock
    „Das Festhalten maßgeblicher Teile der deutschen Eliten an der Diesel-Technologie bringt die deutsche Kfz-Branche in einen ernsten Rückstand gegenüber ihrer auswärtigen Konkurrenz. Diese Auffassung vertreten Beobachter in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien, denen zufolge die deutsche Autoindustrie vor einem „Tesla-Schock“ steht: Während die Nachfrage nach US-Elektrofahrzeugen rasant steige, gehe diejenige nach deutschen Dieselmodellen auf lange Sicht stark zurück. Tatsächlich hat die Bundesregierung die deutschen Konzerne vor Innovationsdruck geschützt, indem sie deren Interessen auch im Ausland durchgesetzt hat. So hat Berlin nicht nur bei der Einführung von CO2-Grenzwerten in der EU, sondern auch bei der Festsetzung einer Elektroautoquote in China zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes kräftig gebremst. Im aktuellen Dieselskandal setzt Berlin diese politische Linie fort…“ Bericht vom 31. August 2017 von und bei German-Foreign-Policy externer Link
  • Dieselgate und Autogesellschaft 
    „Die öffentliche Debatte zu Dieselgate wird extrem verkürzt geführt. (…) Winfried Wolf, Chefredakteur von Lunapark21, schrieb Ende der 1980er Jahre ein Buch mit dem Titel „Sackgasse Autogesellschaft“. Vor dem Hintergrund von Dieselgate und anlässlich dieser 28 Jahre zurückliegenden Publikation führte die „Sozialistische Zeitung –SoZ“ das bei Lunapark21 am 23. August 2017 veröffentlichte Interview mit Winfried Wolf externer Link. Winfried Wolf im Interview: „… Hinter „Dieselgate“ stehen drei (…) Vorgänge, ein objektiver Prozess und zwei subjektive Prozesse: Erstens ist da die Konkurrenz innerhalb der internationalen Autoindustrie zu nennen. (…) Zweitens gibt es einen deutlichen Wertewandel hinsichtlich des Statussymbols Auto. (…) Drittens schließlich gibt es die bedrohliche Erwärmung des Klimas und die Verallgemeinerung der Erkenntnis, dass dabei die Autoindustrie bzw. der Verkehr mit Pkw und Lkw eine erhebliche Rolle spielt. (…) Generell gilt: Das Geld, das die Gesellschaft für den Erhalt und den Ausbau der Autogesellschaft, die mit Tod, Leiden und Zerstörung verbunden ist, ausgibt, ist Geld für Mobilität  und Transport. Dieses Geld wird für eine kapitalintensive Produktion ausgegeben: viel Geld wird verwandt, um viel Kapital zu bewegen und relativ wenige Menschen zu beschäftigen. Der oben skizzierte Fünf-Punkte-Plan für eine alternative Transportorganisation, die Umwelt schützt, Gesundheit erhält und das Klima schont, würde ebenfalls ausschließlich Geld einsetzen, das (bislang) für Mobilität und Transport ausgegeben wird. Wir brauchen grundsätzlich kein „neues Geld“ für diese Alternative. Doch es würde sich bei Verwirklichung der alternativen Transportorganisation um eine sehr arbeitsintensive Form der Investitionen handeln: man würde für dasselbe Geld deutlich weniger totes Kapital bewegen und Millionen Menschen mehr beschäftigen können – und dies bei deutlich reduzierten Arbeitszeiten. Der Ausstieg aus dem Autowahn ist aus Sicht der Menschen, der Natur, der Umwelt, dem Klima und der Gesamtwirtschaft, der Volkswirtschaft, ein win-win-Projekt.“
  • Dieselgate – oder wie man sich selbst belügt 
    „… Beim Wort „Fahrverbote“ bekommen auf jeden Fall die vermeintlichen Klimaschützer glänzende Augen. Verbote, das klingt gut, das klingt wirklich nach Action und nicht nur nach neuen politischen Kompromissen um Arbeitsplätze und Klimapolitik. Jetzt endlich retten wir die Welt und mit dem Garaus für den Diesel in Stuttgart fangen wir an. Doch gemach. Wer gerne etwas verbieten will, muss erst einmal wissen, was wirklich großen Schaden anrichtet. Die Kleinigkeit, die bei der extrem emotional geführten Debatte nämlich üblicherweise übersehen wird, ist die schlichte Tatsache, dass bisher fast ausschließlich über Grenzwerte geredet wird. (…) Der wahre Skandal hinter Dieselgate ist die Tatsache, dass der reale Ölpreis heute nicht höher ist als 1970, also vor der ersten Ölkrise. (…) In einer globalen Marktwirtschaft wird es keinen Abschied von der fossilen Energieträgern geben, ohne dass eine fundamentale und langandauernde politisch inszenierte Wende bei den Preisen für diese Energieträger zustande kommt. (…) Mit der Preiswende kann man auf nationaler Ebene beginnen, wenn man es wirklich ernst meint, indem man die Steuern auf alle Produkte systematisch und langandauernd erhöht, die mit Hilfe von fossilen Energieträgern hergestellt werden. Man kann auch die Emission von CO2 direkt besteuern oder Zertifikate ausgeben, die CO2 Ausstoß begrenzen und deren Preis andauernd steigt, weil der Staat die Menge der Zertifikate andauernd zurückfährt…“ Beitrag von Heiner Flassbeck vom 15. August 2017 bei Telepolis externer Link, siehe dazu:

    • Anm.: Nun ja, Herr Flassbeck, wäre die Arbeit keine Zwangsveranstaltung (wie gerade von Ihnen befürwortet), müssten deutlich weniger Menschen mit ihrem Auto zwangsweise zu den immer mehr flexibilisierten Arbeitsstellen fahren. Dafür sollen sie nun auch noch mehr zahlen, obwohl die Niedriglohnpolitik immer weiter fortschreitet?? Besteht nicht eher die Lüge in der absurden Idee, man könnte den Kapitalismus durch Preiserhöhungen sozialisieren? „Revolutionär“ wäre da eher die Weigerung zur Arbeit zufahren, weil man eben nicht die Umwelt nur deshalb verschmutzen will, um ausgebeutet zu werden? Auch die Möglichkeit, eine von der sozialstaatlichen Sanktionsmaschine angebotene Arbeitsstelle abzulehnen, weil sie die Umwelt belastet, wäre da sozialer als Sozialisierung durch staatliche Preiserhöhung
    • Alles ist eingepreist. Neoliberale Ökonomik, Dieselgate und das Trugbild „Preis“
      „… Fast könnte man meinen, dass der neoliberale Kapitalismus ohne Betrug und Täuschung auf Dauer nicht mehr rendite-effizient wirtschaften kann. Absprachen, Manipulationen, Korruption scheinen an der Tagesordnung zu sein, um Produkte überhaupt noch verkaufen zu können. Karl Marx‘ Feststellung, dass die Ware, das Produkt eine Hieroglyphe sei (heute auch die Finanzmarkt-„Ware“), die entziffert werden müsse, scheint in diesem Zusammenhang aktueller denn je. Wer heute ein T-Shirt für zehn Euro kauft, der weiß nichts darüber, ob diese Ware unter menschlichen Bedingungen hergestellt wurde, genauso wie Spezialisten komplexe Finanzmarktprodukte nicht immer verstanden; und wer weiß schon, was wie in seinem Neuwagen verbaut wurde, was der Preis seines Neuwagens möglicherweise verheimlicht. Was sagt also der Preis aus, was ist eingepreist, wie es gebetsmühlenartig bei fast jeder Börsensendung zu hören ist? (…) Der Preis als normatives Merkmal ist unbrauchbar, verschleiert mehr, als dass er verdeutlicht; er ist immer noch eine Hieroglyphe und letztlich nur ein buchhalterisches Mittel, um Kosten, Renditen etc. auszurechnen; er gibt z. B. keinerlei Auskunft über ethisches Verhalten, vernachlässigt wichtige Informationen, erzeugt Krisen und damit meist unnötige Kosten und Schulden zu Lasten des Steuerzahlers oder Verbrauchers, die dann durch politische Entscheidungen korrigiert werden müssen – wie beim Dieselskandal.“ Beitrag von Klaus Weinert vom 16. August 2017 bei Telepolis externer Link
  • Verkehr der Zukunft: Können wir aufs Auto verzichten?
    „… Umweltfreundliche Autos sind längst konzipiert und würden längst gebaut werden, sagt Axel Friedrich. Wenn die Politik verbindlich Grenzwerte vorschreiben würde. Aber sollte man in Zukunft überhaupt aufs Auto setzen? (…) Viele Ideen lagern schon seit langem in Schubladen, bisher wurden sie im Autofahrerland Deutschland nicht angepackt – wir wollen sie diskutieren. „Die Autoindustrie hat die Moral verloren“, sagt der Verkehrsexperte Dr. Axel Friedrich. Der ehemalige Abteilungsleiter im Umweltbundesamt prangert seit Jahren die eklatanten Messunterschiede zwischen Labor und Straße an und fordert Gegenmaßnahmen. Damit machte er sich keine Freunde – weder bei der Industrie, noch bei der Politik. Seit seinem Vorruhestand im Jahr 2008 arbeitet er als unabhängiger Berater unter anderem für Nichtregierungsorganisationen. (…)Der Umweltexperte sieht in dem derzeitigen Skandal aber auch eine Chance für eine Verkehrswende: „Wir brauchen Städte, die für Menschen, nicht vor allem für Autos konzipiert sind.“ Dazu gehöre ein massiver Ausbau des öffentlichen Verkehrs und eine Förderung des Fuß- und Fahrradverkehrs, wie es beispielsweise Kopenhagen vormache. (…) Ein Umsteuern könne nur erfolgreich sein, wenn es den Menschen attraktiv gemacht werde, vom Auto in Bus, Bahn oder aufs Fahrrad umzusteigen oder Carsharing-Angebote zu nutzen.“ Axel Friedrich und Martin Randelhoff im Gespräch mit Klaus Pokatzky beim Deutschlandfunk Kultur vom 12. August 2017 externer Link Audio Datei (Podcastdauer: ca. 90 Min.)
  • Diesel-Gate: Die Verursacher sollen zahlen! 
    „… Bei alldem können die Autobosse nicht nur auf die Zuarbeit von Bundes- und Landesregierungen zählen, sondern auch auf die der Führung der Gewerkschaften und der Betriebsräte. (…) Das spiegelt die jahrzehntelange Politik des Co-Managements und einer wettbewerbsorientierten Standortlogik wider, die vor allem durch die Betriebsräte in der Autoindustrie verfolgt wird. Leider gibt es zu dieser Haltung der IG Metall-Führung und der Betriebsratsfürsten bisher kaum einen sichtbaren Gegenpol. Entsprechend sehen sich viele Beschäftigte in der Autoindustrie – auch aus Angst um ihren Arbeitsplatz – vielleicht eher in einer Verteidigungshaltung ihrer Unternehmen. Die Standortlogik ihrer Gewerkschaftsführung bedeutet jedoch unterm Strich nichts Gutes für die Beschäftigten. (…) Die Konzernbosse versuchen jetzt, die Dieselkrise auch noch zu nutzen, um die Beschäftigten zu verunsichern. Auch die Perspektive eines Produktionsumstiegs auf E-Autos, die wesentlich weniger Komponenten haben, wird von Seiten der Manager genutzt, um mit Arbeitsplatzabbau oder Standortverlagerung zu drohen und auch damit weitere Zugeständnisse von Betriebsräten zu erpressen. Der Verzichtslogik der IG Metall-Führung muss eine kämpferische Strategie und Forderungen wie Erhalt aller Arbeitsplätze, drastische Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, freie Wochenenden etc. entgegen gesetzt werden. Dies muss mit einer Perspektive für den Umbau des Industriezweiges verbunden werden…“ Artikel vom 10.8.2017 von Angelika Teweleit externer Link, gewerkschaftspolitische Sprecherin der SAV, bei eben dieser
  • Was ist schlimmer: Brennende Autos oder 10.000 Tote jährlich durch Stickoxide? 
    „… Die „deutsche Wirtschaft“ hält sich nur noch über Wasser durch millionenfachen Betrug, durch schärfste Ausbeutung, durch Leih- und Zwangsarbeit. Ihre kriminelle Energie hat nun eine weitere Eskalationsstufe erreicht. Nicht nur VW, nicht nur Audi, nicht nur Daimler. Nein, sie alle haben eine kriminelle Vereinigung gebildet, haben sich jahrelang abgesprochen, wie sie – im Namen des Profits und auf Kosten von Menschenleben – die halbe Welt am besten über`s Ohr hauen können. (…) Geduldet vom Arbeiter, der genau weiß, dass er es ist, der für die Milliardenstrafen bluten und den Kopf für die Kapitalisten wird hinhalten müssen, wenn er weiter schläft. Nein, wir können es uns keine Minute länger mehr leisten, bei unserem Leben, wir müssen die Fabriken und das ganze Land endlich in den Griff bekommen, in unseren Griff…“ Aus dem Flugblatt vom August 2017 , geschrieben, verteilt und finanziert von Vertrauensleuten und Betriebsräten des Daimler-Werkes Bremen
  • Raus aus dieser Mobilitäts-Sackgasse allein mit dem Auto 
    Ist ein Ausweg aus der aktuellen Automobil-Mobilitäts-Falle möglich? Das heißt: Gibt es eine Auflösung für dieses Dilemma als „Automobil-Nation“? Mit einem Ministerpräsident in seiner Doppelfunktion als Aufsichtsrat?…“ Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 10.8.2017 zum aktuellen Stand der Debatte
  • Clean Energy: Ihr seid doch nicht ganz sauber! Anstatt aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, wird ihre Nutzung sprachlich reingewaschen
    „Für manchen ist es nur eine Frage der Sprachregelung in der Öffentlichkeitsarbeit, neudeutsch „Wording“ genannt, für andere haben Begriffe wie „Clean Coal“ oder „Clean Diesel“ aber eine Funktion. Sie sollen uns glauben machen, dass die Prämisse „Augen zu und durch“ noch immer als Leitlinie unserer Lebensweise funktioniert und wir guten Gewissens weiter destruktiv in der Welt herumtollen dürfen. Aber wer genauer liest und hört, kann vermehrt Wortschöpfungen entdecken die für einen Betrug stehen, der große Teile unserer Gesellschaften erfasst hat. Der Betrug hat dabei zwei Komponenten: den aktiven Schwindel und den passiven Selbstbetrug. Das Schema der Gehirnwäsche ist meist ähnlich: Dreckige Technologien, die das Klima und somit alle Spezies und Ressourcen wie auch Biosphären etc. negativ tangieren, werden verharmlost und als notwendig tituliert. Der Trick: Anstatt etwas grundsätzlich zu ändern oder Veränderungen anzustoßen, wird es sprachlich reingewaschen. Dabei geht es jedoch nicht um einen zeitweiligen Akt, vielmehr ist die Basis unseres Wirtschaftens damit verknüpft. (…) Gerne werden „Clean Energy“-Technologien als Übergangs- oder Brückentechnologien bezeichnet. Sie sollen als Brücke vom fossilen Zeitalter hin zu einem der Erneuerbaren Energien dienen. Genau genommen befindet man sich, Stand heute, nach wie vor im Zeitalter der fossilen Verbrennung. Eine Übergangszeit steht vielmehr für den Zeitraum, in der keine fossile Verbrennung mehr stattfindet, die Auswirkungen des fossil-industriellen Zeitalters jedoch immer noch wirksam sein werden…“ Artikel von Matthias Hüttmann vom 5. August 2017 bei Telepolis externer Link
  • Heiligtum Auto. Das Auto macht aus jedem einen Panzerfahrer im Krieg aller gegen alle
    „… Es ist selten geworden, dass in Leserkommentaren mal nicht die Stimme der Empörung, sondern die von Mäßigung und Zurückhaltung zu hören ist. Im Falle der Bildung einer kriminellen Vereinigung durch die deutsche Autoindustrie lassen die Rezipienten von »Spiegel online« geradezu mustergültig staatsbürgerliche Milde walten (…) Nicht nur die kriminelle Komponente, auch die ökologisch-medizinische wird mit Glacéhandschuhen angefasst (…) Die Verfolgung der »G20-Verbrecher« (»Bild«), deren Automorde ja das »Waterloo der politischen Linken« (Ulf Poschardt) darstellen, nimmt im Herzen der Bürger einen weitaus größeren Raum ein als die Tatsache, dass sie von der Autobranche nicht zuletzt als Verbraucher nach Strich und Faden verarscht wurden. Da können Nazis tausende Menschen und Häuser anzünden: In Hamburg brannten Autos, das ist der Ernstfall! Natürlich kann man das so nicht sagen, man will sich ja nicht lächerlich machen; deswegen wurde im Fall von G20 auch davon gesprochen, die »Chaoten« hätten »ganze Viertel in Schutt und Asche gelegt«. An dieser Lüge ist so viel wahr, dass das Auto in Deutschland tatsächlich das ersetzt, was in echten bürgerlichen Gesellschaften mit dem Heim gemeint ist: ein Raum, auf den niemand zugreifen darf, nicht einmal der Staat. Umweltplaketten und Benzinpreis werden gehandelt wie Einschnitte in die Menschenwürde. Wer Autos angreift, greift den intimsten Bereich der Deutschen an…“ Kommentar von Leo Fischer vom 05.08.2017 beim ND online externer Link
  • Anwälte von Diesel-Opfern reichen Klage gegen Deutschland ein
    „… Die Kanzlei Stoll & Sauer, die 35.000 VW-Dieselopfer vertritt und 3400 Klagen für sie eingereicht hat, macht darin der Regierung schwere Vorwürfe. Die 50-seitige Klageschrift gegen die Bundesrepublik Deutschland, die dem SPIEGEL vorliegt, zielt direkt auf das Bundesverkehrsministerium unter Alexander Dobrindt (CSU). (…). „Über Jahre ist den Behörden überhaupt keine der Manipulationen aufgefallen“, kritisiert Anwalt Ralf Stoll. „Hinweise wurden ignoriert. Damit hat sich die Bundesregierung am Dieselskandal mitschuldig gemacht.“ Schon aus Brüssel bekommt die Bundesregierung Druck wegen ihres Umgangs mit dem Dieselskandal – durch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Die Europäische Kommission sandte im Februar ein Mahnschreiben unter anderem an Deutschland, weil die Überschreitung der Grenzwerte durch Stickstoffdioxid (NO2) nicht beendet wird. Als nächster Schritt droht nun eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof…“ Beitrag von Kristina Gnirke vom 4. August 2017 bei Spiegel online externer Link (der Beitrag bezieht sich auf einen Artikel in Spiegel-Printausgabe 32/2017)
  • [Diesel-Gipfel] Kumpanei zwischen Autoindustrie und Politik
    „Autobauer sind die Gewinner“ und „Bundesregierung möchte Autoindustrie schonen“ lauten die Schlagzeilen nach dem mit hohen Erwartungen überfrachteten sogenannten Diesel-Gipfel. (…) Schon bildet sich eine Lobby zur Verteidigung der deutschen Autoindustrie, an der sich neben führenden Konzernen auch die Gewerkschaft IG-Metall beteiligt. Sie erklären schon jetzt, dass es langsam genug mit der Kritik an der Autoindustrie sei, und warnen vor der Gefahr für den Standort Deutschland. Damit kann man zumal in Deutschland noch jede kritische Diskussion beenden, bevor sie richtig angefangen hat. Die Debatte um die Abgaswerte gehört dazu. (…) Es gab hierzulande keine relevante Bewegung, die die millionenfache Körperverletzung auch mit Todesfolge durch den Ausstoß der Autoabgase als die konzerngesteuerte Menschenrechtsverletzung angesprochen hat, die sie darstellt. Man muss nur einen Vergleich ziehen zwischen der öffentlichen Empörung über militante Aktionen gegen den G20-Gipfel in Hamburg und der Ignoranz, mit der gesamtgesellschaftlich auf die Tatsache reagiert wird, dass die Autokonzerne permanent höhere Abgaswerte in Kauf nehmen, als gesetzlich vorgeschrieben, und damit für den Tod von Menschen mit verantwortlich sind…“ Beitrag von Peter Nowak vom 3. August 2017 bei Telepolis externer Link , siehe dazu die IG Metall zum Diesel-Gipfel:
  • [IG Metall] Wichtiger Meilenstein zur Entlastung bei Stickoxiden von Industrie zugesagt, Verbindlichkeit in der Umsetzung steht noch aus
    „Wirksame Regelungen zur Reduzierung der Stickoxid-Belastung in Ballungszentren, verbindliche Maßstäbe zur Nachbesserung von Diesel-Fahrzeugen sowie für einen gemeinsamen Fonds sind ein deutlicher Schritt nach vorne. Unbefriedigend ist, dass die getroffenen Verabredungen noch keinen rechtssicheren Rahmen haben. Somit bleiben das Risiko von Fahrverboten, die Sorgen von Besitzern älterer Diesel und auch die Sorgen um negative Folgen für die Beschäftigung bestehen“, hat Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, der für die Gewerkschaft an dem Diesel-Gipfel am Mittwoch in Berlin teilgenommen hat, das Fazit gezogen. (…) „Bei der Debatte darf es nicht darum gehen, Umweltaspekte, wirtschaftliche Prosperität oder Arbeitsplätze gegeneinander auszuspielen. Sondern wir brauchen einen Dreiklang aus den besten Umweltstandards, einer wettbewerbsfähigen Autoindustrie an der Weltspitze und vieler attraktiver Arbeitsplätze für die Menschen. Da reicht die vorgelegte Erklärung bei weitem nicht aus“, sagte Zitzelsberger.“ Pressemitteilung Nr. 32/2017 der IG Metall vom 2. August 2017 externer Link. Anm.: Na, bei solcher Gewerkschaft brauchen sich die Autobosse wirklich keine Sorgen machen. Allerdings sollte die IG Metall aufpassen, dass sie nicht zum Befürworter strafbarer Handlungen wird, deren Folgen letztlich die Beschäftigten ausbaden müssen…

Siehe zum Thema auch im LabourNet Germany:

  • Autogipfel wieder einmal eine politische Karikatur wie zum „Hornberger Schießen“?
    Die Erwartungen vor dem Autogipfel fordern ein klare zukunftsweisende Lösung der Abgasprobleme – der Autogipfel mit seinen mageren Ergebnissen dann selbst wurde darum zur großen Enttäuschung ohne Zukunftsfähigkeit. Kann der Autogipfel den Konflikt der gewaltigen Umweltvergiftung gegen eine technisch mögliche, die menschliche Gesundheit schonende Fortentwicklung der Technik der Automobile und gegen die weitere Vergiftung auflösen? Und warum unterstützt das Vorhaben die Gewerkschaft IG Metall im Verbund mit der Politik noch immer?...“ Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 3.8.2017
  • Siehe auch vom gleichen Autor am 28. Juli 2017: „Autokrise darf nicht wie bei der Bankenkrise dem Steuerzahler aufgeladen werden!“ – dies ist wohl Dank dem Wahlkampf verschoben worden…

Unser Lieblingszitat

Was ist das Anzünden eines Autos gegen das Betreiben einer Autofabrik?“ aus dem Kommentar von Holger Schmale vom 30.7.2017 im Kölner Stadt-Anzeiger online externer Link zur Autoindustrie und G20: „Linke Systemkritik ist so notwendig wie eh und je“

Und unsere Empfehlung:

  • Marc-Uwe Kling – Der Unterschied
    „„Ob Links- oder Rechtsterrorismus – da sehe ich keinen Unterschied“
    „Doch, doch“, ruft das Känguru, „die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos sind schlimmer, denn es hätte meines sein können. Ausländer besitze ich keine.“
    Aus „Die Kängeru-Offenbarung“ von Marc-Uwe Kling, vorgelesen auf youtube externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=119782
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