Wenn Dozenten auf Hartz IV angewiesen sind

Niedriglohn: Habe Arbeit, brauche Geld„… Hungerlöhne an der Universität, freie Lehraufträge, die vor allem frei von Bezahlung sind und Privatdozenten, die umsonst lehren. Das Elend ist Alltag an deutschen Universitäten. Was Außenstehende meist nicht wissen: Wer einmal Professor werden will kann circa ab 40 Jahren damit rechnen. Vorher muss er sich qualifizieren, also seinen Doktor machen, als Privatdozent habilitieren und jedes Semester Lehrveranstaltungen nachweisen. (…) Die Folge ist: Nachwuchswissenschaftler, also hoch qualifizierte Menschen, arbeiten buchstäblich für gar nichts. Ein bezahlter Lehrauftrag ist in den Geisteswissenschaften ein Glücksfall. Die meisten Akademiker, die Lehraufträge geben, arbeiten umsonst. (…) Viele Nachwuchswissenschaftler, die weiter an der Uni arbeiten wollen, beziehen Hartz-IV. Jetzt müssen sie sich zusätzlich zur unbezahlten Arbeit auch noch permanent vor dem Jobcenter rechtfertigen, jeden Monat Bewerbungen schreiben auf Stellen, die für sie nicht in Frage kommen, weil sie dann ihre (unbezahlte) Arbeit nicht mehr erledigen könnten…“ Beitrag von Dr. Utz vom 23. März 2017 bei gegen-hartz.de externer Link und mehr dazu:

  • Moderne Sklavenhaltung an deutschen Universitäten: Der unbezahlte Kampf der Privatdozenten New
    Die unsichtbaren Opfer des Hochschulsystems: Was das Lieferkettengesetz nicht mit Bildung zu tun hat. Kommentar über einen Zustand, der für Kontroversen sorgt.
    Das neue Lieferkettengesetz für Betriebe mit mehr als 1.000 Angestellten ist wie eine Satire für Privatdozenten an allen deutschen Universitäten mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Denn von Privatdozenten wird erwartet, dass sie kostenlos arbeiten. Das ist nicht ganz direkt vergleichbar mit Sklavenarbeit, aber schön ist es nicht. (…)
    Vor einigen Jahren gab es in Regensburg einen Fall, in dem ein Privatdozenten-Philosoph namens Günter Fröhlich am Bayrischen Verfassungsgerichtshof deswegen geklagt hat. Er kellnerte zu diesem Zeitpunkt in einem Café, um als Privatdozent arbeiten zu können. Seine Klage wurde abgelehnt, mit der Begründung, es sei eine Ehre, als Privatdozent arbeiten zu dürfen. In diese Art von Ehre investieren Geisteswissenschaftler mehr als Naturwissenschaftler. Darum kann sich niemand in der Industrie vorstellen, dass es Menschen gibt, die allen Ernstes freiwillig unentgeltlich arbeiten. Aber professoral-willige Privatdozenten haben keine Chance, diesem Initiationsritual zu entkommen. Wer sich weigert, mitzumachen, verliert den PD-Status und ist akademisch raus aus dem Betrieb. Herr PD. Dr. habil. Fröhlich wurde zwar später außerplanmäßiger Professor, fröhlich stimmt das seine Steuerberater aber sicherlich nicht.
    Die Rolle der Privatdozenten im Universitätssystem
    Manche meinen, dass unser Universitätssystem ohne Privatdozenten zusammenbrechen würde. Einem nachhaltigen Lieferkettengesetz und der Missachtung ausnutzerischer Praktiken liegt dieses Mitarbeiterbindungskonzept fern. Geliefert wird nur so: Man muss sich darauf einlassen, weil das akademische Angebot an Dozenten größer ist als die Nachfrage und die Geldmenge für Stellen kleiner als der Bedarf an Bildung. Diese Lieferkette führt dadurch oft ins Abseits…“ Beitrag von Urs Rathmann vom 26. April 2024 in Telepolis externer Link

Siehe auch im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=114476
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