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Der nächste Angriff auf die Linke in der Türkei: Über 200 Mitglieder linker Parteien festgenommen. Beweise braucht es im Erdogan-Sumpf nicht

Union Solidarity International: Erdoğan uses ISIS to attack the KurdsDie staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete von mehr als 230 Festnahmen. (…) Nach Informationen der sozialistischen Nachrichtenagentur ETHA, die eine Liste mit den Namen der Inhaftierten veröffentlichte, richteten sich die Polizeiaktionen überwiegend gegen örtliche Politiker der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), ihrer kommunalpolitisch aktiven Schwesterorganisation Demokratische Partei der Regionen (DBP), gegen den Demokratischen Kongress der Völker (HDK) sowie die kurdische Freie Frauenbewegung (TJA). Betroffen waren zudem die Partei der Sozialistischen Wiedergründung (SYKP) und die Föderation der Sozialistischen Jugendvereine (SGDF). Bereits am Sonntag waren neun Mitglieder der SGDF und der Sozialistischen Partei der Unterdrückten (ESP) festgenommen worden, so ETHA. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, dass die Polizeioperationen gezielt vor dem 15. Februar stattgefunden hätten, dem Jahrestag der Festnahme und Verschleppung Abdullah Öcalans. (…) Den Festgenommenen wirft die Polizei der DHA zufolge vor, sie seien PKK-Mitglieder und hätten für den 15. Februar militante Aktionen gegen türkische Sicherheitskräfte und staatliche Einrichtungen geplant. Beweise dafür konnten die großangelegten Polizeioperationen bislang nicht zutage fördern“ – aus dem Artikel „Schlag gegen Linke“ von Kevin Hoffmann am 14. Februar 2017 in der jungen welt externer Link, worin auch darüber berichtet wird, dass auch dieser Regierungsterror die demokratisch gesinnten Menschen der Türkei nicht davon abhalten wird, die Kampagne für das „Nein!“ zu Erdogans Alleinherrschaftsplänen fortzusetzen. Siehe dazu sechs weitere aktuelle Beiträge:

  • „Outspoken union head faces armed attack as pressure mounts on referendum naysayers“ am 12. Februar 2017 bei Turkey Purge externer Link ist der Bericht über einen bewaffneten Angriff auf den Türk Büro Sen Vorsitzenden Fahrettin Yokuş ( die keienswegs irgendwie fortschrittliche Angestelltengewerkschaft), auf den geschossen wurde – von unbekannten Tätern, was die Stimmung, die Erdogan im Lande erzeugt sehr deutlich macht. Den der Gewerkschafter ist einer von jenen Rechten, die für ein „Nein!“ bei der Volksabstimmung eintreten. Auch  die faschistoide Kamu Sen-Gewerkschaft – deren Vorsitzender ebenfalls zum „Nein!“ aufrief, wurde ein Angriff gestartet, als rund 2 Dutzend Leute deren Büro verwüsteten und ihn zum Rücktritt aufforderten. Also: Neben der staatlichen Repression gegen alles Linksoppositionelle gibt es auch die mobilisierten Banden inoffizieller Art, die dann dafür zuständig erscheinen, gutbürgerliche und rechte Opponenten einzuschüchtern
  • „Türkei: Das freie Wort geht ins Exil“ von Gerrit Wustmann am 13. Februar 2017 bei telepolis externer Link, worin die bisherige Repressionswelle nochmals kurz zusammengefasst wird: „Seit dem Putschversuch vom Juli 2016 wurden mehr als 45.000 Menschen verhaftet, fast 130.000 wurden entlassen oder suspendiert, 149 Medien und mehr als 2000 Schulen, Vereine und Universitäten wurden geschlossen. Erst vergangene Woche wurden rund 4500 Personen aus dem öffentlichen Dienst entlassen, sowie 330 Professoren und Dozenten“. Und zur aktuellen Repression unter anderem: „Ministerpräsident Binali Yildirim warf dem Chef der oppositionellen CHP vor, die „Sprache der Terroristen“ zu sprechen, weil dieser sich auf das „Nein“ festlegte. Er rückte den Kemalisten in die Nähe von PKK und Gülen. In diesen Tagen finden vermehrt Razzien und Massenverhaftungen insbesondere im Umfeld der Oppositionspartei HDP statt, die dadurch daran gehindert wird, effektiv für das „Nein“ zum Referendum zu werben
  • „Türkei: Aufbruch ins Mittelalter?!“ von Birgit Gärtner am 12. Februar 2017 bei telepolis externer Link ist ein Gespräch mit der Kölner Autorin und SPD-Politikerin Lale Akgün über die Folgen des Umbaus der Türkei nach Erdogans Wünschen. Darin heißt es unter anderem zur Meinung über einen möglichen Ausgangs des Referendums : „Das ist eine interessante Frage. Das Problem fängt schon damit an, dass ein großer Teil der Bevölkerung überhaupt nicht weiß, was mit dem Präsidialsystem auf sie zukommen würde. Vielleicht 20% der Bevölkerung weiß das einzuschätzen. Erdogan und die AKP machen alle möglichen Versprechen. Z.B., dass es keinen Terror mehr geben werde, wenn die Bevölkerung das Präsidialsystem unterstütze. Aber sie sagen natürlich nicht, wie das funktionieren soll. Die Gegenseite, also die „Hayir“ (Nein)-Bewegung, klärt zwar über die Auswirkungen auf. Aber, und da kommt das nächste Problem, viele Politikerinnen und Politiker der Opposition sind inhaftiert. Oppositionelle Medien gibt es nicht mehr, Erdogan kann die verbliebenen und die Staatsmedien als Propaganda-Instrument nutzen. Die haben sich auch willig für den Wahlkampf einspannen lassen“ . Und zur Widerspiegelung der Erdogan Kampagne  in der BRD: „Wie schon bei den Wahlen zum türkischen Parlament im Juni und im November 2015 müssen wir uns hierzulande auf einen heftigen Wahlkampf einstellen. Damals stimmten ca. 60% der Wahlberechtigten in Deutschland für die AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung). 15,0 % stimmten für die pro-kurdische HDP (Demokratische Partei der Völker), 14,8 % für die sozialdemokratische CHP und 7,5 % für die faschistische MHP. HDP und CHP kündigten an, gegen das Präsidialsystem zu stimmen. Die MHP unterstützt das Vorhaben, es gibt allerdings auch in deren Reihen kritische Stimmen, die mahnen, dass Erdogan zu mächtig werden könnte. Erdogan argumentiert, dass das Präsidialsystem der Türkei Stabilität bringen würde. Die Opposition warnt, dass genau das Gegenteil der Fall sein wird
  • „Der Staat kann den Widerstand nicht auslöschen“ am 08. Februar 2017 beim Lower Class Magazine externer Link ist ein Gespräch mit Aytac Ünsal ist (Mitglied im Progressiven Awaltsverband CHD und Rechtsanwalt in der Anwaltskanzlei des Volkes Istanbul) über die Ergebnisse einer Rechtskonferenz in Ankara. Zu dem Zustandekommen und den Zielen dieser Konferenz sagt er unter anderem einleitend: „Unsere Konferenz wurde in Zusammenarbeit von 22 nationalen Anwaltskammern der Türkei, Richtervereinigungen wie Yar-Sav, Demokratische Gerichtsbarkeit (Demokrat Yargi), Richtergewerkschaft, internationaler Juristen und Anwaltsverbände, sowie der Progressiven Jurist*innenvereinigung und dem Freiheitlichen Jurist‘innenverband organisiert. Das grundlegende Ziel der Konferenz war es, ein Bild der türkischen Gerichtsbarkeit vor und nach dem Ausnahmezustand zu zeichnen. Wir wollten anhand konkreter Ereignisse und Fakten analysieren, in welcher Situation sich die Justiz befindet und wie wir unseren Kampf fortführen können
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=111774
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