Große Sorge um den Fortbestand der Forschungsstelle NS-Pädagogik an der der Goethe-Universität

Dossier

Forschungsstelle NS-Pädagogik an der der Goethe-Universität Frankfurt/M.Mit großer Bestürzung nimmt der AStA der Goethe-Universität die aktuellen Entwicklungen an der 2012 von Prof. Dr. Micha Brumlik und Prof. Dr. Benjamin Ortmeyer gegründeten Forschungsstelle NS-Pädagogik externer Link zur Kenntnis. Die Stellen der im April 2018 nachfolgenden Leitung der Forschungsstelle von Dr. Katharina Rhein und Dr. Z. Ece Kaya wurden zum 31. März 2021 nicht in Dauerstellen verwandelt, obwohl dazu drei Jahre Zeit gewesen wäre. Stattdessen wurden ihre Zeit-Verträge am Fachbereich Erziehungswissenschaften einfach nicht verlängert. „Die Goethe-Universität verliert dadurch nicht nur zwei hervorragende Wissenschaftlerinnen im Bereich der Historischen Bildungsforschung. Darüber hinaus verlieren die Studierenden zwei allseitig anerkannte und beliebte Lehrende, die in ihren Seminaren über NS-Pädagogik aufklärten. Die Nachwirkungen dieser Pädagogik in Lehre und Forschung bis in die heutige Zeit hinein wurden auf hohem wissenschaftlichem Niveau, praxisnah und anknüpfend an die Rassismuserfahrungen vieler Studierender thematisiert. Hier entsteht nun eine bedauernswerte Lücke“, sagt AStA-Vorsitzende Kyra Beninga…“ Pressemitteilung des AStA der Goethe-Universität Frankfurt/M. vom 12.4.2021 externer Link – siehe dazu:

  • „Nun ist die Uni-Leitung am Zug“ – Breite Unterstützung für die Forschungsstelle NS-Pädagogik New
    Die Pressemitteilung des AStA vom 12.04.21 zum Fortbestand der Forschungsstelle NS-Pädagogik ist auf breite Resonanz gestoßen: Neben zahlreichen Medienberichten haben den AStA unzählige Stellungnahmen und offene Briefe erreicht. Die Unterstützung geht dabei weit über die Goethe-Universität hinaus: Neben bundesweiten Reaktionen aus der Erziehungswissenschaft haben sich auch zivilgesellschaftliche Stimmen zu Wort gemeldet. Nun steht die Goethe-Universität in der Pflicht, diesen Stimmen Gehör zu schenken und endlich in einen offenen Dialog um die Zukunft der Forschungsstelle einzutreten. (…) Die Goethe-Universität beharrt darauf, dass keine finanziellen Mittel bereitstünden, um Dauerstellen für Dr. Z. Ece Kaya und Dr. Katharina Rhein zu schaffen. So weist Prof. Dr. Isabell Diehm darauf hin, dass der Fachbereich Erziehungswissenschaften einer der unterfinanziertesten Fachbereiche der Universität ist. Dazu meint Newal Yalcin, AStA-Referentin für politische Bildung: „Die Unterfinanzierung vieler Fachbereiche prangern wir schon lange an. In diesem konkreten Fall geht es aber auch um die Frage, welche Prioritäten die Goethe-Uni setzt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass am falschen Ende gespart wird. Die Forschungsstelle ist kein nettes Anhängsel, mit dem man nach Belieben schmücken kann, sondern bildet gerade in seiner bundesweiten Einzigartigkeit einen essentiellen Bestandteil der erziehungswissenschaftlichen Forschung und Lehre.“…“ Pressemitteilung des AStA der Goethe-Universität vom 08.06.2021  – siehe 2 der genannten Stellungnahmen:

    • Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 zur Einschränkung der Arbeitsmöglichkeiten der Forschungsstelle NS-Pädagogik
      Mit großer Sorge, ja auch mit Empörung hat der Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 zur Kenntnis genommen, dass an Stelle der Überführung in eine Dauerstelle die beiden bewährten Wissenschaftlerinnen, Dr. Katharina Rhein und Dr. Z. Ece Kaya, durch die Entscheidung der Goethe Universität nicht mehr weiter in der Forschungsstelle NS-Pädagogik arbeiten, forschen und lehren dürfen. Ihre prekären Verträge wurden nach jahrelanger Arbeit für die Forschungsstelle, die letzten drei Jahre in deren Leitung, nicht verlängert. Eine angekündigte neue Stelle für eine Professur „Erziehung nach Auschwitz“ wurde zurückgezogen. Stattdessen wurde die Leitung der Forschungsstelle NS-Pädagogik einer anderen Professur als „Teilaufgabe“ zugeordnet. Dass dazu neben fehlenden wissenschaftlichen MitarbeiterInnen auch der Umzug in neue Räume scheiterte, weil die Bibliothek „zu schwer sei“, rundet das Bild ab: Keine Räume und keine forschenden und lehrenden Personen mehr in der Forschungsstelle NS-Pädagogik. (…) Der Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 fordert den Fachbereich Erziehungswissenschaft und das Präsidium der Goethe-Universität nachdrücklich auf, die Forschungsstelle NS-Pädagogik personell – durch Dauerstellen für Dr. Katharina Rhein und Dr. Z. Ece Kaya – und räumlich so solide auszustatten, dass deren gerade für Studierende der Erziehungswissenschaften und damit für zukünftige Lehrende so immens wichtige Arbeit zur deutschen Geschichte fortgesetzt werden kann.“ Pressemitteilung vom 07.06.2021 des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933-1945
    • Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Frankfurt zum Wegfall der Nachfolgeprofessur: „Erziehung nach Auschwitz in der Migrationsgesellschaft“
      „… Heute erleben wir laut schreienden israelbezogenen Antisemitismus, Judenhass Islamfeindschaft, Homophobie, rassistisches Mobben von nicht nur jüdischen Schulkindern. In die Fortbildung für Lehrkräfte und Multiplikatoren aus vielen pädagogischen und politischen Bereichen und für die Seminare der Lehramts-Studierenden gehören die Lehr- und Lernprozesse über die perfiden Manipulationen der NS-Zeit. (…) Wir beobachten weiter wachsam die Entwicklung und stimmen der Wissenschaftsministerin Angelika Dorn zu, dass die historische Bildungsforschung mit ausreichend Personal und Räumen weitergehen muss und dass das Pädagogik-Studium grundlegend die Beschäftigung mit der NS-Zeit beinhalten muss – gerade in Zeiten wie diesen. Die von Adorno geforderte „Erziehung nach Auschwitz“ beinhaltet eine Kenntnis der NS- Verbrechen nicht nur in Auschwitz und Wissen, wie die Erziehung manipulativ „hin zu Auschwitz“ durchgeführt wurde, damit sich nichts Derartiges wiederholt…“ Stellungnahme der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Frankfurt vom 7.6.2021 
  • siehe zur Forschungsstelle u.a. unser Dossier [Buch und Debatte zur GEW] Die ideologische Ausrichtung der Lehrkräfte 1933–1945. Die Bildungsgewerkschaft GEW ringt mit ihrer Vergangenheit im Nationalsozialismus
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=188886
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