Zahl der Berufskrankheiten deutlich gestiegen

[Buch] Kranke Arbeitswelt. Ethische und sozialkulturelle Perspektiven [Buch] Kranke Arbeitswelt. Ethische und sozialkulturelle Perspektiven von Wolfgang Hien beim VSA-Verlag„… Immer öfter werden Menschen durch ihren Job krank. In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der angezeigten Berufskrankheiten um mehr als ein Viertel an. Die Gesamtausgaben für anerkannte Berufskrankheiten nahmen im selben Zeitraum um ein Drittel zu, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei, die ZEIT ONLINE vorliegt. Die Daten belegen auch: Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Ausgaben wird von nur fünf Krankheiten verursacht. Dazu gehören vor allem Krankheiten, die durch Asbest hervorgerufen werden. Die Zahlen sind erstaunlich, denn es ist sehr schwer, eine Krankheit als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. Von allen angezeigten Verfahren ist nur ein Viertel am Ende auch erfolgreich. Arbeitsmediziner gehen daher davon aus, dass die Dunkelziffer der nicht angezeigten Erkrankungen hoch sein dürfte. Denn die Berufskrankheitenverordnung listet derzeit nur 80 Krankheitsbilder auf. (…) Und es gibt weitere Probleme: Bis eine Krankheit anerkannt ist, dauert es sehr lange – kranke Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen mit bis zu 40 Monaten Bearbeitungszeit rechnen. Doch laut Berufskrankheitenrecht dürfen sie in dieser Zeit ihrem Beruf gar nicht mehr nachgehen, so will es der sogenannte Unterlassungszwang. Doch für die Betroffenen ist ja völlig unklar, ob das Verfahren erfolgreich sein wird, geschweige denn, wovon sie währenddessen leben sollen. Nicht wenige scheuen deshalb das Verfahren, ein Leiden überhaupt als Berufskrankheit anerkennen zu lassen, sondern arbeiten lieber so lange weiter, bis sie krankheitsbedingt die Arbeitszeit reduzieren müssen – oder aber in der Erwerbsminderung landen. Mehr als 342.000 Menschen beantragten im vergangenen Jahr die Erwerbsminderungsrente. Im Vergleich dazu gab es aber nur 77.877 Fälle, bei denen Beschäftigte eine Berufskrankheit anzeigten – 19.748 davon wurden letztlich anerkannt.(…) Um den Arbeitsschutz zu verbessern und zu verhindern, dass mehr Menschen durch ihre Arbeit krank werden, hat die große Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart, das Berufskrankheitengesetz zu reformieren. Das Bundesarbeitsministerium hat bereits einen Gesetzesentwurf vorgelegt, ein Kabinettsbeschluss soll noch in diesem Jahr erfolgen. Doch eine weitreichende Reform ist bisher nicht vorgesehen…“ Artikel von Tina Groll vom 27. November 2019 in der Zeit online externer Link

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