Zahl seit 2008 verdoppelt: Mehr Krankheitstage durch Hitze und Sonne

Dossier

Fotoreportagen von David Bacon über Klimawandel und kalifornische LandarbeiterInnen bei über 45 Grad HitzeDie Zahl der Krankheitstage durch Hitze und Sonnenlicht hat sich im Zeitraum von 2008 bis 2017 verdoppelt. Zudem werden mittlerweile jährlich Tausende Fälle von Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt. Hitzschlag, Sonnenstich, Krämpfe, Ödeme, Probleme durch Salz- und Wasserverlust – das sind einige der Gesundheitsschäden, die durch Hitze und Sonnenlicht ausgelöst werden können. Wie aus Angaben der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, gab es 2017 etwa 40.000 Arbeitsunfähigkeitstage „auf Grund von Schäden durch Hitze und Sonnenlicht“. (…) Derzeit herrschen aber auch in Deutschland große Hitze und hohe UV-Strahlung. Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte Hitzepausen. (…) Die Industriegewerkschaft BAU beklagt, es gebe zwar Regelungen, diese würden aber von zahlreichen Bauunternehmern gebrochen…“ Beitrag von Patrick Gensing und Wulf Rohwedder vom 23.07.2019 bei tagesschau.de externer Link und weitere (internationale) Informationen zum Thema Gesundheitsschutz:

  • “silent killer”: Tödliche Hitze forderte 2022 fast 62.000 Menschenleben in Europa – vor allem Arbeitende sind immer noch stark gefährdet – und in Deutschland trotz Mitbestimmungsrechte ohnmächtig? New
    • Tödliche Hitze forderte 2022 fast 62.000 Menschenleben in Europa – vor allem Arbeitende sind stark gefährdet
      „… Eine aktuelle Studie der Fachzeitschrift Nature Medicine externer Link hat ergeben, dass fast 62.000 Menschen während der Hitzewelle in Europa im vergangenen Jahr [2022] an den Folgen der Hitze gestorben sind. Italien war mit mehr als 18.000 Todesfällen am stärksten betroffen. Die Studie warnte, dass Europa ohne wirksame Anpassungspläne bis 2040 jeden Sommer mit mehr als 94.000 vorzeitigen Todesfällen rechnen muss. Viele Arbeitende in der globalen Lieferkette werden durch die Auswirkungen des Klimawandels wie Hitze stark gefährdet sein, so Parsons. „Die Gefahren für die Arbeitenden in unseren globalen Industrien – von der Bekleidungsindustrie bis zum Baugewerbe – ernst zu nehmen, ist eine der wichtigsten Herausforderungen für die zukünftige Klimapolitik.“ (…) Einem Bericht des Europäischen Gewerkschaftsinstituts zufolge hat kein Land der Europäischen Union genug getan, um die Auswirkungen steigender Temperaturen auf die Gesundheit, die Sicherheit, das Wohlbefinden und die Produktivität der arbeitenden Bevölkerung zu bekämpfen. „Gegenwärtig leiden weite Teile der Arbeitnehmer unter der Untätigkeit der Arbeitgeber, während die Behörden dazu neigen, die Augen vor der extremen Belastung während der Hitzewellen zu verschließen“, heißt es in dem Bericht. Extreme Hitze offenbart auch eine tiefe Kluft auf dem Arbeitsmarkt zwischen denen, die gezwungen sind, im Freien zu arbeiten, und denen, die sich in klimatisierte Büros zurückziehen können, so der Bericht weiter…“ engl. Artikel von Caolán Magee vom 21. Juli 2023 in CNN externer Link („Walkouts and strike threats: Europe’s outdoor workers struggle under the blistering heat wave”), siehe dazu:

    • Arbeitsschutz: Gesund arbeiten trotz Hitze am Arbeitsplatz – Die große Checkliste zur Mitbestimmung beim Hitzeschutz
      „… Der Sommer 2023 hat bereits mit Hitzerekorden von sich Reden gemacht. Die nächste Hitzewelle ist für August angekündigt. Arbeitgeber müssen dies bei ihren Planungen berücksichtigen. Auch Betriebsräte bestimmen mit. (…) Ohne Maßnahmen kann die Überhitzung tödlich enden. Besonders gefährlich sind hohe Temperaturen für ältere und schwangere Beschäftigte oder Personen mit starkem Übergewicht und Vorerkrankungen. Sie sollten in den kühlsten Räumen der Arbeitsstätte eingesetzt werden. Fürsorgepflicht heißt auch: Es besteht präventiv der Bedarf, Maßnahmen zu planen und mit Beschäftigten zu sprechen, damit Arbeitgeber nicht mit leeren Händen dastehen, wenn die 30-Grad-Marke drinnen und draußen gerissen wird. – Das wäre fahrlässig. (…) Es gilt nach Arbeitsschutzgesetz (§ 4 ArbSchG) das TOP-Prinzip: Vorrang haben stets technische Maßnahmen (T), die in der Regel mehr Personen und Arbeitsplätze erreichen (…) In der Hierarchie folgen die organisatorischen Maßnahmen (O) des Arbeitgebers, die zumindest für einige Berufsgruppen Abhilfe schaffen können (…) Zuletzt kommen Persönliche Schutzmaßnahmen (P), die z. B. aufgrund der UV-Strahlung – ergänzend – bedeutsam sind (…) Neben dem ArbSchG bietet die Arbeitsstättenverordnung mit den Arbeitsstättenregeln Orientierung und arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, die eingehalten werden müssen. Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Diese »schwammige Formulierung« (Rahmenvorschrift) eröffnet den Betriebsräten die Mitbestimmung bei allen Schutzmaßnahmen: bei den technischen, organisatorischen und den persönlichen Maßnahmen (TOP). Denn diese Rahmenvorschrift ist je nach Unternehmen, Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen zu konkretisieren und auszugestalten (§ 87 Abs 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Für die Raumtemperaturen konkretisiert die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Vorgaben, die auch in Pausen- und Bereitschaftsräumen, Kantinen, Sanitär- und Erste-Hilfe-Räumen sowie Unterkünften gelten. Diese Maßnahmen werden empfohlen – auf Grundlage der aktuellen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse. Maßnahmen nach Gefährdungslage; Arbeiten im Freien Hitze ist beim Arbeiten im Freien eine extreme Belastung, hinzu kommt die Gefährdung durch UV-Strahlung, die Ozonbelastung und schlechte bis extreme Witterungsbedingungen. Hier muss eine Gefährdungsbeurteilung nach ArbSchG ebenfalls präventiv langfristig geltende Maßnahmen festlegen. Bei über 26 Grad im Schatten müssen die Beschäftigten sich abkühlen und den Schatten aufsuchen können. Regelmäßige Kurzpausen und Wasser zum Abkühlen sind unerlässlich. Und: Nicht jede und jeder verträgt Wärme gleich gut! Maßnahmen bei über 26 °C Nicht jeder Arbeitsplatz verfügt über eine Klimaanlage. Räume dürfen grundsätzlich eine Temperatur von 26 °C nicht überschreiten. Steigt die Außentemperatur über 26 °C und liegt die Raumtemperatur am Arbeitsplatz über 26 °C, müssen Arbeitgeber für gesundheitlich Vorbelastete oder für Beschäftige, die schwer arbeiten, für Entlastung sorgen. Bei über 30°C müssen Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, wie sie oben beispielhaft aufgeführt sind. Bei über 35° C im Arbeitsraum müssen Arbeitgeber Maßnahmen wie für Hitzearbeit, z. B. in Gießereien, Stahlwerken oder Großbäckereien ergreifen: z. B. Hitzeschutzkleidung, Luftduschen, Wasserschleier oder weitere Entwärmungsphasen. Ansonsten dürfen Beschäftigte in dem Raum nicht mehr arbeiten. (…) Betriebsräte haben ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht (Initiativrecht) bei den Regelungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Es ist wichtig, dass der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber (vorausschauend) eine Betriebsvereinbarung mit Hitze-Maßnahmen vereinbart. (…) Personalräte bestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen mit (§ 75 Abs. 3 Nr. 11 Bundespersonalvertretungsgesetz – PersVG)…“ Checkliste von Beate Eberhardt vom 24. Juli 2023 beim Bund Verlag externer Link – leider fehlt hier etwas sehr Wichtiges: Kann die Arbeit verweigert werden, wenn der AG dem gesetzlichen Arbeitschutz nicht oder nicht ausrechend nachkommt? Wie verhält es sich, wenn der BR nicht aktiv wird? Gerade hier ist Info für die Betroffenen sehr wichtig. Die Checkliste erzeugt so eher den Eindruck von Ohnmacht, falls weder der AG noch der BR etwas macht. Wie dann damit umgehen?
  • Die Welt im Hitzestress: Wenn arbeiten im Freien zur Gefahr wird und wie der Hitzetod zur neuen Normalität wird  „In der vergangenen Woche verzeichnete der „Climate Reanalyzer“ gleich drei Tage hintereinander die wärmsten jemals auf der Erde erreichten Durchschnittstemperaturen in Folge. Nach den Daten der University of Maine, die das Portal Climate Reanalyser Betreibt, lag die globale Durchschnittstemperatur am 3. Juli bei 17,01 Grad Celsius, am 4. bei 17,18 Grad Celsius und am 5. sogar bei 17,23 Grad Celsius. (…) Wie CNN berichtet, stieg das Quecksilber in Beijing mehrfach über die 40-Grad-Marke und auch in der benachbarten Provinz Hebei wurden vorherige Juli-Temperaturrekorde gebrochen. Seit 1951 seien in Beijing elfmal Temperaturen über 40 Grad gemessen worden, fünfmal innerhalb der letzten zwei Wochen. Die chinesische Regierung habe empfohlen, Arbeiten im Freien während der Hitzephase einzustellen. Einen anderen Umgang mit im Freien arbeitenden Menschen scheint der US-Bundesstaat Texas zu pflegen. Einem Bericht von dpa zufolge sollen in einigen Großstädten die gesetzlich vorgeschriebenen Trinkpausen für auf dem Bau Beschäftigte gestrichen werden, die diesen ermöglichen, sich alle vier Stunden für zehn Minuten im Schatten aufzuhalten. Die Gesetzesänderung wurde von Texas‘ Gouverneur Greg Abbott unterzeichnet und soll im September in Kraft treten. Die Stadt Houston hingegen hat Klage gegen die Streichung der Arbeitsrechte eingereicht. (…) In Europa hat es im Sommer 2022 nach einer jüngst im Fachjournal Nature Medicine veröffentlichten Studie des Barcelona Institute for Global Health über 61.000 hitzebedingte Todesfälle gegeben. 2022 war europaweit ein besonders heißer Sommer, die meisten Todesfälle ereigneten sich mit fast 39.000 zwischen dem 11. Juli und dem 14. August. Die Länder mit den meisten Hitzetoten in absoluten Zahlen waren laut Studie Italien, Spanien und Deutschland. Hierzulande verstarben demnach 8.173 Menschen in Folge hoher Temperaturen. Blickt man auf die Anzahl der Hitzetoten pro Einwohner führen Italien, Griechenland und Spanien die Statistik an. Besonders bei den über 80-Jährigen wurden viele Todesfälle in Folge von Hitze verzeichnet. Ebenso war die Todesrate bei Frauen um 63 Prozent höher als bei Männern…“ Beitrag von Jutta Blume vom 11. Juli 2023 bei Telepolis externer Link
  • [Film] Hitzefrei? Klima wandelt Arbeit 
    „In den Gebieten der Erde, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, leiden rund 400 Millionen Arbeiter unter zunehmender Hitze. Ob Bauarbeiter im Mittleren Osten, UPS-Paketboten in den USA oder Landarbeiter in Mittelamerika – sie alle stoßen an ihre körperlichen Grenzen. Der Klimawandel verstärkt überall die soziale Ungleichheit.
    Hitze tötet plötzlich. Immer mehr Epidemiologen, Ärzte und Ökonomen warnen vor einer Gefahr, die auch Europa betreffen wird. In Katar ist diese Gefahr bereits augenscheinlich. Dort sterben zahlreiche Arbeitsmigranten, die gesund ins Land gekommen sind. Die offiziell als „natürlich“ deklarierten Todesfälle stehen in einer offensichtlichen Korrelation mit der Temperaturkurve des Landes, die immer wieder die Marke von 50 Grad Celsius überschreitet. Doch Hitze tötet auch schleichend. Die Dokumentation thematisiert die erste Arbeitskrankheit, die auf Hitze zurückzuführen ist: eine chronische Niereninsuffizienz, die bei Zuckerrohrarbeitern in Nicaragua und El Salvador entdeckt wurde. Die von Epidemiologen entdeckte Krankheit hat sich in Regionen ausgebreitet, in der starke Hitze mit hoher Arbeitsintensität in der Landwirtschaft zusammenfällt. Tausende von Menschen fielen dieser Krankheit bereits zum Opfer. Sie findet sich in derselben Form auch unter den Arbeitsmigranten am Persischen Golf.
    Der Dokumentarfilm erzählt vom Schicksal nepalesischer Arbeiter, die nach Kathmandu zurückkehren mussten, um ärztlich versorgt zu werden. Auch bei UPS-Paketboten in den USA, die in unklimatisierten Lieferwagen fahren und einem straffen Arbeitstakt folgen, sind Nierenleiden zu beobachten. Letztlich bedroht die Hitze auch die Produktivität: In Indien, wo 90 Prozent aller Arbeitskräfte in der informellen Wirtschaft arbeiten, halten die Näherinnen in den Wellblechsiedlungen der drückenden Hitze nicht mehr stand. Die Angestellten in den großen Textilmanufakturen finden zumindest eine geringe Abkühlung. Fest steht: Der Klimawandel verstärkt weltweit die soziale Ungleichheit und zieht neue Grenzen zwischen jenen, die sich vor dessen Folgen schützen können, und all den anderen, die ihnen hilflos ausgeliefert sind.“ Text und Video des Films von Mikaël Lefrançois in der arte-Mediathek externer Link (93 Min., verfügbar vom 24/05/2023 bis 16/12/2023)
  • Ratgeber Sommerhitze: Was tun bei Hitze am Arbeitsplatz?
    Wenn das Thermometer die 30-Grad-Marke übersteigt, kann die Arbeit im Büro oder in der Werkshalle zur Qual werden. Wir erläutern, ob Beschäftigte die Arbeit einstellen dürfen und geben Tipps für heiße Tage im Betrieb…“ Ratgeber der IG Metall vom 9. Juni 2023 externer Link
  • Verlängerte Mittagspause bei zu großer Hitze: IG BAU bringt „Siesta“ ins Spiel. Vorstandmitglied Carsten Burckhardt: „Gesundheitsrisiken sind zu hoch“
    Wir kennen das alle: Man schaut um die Mittagszeit aus dem Büro- oder dem Wohnungsfenster auf eine Baustelle und denkt sich, „den Job möchte ich bei der Hitze nicht machen“. Da werden Einschalungen gezimmert, schwere Armierungen getragen, wird betoniert. Und das bei weit über 40 Grad, denn Schatten gibt es auf Baustellen selten. „Der Klimawandel ist da, die Anzahl der Hitzetage wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Deshalb müssen wir – zumindest in den Spitzenzeiten – die Bauleute künftig schützen und entlasten. Wir sollten über eine deutlich längere Mittagspause nachdenken, in Spanien wird dies Siesta genannt“, sagt Carsten Burckhardt, im Vorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) unter anderem für das Bauhauptgewerbe zuständig. Dabei müsse man über viele Modelle nachdenken: Die ausgefallenen Zeiten werden an anderen Tagen nachgeholt, es wird ähnlich wie im Winter eine Art Schlechtwettergeld bezahlt und anderes mehr. „Die Gesundheitsrisiken sind unter den aktuellen Bedingungen viel zu hoch: Es drohen Hitzeschläge, Hautkrebs, Ozonbelastungen. Es wäre unverantwortlich, hier nichts zu tun. Von den steigenden Gesundheitskosten will ich gar nicht reden“, sagt Burckhardt. Freilich gelte dies auch für alle anderen Branchen, in denen unter freiem Himmel gearbeitet werden müsse. Die IG BAU bemüht sich schon lange, die Beschäftigten in der Bauwirtschaft vor den intensiven Sonnenstrahlen zu schützen. So gibt es jetzt seit gut zwei Jahren im Dachdeckerhandwerk das Sommerausfallgeld. Die Beschäftigten in dieser Branche sind besonderen Belastungen ausgesetzt, eine Dachpfanne kann bis zu 70/80 Grad heiß werden. So gibt es für maximal 53 Stunden im Jahr für die nichtgearbeitete Zeit 75 Prozent des Stundenlohns. Die ausgefallenen Stunden können mit einem kleinen Lohnaufschlag nachgearbeitet werden, dann hält sich der Ausfall insgesamt in Grenzen. Zudem ist die IG BAU seit vielen Jahren mit der Kampagne „Lass Dich nicht verbrennen – Hautkrebs, nein danke“ aktiv…“ Pressemitteilung vom 21.07.2022 externer Link

    • 16°C – 24°C: Normale Arbeitstemperatur
      30°C: Risiko von Arbeitsunfällen steigt um 5-7%
      38°C+: Risiko von Arbeitsunfällen steigt um 10-15%
      Niemand sollte unter unsicheren Bedingungen arbeiten müssen – unterbrechen Sie die Arbeit, wenn es zu heiß ist“ (eng.) Thread von ETUC vom 19. Juli 2022 externer Link – auf ihrem Twitter-Account externer Link auch Berichte über Hitze-Tote bei der Arbeit in Frankreich und Spanien
  • Hohe Temperaturen: Warum Arbeiter auch mal hitzefrei brauchen
    Mit zunehmender Hitze kann der Körper an seine Grenzen kommen. Bei der Arbeit spüren das viele Menschen und sind dennoch weitgehend schutzlos. Abhilfe wäre möglich. (…) Während man die Folgen der Hitze für Alte und Kranke im Blick hat, befasst man sich noch zu wenig mit den Auswirkungen der steigenden Temperaturen auf Gesundheit und Wohlbefinden der arbeitenden Bevölkerung. (…) In der Baubranche in Deutschland sind die Probleme bekannt. Die Temperaturen seien eine Belastung, sagte Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Es gelte, die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. Doch es ist unklar, ab welchen Temperaturen nicht mehr im Bau gearbeitet werden kann. Eine absolute Grenze gebe es nicht, sagte Siebert, ab der nicht mehr gearbeitet werden dürfe. Viele Unternehmen fingen an heißen Tagen morgens früher an und verteilten Sonnenschutzmittel an die Mitarbeiter. (…)es würden lediglich Empfehlungen gegeben, wie das Verhalten des Einzelnen durch die Hitze ändern muss. Und man will sich offenbar auch nicht ernsthaft mit dem Schutz der Arbeiter beschäftigen: In den meisten EU-Staaten seien die Gewerkschaften bei der Gestaltung dieser Pläne ausgeschlossen, merkt die Studie kritisch an. Und die Unternehmen würden nicht in die Pflicht genommen.“ Beitrag von Bernd Müller vom 21. Juli 2022 in Telepolis externer Link, siehe dazu:
  • Hitzebelastung verschärft laut Studie soziale Ungleichheiten
    Laut einer Studie externer Link des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (EGI) haben sich die EU-Länder bisher nicht ausreichend mit den Auswirkungen der steigenden Temperaturen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der arbeitenden Bevölkerung befasst. Dies gilt insbesondere für Berufe, bei denen Arbeiter:innen der Hitze bekanntermaßen besonders stark ausgesetzt sind. Wie der Bericht zeigt, ist der Anstieg der Zahl der tödlichen Krankenhauseinweisungen während Hitzewellen hauptsächlich auf berufliche Tätigkeiten zurückzuführen. „Wenn die Umgebungstemperatur 38 Grad Celsius übersteigt, steigt das allgemeine Verletzungsrisiko um 10-15 Prozent“, erklärt Claudia Narocki, die Autorin der Studie. „Für Berufe, in denen klimatisierte Büros die Ausnahme sind, spiegelt der Hitzestress bereits bestehende soziale Ungleichheiten wider und verstärkt sie noch“, warnt sie. Hitze ist ein wohlbekanntes Berufsrisiko, insbesondere für Arbeitnehmer:innen in gering qualifizierten Sektoren wie dem Baugewerbe, der Landwirtschaft, der Straßeninstandhaltung und der Gartenarbeit. Andere Kategorien von Beschäftigten, die Hitze ausgesetzt sind, sind in der verarbeitenden Industrie tätig, wo Hitze entsteht oder die Verwendung von warmer Schutzausrüstung erforderlich ist. „Derzeit leiden viele Arbeitnehmer:innen unter der Untätigkeit der Arbeitgeber:innen, während die Behörden bei extremen Hitzewellen weiterhin die Augen verschließen“, sagte Narocki…“ Beitrag von Valentina Romano am 19. Juli 2022 bei euractiv.de externer Link in der Übersetzung von Helena Borst
  • Extreme Temperaturen: Gibt es Hitzefrei am Arbeitsplatz? 10 Fragen und Antworten rund ums Wetter am Arbeitsplatz 
    „… [Es] gibt grundsätzlich kein Hitzefrei für Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmern. Allerdings muss der Arbeitgeber die Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Arbeit zu beschaffen hat, so einrichten und unterhalten, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet (§ 618 BGB). Nur, wenn der Arbeitgeber dagegen verstößt, kann die Arbeit eingestellt werden. Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 ist erst bei einer Raumtemperatur von 35° C anzunehmen, dass in diesem Raum nicht mehr gearbeitet werden kann. Das heißt aber nicht automatisch, dass der Arbeitnehmer nach Hause gehen kann, sondern nur, dass in bestimmten Räumen nicht gearbeitet werden darf. Zudem muss die Arbeit wieder aufgenommen werden, wenn die Lufttemperatur im Raum unter diesen Wert fällt. (…) Der Arbeitgeber hat die Pflicht, für „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ in den Arbeitsräumen zu sorgen. Diese Pflicht ergibt sich aus der Arbeitsstättenverordnung und ist in der ASR A3.5. (Raumtemperatur) konkretisiert. Diese sieht grundsätzlich eine Raumhöchsttemperatur von 26°C vor, beim Überschreiten einer Raumtemperatur von 26 °C sollen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Erst wenn die Lufttemperatur im Raum über die Marke von 30°C steigt, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen. (…) Alle Maßnahmen, die die Arbeitsräume betreffen, unterliegen der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Denn hier geht es um den Gesundheitsschutz (§ 87 I Nr. 7 BetrVG). Soll die Arbeitszeit wegen der hohen Temperaturen verlegt werden, so ist diese Verlegung ebenfalls mitbestimmungspflichtig (§ 87 I Nr. 2, 3 BetrVG). Der Betriebsrat muss beteiligt werden, wenn Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen festgelegt werden. Da sich dieses Thema regelmäßig wiederholt, empfiehlt es sich, dazu eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Somit muss nicht jedes Mal aufs Neue diskutiert werden, während die Belegschaft schwitzt…“ Aus den 10 Fragen und Antworten rund ums Wetter am Arbeitsplatz des DGB vom 27. Juni 2022 externer Link, siehe auch:

    • Was tun bei Hitze am Arbeitsplatz?
      Wenn das Thermometer die 30-Grad-Marke übersteigt, kann die Arbeit im Büro oder in der Werkshalle zur Qual werden. Wir erläutern, ob Beschäftigte die Arbeit einstellen dürfen, geben Tipps für heiße Tage im Betrieb und erklären, warum regelmäßiges Lüften in Zeiten von Corona wichtig ist…“ Aktualisierter Ratgeber der IG Metall vom 19. Juli 2022 externer Link
  • Krankenkassendaten zeigen: Mit den Extremtemperaturen steigen auch die Krankentage aufgrund von „Schäden durch Hitze und Sonnenlicht“
    „In den kommenden Tagen wird es sehr heiß in Deutschland. Vereinzelt sind bis zu 40 Grad vorhergesagt. Wer da im Freien oder in schlecht kühlbaren Räumen arbeitet, ist einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt. Daten aus einer kleinen Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung, die ZEIT ONLINE vorliegen, zeigen nun: Mit der Zunahme von Hitzeperioden und dem zunehmenden Klimawandel steigt auch die Zahl der hitzebedingten Krankheitstage von Beschäftigten. So nahmen die Arbeitsunfähigkeitstage (AU) aufgrund von „Schäden durch Hitze und Sonnenlicht“ in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu und haben sich mindestens verdoppelt. Allerdings schwankt die Zahl der ärztlich bescheinigten Fehltage und ist abhängig davon, wie viele heiße Tage mit Temperaturen über 30 Grad es tatsächlich gegeben hat. (…) Zu den Krankheitsbildern aufgrund von Hitze und Sonnenlicht (ICD-Code T67) zählen etwa Hitzschlag, Hitzekrampf oder auch Erschöpfung aufgrund von Wasser- oder Salzverlust. (…) Männer sind dabei stärker gefährdet als Frauen. Der Grund ist simpel: Sie arbeiten häufiger als Frauen in körperlich anstrengenden Berufen im Freien – etwa als Bauarbeiter, Dachdecker oder Straßenarbeiter. Aber auch Frauen sind gefährdet, etwa wenn sie als Zustellerinnen beschäftigt sind. (…) Die Linkenpolitikerin Susanne Ferschl fordert, dass die Behörden die Einhaltung dieser Schutzregeln strenger überwachten. „Zunehmende Hitzeperioden gehören zu den Realitäten des Klimawandels, denen sich auch Unternehmen stellen müssen“, sagte die Bundestagsabgeordnete. „Der Arbeitsschutz muss an veränderte Realitäten angepasst werden: längere Erholungspausen, erst recht um die besonders sonnenintensive Mittagszeit, bessere Schutzausrüstung und kürzere Arbeitszeiten zur Senkung der Belastung.“ Ferschl sprach sich auch für Sanktionen aus, wenn Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht vernachlässigen. „Die Gesundheit von Beschäftigten ist ohne Wenn und Aber zu schützen und nicht verhandelbar.“ Artikel von Tina Groll vom 18. Juli 2022 in der Zeit online externer Link
  • DGB fordert mehr Hitze-Schutz für Beschäftigte
    Deutschland steht eine Hitzewelle bevor. Der DGB prangert Versäumnisse beim Schutz von Beschäftigten an. Nötig seien genug Pausen, nach Möglichkeit Homeoffice.
    Angesichts der immer häufiger auftretenden Hitzewellen hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Arbeitgebern Versäumnisse beim Schutz der Beschäftigten vorgeworfen. „Angemessene Gefährdungsbeurteilungen sind noch immer kein Standard – ein Versäumnis der Arbeitgeber, das vollkommen inakzeptabel ist“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Regelmäßige, extrem heiße Sommer ziehen natürlich besondere Belastungen für arbeitende Menschen nach sich.“ Dafür brauche es eine geeignete Strategie und wirksame Maßnahmen, forderte Piel. Dazu zählte die Gewerkschafterin ausreichende Arbeitspausen und Erholungszeiten, nach Möglichkeit auch Homeoffice. Piel regte zudem mehr flexiblere Gleitzeiten in Fällen an, bei denen Arbeit auf kühlere Tageszeiten verlegt werden könne. „Für Arbeit, die unabwendbar bei Rekordtemperaturen im Freien stattfinden muss, braucht es entsprechende Regelungen“, sagte Piel. „Es ist eine berechtigte Frage, ob bei 38 Grad im Schatten Arbeiten auf frischer Betondecke auf der Baustelle sein müssen oder ob sich das anders organisieren lässt.“ Auch Beschattung sei als technische Maßnahme denkbar. „Denn die gesundheitlichen Risiken durch UV-Strahlung bei der Arbeit sind nicht zu unterschätzen, heller Hautkrebs ist viel zu oft die Folge“, sagte Piel. „Beschäftigte sollten ihre Ansprüche auf Prävention und arbeitsmedizinische Beratung daher unbedingt regelmäßig wahrnehmen.“ Bei regelmäßigen Hitzeperioden könnten Gewerkschaften und Arbeitgeber außerdem Vereinbarungen treffen. So habe die IG Bau beispielsweise im Tarifvertrag für Dachdecker ein Ausfallgeld vereinbart, wenn aufgrund der Wetterverhältnisse die Arbeit eingestellt werden müsse. „Das kann Vorbild für andere Branchen sein“, sagte Piel…“ Agenturmeldung vom 15.07.2022 bei heise news externer Link
  • Arbeitsschutz: Wenn es heiß wird im Betrieb 
    Alle Jahre wieder tritt im Sommer das Thema auf, dass es warm, streckenweise sogar sehr warm wird beim Arbeiten in Innenräumen und im Freien. Die Expertin Sabrina Burkart zeigt in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2022, wie Betriebsräte den Schutz gegen Hitze im Betrieb mitgestalten können. Zurzeit dürften sich Arbeitgeber und Betriebsräte mit diesen Fragen auseinandersetzen: „Darf die Temperatur am Arbeitsplatz die 26 Grad-Grenze überschreiten?“, „Ist der Arbeitgeber zu Vorkehrungen verpflichtet?“, “Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, damit die Temperaturen erträglich bleiben?“, „Gibt es einen Anspruch auf Hitzefrei?“ Einige Antworten auf diese Fragen…“ FAQ vom 30. Juni 2022 beim Bund-Verlag externer Link, siehe auch:

    • Let the sun shine in your heart – Was tun bei Hitze am Arbeitsplatz?
      Wenn die Temperaturen steigen, steigt meist auch die Stimmung. Sie kann jedoch schnell einen Dämpfer erhalten, wenn es zu Problemen im Betrieb kommt. Damit alle Arbeitnehmer*innen die warme Jahreszeit auch am Arbeitsplatz unbeschwert verbringen können, gibt es einige Dinge zu beachten. Denn schon bald stellen sich die sommerlichen Temperaturen als durchaus zweischneidige Angelegenheit dar: So schön es ist, am Baggersee oder im eigenen Garten die Hitze zu genießen, so beschwerlich fällt oft das Arbeiten unter diesen Bedingungen. So manche*r Sonnenanbeter*in mag sich da fragen: „Muss ich wirklich am Arbeitsplatz bleiben – oder bekomme ich Hitzefrei?“…“ FAQ vom 17.06.2021 beim DGB Rechtsschutz externer Link
    • Ratgeber Sommerhitze der IG Metall: Was tun bei Hitze am Arbeitsplatz? externer Link
    • Bei Hitze kühlen Kopf bewahren
      Sommer, Hitze, Sonnenschein – da macht das Arbeiten im Freien gleich viel mehr Spaß. Aber aufgepasst: Zuviel Sonne ist ungesund. Schon jetzt ist der weiße Hautkrebs eine der am häufigsten angezeigten Berufskrankheiten. Das muss sich ändern…“ Tipps und Forderungen der IG BAU vom 30.06.2022 externer Link
  • Dauerbrenner Hitze – ein stark steigendes Gesundheitsrisiko 
    „Die Klimakrise geht ArbeitnehmerInnen im wahrsten Sinn des Wortes immer öfter unter die Haut. Jeder spürt, dass mit der Temperatur auch die gesundheitlichen Belastungen steigen. Die hohen Temperaturen belasten ArbeitnehmerInnen besonders, weil sie die Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz nur bedingt beeinflussen können. (…) Eine Breitenwirkung bekommt die Thematik, weil immer mehr Personen, auch in Innenräumen, selbst am Arbeitsplatz durch die gestiegenen Temperaturen gesundheitlich belastet werden. Viele Arbeitsplätze, etwa in Arbeitsräumen oder in Fahrerkabinen, werden aufgrund fehlender Dämmung oder ohne entsprechende Klimatisierung zu Hitzepolen. Hier werden immer wieder Temperaturen von über 40 °C und mehr erreicht – und das über viele Stunden. Diese Temperaturen führen zu massiven Belastungen, und immer öfter gefährden sie die Gesundheit der dort beschäftigten ArbeitnehmerInnen, aber besonders jene von gesundheitlich vorbelasteten Risikogruppen. Wenn Hitzerekorde von Jahr zu Jahr gebrochen werden (2019: Paris 42 °C, Österreich, Deutschland, Belgien und Niederlande über 40 °C), dann müssen bei jenen Personenkreisen, die sich mit Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz beschäftigen, die Alarmglocken schrillen…“ Beitrag von Harald Bruckner vom 6. August 2021 beim A&W-Blog externer Link des ÖGB

Siehe zu Hitze-Folgen weltweit im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152059
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