[Ab 1.3.2017] Höhere Mindestlöhne in der Leiharbeit bleiben Niedriglöhne

Tarifvertrag zur Schlechterstellung von Leiharbeitern„Heute [1.3.2017] zündet die erste Stufe der zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit und den Arbeitgeberverbänden Ende 2016 ausgehandelten Entgeltvereinbarungen zu den Mindestlöhnen in der Arbeitnehmerüberlassung. Mit weit unter zehn Euro pro Stunde bleiben sie klar im Niedriglohnbereich. (…) Die untersten Löhne in der Leiharbeit liegen damit weiterhin klar unterhalb der Niedriglohnschwelle von zuletzt im Rahmen der Verdienststrukturerhebung 2014 errechneten 10,00 Euro (ohne Einbezug der Auszubildenden) (…) Daran ändert sich auch mit der nächsten Lohnanhebung zum 01.04.2018 nichts, denn dann werden die Mindestentgelte im Osten wie im Westen weiterhin unterhalb der Zehn-Euro-Marke bleiben. Das sind fürwahr Niedriglöhne, die so recht zum Billigheimer- und Dumping-Image der Branche passen. (…) Der neuerliche Abschluss von Tarifverträgen in der Leiharbeit seitens der DGB-Gewerkschaften war sowieso umstritten. KritikerInnen monieren, dass die ArbeitnehmerInnenvertreter damit ohne Not die Möglichkeit aus der Hand gegeben haben, das selbst gesetzte Ziel und Versprechen des „Equal Pay“ (gleicher Lohn für gleiche Arbeit, egal ob in Leiharbeit oder in Festanstellung) unmittelbar zu verwirklichen. Abgesehen von den hier deutlich werdenden grundsätzlichen Widersprüchen in der Gewerkschaftsstrategie bei der Leiharbeit sind die erreichten Tarifsteigerungen für sich betrachtet nicht gerade üppig zu nennen. Offensichtlich konnte die Tarifgemeinschaft Leiharbeit die Exit-Option (Wenn die Verhandlungen platzen, dann gibt es Equal Pay) nicht glaubwürdig als Druckmittel einsetzen, wenn sie es denn überhaupt versucht hatte…“ Beitrag von Markus Krüsemann vom 1. März 2017 bei der Informationsplattform für atypische & prekäre Beschäftigung externer Link – unser Reden – siehe die Bewertung des „Verhandlungserfolges“ im Dossier: Tarifrunde Leiharbeit 2016/17 und hier dazu:

  • Bundesregierung gibt grünes Licht: Höhere Mindestlöhne für Leiharbeiter beschlossen New
    Rund eine Million Leiharbeiter in Deutschland bekommen mehr Lohn. Mit einer vom Kabinett gebilligten Rechtsverordnung greift die von den Tarifpartnern bereits eingeführte Entgelterhöhung ab Juni auch für die nicht tarifgebundenen Leiharbeiter. Bis 2021 sollen die unterschiedlichen Entgelttarife in Ost und West dann angeglichen werden. (…) Im ersten Schritt erhöht sich der Mindeststundenlohn für Leiharbeiter im Osten von zuletzt 8,50 auf 8,91 Euro und im Westen von 9,00 auf 9,23 Euro. Ab April 2018 steigt der Stundenlohn dann auf mindestens 9,27 Euro in Ost und 9,49 Euro in West. 2019 gibt es dann weitere Erhöhungen auf mindestens 9,66 Euro in Ost und 9,96 in West. Die Verordnung zur Mindestlohnerhöhung für nicht tarifgebundene Leiharbeiter hatte sich verzögert und greift daher erst Monate nach Einführung der Neuregelung für die Leiharbeiter mit Tarifbindung…“ MDR AKTUELL-Meldung vom 24. Mai 2017 samt Tabelle externer Link
  • Trotzdem kommentiert DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell die aktuellen regierungsamtlichen Erwerbslosenzahlen mit der Feststellung:  „… Inmitten dieser guten Lage bleibt das Problem atypischer und schlecht bezahlter Beschäftigung, wie z.B. Leiharbeit, Werkverträge und Minijobs. Diese Zustände darf ein Land wie Deutschland nicht einfach hinnehmen. Solche Beschäftigungsverhältnisse brauchen Regeln bzw. müssen politisch zurückgedrängt werden – zugunsten guter tarifgebundener Arbeit und regulärer Beschäftigung. Das bleibt eine Aufgabe, gerade in „guten Zeiten“. DGB-Pressemitteilung vom 1. März 2017 externer Link: „Körzell: Atypische Beschäftigung zurückdrängen“.
  • „Gut gebrüllt, Löwe“. Warum war der DGB dann aber für einen vom Equal Pay abweichenden Tarifvertrag und hat so die Schlechterstellung der atypischen Beschäftigung selbst mit abgesegnet? Sieht so „gute tarifgebundene Arbeit“ aus???
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=112741
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