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Türkei: Akte unter Verschluss. Auch nach drei Monaten keine Anklage gegen Journalist Max Zirngast – nun im April 2019 schon

Dossier

Zirngast„Nach drei Monaten Haft hat am Dienstag das 26. Gericht für Schwerverbrechen in Ankara die Anklage gegen den österreichischen Journalisten und jW-Autoren Max Zirngast abgele3hnt. Wie lange sich das Verfahren nun weiter hinzieht, wie lange Zirngast in Untersuchungshaft bleiben muss, ist nicht bekannt. (…) Details der Anklage, insbesondere die Frage, was Zirngast vorgeworfen wird, sind weiterhin unbekannt. Die Akte bleibt unter Verschluss. Sollte das Gericht die Anklageschrift annehmen, darf Anwalt Yilmaz die Akten einsehen. (…) Am vergangenen Dienstag wurde eine internationale Solidaritätswoche für Zirngast ausgerufen. (…) Die »#FreeMaxZirngast«-Solidaritätskampagne macht mit dieser Themenwoche nun auf globaler Ebene auf seine Lage aufmerksam«, heißt es in einer Pressemitteilung. Es soll Veranstaltungen in New York, Zürich und Wien geben. Den Abschluss der Solidaritätswoche bildet die Übergabe des »Dr.-Karl-Renner-Solidaritätspreises« des Österreichischen Journalistenclubs an Zirngast im Festsaal des Wiener Rathauses am kommenden Dienstag. Überreicht wird er von der Journalistin und letztjährigen Preisträgerin Mesale Tolu…“ Beitrag von Alp Kayserilioglu bei der jungen Welt vom 13. Dezember 2018 externer Link – siehe dazu:

  • Zumindest ein Schauprozess in der Türkei ist gescheitert: Freispruch für Max Zirngast und die drei mit ihm Angeklagten New
    Was für eine Nachricht: Freispruch für alle Angeklagten im Anklageprozess! Heute morgen um 9:15 Uhr begann der Prozess gegen Max Zirngast, Hatice Göz, Burçin Tekdemir und Mithatcan Türekten. Da die Anwesenheit bei dem Prozesstermin nicht obligatorisch war, nahm letzterer nicht daran teil. Schon knapp 20 Minuten später wurde der Freispruch verkündet. Der Richter ging dabei auf das – überraschend bereits verlesene – Schlussplädoyer des Staatsanwalts ein. Der wiederum hatte die Freisprechung aller Angeklagten verlangt, da nicht genug Beweise für die in der Anklage erhobene „Mitgliedschaft in der illegalen Terrororganisation TKP/K“ vorlägen…“ – aus der Meldung „Max Zirngast und Mitangeklagte freigesprochen!“ am 11. September 2019 bei der Initiative Free Max Zirngast externer Link, worin auch noch weitere Berichterstattung zu Verlauf und Hintergrund des Prozesses angekündigt werden.  Siehe dazu auch das erste Statement von Max Zirngast nach seinem Freispruch:

  • Fortsetzung des Schauprozesses am 11. September 2019
    Am Mittwoch, den 11. September, genau ein Jahr nach seiner Festnahme, steht Max Zirngast erneut vor Gericht. Er wird weiterhin angeklagt, Verantwortlicher einer illegalen, bewaffneten Terrororganisation in Ankara zu sein. Wir haben das vergangene Jahr damit verbracht, das willkürliche Vorgehen der türkischen Behörden und die Abstrusität der Anklage(schrift) nachzuweisen und anzuprangern. Vor Kurzem haben wir einen Sammelband mit dem Titel „Die Türkei am Scheideweg. Und weitere Schriften von Max Zirngast“  veröffentlicht, der nicht nur Schriften von und mit Max Zirngast zusammenträgt, sondern auch die Solidaritätsarbeit dokumentiert. Die Entwicklungen – oder vielmehr fehlenden Entwicklungen – seit dem ersten Prozesstermin am 11. April führen noch einmal die Absurdität und Illegitimität des gesamten Verfahrens vor. Die Situation von Max Zirngast ist weiterhin prekär: Zwar wurde die wöchentliche Meldepflicht aufgehoben; über ihn ist aber immer noch eine Ausreisesperre verhängt. Das heißt, er kann die Türkei nicht verlassen. Er kann aber auch zugleich nicht unbehindert in der Türkei leben, weil er im Moment keinen Aufenthaltstitel hat und auch keinen bekommen kann, ohne zuerst das Land zu verlassen. Damit befindet er sich in einer Grauzone, die ihm auch den Alltag grundlegend erschwert: Er hat damit keine Versicherung im Krankheitsfall, kann sein Studium nicht wieder aufnehmen, keine Änderungen an seinem Bankkonto vornehmen und so weiter – und das alles, weil er keine Aufenthaltsgenehmigung mehr besitzt...“ – aus dem Beitrag „Ein Jahr Willkürverfahren – wir bleiben dran!“ am 09. September 2019 bei der Initiative Free Max Zirngast externer Link aus Anlass der Fortsetzung des Schauprozesses gegen ihn am 11. September. Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge, darunter ein Interview mit Max Zirngast:

    • „Wirklichkeitsfern und willkürlich“ von Alp Kayserilioglu und Johanna Bröse am 11. September 2019 in der jungen Welt externer Link hebt zum zweiten Prozesstag am 11. September einleitend die Zusammenhänge hervor, die Max Zirngast betont hat: „… Auf den Tag genau ein Jahr nach der Festnahme von Max Zirngast steht der jW-Autor und Aktivist heute in der Türkei zum zweiten Mal vor Gericht. Er ist angeklagt, »Ankara-Verantwortlicher« einer illegalen, bewaffneten Terrororganisation zu sein. Zirngast und seine Unterstützer aus der breit aufgestellten Solidaritätskampagne hatten im vergangenen Jahr wiederholt das willkürliche Vorgehen der türkischen Behörden und die Wirklichkeitsferne der Anklageschrift angeprangert. Sein Fall sei, wie Zirngast per Videoschaltung auf einer Pressekonferenz des Österreichischen Journalistenclubs (ÖJC) am Montag betonte, in einer Reihe mit Zehntausenden weiteren polizeilich-juristischen Willkürakten gegen jede Form demokratischer, sozialistischer, kurdischer und anderer oppositioneller Tätigkeit in der Türkei zu sehen. Diese Willkür erzeuge bei vielen Menschen Angst und erschwere sowohl politische Arbeit als auch gemeinschaftliche soziale und emanzipatorische Projekte im Land, wie Zirngast betonte…“
    •  „Vor Erdogans Gericht“ von Svenja Huck am 10. September 2019 in neues deutschland online externer Link ist ein Interview mit Zirngast, worin er zur gesamten politischen Situation in der Türkei unter anderem betont: „… Das Bild der AKP mag zwar angekratzt sein, ihr Nimbus der Unbesiegbarkeit zerstört, aber das heißt noch lange nicht, dass in der Türkei jetzt blühende demokratische Zustände heraufziehen. Es besteht weiterhin die Möglichkeit eines noch repressiveren, autoritären Regimes und despotischen Staates, ebenso wie die Möglichkeit eines popular-demokratischen Bruchs. (…) Relevanter als eine personelle Veränderung wäre eine Veränderung des politischen Klimas. Immer wieder hat man den Eindruck, dass Richter*innen gerne anders entscheiden würden, aber aufgrund indirekten oder direkten Drucks das nicht können. Wenn sich das politische Klima verändert, dann könnten wir durchaus mehr mutige Entscheidungen im Sinne politisch Angeklagter sehen. Nach dem das Verfassungsgericht entschied, dass die Friedensakademiker*innen keine Terrorpropaganda betrieben, sondern von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben, wurden schon einige von ihnen freigesprochen…“
  • Prozess gegen Max Zirngast beginnt – Bericht und Stellungnahme der Solidaritätskampagne 
    Am Vormittag des 11. April 2019 fand der erste Prozesstermin des Politikwissenschaftlers, Autors und Aktivisten Max Zirngast und der mit ihm angeklagten Hatice Göz, Mithatcan Türetken sowie Burçin Tekdemir statt. Letztere war gemeinsam mit den anderen am 11. September des Vorjahres festgenommen, nach zehn Tagen Polizeigewahrsam allerdings freigelassen worden.  Allen vieren wird vorgeworfen, Mitglied „der illegalen Terrororganisation TKP/K“ zu sein. Mitglieder der Solidaritätskampagne #FreeMaxZirngast, die Eltern von Max Zirngast sowie weitere internationale Beobachter_innen waren vor Ort, um den Prozess zu begleiten. Der Termin fand vor der 26. Strafkammer für schwere Straftaten in Ankara statt. (…) Max Zirngast wird als „Ankara-Verantwortlicher der Terrororganisation TKP/K“ angeklagt. Im Vorfeld hatte ihm das Gericht verwehrt, eine_n Übersetzer_in kostenlos zur Verfügung zu stellen. Zuerst sprach Max gegen den Eindruck an, der in der Anklage und nun auch vor Gericht entstehe. Schon im Vorfeld wurde etwa von der Tageszeitung Sabah oder anderen regierungsnahen Zeitungen dreist behauptet, er sei ein „Agent im Journalismus-Tarnmantel“, aber auch in der Anklageschrift gebe es bodenlose Anschuldigungen und haltlose Vermutungen, die als „wahr“ präsentiert würden. (…) Nach knapp eineinhalb Stunden waren die Verteidigungsreden und anschließenden Befragungen zu Ende. Es blieb insgesamt der Eindruck zurück, dass der vorsitzende Richter, ebenso wie der Staatsanwalt, in den Rückfragen kaum Bezug auf die von den Angeklagten vorgebrachten Argumente und Gegendarstellungen zur Anklageschrift nahm. (…) Nach einer Besprechung innerhalb der Gerichtskommission, die kaum eine Minute dauerte, beschloss der vorsitzende Richter, den Prozess auf den 11. September zu vertagen. Zwar wurde die Meldepflicht aller Angeklagten aufgehoben, aber die Ausreisesperre bestätigt. Zusätzlich wurde dem Antrag des Staatsanwaltes nach Akteneinsicht in ein anderes Gerichtsverfahren gegen Mithatcan Türetken und die mögliche Zusammenführung der Verfahren stattgegeben…“ Mitteilung vom 11.4.2019 von und bei Solidaritätskampagne FreeMaxZirngast externer Link, siehe auch:

    • Weder Agent, noch Terrorist. Die Verteidigungsrede von Max Zirngast 
      Sehr geehrtes Gericht, ich möchte zu Beginn betonen, dass ich im gesamten bisherigen Verlauf unserer Festnahme und Verurteilung alle Aussagen auf Türkisch gemacht habe. Heute wollte ich mich in meiner Muttersprache Deutsch verteidigen. Ich bin hier angeklagt und war drei Monate im Gefängnis, daher sehe ich es als mein Recht an, mich hier auch auf Deutsch verteidigen zu können. Ich könnte das auch, aber die Kosten für die Übersetzung müsste ich selbst aufbringen. Da ich das aus Prinzip ablehne, verteidige ich mich nun auf Türkisch. Ich werde mich zu den Anschuldigungen äußern. Ich bin aber gezwungen, ein paar Worte zu sagen zu dem Eindruck, der durch die Anklage und bestimmte Behauptungen entstehen soll. Am Tag nach meiner Verhaftung im letzten September veröffentlichte die türkische Zeitung Sabah einen Text mit dem Titel „Agententätigkeit im Journalismus-Tarnmantel“. Entgegen jeder journalistischen Ethik sollte mit bodenlosen Behauptungen, die von keiner Institution der Republik Türkei jemals aufgestellt worden waren, eine Schmutzkübelkampagne gegen mich initiiert werden. Darüber hinaus habe ich bestimmte Behauptungen und Andeutungen in der rechtswidrigen Befragung im Polizeigewahrsam als den Versuch verstanden, eine Agententätigkeit meinerseits nahezulegen. (…) Ich bin ein Sozialist; ich habe das niemals geleugnet oder etwas Gegenteiliges behauptet. Ich habe meine politische Meinung stets kundgetan, meine Arbeit als Journalist und meine politischen Aktivitäten habe ich stets öffentlich vollzogen. Alles, was ich getan habe, ist legitim und legal, unter allem steht meine Unterschrift. Meine Artikel sind frei zugänglich, ich stehe hinter ihnen. Etwas Anderes verteidige ich nicht. Ich habe nichts Illegales getan und auch nicht Illegales verteidigt. Falls in den hunderten von Seiten an Text, die ich geschrieben habe, auch nur ein Satz die Verteidigung illegaler Aktivitäten beinhaltet oder zu diesen aufruft, dann soll mir das konkret vorgelegt werden. Dann werde ich dazu Stellung beziehen. Aber so etwas wird sich nicht finden lassen. Ich weiß nicht, wie ich mich verteidigen soll, da es in der Anklage nichts gibt, was einen Straftatbestand darstellen könnte…“ Die Verteidigungsrede von Max Zirngast vom 11. April 2019 externer Link vor der 26. Strafkammer für schwere Straftaten in Ankara dokumentiert am 12.4.2019 auf der Solidaritätsseite (aus dem Türkischen übersetzt von Alp Kayserilioğlu)
    • Türkei: Prozess gegen Max Zirngast beginnt. Terrorvorwurf gegen österreichischen Journalisten und jW-Autor. Lange Haftstrafe droht
      Am heutigen Donnerstag soll in Ankara der Prozess gegen den österreichischen Journalisten und jW-Autoren Max Zirngast eröffnet werden. Er war am 11. September 2018 unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer »illegalen Terrororganisation« verhaftet und erst am 24. Dezember unter Auflagen aus dem Gefängnis entlassen worden. Zirngast durfte die Türkei nicht verlassen und hatte sich wöchentlich bei der Polizei zu melden. Eine erste Anklageschrift der türkischen Staatsanwaltschaft gegen Zirngast war im November vom Gericht aufgrund unzulässiger Passagen abgelehnt worden. Nun liegt eine neue, 123 Seiten starke Version vor, die vom Gericht wohl als zulässig angesehen wurde, wie die Solidaritätskampagne »#FreeMaxZirngast« auf ihrer Internetseite berichtete…“ Beitrag in der jungen Welt vom 11.04.2019 externer Link
  • unterstütze #FreeMaxZirngast @freemaxzirngast
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=141592
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