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Gerichte und Polizei in Belarus: Neben den Demonstrationen sind die Streik-Komitees die wichtigsten Ziele der Repression

ABC-Belarus - Anarchist Black Cross Belarus„… Am 11. September hat das Minsker Bezirksgericht entsprechend der Forderung der Staatsanwaltschaft den Streik der Kali-Bergarbeiter für „illegal“ erklärt. Die Kaliarbeiter waren am 17. August in den Streik getreten mit der Hauptforderung nach Rücktritt von Präsident Alexander Lukaschenko. Lukaschenko bedrohte sie mit Rausschmiss und weiten Strafen, so dass sie in die Gruben wieder einfuhren, dort aber Dienst nach Vorschrift machten. Der Gerichtsbeschluss ist – mitten in einem gerechten Kampf gegen Willkürherrschaft, Wahlfälschung und Tausenden Festnahmen von Demonstranten – eine Provokation. Acht Bergleute sind inzwischen bereits entlassen worden, darunter der Leiter des Streikkomitees, Anatoli Boku. Die Rechtsabteilung des Kalikonzerns Belaruskali erklärte sofort, dass dieser Gerichtsentscheid für sie freie Hand für Disziplinarmaßnahmen gegen die Kumpel bedeutet…“ – aus der Meldung „Streik der Kali-Bergarbeiter vom Gericht für illegal erklärt“ am 14. September 2020 bei den Rote Fahne News externer Link über die Versuche des Regimes per Klassenjustiz die Streikbewegung zu beenden. Siehe dazu eine weitere aktuelle Meldung über die Repression gegen die Streik-Komitees nach diesem Urteil, eine Solidaritätserklärung der polnischen Basisgewerkschaft mit der Streikbewegung in Belarus – und eine Meldung über Reaktionen von und bei privaten IT-Unternehmen in Belarus auf die Repression – sowie den Hinweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge zu den Massenprotesten in Belarus:

  • „Solidarität mit den Streikenden in Belarus“ am 14. September 2020 bei den a-infos externer Link dokumentiert die (übersetze) Stellungnahme der polnischen Basisgewerkschaft ZSP zu den Massenprotesten in Belarus, worin es unter anderem heißt: „… Die Gewerkschaft der Syndikalist*innen Polens (Zwiazek Syndykalistów Polski) möchte ihre Solidarität ausdrücken mit der weißrussischen Arbeiter*klasse. Sie geht davon aus, dass der Aufstand gegen die Regierung den Arbeiter*innen ermöglicht, an ihre eigene Stärke zu glauben und in den Arbeitskämpfen mutig neue Wege zu gehen. Wir möchten die Arbeiter*innen deutlich ermutigen, den Prozess der Vereingung in eine selbstorganisierte Basisbewegung zu beginnen, unabhängig von politischen Parteien und herkömmlichen Gewerkschaftsführer*innen. Eine Bewegung, die als ein Ergebnis von Massenstreiks die Kontrolle über die Arbeitsplätze und Produktionsmittel übernehmen kann. Nur der organisierte und systematische Kampf einer Gesellschaft, die in solchen Gewerkschaften vereint ist, kann diesen ungleichen Konflikt gewinnen. Unabhängige Basisgewerkschaften wären ein wichtiger und nötiger Schritt auf dem Weg zu Befreiung der weißrussischen Gesellschaft. Wir hoffen, daß ihr das politische und wirtschaftiche System im Einklang mit einem Sinn für soziale Verantwortlichkeit umwandelt. Wir hoffen auch, dass ihr nicht die gleichen Fehler macht, wie hier in Polen, wo die Gewerkschaft sich die Parole Solidarität auf die Fahnen geschrieben hatte und politisch leichtgläubigen Anführer*innen gefolgt war, welche die Diktatur der Kommunistischen Partei gegen die Diktatur kapitalistischer Politik, Macht und Unternehmen ausgetauscht hat. Die polnischen Arbeiter*innen haben die Folgen dieses Fehlers bis zum heutigen Tag zu spüren bekommen. Aus diesem Grund ist es nicht genug, eine politische Macht gegen eine andere auszuwechseln. Es ist nötig, die Gesellschaft wieder von Unten aufzubauen und das Fundament für selbstverwaltete Strukturen zu legen...“
  • „Exodus im Silicon Valley Osteuropas“ von Jens Mattern am 15. September 2020 bei telepolis externer Link zu besonderen Reaktionen von Unternehmen und Belegschaften im privaten IT-Sektor in Belarus unter anderem: „… Gegründet wurde der „Hi Tech Park“ (HTP) im Jahre 2005 von Walerij Zepkalo. Der ausgebildete Diplomat und Ingenieur, der in der Sowjetunion mit dem seltenen Privileg eines guten Englischunterrichts gesegnet war, wirkte lange als ein Mann des Regimes. Als Berater verhalf dem eher grob gestrickten ehemaligen Sowchose-Direktor Aleksander Lukaschenko 1994 zum Amt, wurde zuerst Außenminister und lernte dann als Botschafter in den USA Silicon Valley und sein Potential kennen. Schließlich konnte Zepkalo den Machthaber in Minsk, der einst das Internet als einen „Haufen Müll“ charakterisierte überzeugen, mit einem Niedrigsteuersatz IT-Firmen nach Minsk zu locken und Unternehmensgründungen zu fördern. Im vergangenen Jahr wurden hier über sechs Prozent des Inlandsproduktes ausgemacht, für 2020 waren zehn vorhergesagt – vor dem Beginn der politischen Krise. Zu den bekannten Namen des Hi Tech Park gehört der Chat-Dienst Viber, hier hat die japanische Firma das Büro in Minsk bereits Ende August geschlossen. Aus weißrussischer Eigenproduktion stammen der Foto- und Videodienst MSQRD sowie das Online-Spiel „World of Tanks“. Das Silicon Valley Osteuropas wurde so auch zur Brücke zum Westen. Noch im Februar dieses Jahres kam der hemdsärmelige US-Außenminister Mike Pompeo während seines Minsk-Besuchs vorbei, zeigte sich offiziell beeindruckt und machte Hoffnung auf weitere IT-Geschäfte mit US-Firmen. Um in Ruhe arbeiten zu können und ihre Privilegien zu wahren, hielten sich die Spezialisten von der Oppositionspolitik lange fern. Mit ihrem Durchschnittsverdienst von über 2000 US-Dollar lebten sie in einer anderen Welt als der Rest der Bevölkerung. In Belarus liegt der durchschnittliche Verdienst bei 500 US-Dollar. Ein Wandel zum Politischen kam mit der Kandidatur von Walerij Zepkalo, der 2017 als Leiter des HTP von Lukaschenko abgesetzt worden war. Er hatte viele IT-Spezialisten in seinem Team, welche „Golos“ (Stimme) und „Zur“ (Wisent) kreierten, bei der Wähler ihre ausgefüllten Wahlzettel fotografieren konnten und dieses Daten gesammelt wurden. Der 55-Jährige ist mittlerweile wie viele weitere Oppositionelle nach Polen geflüchtet. Ende August unterschrieben 2500 der Fachkräfte einen offenen Brief, in dem sie Neuwahlen fordern und vor dem Exodus der Branche warnen. Nikita Mikado, Chef des belarussischen Unternehmens „Paddock“, erklärte Anfang September in einem Appell: „Die Autoritäten sollen wissen, dass wir bei Repressionen in der IT-Branche, kämpfen werden.“...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178100
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