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Zum dritten Mal Jagd auf Flüchtlinge in brasilianischen Grenzstädten: Ganz im Sinne der Gouverneurin – Gewerkschaft mobilisiert dagegen

roraima_flucht_venezuelaIm Norden Brasiliens ist es zu Ausschreitungen gegen venezolanische Flüchtlinge gekommen. In der Grenzstadt Pacaraima griff eine aufgebrachte Menge am Samstag (Ortszeit) ein Flüchtlingslager und andere Unterkünfte von Migranten aus dem Nachbarland an. Notdürftige Behausungen und Habseligkeiten der Venezolaner wurden in Brand gesteckt, wie die Zeitung O Globo in ihrer Online-Ausgabe berichtete. Auch Steine wurden geworfen, Hunderte Menschen seien gezwungen worden, zu Fuß zurück über die Grenze Richtung Venezuela zu gehen. Über Verletzte gab es zunächst keine Angaben. Auslöser der Gewalt war ein Überfall auf einen brasilianischen Händler, für den die Bewohner von Pacaraima Venezolaner verantwortlich machten. Sie sagten der lokalen Presse, dass die außer Kontrolle geratene Protestaktion am Freitagabend über Online-Netzwerke organisiert worden sei…“ – aus der (Agentur-) Meldung „Gewalt gegen Flüchtlinge“ vom 19. August 2018 externer Link (hier in der taz), die zu ergänzen wäre um zwei (ähnlich große) vergleichbare Aktionen im März und Juli 2018, und vor allem um den Erlass der Gouverneurin des (eher: nordwestlichen) entlegenen Bundesstaates Roraima, mit dem die Jagd auf Flüchtlinge faktisch legalisiert wurde. Zur rechten Kampagne gegen Flüchtlinge aus Venezuela in Brasilien – und dem Widerstand dagegen einige weitere aktuelle Beiträge:

„Nach Gewalt gegen venezolanische Flüchtlinge Dringlichkeitssitzung“ am 20. August 2018 beim Deutschlandfunk externer Link vermeldet zur Reaktion der brasilianischen Regierung: „Nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen aus Venezuela hat der brasilianische Präsident Temer eine Dringlichkeitssitzung der Regierung einberufen. Er kam mit dem Verteidigungs- und Außenminister zusammen sowie mit dem Ressortchef für öffentliche Sicherheit, um über die Lage in dem Grenzort Pacaraima zu beraten.  Dort hatten gestern dutzende aufgebrachte Einwohner zwei Flüchtlingslager angegriffen und teilweise zerstört. Nach Angaben der Zeitung „O Globo“ wurden hunderte Menschen gezwungen, zu Fuß zurück über die Grenze in Richtung Venezuela zu gehen. Auslöser der Gewalt war ein Überfall auf einen brasilianischen Händler, für den die Bewohner von Pacaraima Venezolaner verantwortlich machten…

„“Out, out, out, go back to Venezuela,“ demonstrators shouted at the Venezuelans“ am 19. August 2018 beim Twitter-Kanal Ubique externer Link ist ein Video über die Flucht der VenezuelanerInnen vor dem brasilianischen Mob, zurück nach Venezuela: Verbreitet von der Regierung des Bundesstaates Roraima. In den Folge-Tweets wird auch deutlich, wie die Reaktion der brasilianischen Rechtsradikalen (der Kampagne um den Kandidaten Bolsonaro, der nicht zufällig von vielen in Brasilien Bolsonazi genannt wird) ausfiel: Begeistert…

„5 brasileiros são denunciados por agredir imigrantes venezuelanos“ am 27. Juli 2018 bei Esquerda Diario externer Link war ein kurzer Bericht über die Aufnahme von Ermittlungen gegen 5 Brasilianer, die in der Stadt Macujaí (ebenfalls in Roraima) an Überfällen auf venezuelanische Flüchtlinge beteiligt waren – in dem Artikel wird auch von vergleichbaren terroristischen Aktionen in Macujaí im März dieses Jahres berichtet

„“Tens of thousands of Venezuelans have poured over the border into Roraima state over the last few years“ am 19. August 2018 ebenfalls beim Twitter-Kanal Ubique externer Link ist eine kurze Notiz über die Entwicklung der Fluchtbewegung aus Venezuela nach Brasilien (wohin sich, nach Kolumbien, die zweithöchste Zahl von Flüchtlingen richtet), die mehreren Zehntausend, die in Brasilien geblieben sind – so wird darin die brasilianische Regierung zitiert – hätten zum massiven Anstieg von Kriminalität und Prostitution beigetragen…

„Governadora de Roraima assina decreto xenófobo contra venezuelanos. Revogação já!“ am 03. August 2018 beim Gewerkschaftsbund CSP Conlutas externer Link ist ein Beitrag zum Dekret der Gouverneurin Campos „zur Flüchtlingsproblematik“ das – unter anderem – Militärkontrollen an der Grenze vorsieht und den Flüchtlingen den Zugang zum öffentlichen Krankenhaus der Grenzstadt verweigert. In dem Beitrag wird der Vorsitzende der örtlichen Bauarbeitergewerkschaft zitiert, der die sofortige Rücknahme des Dekrets fordert, das gegen die brasilianische Verfassung verstoße (laut der beispielsweise niemand der Zugang zu öffentlichen Gesundheitseinrichtungen verweigert werden darf) und daraufhin weist, wie mit dieser Politik die fremdenfeindlichen Tendenzen massiv gestärkt werden.

„Em Roraima, migrantes venezuelanos fundam associação nacional para organizar luta por direitos“ am 23. Juli 2018 ebenfalls beim Gewerkschaftsbund CSP Conlutas externer Link über die Gründung der Associação Nacional dos Imigrantes Venezuelanos – Aniv Brasil – der Nationalen Vereinigung der Migranten aus Venezuela also, die in den Tagen zuvor von rund 100 Flüchtlingen aus Venezuela organisiert wurde – als ein Ergebnis der Solidaritäts-Karawane, die der linke Gewerkschaftsbund nach Roraima aus Anlass der ersten Angriffe auf Flüchtlinge organisiert hatte.

„Solidaridad con los trabajadores migrantes venezolanos! ¡Que se reconozca su condición de refugiados!“ am 28. Juli 2018 bei rebelion.org externer Link dokumentiert ist eine Erklärung der UIT, die hier als Beispiel für eine Reihe ähnlicher Erklärungen linker Gruppierungen steht, mit denen die Rechte der Flüchtlinge aus Venezuela verteidigt werden.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=136296
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