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Verhaftung des Lieferanten nach Verbrennung der Statue des Sklavenhalters Borba Gato in São Paulo: Freiheit für Paulo Galo! Nieder mit rassistischen und kolonialen Symbolen!

Freiheit für Paulo Galo! Nieder mit rassistischen und kolonialen Symbolen in Brasilien!Die Organisationen des International Labour Network of Solidarity and Struggles bringen ihre volle Unterstützung und Solidarität mit dem Aktivisten Paulo Galo zum Ausdruck, der am Mittwoch (28.7.21) vorübergehend festgenommen wurde, da gegen ihn wegen eines mutmaßlichen Brandanschlags auf die Statue des Sklaven Borba Gato, der sich am vergangenen Samstag in Sao Paulo ereignete, ermittelt wird. Galo arbeitet als App-Zusteller und ist einer der Anführer der Bewegung Entregadores Antifascistas. Er ist auch Mitglied der Bewegung Periphere Revolution, die sich für die Verbrennung der Statue des Sklavenhalters Borba Gato im südlichen Teil der Hauptstadt São Paulo verantwortlich zeichnet. Die Verhaftung wurde bekannt gegeben, als er sich freiwillig bei der Polizei des elften Bezirks meldete. Neben Galo wurde auch seine Familie mit dem Antrag auf Verhaftung seiner Lebensgefährtin Géssica überrascht, die am vergangenen Wochenende nicht einmal bei der Tat des 24J dabei war. Das Paar hat eine dreijährige Tochter. Gessica wurde am Samstag entlassen. Die Verhaftungen sind willkürlich und demonstrieren die Selektivität, mit der Arbeiter und Arbeiterinnen und soziale Aktivisten kriminalisiert werden, die den Kapitalismus und die Geschichte der sklavenhaltenden und rassistischen Elite in Brasilien bekämpfen und in Frage stellen…“ Aus der port. Soli-Erklärung „Liberdade para Paulo Galo! Abaixo os símbolos racistas e coloniais!“ vom 2.8.2021 externer Link beim alternativen gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf und dazu:

  • [Brasilien] Die brennende Statue des Borba Gato – Der Aufstand der Bringdienst-Fahrer São Paulos gegen die digitale Sklaverei New
    „… Am vergangenen 24. Juli fuhr im Bezirk Santo Amaro der 12-Millionen-Metropole São Paulo ein mit abgefahrenen Gummireifen beladener Lkw vor die über 10 Meter hohe Statue des Bandeirantes („Eroberers“) Borba Gato. Die Insassen stapelten die Reifen um den Gedenkstein, setzten sie in Brand und verschwanden im Dickicht der Stadt. Innerhalb von Minuten stand das Memorial in Flammen, womit sich die stets herrschende, nach „Erbe“ und Geltung trachtende Oligarchie des Bundesstaates São Paulo Ende der 1950er Jahre ein Denkmal ihrer Tradition setzte. Eine sehr umstrittene Tradition, wie ihr nicht nur Ethnologen und Historiker, sondern vor allem die Nachkommen der Betroffenen ihrer Umtriebe bescheinigen, wovon eingefleischte Heimat-Prediger und Denkmalpfleger, die sich mit den Eroberern identifizieren, nichts wissen wollen. Im Chor mit den Konservativen beeilten sich selbst kritische Journalisten mit der Verurteilung der Brandstiftung, die sie entweder als „dumm“ bezeichneten oder als „Provokation“ dem Polizei-Geheimdienst P2 unterstellten. Doch sie wurden in doppelter Hinsicht überrascht. Zum einen von der Diskrepanz nicht weniger Kollegen, die, wie Moisés Mendes, schrieben, „Befreit Euch von Borba Gato, bevor sie noch Denkmäler für Bolsonaro und seine Milizen errichten“. Zum anderen von dem Geständnis Paulo Roberto da Silva Limas, bekannt als „Paulo Galo“ und Sprecher der von ihm gegründeten Gruppe “Entregadores Antifascistas“ (Antifaschistische Zusteller). Der Anschlag sei von ihm im Namen einer Vorstadt-Bewegung namens „Revolution der Peripherie“ verübt worden, um damit überhaupt „eine Debatte zu eröffnen“, erklärte der 31-jährige Afrobrasilianer und wurde im Handumdrehen mit seiner Ehefrau Géssica verhaftet. (…) Mit dem Anschlag auf die Borba-Gato-Statue als Symbol der kolonialen Sklavenhalter-Gesellschaft hatten „Paulo Galo“ und seine „Antifaschistischen Zusteller“ die Absicht, die Fortsetzung der Sklaverei mit anderen Mitteln anzudeuten, womit die digitalen App-Firmen sie als Bringdienst-Fahrer schamlos ausbeuten. (…) Denn, wenn zuvor das Outsourcing zur Epidemie expandierte, erlebt man jetzt die Expansion der Uberisierung zur Pandemie, in der Arbeitnehmer zu „Dienstleistern“ oder „Unternehmern“ werden und, wie aus dem Hut gezaubert, Arbeit sich in Nichtarbeit verwandelt; ein wesentlicher Schritt zur Umgehung von arbeitsschützender Sozialgesetzgebung. „Mit dieser kehren wir im 21. Jahrhundert zu Ausbeutungsniveaus zurück, die dem Kapitalismus der ursprünglichen Akkumulationsphase, der Urform des Kapitalismus, am ähnlichsten sind. Arbeitszeiten von 10, 12, 14, 16 Stunden (oder mehr) pro Tag werden – wie in der kolonialen Sklavenhaltung und später, zu Beginn der industriellen Revolution – „normalisiert“ und zum Alltag deklariert. (…) Diese digitale Diktatur, mit der von ihr verordneten Sklaverei, wollte „Paulo Galo“ nicht mehr hinnehmen. Galo bedeutet auf Portugiesisch Hahn. Als bewunderter „Streithahn“ scharte er anfangs dreihundert Kollegen um sich und gründete die Gruppe Antifaschistischer Bringdienstfahrer. Seit Mitte 2020 gelang es der Gruppe, eine landesweite Protestbewegung zu organisieren, die für zahlreiche, von tausenden Fahrern befolgte Warnstreiks sorgte und die App-Konzerne zu Verhandlungen über unaufschiebbare Verbesserungen ihrer Arbeitsverhältnisse zwang; ein wohl bescheidener Aufstand gegen die Prekarisierung, die ihren neoliberalen Feldzug unerschrocken fortsetzt.“ Beitrag von Frederico Füllgraf vom 28. September 2021 bei den NachDenkSeiten externer Link

Siehe dazu auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=192293
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