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Klage der Unternehmensleitung gegen den Poststreik in Brasilien seit mehr als einem Monat: Das Oberste Arbeitsgericht zeigt seine reaktionäre Fratze

Poststreik-Plakat in Brasilien im August 2020Am Montag, 21. September 2020, entschied das Oberste Arbeitsgericht Brasiliens (TST – Tribunal Supremo do Trabalho) zugunsten der Unternehmensleitung der brasilianischen Post bei deren Klage gegen die streikende Belegschaft. Die hoch bezahlte Richterbande findet, dass das Unternehmen bestehende und gültige Tarifverträge (Laufzeit bis 2021) mit Füßen treten darf (denn schließlich „muss“ das Unternehmen für die geplante Privatisierung das werden, was Sozialgangster wettbewerbsfähig nennen). Was das – unter anderem – dann konkret bedeutet ist etwa: Ein Drittel aller Zulagen aus den Bereichen Nachtarbeit, Überstunden und Erschwernis dürfen gekürzt werden, wie auch die Zuschüsse zum Mutterschaftsurlaub. Was bedeutet, dass etwa 40% aller Zulagen der Postlerinnen und Postler geklaut werden. Am Dienstag begannen in nahezu allen brasilianischen Städten Versammlungen der Gewerkschaften statt, um die Reaktion auf dieses Schandurteil dieser privilegierten Roben-Kaste zu diskutieren – denn „natürlich“ verfügte dieses furchtbare Gericht auch noch, dass der Streik – bei täglicher Geldstrafe – sofort beendet werden müsste. Misst man die gewerkschaftlichen Debatten an der Reaktion der etwa 3.000 Streikenden, die vor dem Gerichtsgebäude versammelt waren, dann würde mit Sicherheit trotz allem weiter gestreikt – zu sehen bleibt, was die Gewerkschaften dann wirklich beschließen (sind sie doch auch in ihrem Streik bisher eher alleine gelassen worden, trotz aller möglichen Beteuerungen). Siehe zum Urteil des Obersten Arbeitsgerichtes und ersten Reaktionen darauf fünf aktuelle Beiträge – und den Hinweis auf unseren ersten Streikbericht bei der brasilianischen Post:

„FENTECT REALIZARÁ AMANHÃ REUNIÃO DE AVALIAÇÃO DO JULGAMENTO E ORIENTA SINDICATOS A MANTEREM REALIZAÇÃO DE ASSEMBLEIAS“ am 21. September 2020 bei der FENTECT externer Link ist die Stellungnahme der Föderation der Postgewerkschaften am Abend des Urteils, worin nicht nur dessen extrem reaktionärer Gehalt ebenso kritisiert wird, wie die gesamte Haltung des Unternehmens, sondern auch betont, es bleibe bei dem Aufruf, Vollversammlungen zu organisieren, um gemeinsam und demokratisch über die Reaktion auf das Urteil zu beschließen.

„Trabalhadores fazem assembleias após decisão pró-Correios e contra direitos do TST“ am 22. September 2020 beim Gewerkschaftsbund CUT externer Link berichtet vom Beginn dieser Vollversammlungen am Dienstag – und weist noch darauf hin, dass das Urteil der Richter-Mafia sogar entgegen der einleitenden Berichterstattung verkündet worden sei: Eine bewusste reaktionäre Attacke also…

„Heroica greve dos Correios é duramente atacada pelo TST e STF, ambos a serviço de Bolsonaro“ am 22. September 2020 beim Gewerkschaftsbund CSP Conlutas externer Link hebt hervor, dass dieses Urteil auch gegen eine besonders starke und in der aktuellen Situation wichtige Streikbewegung gefällt wurde – und dass es auch der Rechtssprechung des Obersten Verfassungsgerichtes entspreche, das seinerseits bereits einiges getan habe, um Bolsonaros Privatisierungskurs gegen alle sozialen Widerstände zu erleichtern.

„Acompanhe a transmissão da sessão do TST e a análise de lideranças da greve“ am 21. September 2020 bei Esquerda Online externer Link war die (3 stündige) Live-Übertragung der Sitzung des Arbeitsgerichtes samt Urteilsverkündung – und einer ganzen Reihe von (sehr unfreundlichen) Kommentaren von Streikenden zum jeweiligen Fortgang des Prozesses. Kommentare die von den entschlossensten Gruppen der Streikenden vorgenommen werden und dementsprechend sind, auch was die Debatte um die allseits befürwortete Fortsetzung des Streiks betrifft…

„Pablito chama os sindicatos e os candidatos da esquerda a apoiar a greve dos Correios“ am 21. September 2020 bei Esquerda Diario externer Link ist ein Beitrag, in dem einer der Streikaktivisten deutlich macht, dass es seiner Ansicht nach dringend nötig sei, dass der Streik endlich die nötige und verdiente Unterstützung der anderen Gewerkschaften und der politischen Linken bekomme, was bisher bestenfalls zögerlich der Fall sei…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178484
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