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[Film und mehr über Cartoneros] „Lumpensammler“ in Argentinien: Der Kampf um Anerkennung

Dossier

Cartoneros: „Lumpensammler“ in ArgentinienFrüher nannte man sie “cirujas”, Lumpensammler, schmutzige Streuner, die im Müll rumwühlten. Heute sind sie Recycler. Sie bevölkern die Straßen von Buenos Aires, holen Pappe, Papier, Metalle, Glas und Plastik aus den Müllcontainern oder vom Bürgersteig und liefern es in den „grünen Zentren“ ab. Dort wird das Material sortiert und als Rohstoff zur Wiederverwertung verkauft. Jetzt protestieren sie gegen einen Gesetzesvorschlag der konservativen Regierung von Mauricio Macri, teure Müllverbrennungsanlagen im Ausland einzukaufen, statt Abfall wiederzuverwerten. Vor zehn Jahren, als Macri Bürgermeister von Buenos Aires war, wollte er die „cirujas“ ins Gefängnis sperren, weil sie „Müll stehlen“. Davon ist heute keine Rede mehr, sie sind in das städtische Abfall-System fest eingebunden, bekommen einen festen Lohn, Uniformen und Krankenversicherung. Eine einzigartige Erfahrung auf der Welt, sagen die Recycler und die Stadtverwaltung“ – so der Text zur Vorstellung des Videos „Lumpensammler“ von Gaby Weber von 2018 bei You Tube externer Link – in dem auch die durchaus gespaltenen gewerkschaftlichen Reaktionen dokumentiert sind… Siehe dazu:

  • Die wiedererlangte Ehre der Cartoneros. In Argentinien werden einst Ausgegrenzte zu einer treibenden Kraft im Wertstoffhandel New
    „Es ist Nachmittag, die Sonne verschwindet langsam hinter den Häuserschluchten von Buenos Aires. Zwischen den Massen, die aus der U-Bahn steigen und den Weg nach Hause suchen, tauchen einzelne Personen mit riesigen Plastiksäcken und Handkarren auf. Sie wühlen in Abfalltonnen herum, nehmen bereitwillig Kartons aus den Geschäften entgegen und ziehen ihre etliche Kilo schweren Taschen hinter sich her oder stapeln den Karton auf Metallwagen, die klirrend durch die Straßen rollen. Noch vor 20 Jahren war das Altpapiersammeln im öffentlichen Raum verboten, heute dagegen ist es Teil der Recyclingstrategie der Stadt Buenos Aires. Nicht der Bürgermeister gibt dabei den Ton an, es sind die Sammler*innen selbst. Und das längst nicht mehr nur in der Metropole. In ganz Argentinien organisieren sich Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. (…) Bereits 2001 half eine Gruppe um den Rechtsanwalt Juan Grabois den Cartoneros, sich zu organisieren und ihre Arbeit zu legalisieren. Ein Jahr später gründeten sie dafür die MTE (Movimento de Trabajadores Excluidos), die Bewegung der ausgeschlossenen Arbeiter*innen. Über Proteste und Demonstrationen mit vielen Verletzten erkämpften sie sich die Entkriminalisierung. Inzwischen sind die Cartoneros weitgehend anerkannt, und ihre Bewegung ist gewachsen. (…) Längst ist die MTE über das Kartonsammeln hinausgewachsen. Die Organisation beherbergt mittlerweile auch Genossenschaften, die aus Näher*innen, ehemaligen Gefangenen und Landarbeiter*innen bestehen. Zusätzlich verwaltet man Kindergärten, Sozialprogramme für Obdachlose und Schulen. Bald soll eine eigene Hochschule für Recycling und zirkuläre Wirtschaft eröffnet werden. Schon jetzt produzieren Mitglieder der MTE Müllsäcke, Taschen, Portemonnaies und Kunstgegenstände aus geretteten Materialien. Das meiste davon kauft der Staat für den eigenen Bedarf auf. Einzelne Sammler*innen bekleiden inzwischen sogar Regierungspositionen. Patria Grande, die politische Schwesterorganisation der MTE, ist Teil der linksreformistischen Landesregierung unter Alberto Fernández und stellt drei Parlamentsmitglieder. (…) Jedes Unternehmen, das Verpackungen herstellt, soll je nach Material eine Recyclingabgabe zahlen. Ziel des Gesetzes sei es, so Castillo, »dass jedes Unternehmen möglichst auf wiederverwendbare Verpackungen setzt und die zirkuläre Wirtschaft gefördert wird«. Doch seit Jahren schläft die Vorlage im Parlament. Die Lobby der Unternehmen, erklärt Castillo, habe offenbar mehr Gewicht als ein paar Cartoneros und Umweltschützer*innen. Sie hat keinen Zweifel daran, dass der Kampf um ein Leben in Würde auch der Kampf dafür ist, Abfallsammlung und Recycling als Teil der gesellschaftlichen Aufgaben anzuerkennen.“ Artikel von Malte Seiwerth vom 15. September 2022 in neues Deutschland online externer Link
  • Ein Phänomen der Krise: Die Cartoneros von Buenos Aires, ein Fotoessay
    Was 2001 als Phänomen der Wirtschaftskrise begann, prägt seitdem das Stadtbild von Buenos Aires: Die sogenannten cartoneros – Karton bzw. Müllsammler – mit ihren Handkarren sind heute offiziell als urbane Materialsammler anerkannt. Viele von ihnen haben sich seit dem letzten Crash in Kooperativen organisiert. Ihre Mitglieder profitieren von einem fixen Lohn, einer Krankenversicherung und einer organisierten Abnehmerstruktur. Infolge der aktuellen Wirtschaftslage Argentiniens gewinnen die cartoneros heute erneut an Bedeutung. Während der Präsidentschaft von Mauricio Macri lag der Peso im freien Fall, spätestens seit den Arrangements mit dem Internationalen Währungsfonds macht sich die Angst vor einer erneuten Zahlungsunfähigkeit des Landes breit. Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise nahm Macri mit 57 Milliarden Dollar das höchste jemals vergebene IWF-Darlehen auf. Alberto Fernández, nun seit Dezember 2019 im Amt, erbte somit eine Schuldenlast von etwa 300 Milliarden US-Dollar. Viele Menschen haben schon jetzt ihren Job verloren und suchen nach Arbeit auf den Straßen. Kooperativen wie El Ceibo im Stadtteil Caballito kämpfen mit langen Wartelisten: „Die Parallelen zu 2001 sind unübersehbar.“, sagt ihr Präsident…“ Foto-Reportage vom 24. Februar 2020 von und bei Felix Dorn externer Link
  • Leben von Müll – Cartoneros in Argentinien
    Luciano lebt in Buenos Aires vom Müll. Als Cartonero sucht er nach Verwertbarem, das er an Recyclinghöfe weiterverkaufen kann. Mehr als 10.000 Müllsammler wie er arbeiten in der Hauptstadt Argentiniens…“ Video der Reportage am 12.12.2015 bei der Deutschen Welle externer Link (12 Minuten)
  • Siehe auch:
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132836
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