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Updated: 18.12.2012 15:51
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Das bedingungslose Existenzeinkommen und die Arbeit: Anmerkungen zum Begriff der Arbeit

In vielen Beiträgen die sich mit gesellschaftlichen Themen befassen, wird zwischen Arbeit, Tätigkeit und Mühsamkeit nicht differenziert, und damit der umgangssprachliche synonymhafte Gebrauch der Begriffe für den Begriff der Arbeit, als unhinterfragte Tatsache hingenommen und mit dem Begriff der Arbeit gleichgesetzt.

Es ist somit ein tiefgreifendes Problem vorhanden, das den Begriff der Arbeit von seiner tatsächlichen Gestalt, dem Begriff der Arbeit als Strukturbegriff, loslöst, und diesen in seiner umgangssprachlichen Gestalt erscheinen lässt.

Tatsächlich ist es so, das der Begriff der Arbeit auch Gegenstand ganzer Fachbereiche an Universitäten ist, aber immer noch, gelinde gesagt, obskure Vorstellungen damit verbunden werden. Der Begriff der Arbeit, wie dieser von Marx geprägt wurde, ist ein Strukturbegriff. Marx selbst hat zwar nie darauf hingewiesen, aber in seiner Argumentation den Arbeitsbegriff immer als Strukturbegriff angesehen; aber dies wahrscheinlich nur deshalb nicht gesondert ausgeführt, weil es für ihn als Entdecker dieser Tatsache selbstverständlich war das Arbeit ein Strukturbegriff ist, und er auch nicht voraussehen konnte, das durch diese nicht explizierte Begriffbestimmung, sein Arbeitsbegriff bis zu der Feststellung "anything goes" als Arbeitsbegriff, zerflattern würde.

Der mehrwertschaffende Arbeitsbegriff von Marx ist ein Strukturbegriff. Wird dieser mit der körperlichen Verausgabung von körperlicher Leistungsfähigkeit verwechselt, und die Arbeit als Eigenschaftsmöglichkeit des menschlichen Körpers gesehen, steht dem "anything goes" nichts mehr im Wege. Damit ist dann auch verbunden, das die Verausgabung der körperlichen Leistungsfähigkeit Mehrwert schaffen würde. Damit wäre man schon beim neoliberalistischen, dem feministischen, und leider, auch beim stalinistischen Arbeitsbegriff angelangt; wie man zugeben muss, doch eine von diesen Fraktionen sicherlich ungewollte Konstellation, bei der jede Fraktion sofort versuchen würde sich von der anderen ideologisch abzugrenzen.

Die Gewerkschaften und die Linken in Deutschland sind aber nicht frei von dieser Interpretation des Arbeitsbegriffes, wobei dort noch eine besondere Interpretation der Form des Begriffes der Arbeit auftritt, die Arbeit als entlohnte Tätigkeit erkennen will; und auch der besondere Arbeitsbegriff von Manfred Füllsack externer Link gehört noch dazu, der aus dem Zustand der Intentionalität, also allein aus der Absicht heraus Güter oder Dienste für andere hervorzubringen, den Zustand der Arbeit ableitet. Das diese bunte Vielfalt der Begriffsideen eine Chance hat als Arbeitsbegriff wahrgenommen zu werden, ist auf die fehlende, jedenfalls mir nicht bekannte, Diskussion über den Strukturbegriff der Arbeit zurückzuführen.

Die Rezeption des Marx´schen Arbeitsbegriffes ist in seiner Nachfolge nicht mehr auf den mehrwertschaffenden Strukturbegriff ausgerichtet gewesen. Vielmehr wurde dort der Übergang von der Arbeitstätigkeit an den Strukturen der Arbeit, also der Tätigkeit an der Struktur der Arbeit als Wertbildungsprozess, auf die Arbeitstätigkeit verlegt, also der Tätigkeit des Menschen, und dann der Schritt vollzogen, das Tätigkeit gleich Arbeit ist, und weiter, das somit jede Verausgabung von menschlicher Leistungsfähigkeit Arbeit ist. Als Ergebnis tauchen dann Arbeitsbegriffe auf wie z.B. der, der Beziehungsarbeit inklusive der Zeugungsarbeit; und selbst Schwerverbrecher würden mit ihren Verbrechen noch Arbeit verrichten. Solches kann von Marx nicht gewollt gewesen sein.

Der Marx´sche Arbeitsbegriff als Strukturbegriff gibt der menschlichen Tätigkeit als Arbeitstätigkeit erst seinen wertschaffenden Ausdruck. Andere Tätigkeiten der Menschen sind auf andere Strukturen in der Gesellschaft ausgerichtet. In den Strukturen der Bildung wäre die Tätigkeit dann Bildungstätigkeit, und in der Verwaltung Verwaltungstätigkeit usw. Es sei aber nochmals darauf hingewiesen, das nur Tätigkeit an den Strukturen der Arbeit, also Arbeitstätigkeit, wertschaffend ist; alle andere Tätigkeit ist wertverzehrend. Die Referenzgrösse für den materialen Reichtum einer Gesellschaft ist also die aus der Arbeit erschaffene Wertgrösse. Die Partizipation der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft an diesem Reichtum ist eine Frage der Verteilung über gesellschaftliche Prozesse, und über das Mass und die Art der Verteilungsgerechtigkeit die in der Gesellschaft herrscht.

Karl-Heinz Pachura
Januar 2007


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