Plattform-Kapitalismus: „Wir müssen über Verstaatlichung nachdenken“

Netzneutralität ist in Gefahr! Rette das Internet!Im Gespräch mit Tobias Haberkorn erklärt der Ökonom Nick Srnicek bei der Zeit online vom 25. Februar 2018 externer Link die natürliche Tendenz zum Monopol von Plattformen wie Amazon, Google und Facebook. Er nennt aber auch Beispiele, wie ihre Macht gebrochen werden kann: „… Das Geschäftsmodell der Plattform gibt es eigentlich schon lange. Shoppingmalls zum Beispiel sind physische Plattformen. Sie verdienen ihr Geld damit, dass sie zwei Gruppen – Einzelhändler und Kunden – zusammenbringen. Digitale Technologie hat das Plattformmodell allgegenwärtig werden lassen. Facebook zum Beispiel vermittelt zwischen Werbenden, Softwareentwicklern, Firmen, die das Netzwerk als Kommunikationsplattform nutzen und individuellen Nutzern. Interaktionsdaten werden wie ein Rohstoff extrahiert und verwertet. In diesem Ausmaß hat es so etwas in der Geschichte des Kapitalismus noch nicht gegeben. John Deere und Monsanto versuchen gerade, eine Plattform für die Landwirtschaft aufzubauen, Siemens und General Electric (GE) tun es für die verarbeitende Industrie. (…) Ich glaube, dass die Überführung dieser Firmen in einen irgendwie gearteten öffentlichen Besitz die Ideallösung wäre. Aber sobald man das sagt, gerät man in ziemliche Schwierigkeiten: Google oder Amazon dem Staat unterstellen, wie soll das technisch, ökonomisch und rechtlich funktionieren? Ich denke jedenfalls, wir müssen darüber sehr ernsthaft nachdenken und neue Modelle entwickeln, wie eine öffentliche, gemeinnützige Kontrolle aussehen könnte. Das Thema drängt, aber die Diskussion hat noch gar nicht richtig begonnen…“ Siehe auch Hintergründe:

  • Das Gespräch bezieht sich auf die bisher nur englischsprachig erhältliche Veröffentlichung von Nick Srnicek „Platform Capitalism“ vom November 2016 bei Polity (Preis Taschenbuchausgabe: 12,90 Euro). In deutscher Übersetzung liegt bisher nur das gemeinsam mit Alex Williams verfasste, ebenfalls sehr empfehlenswerte, Taschenbuch „Die Zukunft erfinden: Postkapitalismus und eine Welt ohne Arbeit (Critica Diabolis)“ vom November 2014 bei edition TIAMAT zum Preis von 24 Euro vor.
  • Siehe dazu auch: Plattformkapitalismus: Selbst die Financial Times ruft schon nach der Hand des Staates
    „Bereits seit einiger Zeit wird auch in wirtschaftsliberalen Kreisen Sorge über den Daten- und Plattformkapitalismus à la Google und Facebook geäußert. Die großen Vier (Google, Amazon, Facebook und Apple) können aufgrund ihrer Marktmacht zunehmend außerhalb der Regeln des Wettbewerbs spielen. Sogar in der Financial Times, dem Hausblatt der Londoner Bankerszene, wird nun schon laut über Alternativen zum kaum regulierten Oligopol der großen Plattformen nachgedacht. Kolumnist Tim Harford sprach sich zuletzt etwa aus, den eCommerce-Riesen Amazon in mehrere Teile aufzubrechen. Sein Kollege Martin Sandbu bringt in seinem (leider hinter der Paywall versteckten) Text eine andere Möglichkeit ins Spiel: Es gibt eine Alternative [zur Zerschlagung der Konzerne]: Ein Angebot direkt aus der Hand des Staates. Viele Online-Dienste, am offensichtlichsten Vermittlungsplattformen wie Uber, aber auch universelle soziale Netzwerke (im Gegensatz zu solchen für spezielle Gruppen), haben klar den Charakter einer grundlegenden öffentlichen Dienstleistung. Warum soll es dafür kein öffentliches Angebot geben? In anderen Worten, wo Regierungen erkennen, dass ein privater Anbieter das Bedürfnis nach einem digitalen Marktplatz identifiziert (oder geschaffen) hat, sollten sie darüber nachdenken, selbst die Verantwortung für diesen Marktplatz zu übernehmen…“ Beitrag von Alexander Fanta vom 23. Februar 2018 bei Netzpolitik externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=128642
nach oben