Fröhliche Verbraucher, die traurige Arbeitnehmer sind

Die Wirtschaftsressorts großer Zeitungen sind betriebswirtschaftlich geschulte »Tendenzbetriebe«. So verbreiten sie tolle News für Verbraucher, vergessen dabei aber, dass diese Verbraucher auch Beschäftigte sind, für die es weniger Grund zu Freude gibt…“ Artikel von Roberto de Lapuente in Neues Deutschland online vom 03.04.2014 externer Link

  • Aus dem Text: „… Dass »[jetzt] einige Lebensmittel […] 30 Prozent billiger als vor einem Jahr« sind, ist nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Denn an diesen Schnäppchen zeichnet sich die ganze Misere am Arbeitsmarkt ab. Sie sind Ausdruck eines Wettbewerbs, der keinen Spielraum mehr für gute Jobs und gute Bezahlung lässt. Wo auf niedrigstem Preisniveau verkauft wird, da wird auch auf niedrigem Niveau verdient. Und der Verbraucher, der sich eben noch darüber gefreut hat, dass er das Pfund Tomaten für 79 Cent erstehen konnte, verzieht Monatsende für Monatsende beim Betrachten seines Lohnzettels das Gesicht, weil er als Angestellter für Unternehmen, die in diesem hemmungslosen Unterbietungswettbewerb hängen, ein Kostenfaktor geworden ist, an dem zu sparen man zuerst gewillt ist. Der »profitierende Verbraucher« ist immer auch der »draufzahlende Arbeitnehmer«. (…)  Obwohl mir dieser Haken bekannt ist, gehe ich trotzdem zu Lidl und kaufe mir den dauerhaft reduzierten Reis. Selbst wenn ich anders wollte – ich kann nicht anders. Die Spirale wirkt. Der Wettbewerb zwingt mich günstig zu kaufen, weil ich auch günstig meine Arbeitskraft verschleudern muss. Diese Spirale reißt uns alle mit hinab in Sphären, in denen es ganz toll ist, Verbraucher zu sein und ganz bescheiden, sich als Arbeitnehmer zu verdingen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=56505
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