«Das System der neoliberalen Globalisierung ist dabei auseinanderzubrechen»

Industrie 4.0 – Der Kapitalismus vor dem Aus? Bild zum Artikel der Arbeiterstimme - Zeitschrift für marxistische Theorie und Praxis Heft 190 vom Winter 2015/2016„… Einfach gesagt ist der Kapitalismus im 20. Jahrhundert durch seinen Feind, den Kommunismus, in Schranken gehalten worden. Folglich mussten die herrschenden Klassen mit der arbeitenden Bevölkerung ein Abkommen treffen: Sie verzichteten auf einen Teil der Herrschaft – gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten, Schutzregeln, kurz gesagt die typischen sozialen Modelle der westlichen Länder –, damit diese Mittelschichten sich der freiheitlich-liberalen Demokratie anschliessen. Als der Kapitalismus nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 keinen Feind mehr hatte, sah man, wie das wahre Gesicht eines von der realen Wirtschaft abgekoppelten Kapitalismus zurückkehrte, der nur noch für sich selber existiert. Er dient nicht mehr dazu, die Wirtschaft zu finanzieren, sondern nur noch dazu, das Kapital zu vermehren. Dieses System führte schliesslich zur Krise von 2008. Mit dem Orwell-Komitee sagen wir, dass es sich um einen Soft-Totalitarismus handelt, denn er setzt sich gegen den Willen der Völker durch, ohne seinen demokratischen Anstrich zu verlieren. (…) Es ist nicht zulässig, dass wir unsere Augen vor dem Soft-Totalitarismus verschliessen, nur weil wir uns dem islamistischen Totalitarismus, einem noch gefährlicheren, direkteren und brutaleren Totalitarismus, gegenüber sehen. Und sei es auch nur deshalb, weil dieser Soft-Totalitarismus dem islamistischen Totalitarismus den Weg bereitet. Einerseits, weil er die Nationalstaaten destabilisiert, anderseits, weil er die Antikörper in den einzelnen Individuen zerstört, mit denen gegen die Radikalisierung gekämpft werden sollte. Zuletzt auch, weil sich die finanzielle und neoliberale Globalisierung auf das Konsumdenken stützt, auf die verbreitete Verrohung der Völker und auf ihren Rückzug in den banalen Konsum und in ein wachsendes soziales Elend. Die Infragestellung des aktuellen Systems darf nicht – unter dem Vorwand der bestehenden islamistischen Gefahr – verweigert werden. … „ Interview von Figarovox mit Natacha Polony vom 17. Januar 2017 aus Zeit-Fragen 2017 Nr.2 externer Link

  • Das «Komitee Orwell» ist ein Kollektiv von Journalisten unter dem Vorsitz von Natacha Polony. Es tritt für den Schutz der Meinungsvielfalt und der Volkssouveränität ein. Das Komitee hat kürzlich ein Buch veröffentlicht mit dem Titel «Bienvenue dans le pire des mondes – Le triomphe du soft totalitarisme» [Willkommen in der schlimmsten aller Welten – Der Triumph des Soft-Totalitarismus] (Hrsg. Plon, 11/2016).
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=111105
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