Gesetzliche Krankenkassen: Immer mehr Versicherte können Beiträge nicht zahlen

Quelle:  Artikel von Rainer Woratschka im Tagesspiegel vom 21.08.2012 externer Link

Die Zahl derer, die ihre Krankenversicherung nicht bezahlen können, steigt drastisch. Schon jetzt schulden gesetzlich Versicherte in Deutschland ihren Krankenkassen 1,67 Milliarden Euro…“ Aus dem Text:

„… Wer nicht zahlt oder nicht zahlen kann, hat ein finanzielles Problem, das sich exponenziell vergrößert. Denn die Kassen sind verpflichtet, ab dem zweiten Monat des Rückstands monatlich fünf Prozent Säumniszuschlag zu erheben. Mit der Frage, ob diese fünf Prozent angemessen sind, beschäftigt sich derzeit das Bundessozialgericht – deshalb will sich der GKV- Spitzenverband dazu nicht äußern. Hinter vorgehaltener Hand spricht aber auch mancher Kassenfunktionär  von verordnetem Wucher, durch den man die Betroffenen noch tiefer in die Schuldenspirale treibe. Und die Logik, dass säumige Unternehmen nur einen Zuschlag von einem Prozent zahlen müssen, erschließt sich auch nicht allen. Doch immerhin: Medizinisch versorgt werden auch Beitragsschuldner. Das Niveau der ihnen zugestandenen Notfallversorgung freilich ist niedrig, es orientiert sich am Ayslbewerberleistungsgesetz. Vorgesehen ist nur eine medizinische Versorgung in Notfällen, bei Schmerzen und in allen Fällen rund um Schwangerschaft und Geburt. (…)
Auf Betreiben des Verbandes prüft das Gesundheitsministerium daher schon seit geraumer Zeit, ob man nicht einen sogenannten Nichtzahlertarif anbieten sollte. Darunter ist nicht etwa die Einladung zu verstehen, künftig fürs Versichertsein gar nichts mehr zu bezahlen. Vielmehr geht es um die möglichst günstige Absicherung einer Notversorgung für besonders klamme Versicherte. Zur Debatte steht ein Monatsbeitrag von rund 100 Euro. (…) Regelungsbedarf sehen Politiker allerdings auch in der GKV. Es sei „nicht in unserem Interesse, dass man Kioskbesitzer und andere Kleinunternehmer in Zahlungsprobleme treibt“, sagt der CDU-Sozialpolitiker Jens Spahn. Er fordert, den Mindestbeitrag für gering verdienende Selbständige zu senken. Derzeit beträgt dieser, basierend auf einem unterstellten Einkommen von 1969 Euro, 293 Euro im Monat. Da viele, zumindest zeitweise, weniger verdienten, sei diese fiktive Bemessung zu hoch angesetzt, meint Spahn
…“
Siehe dazu auch:

  • Krankes deutsches Krankenversicherungssystem oder: Der Grund, warum viele Selbständige in Zahlungsnot geraten
    „Diese Art Mitteilung ist in letzter Zeit häufiger zu lesen, Grund genug, ihr einmal auf den Grund zu gehen: “Immer mehr Deutsche schulden Kassenbeiträge“, heißt es in einer Überschrift des Spiegel heute. Und: “Oftmals zahlen jedoch Selbständige, Arbeitslose und verarmte Personen ihre Beiträge nicht.”…“ Artikel von und bei Thorsten Hild vom 21. August 2012 externer Link. Aus dem Text: „… Dass gerade Selbständige – ich rede hier von “kleinen Selbständigen” – oftmals ihre Kassenbeiträge nicht zahlen liegt in meinen Augen an der so genannten Mindestbeitragsbemessungsgrenze, die neben ihrer wirklichkeitsfernen Höhe noch dazu auf eine generell schreiende Ungerechtigkeit bzw. Ungleichbehandlung im Gesundheitswesen verweist. (…) Für Selbständige gilt wiederum eine gesetzlich festgelegte Mindestbeitragsbemessungsgrenze. Sie beträgt aktuell (2012) monatlich 1968,75 Euro. Der Gesetzgeber geht also tatsächlich davon aus, dass jeder Selbständige jeden Monat ein Einkommen von nicht weniger als 1968,75 Euro verdient. Das ist natürlich völlig irre! Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) verdienen rund 30 Prozent der Selbständigen weniger als 1100 Euro…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=6147
nach oben