Nach den Panama-Leaks jetzt die Bahama-Leaks

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 23.9.2016

Und weiter geht es im „Karusell“ der Orte des Steuerbetrugs – jetzt die Bahamas. Heribert Prantl schreibt dazu in seinem Kommentar vom 23. September: „Steueroasen – Was folgt daraus, was ändert sich“: Keine Bank, kein Land kann mehr garantieren, dass es eine leckfreie Zone bleibt. Das ist das Neue. Das macht Steuerflüchtlinge und Geldwäscher unruhig. Und das ist das Gute

Bahamas – dort, wo die Millionäre ihr Geld verstecken (http://meedia.de/2016/09/22/nach-panama-papers-recherchen-sz-legt-mit-bahamas-leaks-nach/ externer Link) – Nach den Panama-Leaks nun die Bahama-Leaks (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bahamas-leaks-diese-politiker-tauchen-in-den-bahamas-leaks-auf-1.3172864?reduced=true externer Link)

Schon die Quelle der Panama-Papers, John Doe, hatte in einem Manifest deutlich gemacht, dass es ihm um einen Aufruf zum politischen Handeln ging (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/panama-papers-das-manifest-von-john-doe-1.2982442?reduced=true externer Link) – und zum ausführlichen Text des Manifestes von John Doe siehe auch noch (http://www.kiwi-verlag.de/blog/2016/05/10/panama-papers-das-manifest-von-john-doe-die-anonyme-quelle-der-dokumente/ externer Link)

Und zu dem Kontext dieses Manifestes siehe auch noch eimal: „Die Höflichkeitsrhetorik der vergangenen Jahre, die das Fehlverhalten der Reichen und Mächtigen sorgsam ausgeklammert hatte, ist passe. Es geht um den Kern der Sache: Die Ungleichheit der Einkommen, die Kluft zwischen Arm und Reich ist jetzt eines der wichtigen Themen unserer Zeit.“ (https://www.labournet.de/?p=98387, Seite 2 oben)

Ganz besonders betroffen von dieser Steuervermeidung ist ausgerechnet auch noch der – arme – globale Süden. (http://steuergerechtigkeit.blogspot.de/2016/09/entwicklungsbremse-steuervermeidung.html externer Link)

Geht es also nun um die bösen Bahamas? Oder gehört auch Deutschland zum Problem? (http://osterreich.dyndns.berlin/nachrichten/karas-regierung-der-bahamas-vor-panamauausschuss-laden externer Link)

Triumph der Nationalstaaterei gegen das allgemeine Steuerdumping – Ein totaler Sieg des neoliberal inspirierten „Wettbewewerbs“ der gegenseitigen Steuerunterbietung.

Mit einem Paukenschlag hatte, wie Eric Bonse meinte, die EU sich nach dem Brexit als gemeinsame Institution zurückgemeldet – und angefangen bei dem Computerkonzern Apple, der zuletzt lediglich unbedeutende Steuern von 0,005 Prozent gezahlt hatte, eine Steuernachforderung von 13 Milliarden Euro verlangt. (http://www.taz.de/!5333087/ externer Link, vgl. dazu auch „Aber – oh, Wunder, denn wer hätte das noch gedacht: Europa macht doch wenigstens beim Steuerdumping ein wenig Ernst – und fängt auch gleich bei Apple an und einem Krach mit den USA“ – auf der Seite 2 (ungefähr in der Mitte) bei https://www.labournet.de/?p=103933)

Nur es fehlt eben der gemeinsame Wille in Europa dieses – ganz legale Steuerhinterziehen – gemeinsam anzugehen. Die alleinseligmachende Macht der Großkonzerne gegen die Staaten – in ihrer mehr oder minder großen Armut – bleibt so weiterhin unangetastet. Und die Staaten (Politik) machen sich großspurig weiter allein zum Büttel der Konzerninteressen.

Die permanente Unfähigkeit – oder „Impotenz“ – politisch zu gestalten, wird zum Kern des Problems: Es fehlt ein gemeinsamer Pakt der Staaten gegen Steuerdumping der Großkonzerne.

Sie können nicht gemeinsam handeln und werden zum Spielball der Konzerninteressen – und wer davon noch einen relativen Vorteil sich verspricht – wie z.B. der bayerische Finanzminister Markus Söder – macht sich marktschreierisch auch noch zum Protagonisten dieses die Allgemeinheit schädigenden Systems der Steuerminderung. (http://www.tagesschau.de/wirtschaft/soeder-125.html externer Link)

Ja, es geht sogar soweit, dass moralisch weiterdenkende Menschen wie der Luxemburger Whistleblower Deltour – eigentlich ein Held für das Gemeinwohl – für das Offenlegen der Daten bei Lux-Leak von luxemburgischen Richtern verurteilt wird. (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/dass-die-lux-leaks-enthueller-vor-gericht-gelandet-sind-ist-ein-skandal-14315588.html externer Link)

Die wirtschaftsliberale Frankfurter Allgemeine erklärt dazu wenigstens, dass dieser Mann gar nicht vor den Richter gezerrt gehört hätte – eine Klarstellung zu der sich die Süddeutsche zum Beispiel nicht durchringen kann. So wird die finanzkapitalistische Ordnung – mitsamt ihrem Betrugsverhalten – auch noch in Luxemburg für sakrosankt erklärt.

Ist der „Populismus“ die wichtige politische Gefahr?

Gerne blässt sich dann die – sozusagen nicht „populistische“ – Politik trotzdem auf gegen den Populismus, um diesen als gefährlich zu brandmarken, dabei sind sie selbst als Büttel dieser Gewinninteressen, die den Reichtum weltweit immer mehr vermehren doch das Zentrum des Problems – unfähig politisch zu gestalten.

Dabei könnte die Staaten zusammen bei einem gemeinsamen Pakt gegen diesen permanenten Steuerentzug durch diesen Wettbewerb nach unten gut durch ein gemeinsames Vorgehen entgehen. (Vgl. dazu auch den Abschnitt „Statt einer Allianz der Staaten gegen das Steuerdumping für Großkonzerne ein weiterer Triumph der Nationalstaaterei zugunsten der wirtschaftlich Mächtigen“ – auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=103933)

Und jetzt noch dank der Bahamas-Leaks

Vor allem der – wohl sehr typische – Fall Kroes einer ausgesprochenen Doppelbödigkeit des Verhaltens wirft die Frage nach der Unabhängikeit der EU-Kommission auf: Der Fall Kroes stellt die Glaubwürdigkeit der Kommission in Frage. Dass ausgerechnet die ehemalige EU-Wettbewerbskommissarin Neeli Kroes, die sich gerne als Sauberfrau im Kampf gegen Kartelle und Subventionen gerierte und sogar 2008 noch mit dem European Taxpayers Award ausgezeichnet wurde, Direktorin einer Briefkastenfirma in dieser verrufenen Steueroase, den Bahamas, war, wirft Fragen nach der politischen Unabhängigkeit der Brüsseler Kommissare auf. (http://www.sueddeutsche.de/politik/bahamas-leaks-fall-kroes-stellt-die-glaubwuerdigkeit-der-eu-kommission-in-frage-1.3172921?reduced=true externer Link)

Und so nutzten Politiker die Bahamas als Steuerversteck (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bahamas-leaks-bahamas-leaks-zeigen-politiker-nutzen-inselstaat-als-steueroase-1.3172490?reduced=true externer Link).

Was macht diese Bahama-Leaks so im Kerne aus? (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bahamas-leaks-darum-geht-es-bei-den-bahamas-leaks-1.3173487 externer Link) Und was unterscheidet die Bahama-Leaks von den Panama-Leaks? (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bahamas-leaks-das-ist-das-neue-leak-1.3172162?reduced=true externer Link)

Während so die „einen“ ihren Reichtum verstecken, macht die Politik anscheinend weiterhin alles um sie auch noch bei ihren Spekulationen ungeschoren zu lassen: Statt endloser uneingelöster politischer Versprechen endlich einmal Fakten bei der Finanztransaktionssteuer (FTS) (http://www.sis-verlag.de/archiv/steuerpolitik-gesetzgebung/meldungen/2894-spd-finanztransaktionssteuer-in-der-eu-verwirklichen-spd-finanztransaktionssteuer-in-der-eu-verwirklichen externer Link)

Dies doppelte Spiel – siehe die Wettbewerbskommissarin Kroes: einerseits Sauberfrau und andererseits aktive Steuerbetrügerin – konnten wir schon länger beobachten, als die Finanztransaktionssteuer schon einmal sang- und klanglos von der politischen Entscheidungsebene verschwand – wie es Stephan Schulmeister so dramatisch beschreiben konnte: Die vernünftigste Steuer in diesen Zeiten – in der „Monde Diplomatique“ (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/FTT_Diplo_12_14.pdf externer Link pdf).

Die beiden Bundestagsabgeordneten Cansel Kiziltepe und Lothar Binding wollen daher nicht locker lassen und drängen -jetzt – auf eine Umsetzung der Finanztransaktionssteuer auf der europäischen Ebene. (http://www.fr-online.de/gastbeitraege/finanzmaerkte-macht-endlich-die-zockerei-unattraktiv,29976308,34789470,view,asFirstTeaser.html externer Link)

Und das „Spiel“ es immer wieder von einer auf eine andere Ebene zu schieben, wollen sie auch nicht mehr mitmachen: „Statt für ein derzeit aussichtsloses Werben auf Ebene der G20 sprechen wir uns für eine Konzentration auf die europäischen Verhandlungen über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer aus. Die bisherige Verhandlungsführung des Bundesfinanzministers – die keinen klaren Entscheidungswillen für die Steuer erkennen lässt – ist zwar für alle erdenklichen Lösungsmöglichkeiten offen, aber er macht keine eigenen Vorschläge. Das reicht nicht aus.“

So wird diese immer wieder gescheiterte Finanz-Steuer zum Lehrstück über die Herrschaft der Finanzindustrie. (siehe den Abschnitt „Ein Lehrstück über die Herrschaft der Finanzindustrie: Die Geschichte der immer wieder gescheiterten Finanztransaktionssteuer“ bei https://www.labournet.de/?p=98387 – auf der Seite 5 im letzten Drittel)

Ja, es sollte einfach nicht zu einer Einschränkung der so destruktiven Spekulationsgeschäfte kommen. (Dazu vor allem den Abschnitt im letzten Drittel der Seite 2 ff. bei https://www.labournet.de/?p=102275)

Es wird wohl immer nur so getan, „als ob“… Und das Ergebnis: Das Finanzkrisengeschehen wird uns weiter begleiten.

Und das soll dann als Allheilmittel gegen den grassierenden Populismus verstanden werden? Suleika Reiners hat – unter Verweis auf eine Studie der Österreichischen Arbeiterkammer – dieses immer wieder auftretende Phänomen darin gefunden, dass die Finanzbranche mit ihrer ganzen Macht des Geldes solche Regelungen knallhart verhindert. (Vgl. dazu die Seite 5 ungefähr in der Mitte von https://www.labournet.de/?p=98387)

Und so wird uns die weitere Aussicht auf das Finanzkrisengeschehen weiter begleiten. (siehe auch die allgemeine Übersicht „Finanzmärkte und Finanzpolitik“ bei Labournet (https://www.labournet.de/category/politik/wipo/finanzmaerkte/)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=104859
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