Firmeninsolvenzen: für die Beschäftigten der Horror – für die Unternehmen meistens ein Konkurrenzvorteil

Pleitekommunen„Im Jahr 2017 meldeten in Deutschland 20.140 Firmen Insolvenz an. Zu den Hauptleidtragenden einer Insolvenz zählen fast immer auch die Beschäftigten des insolventen Unternehmens. Die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze summierte sich deutschlandweit auf 203.000. Für die betroffenen Beschäftigten ist die Zukunftsangst in dem Moment groß, die Sorgen sind berechtigt, schnell stehen die Menschen ohne Arbeit und Geld da. Zunehmend wird die Firmeninsolvenz genutzt, damit sich die Unternehmen gesundstoßen, unliebsame Beschäftigte entlassen und durch legale Tricksereien Betriebskosten gespart und die Betriebe im Konkurrenzkampf besser aufgestellt werden können. Welche Ausmaße die Insolvenz eines Unternehmens annehmen kann, wird bei der Insolvenz der Karstadt AG im Jahr 2009 deutlich. (…) Nach dem Insolvenzantrag herrschte auf den Fluren der Essener Konzernzentrale eine Mischung aus Angst- und Aufbruchsstimmung. Der vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg wollte den Konzern als Ganzes retten. Doch dafür hätten die Großaktionäre – Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und das Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim – noch einmal Geld ins Unternehmen investieren müssen. Görg legte dann im April 2010 den Insolvenzplan auf den Tisch, der den Verkauf der Karstadt-Warenhäuser als Ganzes und einen hohen Verzicht auf der Gläubigerseite vorsah. Auch sollten die Mieten gesenkt werden. Dies war aber wegen der zersplitterten Gläubigerstruktur bei dem „Highstreet-Konsortium“ äußerst schwierig durchzusetzen. Das Verfahren zog sich deshalb in die Länge, ein unmögliches Verhalten, war es doch gerade die riskante Anlageform bei den Konsorten von „Highstreet“, die Karstadt ins Schlingern gebracht hatte. Für seine Bemühungen soll der Insolvenzverwalter Karl-Heinz Görg 50 Millionen Euro Verwalterkosten erhalten haben. Die Kommunen, in denen es Warenhäuser gab, wurden aufgefordert, auf die Gewerbesteuer zu verzichten. Dies geschah dann auch ohne großen Widerstand. (…) Durch ein Insolvenzverfahren, so auch bei der Firmeninsolvenz werden nicht Geld und Werte verbrannt, sondern es ändert sich etwas an ihrer Zirkulation, nämlich vor allem in die Taschen der Verfahrensbeteiligten. Für die einzelnen finanzkräftigen Unternehmen bieten die Insolvenzen der anderen zusätzlich die Möglichkeit, im Rahmen der Konkurrenz und der Steigerung des Profits eine privilegiertere Marktstellung zu erhalten. Bei den Firmeninsolvenzverfahren wird viel Schindluder betrieben, wobei die Beschäftigten die einzigen sind, die alles verlieren können.“ Beitrag vom und beim Gewerkschaftsforum Dortmund vom 10. September 2019 externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155418
nach oben