Der Fluch des Midas: Michael Hudson beschreibt in »Der Sektor«, wie der Finanzkapitalismus die Weltwirtschaft zugrunde richtet – und niemand gebietet ihm Einhalt

„Der US-Ökonom Michael Hudson war einer von wenigen, die die Finanzkrise von 2008 voraussehen. Wer seine Analysen kennt, durfte auf »Der Sektor« gespannt sein – und wird auf keiner Seite enttäuscht. Allgemeinverständlich und umfassend schildert Hudson, wie der »Managerkapitalismus« seit den 70er Jahren immer weitere Zweige der globalen Wirtschaft unter seine Kontrolle brachte, um noch für die letzte menschliche Regung, bei der größten Katastrophe einen Gewinn einzutreiben. Funktionierende Unternehmen werden zerschlagen, Gemeingüter geplündert, Staaten und Menschen in den Ruin getrieben. Es ist ein »jahrhundertelanger Krieg«, schreibt Hudson. Das Finanzkapital hat, heißt es an einer Stelle, wie ein Schatten vom Körper der Wirtschaft Besitz ergriffen. Es hat Politik, Justiz, Medien hinter sich gebracht. Seinen Wortführern ist gelungen, das neoliberale Dogma als alternativlos darzustellen. (…)Allerdings ist seine Vorherrschaft ebenso selbstzerstörerisch wie der Wunsch des Königs Midas, alles, was er berühre, möge sich in Gold verwandeln, woran er bekanntlich zu verhungern drohte. (…) So finster Hudsons Vision einer »Wiederkehr der ursprünglichen Akkumulation« und einer »neofeudalen Herrschaft«, so bescheiden auf den ersten Blick seine Mahnung, nicht aus den Augen zu verlieren, worauf aller »Reichtum der Nationen« gründet. Kurz, auf dem Schweiß der Arbeit. Linke sähen nicht, dass die »Globalisierung«, Zusammenschlüsse wie die EU oder die Währung »Euro« nicht dem Frieden und der Überwindung des Nationalismus dienen, sondern Kapitalinteressen. Griechenlands Syriza-Regierung aber, die bis zuletzt meinte, die »Troika« lasse mit sich reden, worauf ihr mit »eisigem Schweigen« und einer Erhöhung der Forderungen geantwortet wurde, sei allem Internationalismus zum Trotz Solidarität, die diesen Namen verdiente, verweigert worden. In der Hölle lässt es sich bekanntlich nicht gemütlich atmen, geschweige denn bequem einrichten. Es ist Zeit, die Kategorien wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.“ Rezension von Jörg Tiedjen bei der jungen Welt vom 13. Februar 2017 externer Link von „Der Sektor. Warum die globale Finanzwirtschaft uns zerstört“ von Michael Hudson erschien bei Klett-Cotta, Stuttgart 2016, 670 S., 26,95 Euro

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