Kein «Ja, aber…», sondern ein «Ja, und…» Auf die Aufnahme der Flüchtlinge muss der Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen folgen

Protestcamp vor Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Dortmund„… In der Linken wird gerne über Hegemonie gesprochen. In diesem Fall ist das angebracht. Es muss darum gehen, die Vielen von den Wenigen, die entschieden reaktionär sind, zu isolieren. Es muss darum gehen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Und es muss darum gehen, auf ihre Ängste einzugehen. Nicht, indem man ihre Vorurteile bestätigt und sich gegen Fremde wendet. Das ist die Art, wie CSU/CDU und Teile der SPD die Sorgen der Menschen «ernst nehmen». Ihre Ängste wirklich ernst nehmen bedeutet vor allem, ihre sozialen Sorgen, die sie kleinherzig, feindlich den Fremden gegenüber und neidisch werden lassen, aufzugreifen. Der soziale Nährboden für den grassierenden, rechten Populismus wurde durch die Ausweitung der Kapitalmacht bereitet, die seit dreißig Jahren im Rahmen des Neoliberalismus in den Betrieben und im Staat betrieben wird. Entwickelte sich der Neoliberalismus ab Anfang der 80er Jahre im Westen noch langsam, traf er die Bevölkerung der ehemaligen DDR nach 1990 hart und wiederholt…“ Artikel von Thomas Goes in der Soz 11/2015 externer Link

  • Zudem im empfehlenswerten Text: „… Im Westen vollzog sich die soziale Krise langsamer, aber auch hier finden sich die Spuren ausgeweiteter Kapitalmacht: mehr Arbeitsleistung für stagnierende oder gar sinkende Reallöhne, größere Unsicherheit wegen der Ausbreitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und eine Privatisierungs- und Austeritätspolitik, die nicht nur zur Kürzung von Sozialausgaben, sondern auch zum finanziellen Kollaps vieler Kommunen führte. Das hat ganz konkrete Folgen, etwa im Fehlen bezahlbaren Sozialwohnbestands oder in der Privatisierung oder gar Schließung von Schwimmbädern. Zumindest die Sorge von Menschen, die nicht zu den Gewinnern der neoliberalen Exp ansion gehören, durch die Aufnahme von Flüchtlingen könnte für sie alles noch schlimmer werden, ist nachvollziehbar. (…) Das heißt, die Linke muss ihre Mobilisierung für die Flüchtlinge verbinden mit dem Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen derer, denen ein «Herzlich Willkommen» so schwer fällt: für bessere Renten, sozialen Wohnungsbau, Erhöhung des Mindestlohns, Anhebung der Hartz-IV-Sätze, ein sozialpolitisches Notfallprogramm. Und für die Gewerkschaften wird es nicht reichen, sich für die Aufnahme und anständige Behandlung von Flüchtlingen einzusetzen. Sie müssen sich darauf vorbereiten, die hoffentlich neuen Kolleginnen und Kollegen zu organisieren, sofern diesen erlaubt werden wird, hier zu arbeiten. Die absolut richtige Unterstützungsarbeit für Flüchtlinge und der notwendige aktive Antirassismus drohen ansonsten ins Leere zu laufen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=93713
nach oben