Verwaltete Armut – Auf Notlagen und Missstände reagiert der bürgerliche Staat mit einer Sozialpolitik. Die hat enge Grenzen, denn sie darf die ehernen Prinzipien der Marktwirtschaft nicht gefährden

Zuschussrente gegen Altersarmut?Sozialstaat und Sozialpolitik werden in Gesellschaft und Wissenschaft gleichermaßen dafür gerühmt, dass sie organisierte staatliche Hilfe darstellen. Sie gelten als Gütesiegel moderner Staaten. Und gerade die Bundesrepublik lässt sich für ihre weit ausgebaute und funktionierende Sozialpolitik gerne loben. Die verschiedenen Handlungsfelder dieser Sozialpolitik zeugen allerdings zunächst einmal davon, wie viele Notlagen und Missstände in dieser Gesellschaft existieren. Denn Hilfe unterstellt Hilfsbedürftigkeit, d.h. Notlagen, aus denen Betroffene alleine nicht herauskommen. (…) Weil soziale Sicherung mit ihren Eingriffen in die Vertragsfreiheit und Leistungen ohne Gegenleistung einen Verstoß gegen die Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Eigentum darstellt, hat sie enge Grenzen. Der soziale Staat will die Kosten für »das Soziale« im Interesse der nationalen Lohn(neben)kosten und seines Staatshaushaltes möglichst niedrig halten und die soziale Sicherung darf keine Alternative, sondern bestenfalls Beihilfe zum Überlebenskampf sein. Deshalb muss sie selbst finanziell prekär und rechtlich schikanös ausfallen. Der soziale Staat wird also seiner Aufgabe gerecht und verfehlt sie nicht – wie von Betroffenen und im Sozialbereich Beschäftigten geklagt wird –, wenn er die Kosten für »das Soziale« insgesamt gering hält, das Gros des Personals schlecht bezahlt und die finanziellen Leistungen stets kritisch beäugt.“ Vorabdruck aus „Der soziale Staat“ von Renate Dillmann und Arian Schiffer-Nasserie bei der jungen Welt vom 5. Oktober 2018 externer Link („Der soziale Staat – Über nützliche Armut und ihre Verwaltung. Ökonomische Grundlagen, Politische Maßnahmen, Historische Etappen“ erschien beim VSA-Verlag zum Preis von 19,80 Euro (320 Seiten))

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