[Tarifrunde 2018] IG BAU: Clements Schlichtung begeistert akzeptiert

21. Ordentlicher Gewerkschaftstag der IG BAUDer Schlichterspruch sieht eine Lohnerhöhung von mindestens 5,7 Prozent vor. Außerdem soll es eine weitere Annäherung der niedrigeren Ost-Einkommen an das Westniveau geben. Der Verhandlungsführer der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Dietmar Schäfers, sprach vom „besten Tarifabschluss in Deutschland in diesem Jahr“. Für die Arbeitgeber sagte deren Verhandlungsführer Uwe Nostitz: „Wir haben die Kuh vom Eis geholt.“ Streiks seien damit abgewendet. Die Beschäftigten im Westen sollen laut Ergebnis zum 1. Mai rückwirkend ein Lohnplus von 5,7 Prozent erhalten, bei einer Vertragslaufzeit von 26 Monaten, sagte der frühere SPD-Politiker Clement. Die Ost-Löhne sollen rückwirkend zum 1. Mai sogar um 6,6 Prozent – und nochmals um 0,8 Prozent zum 1. Juni 2019 steigen. (…) Die zuständigen Gremien von Bauindustrie, Baugewerbe und IG BAU müssen dem Vertrag bis zum 26. Mai zustimmen. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie das auch tun“, sagte Clement. Auch die Verhandlungsführer äußerten sich optimistisch“ – aus der Meldung „Bauarbeiter sollen deutlich mehr Geld bekommen” am 12. Mai 2018 bei Spiegel Online externer Link, die einzige Stelle, an der die Verbandsdemokratie noch erwähnt wird… Siehe dazu auch die Mitteilung der IG BAU zum Ergebnis und einen Beitrag über den Herrn Schlichter, sowie zu den Ausgangspositionen vor den Schlichtungsverhandlungen und ihrer Reichweite innerhalb der Branche:

  • “Deutschlandweit höchstes Lohn-Plus für Bauarbeiter” am 12. Mai 2018 bei der IG BAU externer Link teilt der Mitgliedschaft zum Schlichtungsergebnis mit: “Mit dem bislang bestem Tarifergebnis in diesem Jahr ist am frühen Samstagmorgen die Schlichtung für die rund 800 000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe beendet worden. Es war bereits die zweite Verhandlungsrunde. Schlichter war der frühere Bundesarbeits- und wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Er präsentierte einen Kompromiss, den die Schlichtungskommissionen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der beiden Arbeitgeberverbände, dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) sowie dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), mehrheitlich annahmen. Nunmehr haben die Tarifvertragsparteien 14 Tage lang Zeit, dem Vorschlag zuzustimmen. „Es war ein zähes Ringen. Mehrmals standen die Verhandlungen Spitz auf Knopf“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger. „Deutschland verzeichnet ein starkes Wirtschaftswachstum, und die Baubranche nimmt dabei einen Spitzenplatz ein. Entsprechend hoch waren die Erwartungen der Baubeschäftigten an diese Lohnrunde. Jetzt haben wir einen Durchbruch erzielt, wonach ein Facharbeiter ab sofort 1,11 Euro mehr die Stunde bekommt. Pro Monat bedeutet das ein Plus von rund 200 Euro. Das ist bundesweit der höchste Abschluss in diesem Jahr.“  Neben dem Lohn wurden auch die anderen Forderungen der IG BAU geschlichtet. Der Stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers sagte: „Dieser Schlichterspruch regelt zudem den Stufeneinstieg in ein bundesweites 13. Monatseinkommen ebenso wie die Ausbildungskosten und eine perspektivische Lösung für bezahlte Wegezeiten zu den Baustellen. Ein solches Paket ist keine Selbstverständlichkeit. Die Entschlossenheit der vielen Kolleginnen und Kollegen auf den Baustellen sowie die begeisterte Teilnahme an dem Bau-Protest zur ersten Schlichtungsrunde in Berlin haben ein gutes Stück zum Umdenken der Arbeitgeber beigetragen“.  Wobei, jenseits der Abschlussarithmetik einer Laufzeit bis 2020, noch auffällt, dass hier von einer irgendwie zu Entscheidungen einberufenen Tarifkommission gleich gar nicht mehr die Rede ist…
  • “Superschlichter” von Fabian Lambeck am 12. Mai 2018 in neues deutschland externer Link erinnert: “Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Ex-»Superminister« Wolfgang Clement, der einst die Leiharbeit entgrenzte und Hartz IV auf den Weg brachte, nun im festgefahrenen Tarifkonflikt im Bauhauptgewerbe vermittelt. Gewerkschaft und Arbeitgeber haben ihn gemeinsam als Schlichter bestimmt, weil der gebürtige Bochumer in der Vergangenheit des öfteren erfolgreich Kompromisse zwischen beiden Seiten festgezurrt hatte. Doch in diesem Jahr stecke man in einer »schwierigen Situation«, so Clement. Es sei deshalb keineswegs sicher, dass es zu einer Lösung kommt. Die Gewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Lohn bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten und die Angleichung der Ostlöhne ans höhere Westniveau. Die Arbeitgeber hatten zuletzt 4,2 Prozent geboten und eine Einmalzahlung in Aussicht gestellt”.
  • “5,7 Prozent mehr für nicht mal jeden Zweiten” von Simon Poelchau am 14. Mai 2018 in neues Deutschland externer Link bemerkt zur Reichweite des Tarifvertrages an: “»Es ist sehr zu begrüßen, dass vom Bauboom nun auch diejenigen profitieren sollen, die auf dem Bau tagtäglich ihre Knochen hinhalten«, kommentierte LINKE-Politiker Meiser das Ergebnis. Der sogenannte Ecklohn liegt laut der IG BAU bei 20 Euro brutto die Stunde im Westen und knapp über 19 Euro im Osten. Dieser Lohn steht bei Tarifverhandlungen stellvertretend für die anderen Tariflöhne als Verhandlungsgegenstand. Der Ecklohn ist der festgesetzte Normallohn für einen über 21 Jahre alten Facharbeiter der untersten Tarifgruppe. Jedoch gilt der Tarifvertrag für weniger als die Hälfte der Beschäftigten. Zumindest, wenn man die amtlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes nimmt. Dieses berechnete zuletzt für das Jahr 2014 die Tarifbindung in der Branche. Demnach arbeiten lediglich 40 Prozent aller Bauarbeiter in tarifgebundenen Betrieben. Im Osten ist die Tarifbindungsquote mit 29 Prozent besonders gering“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132039
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