Arbeitgeber: Tarifeinheitsgesetz war der Auftakt – jetzt muss der Gesetzgeber das Arbeitskampfrecht „nachdrücklich regeln“ (BDA-Geschäftsbericht 2015)

Solidarität mit dem Streik der GDLEs ist eigentlich keine Neuigkeit, wir und viele andere haben davor gewarnt, aber doch ist es sehr bemerkenswert, wie klar die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) das Arbeitskampfrecht ins Visier nimmt. In ihrem gerade veröffentlichten Geschäftsbericht (S. 24-26) macht die BDA deutlich, dass das Tarifeinheitsgesetz nur der Auftakt gewesen sein soll zu weiteren Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten. Im Grunde wird eine neue politische Agenda aufgemacht: „Das Tarifverhandlungsrecht, das Recht des Arbeitskampfs sowie das Recht von Streik und Aussperrung bedürfen einer gesetzlichen Regelung. (…) Dies bedarf umfassender Vorarbeiten, an denen sich die BDA auch künftig intensiv beteiligen wird“, heißt es im Geschäftsbericht der BDA. Es sei richtig gewesen, „die grundsätzliche Frage, wie Tarifverhandlungen geführt und unter welchen Bedingungen Tarifverhandlungen durch Arbeitskampfmaßnahmen begleitet werden können, nicht mit dem Tarifeinheitsgesetz zu verbinden, um das Gesetzgebungsverfahren nicht zu belasten“. Jetzt sei der Gesetzgeber aber „in der Pflicht, das Arbeitskampfrecht in Deutschland nachdrücklich zu regeln“. Ob die Gewerkschaften (z.B. die IG Metall und der DGB) auch dieses Mal „mitgestalten“ wollen? Siehe dazu:


Auszug aus dem BDA-Geschäftsbericht 2015 (S. 24-26)

Zu bedauern ist allerdings, dass der Gesetzgeber sich nicht dazu durchringen konnte, mit dem Gesetz eine einheitliche Geltung der Friedenspflicht vorrangiger Tarifverträge festzuschreiben. Es war immer klar, dass das Tarifeinheitsgesetz keine gesetzliche Regelung des Arbeitskampfrechts bedeuten würde. Zur Unterstützung der Friedensordnung des Tarifvertragssystems wäre allerdings eine Betonung der Wirkung der Friedenspflicht des vorrangigen Tarifvertrags sinnvoll gewesen. Zwar stellt das Gesetz zu Recht in seiner Begründung klar, dass ein tarifeinheitswidriger Arbeitskampf um einen Tarifvertrag, der offensichtlich nie zur Anwendung kommen kann, nicht verhältnismäßig ist. Über diese Betonung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinaus wäre es jedoch sehr sinnvoll und zielführend gewesen, die Friedenspflicht generalisierend im Tarifvertragsgesetz festzuschreiben.

Die Friedenspflicht von Tarifverträgen ist ein unverzichtbares Element der Tarifordnung in Deutschland. Diese Friedenspflicht zu unterstreichen, hätte ein positives Signal für Tarifbindung und Akzeptanz von Tarifverträgen aussenden können. Auch wenn ein weitgehender Konsens darüber besteht, dass tarifeinheitswidrige Arbeitskämpfe nicht verhältnismäßig sein können, hätte dies die Funktionalität der Tarifeinheit nochmals nachdrücklich unterstreichen können.

Die Tarifeinheit löst nicht alle Probleme des deutschen Arbeitsrechts, sie löst nicht alle Fragen des deutschen Arbeitskampfrechts und sie löst noch nicht einmal alle Fragen des deutschen Tarifvertragsrechts. Insbesondere das Tarifverhandlungsrecht, das Recht des Arbeitskampfs sowie das Recht von Streik und Aussperrung bedürfen einer gesetzlichen Regelung. Auch wenn es richtig war, die grundsätzliche Frage, wie Tarifverhandlungen geführt und unter welchen Bedingungen Tarifverhandlungen durch Arbeitskampfmaßnahmen begleitet werden können, nicht mit dem Tarifeinheitsgesetz zu verbinden, um das Gesetzgebungsverfahren nicht zu belasten, bleibt der Gesetzgeber in der Pflicht, das Arbeitskampfrecht in Deutschland nachdrücklich zu regeln. Dies bedarf umfassender Vorarbeiten, an denen sich die BDA auch künftig intensiv beteiligen wird.

Der Arbeitskampf kann so ungeregelt, wie er bisher ist, nicht bleiben. Die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss den Gesetzgeber motivieren, den Rahmen für diesen wichtigen Faktor der Arbeitsbeziehungen klarzustellen. Der Arbeitskampf ist – wie die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Recht feststellt – nicht trivial zu regeln. Das entbindet den Gesetzgeber aber nicht von der Pflicht, dieses Rechtsgebiet anzugehen. Alles andere wäre die Kapitulation vor Streiks, über die das BAG schon früh geurteilt hat, dass sie gesellschaftspolitisch wie wirtschaftlich höchst unerwünscht sind. Auch wenn das Tarifeinheitsgesetz diese Arbeitskampffrage zu Recht nicht angeht, ist es ein Beleg für die Friedens- und Ordnungswirkung des Tarifvertragssystems. Die gesetzliche Herstellung der Tarifeinheit war ein erster unverzichtbarer Schritt zur Stabilisierung der Tarifautonomie.“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=92134
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