[Veranstaltungsbericht] „100 Jahre Betriebsräte – Co-Manager oder Gegenmacht?“

Banner mit der Aufschrift "Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft"Auf einer gemeinsame Veranstaltung der IG Metall und der Braunschweiger Zeitung wurde im Haus der Wissenschaften über die Rolle und Errungenschaften der Interessenvertretungsgremien diskutiert. Auf dem Podium saßen unter anderem Herbert Oberbeck (Professor für Soziologie, TU Braunschweig), Hans-Jürgen Urban (IG Metall Vorstand) und Uwe Fritsch (Betriebsratsvorsitzender VW Braunschweig).Info und Bilder vom 09.05.2019 bei der IG Metall Braunschweig externer Link, siehe dazu einen Bericht:

  • Kampf ums politische Mandat: Eine Veranstaltung in Braunschweig zu 100 Jahren Betriebsräte in Deutschland. Einbettung in außerbetriebliche Aktivitäten wichtig
    „… Rund 60 Interessierte waren in die Aula der Technischen Universität gekommen, zumeist, wie sich in der ausführlichen Diskussion herausstellte, aktive oder ehemalige Betriebsräte. (…) Ausgangspunkt der Diskussion war ein Referat von Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Er wies eingangs darauf hin, dass die Arbeitswelt selten Gegenstand öffentlicher Veranstaltungen sei, ein »Schattendasein« führe. (…) Urban hob hervor: In Klassenauseinandersetzungen entscheide »das Kräfteverhältnis über Arbeiterrechte«. Es gebe stets nur einen »Fortschritt auf Zeit«. Der Redner vertrat die Auffassung, die Gegenüberstellung von Gegenmacht und Komanagement sei nicht mehr aktuell. Skepsis gegen Sozialpartnerschaft sei berechtigt, ihr Sog »blitzgefährlich«, es gehe aber nicht um »Mitgestaltung«, sondern um »eingreifende Politik«. Die sei ohne Fähigkeit zu Gegenmacht undenkbar, ein Betriebsrat, der über sie nicht verfüge, werde ignoriert. Wörtlich sagte er: »Wenn Demonstrationen in Betrieben keine Folgen haben, dann verbergen sie eine Schwäche«. Er verwies auf Gewerkschaftsproteste in Südeuropa mit Hunderttausenden Teilnehmern, während in den dortigen Betrieben nur drei bis vier Prozent der Belegschaft organisiert seien. Eine Gewerkschaft müsse aber fähig sein, Arbeitsplatzabbau oder Verlagerung von Produktion zu verhindern. Dazu sei die Einbettung in außerbetriebliche Aktivitäten wichtig, es gehe um das »politische Mandat«. (…) Die Diskussion auf dem Podium eröffnete Uwe Fritsch, Betriebsratsvorsitzender im VW-Werk Braunschweig. Er bestätigte Urban: Wenn die Gewerkschaften »mit roten Fahnen vor Betrieben erscheinen, ist es zu spät«, und nannte u. a. die Beispiele Nokia und Opel in Bochum. Seine Schlussfolgerung: »Wir müssen die Sicherung der Beschäftigung ins Zentrum stellen.« Das sei schwierig, weil es keine »Waffengleichheit« zwischen Betriebsrat und Management gebe. Eine Vergesellschaftung der Autoindustrie sei nicht möglich, aber durch den Staatsanteil bei VW gebe es dort eine Besonderheit: Neue Standorte müssen mit Zweidrittelmehrheit, d. h. mit den Stimmen der Beschäftigtenvertreter im Aufsichtsrat, beschlossen werden…“ Bericht von Arnold Schölzel in der jungen Welt vom 14.05.2019 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=148752
nach oben