Die ArbeiterInnenklasse – ein zerbröseltes Subjekt? Die Bedeutung der objektiven Interessenlage

Banner mit der Aufschrift "Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft"Seit einigen Jahren wird wieder vermehrt über die ArbeiterInnenklasse diskutiert. Nicht wirklich hilfreich allerdings sind dabei Betrachtungsweisen nach folgendem Muster: Von einer ArbeiterInnenklasse kann nur gesprochen werden, wenn sich die ArbeiterInnen als Klasse verstehen und sich im Kampf gegen das Kapital stellen. Erstens findet der Klassenkampf ständig statt, wenn auch hauptsächlich von oben. Auch wenn es betrieblich und überbetrieblich keine gemeinsame Abwehrfront gibt, so finden doch selbst in der BRD an verschiedenen Stellen Kämpfe statt, von Halberg-Guss über Amazon bis zu den Unikliniken Essen und Düsseldorf. Wenn der gemeinsame Kampf von unten das entscheidende Kriterium ist, dann schwankt – zumindest im Abstand von einigen Jahren – die Größe der ArbeiterInnenklasse. (…) Zweitens, und das ist politisch bedeutsamer: Wenn wir nicht die objektive Interessenlage der lohnabhängigen Bevölkerung als Ausgangspunkt nehmen, dann stellen wir damit – gewollt und ungewollt – das Potential der ArbeiterInnenklasse und die Veränderlichkeit ihres Bewusstseinsstandes infrage. Nun wurde die ArbeiterInnenklasse in den letzten Jahrzehnten in vielfältiger Weise vertikal und horizontal fragmentiert; sie wurde durch den Einsatz ausländischer EntsendearbeiterInnen segmentiert; mit Scheinselbständigkeit und sonstigen Prekarisierungen (befristete Beschäftigungen usw.) entstehen viele Abstufungen bei Einkommen und Arbeitsbedingungen usw. (…) Es stellen sich dennoch zwei zentrale Fragen, die näher zu erörtern sein werden: Hat damit die ArbeiterInnenklasse ihr gesellschaftsveränderndes Potenzial verloren und kann sie sich nicht mehr als kampffähiges und kampfbereites Subjekt neu formieren? Und: Wenn dies grundsätzlich weiterhin möglich ist, wie können Prozesse zur Herausbildung einer breiten Kampffront gegen Kabinett und Kapital gefördert werden?. (…) Es geht um die Ausarbeitung von eingängigen, überzeugenden Argumentationen, die deutlich machen, wo die gemeinsamen Interessen liegen und wie auch heute eine andere Welt durchsetzbar ist, allerdings nur im gemeinsamen Kampf. Voraussetzung ist: – gewerkschaftliche und politische Organisierung und Selbsttätigkeit der Lohnabhängigen. Beispiel: umfassender Kampf für eine Arbeitszeitverkürzung in großen Schritten bei vollem Entgelt- und Personalausgleich; – politische Unabhängigkeit der Organisierten; – Kampf für eine ökologische Zukunft (gemeinsam mit UmweltaktivistInnen für den Ausstieg aus der Kohle, aus der Autogesellschaft usw.) und Nutzung aller Momente, die zu einer Politisierung und Aktivierung aller Betroffenen beitragen können; – aktive internationale Solidarität.“ Beitrag von Jakob Schäfer aus der Soz Nr. 11/2018 externer Link

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