Neue Formen des Arbeitskampfes. Die Gewerkschaften versuchen sich auf das liberalisierte Umfeld einzustellen und entwickeln moderne Formen des Arbeitskampfes

In den vergangenen Jahren haben die großen DGB-Gewerkschaften immer mehr Mitglieder verloren. Ende 1998 hatten die großen Gewerkschaften zusammen noch 8,8 Mio. Mitglieder. Ende 2013 ließen sich nur noch knapp über 6 Millionen Arbeiter und Arbeiterinnen von diesen vertreten. 2013 war jedoch auch das Jahr, in dem dieser lang andauernde Trend zum ersten Mal gestoppt werden konnte und sich die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder wieder stabilisiert hat. Die veränderten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, wie der gestiegene Einsatz von Leiharbeitern, der gewachsene Dienstleistungssektor oder der Austritt vieler Unternehmen aus den Arbeitgeberverbänden, wurden für traditionelle DGB-Gewerkschaften immer mehr zum Problem. Die üblichen Methoden, einen Arbeitskampf zu organisieren, funktionierten in dieser Umwelt nicht mehr und für viele Arbeitnehmer wurde eine Mitgliedschaft daher zunehmend wertlos…“ Artikel von Ralf Heß in telepolis vom 01.06.2014 externer Link

  • Aus dem Text: „… Insbesondere im Dienstleistungssektor haben viele Unternehmen neue Strategien entwickelt, sich die Gewerkschaften vom Hals zu halten. … Insbesondere beim schwedischen Möbelhaus Ikea habe diese Methode bislang sehr gut für das Unternehmen funktioniert. Zuerst wird ein neues Möbelhaus gebaut. Dann werden die wichtigsten Führungsmitarbeiter eingestellt und anschließend ein Betriebsrat gegründet. Erst danach wird die Belegschaft angeheuert. Auf diese Weise hat man zumindest für die ersten paar Jahre Ruhe, da ein solcher Betriebsrat nicht von den Mitarbeitern, sondern vielmehr von der Geschäftsleitung dominiert wird. Was früher die christlichen Gewerkschaften waren, ist heute das „Ikea-Prinzip“. (…) Auch der Internetversandhandel Amzon hat grundsätzlich kein Problem mit einem Betriebsrat. Solange in diesem die richtigen Leute sitzen. Gewerkschaftsmitglieder sind nicht willkommen. Dass bei Amazon nun doch gestreikt wird, hat in erster Linie mit der veränderten Struktur innerhalb der Belegschaft zu tun. (…) Doch nicht nur die nun teilweise auslaufenden Zeitverträge sind ursächlich für die gestiegene Streikfähigkeit bei Amazon. Denn auch die Gewerkschaften lernen aus ihren Fehlern. Lange versuchten sie über die Einrichtung eines von ihnen dominierten Betriebsrates Einfluss zu bekommen. (…) Bei Amazon ist es nun nicht mehr die Gewerkschaft, die den Kampf organisiert und entscheidet, wie und wofür gekämpft wird, sondern vielmehr die Belegschaft. (…) Die Demokratisierung der Streiks, deren wichtigstes Forum die Streikversammlung sei, mache die Kolleginnen und Kollegen zu den entscheidenden Akteuren, die zusammen mit den Hauptamtlichen, für den „Verlauf von Arbeitskämpfen und deren Ergebnis verantwortlich sind“…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=59565
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