Demobilisierte Klassengesellschaft und Potenziale verbindender Klassenpolitik

[Buch] Neue Klassenpolitik. Linke Strategien gegen Rechtsruck und NeoliberalismusEine verbindende Klassenpolitik kann helfen, (a) einen klaren Gegnerbezug zu formulieren, zu den führenden Klassen «oben» und gegen die radikale Rechte. Sie kann (b) die soziale Frage schärfer, eben klassenorientiert von der allgemeinen (sozialdemokratischen) Rede von sozialer Gerechtigkeit scheiden und zuspitzen. Im Zuge dieser inhaltlichen Präzisierung kann sie die Klassenfrage aus ihrer Fixierung auf die alte, oft männlich geprägte Arbeiterklasse lösen und zu einer feministischen und gegen geschlechtliche Normierungen gerichteten (queeren) Klassenpolitik weiterentwickeln, zu einer ökologischen Klassenpolitik und zu einem klassenbewussten Antirassismus und auf diese Weise zugleich auch diese Bewegungen klarer links profilieren. Sie kann zudem (c) den falschen Gegensatz zwischen sozialer Frage und (vermeintlicher) Identitätspolitik überwinden. (…) «Klassenerfahrungen» in diesem breiten Sinn wieder zum Gegenstand einer widerspruchsorientierten Analyse zu machen kann Anknüpfungspunkte für solidarische Praxen begründen. Wie lassen sich also die verschiedenen Teile der Klasse verbinden? Wie kann eine neue Klassenanalyse die für einen Teil der gesellschaftlichen Linken zentral gewordene Strategie einer «verbindenden Klassenpolitik» empirisch und theoretisch begleiten? Dafür bräuchten wir mehr Unterstützung und produktive Kritik. Die Reihe «Beiträge zur Klassenanalyse», die wir mit diesem Band fortsetzen, versucht, in diesem Sinne Materialien an der Schnittstelle von neuer Klassenanalyse und verbindender Klassenpolitik bereitzustellen.“ Aus dem Vorwort von Mario Candeias zu den Beiträgen von Mario Candeias, Klaus Dörre und Thomas E. Goes als Beiträge zur Klassenanalyse (2) vom September 2019 externer Link bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Darin bzw. daraus:

  • Blinde Macht. Thesen zum Zustand der Klasse der Lohnabhängigen
    Wir veröffentlichen an dieser Stelle einen kurzen Auszug aus den »20 Thesen für eine demokratische Klassenpolitik«, die der Jenaer Soziologe Klaus Dörre in einer in diesen Tagen erscheinenden, von der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebenen Broschüre unter dem Titel »Demobilisierte Klassen. Gesellschaft und Potenziale verbindender Klassenpolitik. Beiträge zur Klassenanalyse (2)« veröffentlicht hat. Ausgewählt wurden, teilweise gekürzt, die Thesen 6, 9, 10, 11, 12, 14 und 15. Zur besseren Übersicht werden diese Thesen im folgenden von 1 bis 7 durchnummeriert…“ Beitrag von Klaus Dörre in der jungen Welt vom 25.10.2019 externer Link und darin die Thesen:1) In Deutschland wie auch in anderen kapitalistischen Zentren haben sich demobilisierte Klassengesellschaften herausgebildet.
    2) Die Vorstellung einer großen, wenngleich intern fraktionierten und fragmentierten Klasse aller Lohnabhängigen lässt sich auch in den kapitalistischen Zentren analytisch nicht aufrechterhalten.
    3) Innerhalb der veränderten Klassenstruktur stellt die Marginalisierung von Industrie- und Produktionsarbeitern eine – gewichtige – Sonderproblematik dar.
    4) Wenn eine große Klasse aller Lohnabhängigen als strukturiertes und zugleich strukturierendes Kollektiv nicht mehr existiert, kann »Einheit« nur noch als temporärer, politisch immer wieder neu hergestellter sozialer Block der Lohnabhängigkeit gedacht werden.
    5) Auch in demobilisierten Klassengesellschaften wird unablässig gekämpft. Auf dezentraler, betrieblicher Ebene werden Konflikte ungleich härter ausgetragen als in früheren Zeiten.
    6) Die Zunahme klassenspezifischer Ungleichheiten ist eine der Triebkräfte für die rechtspopulistische Revolte
    7) Als Reaktion auf Ungleichheit, Unsicherheit und soziale Abwertung reagieren Teile der – vor allem männlichen – Arbeiterschaft mit Selbstaufwertung durch Abwertung anderer.
  • Inhalt
    • Vorwort: Wozu Klassenpolitik und -analyse?
    • Klaus Dörre: Umkämpfte Globalisierung und soziale Klassen. 20 Thesen für eine demokratische Klassenpolitik
    • Thomas E. Goes: Linke Potenziale und klassenpolitische Voraussetzungen. Empirische Befunde und Forschungsperspektiven
    • Mario Candeias: Ein organischer Intellektueller der Arbeiterklasse. Rezension von Bernd Riexingers Buch «Neue Klassenpolitik. Solidarität der Vielen statt Herrschaft der Wenigen»
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156642
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