„FairTube“: IG Metall und YouTubers Union vereinbaren Zusammenarbeit. Gemeinschaftsprojekt für faire Arbeitsbedingungen im Bereich Video-Crowdworking

Dossier

Internet-Bewegung „YouTubers Union“ Die IG Metall und die Internet-Bewegung „YouTubers Union“ externer Link werden künftig zusammenarbeiten, um die Bedingungen für alle YouTuber zu verbessern, die ein Einkommen mit dem Hochladen von Beiträgen auf der Video-Plattform erzielen bzw. erzielen möchten. Mehrere Tausend Menschen allein in Deutschland verdienen inzwischen haupt- oder nebenberuflich Geld damit, Videos für YouTube zu produzieren und einen Anteil an den Werbeeinnahmen zu bekommen. Die „YouTubers Union“ ist vom YouTuber Jörg Sprave im März 2018 gegründet worden. Auslöser war, dass YouTube im Frühjahr 2017 auf Druck von Werbekunden seine Regeln bezüglich der Werbeeinblendungen geändert hat. Das hat teilweise zu dramatischen Einkommenseinbußen bei den YouTubern geführt. Die „YouTubers Union“ (eine Online-Bewegung auf Basis einer Facebook-Gruppe) hat inzwischen mehr als 15.000 Mitglieder. Die „YouTubers Union“ fordert unter anderem, dass es auch auf kleineren YouTube-Kanälen wieder Werbung geben soll, dass es einen direkten und transparenten Kontakt zwischen der Plattform und YouTube geben muss und dass es klare Regeln gibt – sowohl für das Einblenden von Werbung als auch für das Löschen einzelner Videos oder die Sperrung ganzer Kanäle. Die IG Metall hat 2015 ihr „Projekt Crowdsourcing“ gestartet. Dieses Projekt verfolgt das Ziel, die Arbeitsbedingungen auf digitalen Plattformen zu verbessern…“ IG Metall-Meldung vom 22. Juli 2019 externer Link. Siehe dazu:

  • Organizing YouTube. Warum sich Youtuber*innen für bessere Arbeitsbedingungen organisieren und was das mit der Zukunft von Internet-Plattformen zu tun hat New
    “Im Sommer 2019 ging eine ungewöhnliche Meldung durch die Presse. Die Industriegewerkschaft IG Metall verkündete ihr vermutlich erstes Bündnis mit einer Facebook-Gruppe. Zusammen mit der YouTubers Union, einer 15.000-köpfigen Netzbewegung, gab die größte Gewerkschaft Europas eine Kampagne gegen die Arbeitsbedingungen auf YouTube bekannt. Unter großem Medienecho wurden Forderungen verkündet, Kampagnenvideos veröffentlicht und ein Countdown als Druckmittel geschaltet. Verwunderlich schien an der Mitteilung nicht nur, dass sich eine Gewerkschaft der Metall- und Elektroindustrie für die Belange von YouTuber*innen einsetzt. Auch die Frage der Arbeitsbedingungen schien ungewöhnlich: YouTube ist nicht als Arbeitsort, sondern als bunte Social-Media Plattform bekannt. (…) Auf einen zweiten Blick liegt die Kampagne jedoch näher. Die Google-Tochter YouTube hat sich im letzten Jahrzehnt zu einer riesigen Arbeitsplattform entwickelt – über 100.000 Menschen verdienen heute auf der Plattform mit Content-Produktion ihren Lebensunterhalt. Die Website hat sich in einen digitalen Marktplatz verwandelt, auf dem YouTuber*innen um die Aufmerksamkeit ihres Publikums buhlen. Wer viele Aufrufe generiert, bekommt dabei Werbe-Einnahmen von YouTube ausbezahlt. Die Hobby-Ästhetik der Plattform verdeckt dabei die verschärften Arbeitsbedingungen, unter denen dieser Wettbewerb stattfindet. (…) Auch wenn der Konflikt auf YouTube durchaus ungewöhnlich ist, sind Arbeitskonflikte auf Plattformen keine Seltenheit mehr. Der Markt für Arbeit auf digitalen Plattformen ist in den letzten Jahren enorm gewachsen: Lieferdienste, Reinigungs- und Taxi-Services werden heute vermehrt über Plattformen vermittelt. Dabei wird jedoch selten Arbeit neu erfunden oder automatisiert, wie viele Unternehmen suggerieren. Für Dienstleister ist die Plattform ein Weg, Arbeit outzusourcen und dabei algorithmisch zu kontrollieren. Mit der Vergrößerung der Märkte auf Plattformen sind dabei auch die Konflikte gestiegen. Seit 2016 haben sich Kurierdienst-Fahrer*innen in Europa erstmals organisiert, und Arbeiter*innen bei Taxi-Diensten wie Uber konnten 2019 eine Gesetzesänderung in Kalifornien mit erkämpfen. Mit der YouTubers Union zeigt sich nun die Organisierung auf einer Plattform, die nicht über einen lokalen Kundenmarkt funktioniert. Feststellen lässt sich an diesen Konflikten, dass auch algorithmische Kontrolle die Möglichkeit zur Organisierung nicht ausschalten kann. Zweckentfremdung von Betriebs-Chats, Sabotage der Schichtsysteme und strategische Streiks haben sich in einigen Bereichen als Mittel bewährt. Die zentralen Hebel von Arbeiter*innen sind aber oft nicht der Entzug der eigenen Arbeitskraft, sondern öffentlicher Druck und das Einklagen rechtlicher Standards. Gerade für Startups hängt der Marktwert auch am Ruf in der Öffentlichkeit, schlechte Presse über Arbeitsbedingungen können dabei ein Druckmittel sein. Viele Arbeitspraktiken sind zudem illegal nach geltendem Recht, stellen etwa eine Scheinselbstständigkeit dar oder verstoßen gegen Datenschutz-Vorgaben. (…) Mit der Skandalisierung der prekären Arbeitsbedingungen konnte die YouTubers Union bis jetzt durchaus Aufsehen auf der Plattform erregen. Das zeigt auch das Vorgehen von YouTube, das sich nun strategisch um mehr Transparenz und Feedback-Kultur bemüht. Wie erfolgreich die Bemühungen mittelfristig bleiben, ist abzuwarten. Auffällig  an der Organisierung ist, dass in der YouTubers Union Arbeiter*innen und Konsument*innen gemeinsam agieren. Auf YouTube stehen beide Gruppen in einer engen Symbiose, dieses Verhältnis kann in der Organisierung als Ressource eingesetzt werden. Während sich eine Klassenidentität wie in den Fabriken des industriellen Kapitalismus sicher nicht beobachten lässt, eint viele Mitglieder der Union aber die Erkenntnis, dass ihre Interessen denen von YouTube gegenüber stehen. Diese Einstellung, die sich von der harmonischen Ideologie der neutralen Plattform abgrenzt, bricht ein wirkmächtiges Paradigma des Silicon Valley auf…“ Beitrag von Valentin Niebler vom 16.12.2019 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link
  • Google zeigte sich für konstruktive Gespräch nicht bereit. So wird FairTube, die Kooperation zwischen IG Metall und der YouTubers Union, nun schärfere Mittel einsetzen 
    “Jetzt wird es ernst. „Wir starten mit allen angekündigten Maßnahmen“, sagt Jörg Sprave, Gründer der YouTubers Union. So werde schon in wenigen Tagen die Community YouTube und dem Mutterkonzern Google zeigen, wie sauer sie sind und dass sie sich so eine Verhaltensweise nicht bieten lassen. Und damit nicht genug. Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, kündigt zudem rechtliche Schritte gegen Google an: „Wir sind der Auffassung, dass ein Teil der Creator keine Selbstständigen und Soloselbstständigen sind, sondern Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Das werden wir gerichtlich überprüfen lassen“, so Benner. (…) Auf Druck der IG Metall und YouTubers Union erklärte sich Google Ende August zum Gespräch bereit. Doch das für den 22. Oktober angesetzt Treffen fand nicht statt. Da Google die Teilnahme von Jörg Sprave, dem Gründer der YouTubers Union, entschieden ablehnte, sagte die IG Metall das Gespräch ab. Bereits im Zuge der Vorbereitung des Termins teilte Google überraschend mit, dass Jörg Sprave bei diesem Gespräch nicht erwünscht sei. Mehrere Versuche der IG Metall, ihm doch noch die Teilnahme zu ermöglichen, wurden von Google zurückgewiesen. In einer daraufhin kurzfristig durchgeführten Umfrage auf der Facebook-Gruppe der YouTubers Union sprachen sich deren Mitglieder eindeutig dafür aus, das Gespräch unter diesen Umständen nicht stattfinden zu lassen…“ IG Metall-Meldung vom 28.10.2019 externer Link
  • Arbeitsbedingungen von Youtubern: Der Druck hat gewirkt 
    Der Druck hat gewirkt: Am letzten Tag der von uns gesetzten Frist ist bei der IG Metall eine Reaktion von Google Deutschland eingegangen. Google Deutschland erläutert darin, dass sie selbst „ein hohes Interesse am Erfolg und der Zufriedenheit der YouTube Creator“ hätten: „Deshalb wissen wir das zuletzt von Gewerkschaftsseite geäußerte Interesse an einer weiteren Unterstützung der Arbeit der YouTube Creator zu schätzen.“ Google Deutschland hat zu einem Treffen im Berliner Google-Büro eingeladen. Wir werden das Gesprächsangebot annehmen. Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall: „Der Druck, den wir gemeinsam mit der YouTubers Union auf Google und YouTube gemacht haben, hat sich gelohnt. Es ist uns gelungen, Google an den Tisch zu holen.“ (…) Bei den nun anvisierten Treffen in Berlin sollen laut Google Deutschland „einige grundlegende Fragen der Zukunft der Arbeit“ diskutiert werden. „Wir freuen uns auf die Gespräche und wollen einen raschen Termin“, so Christiane Benner. Dort werde sich zeigen, zu welchen Änderungen YouTube bereit ist.“ Jörg Sprave, Gründer der YouTubers Union betont: „Diese hochkarätige Einladung hätte es ohne unser Engagement nicht gegeben. Die YouTubers Union ist in den vergangenen vier Wochen gewachsen – von 15.000 auf über 23.000 Mitglieder. Das stärkt uns den Rücken für die Gespräche.“…“ IG Metall-Meldung vom 26. August 2019 externer Link
  • FairTube-Ultimatum läuft ab: YouTube lädt Gewerkschaften zum Gespräch 
    „… Und sie bewegt sich doch: YouTube hat IG Metall und die YouTubers Union zu Gesprächen in das Berliner Büro der Videoplattform eingeladen. Die Gewerkschaften hatten das Unternehmen mit der Kampagne FairTube dazu aufgerufen, Youtubern mehr Transparenz und Mitspracherechte zu gewähren. Auf die Forderungen und ein damit verbundenes Ultimatum hatte YouTube bisher ablehnend reagiert. In der offiziellen Antwort des YouTube-Mutterkonzern Google heißt es laut IG Metall nun, man habe „ein hohes Interesse am Erfolg und der Zufriedenheit der YouTube Creator.“ Deshalb wisse Google „das zuletzt von Gewerkschaftsseite geäußerte Interesse an einer weiteren Unterstützung der Arbeit der YouTube Creator zu schätzen.“ Der Konzern habe FairTube zu einem Treffen in sein Berliner Büro eingeladen, um „einige grundlegende Fragen der Zukunft der Arbeit zu diskutieren“, heißt es in dem Schreiben weiter. FairTube ist eine Kampagne von IG Metall und YouTubers Union. (…) Die Forderungen von FairTube waren mit einer Frist verbunden, die heute endet. Hätte YouTube bis dahin keine Gespräche aufgenommen, drohte die Kampagne mit Klagen: Einerseits wegen eventueller Scheinselbstständigkeit von Videoschaffenden, andererseits wegen möglichen DSGVO-Verstößen. Der Countdown wird jetzt aber erst einmal angehalten, so die IG Metall zu netzpolitik.org…“ Beitrag von Maximilian Henning vom 23. August 2019 bei Netzpolitik externer Link
  • YouTuber und IG Metall setzen YouTube Frist für Verhandlungen 
    Die Kampagne FairTube fordert Transparenz, unabhängige Schlichtungen und Mitsprache für YouTuber. Dahinter stehen die Organisation YouTubers Union und die Gewerkschaft IG Metall. Falls der Konzern in einem Monat keine Verhandlungen begonnen hat, will FairTube ihn verklagen – wegen Scheinselbstständigkeit und DSGVO-Verstößen. (…) Die YouTubers Union wurde im Frühjahr 2018 als Antwort auf die „Adpocalypse“ gegründet externer Link: Änderungen an der Art, wie YouTube Werbung auf Videos verteilte, führte für viele YouTuber zu starken Einbrüchen ihrer Einkünfte. Die YouTubers Union ist bisher als öffentliche Facebook-Gruppe organisiert externer Link und hat aktuell fast 17.000 Mitglieder. Beitreten können YouTuber und Zuschauer. Eine Umwandlung in eine formale Organisation sei derzeit nicht geplant, sagte eine Sprecherin der IG Metall auf Anfrage von netzpolitik.org. „Es ist und bleibt eine Internet-Bewegung“. Gegründet hat die Organisation Jörg Sprave, Betreiber des „Slingshot Channels“ externer Link, auf dem er selbstgebaute Schleudern präsentiert. Auch seine Videos wurden schon ohne Angaben von Gründen demonetarisiert externer Link. Er traf sich bereits mehrere Male mit Vertretern von YouTube. „Viel ändern konnten wir bisher allerdings nicht“, sagt er im Ankündigungsvideo von FairTube. „Aber genau das ändert sich jetzt.“ Die erste Forderung von FairTube ist die volle Transparenz von YouTube. „Veröffentlicht alles, Regeln, Kategorien, Verfahren“, fordert Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall, im Ankündigungsvideo der Kampagne. YouTuber müssten zum Beispiel nachvollziehen können, aus welchen Gründen ihre Videos in bestimmte Kategorien eingeteilt wurden. (…) FairTube fordert eine neutrale Schlichtungsstelle, die bei Konflikten zwischen Arbeiterinnen und YouTube vermitteln soll. „YouTube nennt die YouTuber Partner. Aber das ist keine Partnerschaft auf Augenhöhe. Die ganze Macht gehört YouTube“, sagt Benner. „Und das kann so nicht weitergehen.“ Als Beispiel verweist sie auf die von der IG Metall eingerichtete Ombudsstelle für sogenannten Crowdworker externer Link. Diese vermittelt zwischen Arbeitern und Plattformen, die einfache Online-Jobs wie zum Beispiel die Suche nach Bugs oder das Schreiben kleiner Texte anbieten. Vorher müssen die Plattformen allerdings dem „Crowdsourcing Code of Conduct“ externer Link beitreten. Die YouTuber wollen allerdings nicht bis zu einer Ombudsstelle gehen müssen, sondern schon vorher mit Menschen sprechen, wenn sie sich mit Anliegen oder Beschwerden an YouTube wenden…“ Artikel von Maximilian Henning vom 30.07.2019 bei Netzpolitik externer Link

    • Und darin auch was wir bereits ahnten: „… Bevor diese Klagen jedoch eingereicht werden, gibt die Kampagne YouTube bis zum 23. August Zeit, um Verhandlungen zu beginnen. In dieser Zeit seien noch keine konkreten Aktionen vorgesehen, teilte IG Metall auf Anfrage mit. FairTube ruft auch alle YouTuber dazu auf, der IG Metall beizutreten. „Mit der IG Metall im Rücken sind wir richtig schlagkräftig, und die Hilfslosigkeit, die ist vorbei“, sagte Sprave…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152005
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