Vor dem DGB-Kongress im Mai: DGB vollzieht eine Rolle rückwärts bei den deutschen Klimazielen

Dossier

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter für KlimaschutzBeim DGB-Bundeskongress vom 13. bis 17. Mai in Berlin droht eine klimapolitische Neupositio­nierung des Dachverbands der deutschen Gewerkschaften. In einem Antrag des Bundesvorstands zum Themenbereich Energie, Klima und Verkehr, der gerade an die 400 Delegierten des obersten Gremiums des Gewerkschaftsbunds verschickt wird, heißt es nur noch: „Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften unterstützen die Klimaziele von Paris.“ Im ursprünglichen Antragsentwurf vom Januar, der der taz vorliegt, hatte der DGB hingegen noch die „Klimaschutzziele auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene“ unterstützt, darunter explizit den „Klimaschutzplan 2050“, in dem die Bundesregierung 2016 die Umsetzung ihres Klimaziels konkretisierte. Im neuen Antrag wird der Klimaschutzplan hingegen nur noch kritisch kommentiert. (…) Tatsächlich steckt hinter der Änderung wohl vor allem die Bergbau- und Energiegewerkschaft IG BCE. Diese hatte schon bei der Verabschiedung des Klimaschutzplans scharfe Kritik geübt. (…) Deutliche Kritik am neuen Antragstext kommt von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Wir stehen zum Klimaschutzplan 2050 mit Zielen für alle Sektoren“, sagte Verdi-Energieexperte Reinhard Klopfleisch der taz. „Und wir würden uns wünschen, dass auch der DGB eine solche Position weiterhin unterstützt.“ Ein Änderungsantrag von Verdi, zum ursprünglichen Text zurückzukehren, wurde von der DGB-Antragskommission aber abgelehnt. Eine Änderung ist nun nur noch durch einen Antrag beim Kongress selbst möglich. Ob dieser eine Mehrheit finden würde, ist aber offen. Denn auch die IG Metall, die in der Vergangenheit einen progressiven energiepolitischen Kurs vertreten hat, hat den Änderungswunsch der IG BCE nach taz-Informationen mitgetragen…“ Artikel von Malte Kreutzfeldt vom 20.4.2018 externer Link: „Vor dem DGB-Kongress im Mai: Auf Distanz zum Klimaschutzplan. Das Bekenntnis zum deutschen Klimaschutzziel wurde aus einem Antragsentwurf des Vorstands herausgestrichen. Verdi ist empört“, siehe dazu einen kleinen, kommentierten Überblick von Volker Bahl (wir danken!) und nun eine Petition:

  • Verschärfter Antrag angenommen: DGB lenkt beim Klima ein New
    Nach Protesten bekennt sich der Vorstand wieder zum deutschen Klimaschutzziel. Er verhindert damit offenen Streit beim Bundeskongress. Am Ende war der Druck zu hoch: Um einen offenen Konfilikt mit unsicherem Ausgang beim laufenden DGB-Bundeskongress zu verhindern, hat der Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds seinen Grundsatzantrag zum Klima wieder ein Bekenntnis zu den deutschen Klimazielen eingefügt. (…) Mit einem Änderungsantrag, der am Dienstag veröffentlicht wurde, kehrte der DGB-Vorstand dann weitgehend zur ursprünglichen Version zurück. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften unterstützen nun den Klimaschutzplan 2050, mit dem die Bundesregierung konkrete CO2-Minderungsziele für einzelne Sektoren beschlossen hat. Dieser Plan stelle „eine sinnvolle Grundlage dar, anhand derer der Weg in eine kohlenstoffarme Wirtschaft diskutiert werden kann“, heißt es im neuen Antrag externer Link. Gegen die zunächst verschickte Version war eine Petition verfasst worden, die innerhalb kurzer Zeit von mehr als 45.000 Gewerkschaftsmitgliedern unterzeichnet worden war. (…) Mit dem Umschwenken hat der DGB-Vorstand verhindert, dass es beim Bundeskongress in Berlin zu einer Kampfabstimmung kommt. Vor allem aus der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte es im Vorfeld Signale gegeben, den ursprünglichen Antrag nicht mitzutragen. Die Energiegewerkschaft IG BCE wehrt sich hingegen weiter gegen die deutschen Klimaziele. „Deutschlands Klimapolitik lässt sich nicht mit Abschaltbeschlüssen erfolgreicher machen“, hieß es in einem Papier, dass die IG BCE beim Kongress auslegte. Offenen Widerstand gegen die Änderung gab es von der IG BCE am Abend bei der Debatte aber nicht. (…) In geheimer Abstimmung stimmten am Ende 249 von 355 Delegierten für die Annahme des veränderten Antrags. Der Verfasser der Petition, Oliver Wagner, zeigte sich damit zufrieden. „Es wäre fatal gewesen, wenn der DGB die Klimaziele aufgegeben hätte“, erklärte er. Eine gemischte Bewertung kam von Greenpeace: „Der DGB ist auf dem richtigen Weg, wenn er die Klimaziele von Paris und den Klimaschutzplan der Bundesregierung bekräftigt“, sagte Sprecher Christoph von Lieven. Allerdings sei die Position dennoch „zu verzagt“...“ Artikel von Malte Kreutzfeldt vom 16.5.2018 bei der taz online externer Link
  • »Es ist nicht allein Donald Trump … Kathrin Gerlof beobachtet, wie der DGB sich in der postfaktischen Umweltdebatte eingerichtet hat 
    „… In fünf Tagen beginnt der Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der macht sich, das ist sein Job, um die Zukunft der Arbeit Gedanken. Dabei muss und darf er sich keine Platte um die Zukunft des Planeten machen. Das ist der Job und das Leben der Anderen. Bei Gewerkschaften weiß man eine Menge über Arbeitsteilung – dein Bier, mein Bier und so. Wir kümmern uns um gute Arbeit, irgendwelche Fuzzis, die wahrscheinlich nicht arbeiten, werden doch wohl bitteschön im Gegenzug was fürs Klima tun können. (…) Der Bundesvorstand wird also einen Antrag einbringen, in dem steht, dass der DGB die Klimaziele von Paris unterstützt. Noch kurz zuvor, immerhin, auch wenn uns das den Arsch nicht retten wird, war der Vorstand der Meinung, der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung müsse unterstützt werden. Nun hat er wohl festgestellt, dass es viel besser ist, sich auf die völlig unverbindlichen Nicht-Aussagen des Pariser Abkommens zu beziehen. Ihm ist nämlich klar geworden, dass der Klimaschutzplan »Zielkonflikte« auslöst und dass es »für deren Bearbeitung bisher noch zu wenig adäquate Instrumente gibt«. (…) Gewerkschaften sind so eine Sache. Sie müssen Vollbeschäftigung wollen. Denken sie. Und zwar egal, wie der Job heißt. Die Bergbau- und Energiegewerkschaft IG BCE, die mit dem DGB-Vorstand wohl ein bisschen geschimpft hat, lehnt so ziemlich jedes Klimaschutzziel ab. Die will, dass ihre Leute auch noch Kohle fördern, wenn wir alle tot sind…“ Kommentar von Kathrin Gerlof vom 08.05.2018 beim ND online externer Link
  • [Petition] Der DGB verkohlt uns – Schlechtes Klima im DGB – DGB muss sich zum Klimaschutz bekennen! 
    Der DGB-Vorstand will umschwenken – und sich gegen die deutschen Klimaziele wenden. Bei vielen Gewerkschaftern sorgt das für großen Unmut. Sie wissen, dass eigentlich Erneuerbare Energien die Arbeitsplätze der Zukunft bringen. Auch Verdi-Mitglied Oliver Wagner kann es nicht fassen. Er streitet nun mit einer Petition dafür, dass sich der DGB konsequent für den Klimaschutz einsetzt. (…) In nur wenigen Tagen, am 13. Mai, entscheidet der DGB-Bundeskongress über den Vorstoß des Vorstandes. Es bleibt kaum noch Zeit, etwas zu bewegen. Und DGB-Boss Reiner Hoffmann soll an dem Tag so viele Unterschriften wie möglich in die Hand bekommen. (…) Als Gewerkschafter/innen sehen wir Arbeitsplätze und Klimaschutz nicht als Gegensatz. Klimaschutz und Energiewende schaffen eine zukunftsfähige, moderne Industrie. Deshalb fordern wir den DGB dazu auf: Bekennt euch klar zu den Klimazielen!WeAct-Appell von Oliver Wagner externer Link

DGB vollzieht eine Rolle rückwärts bei den deutschen Klimazielen

Die Abkehr vom Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung (vgl. schon zu dessen lobby-bedingten Schwierigkeiten: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimaschutzplan-2050-regierung-in-der-klimafalle-a-1119357.html externer Link) entsprechend den Lobby-Zielen der IG BCE und im Gegensatz zum Bundesverband der Deutschen Industrie. (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5497171&s=energie&SuchRahmen=Print/ externer Link)

Ein Antrag von Verdi bei der bisherigen Position – von 2016 – zu bleiben, (siehe den Beschluss von Verdi zur Klimawende von 2016: https://ver-und-entsorgung.verdi.de/themen/energiewende/++co++79aadd7c-6949-11e6-8af9-525400a933ef externer Link) wird von der Antrags-Kommission zum DGB-Kongress im Mai abgelehnt.

Das Kernstück des „Kilimaschutzplanes 2050“ war verbindliche Ziele für die einzelnen Sektoren festzulegen, um die Klimaziele insgesamt noch zu erreichen. Der BDI hatte das bejaht – und die Voraussetzungen dafür genannt: https://bdi.eu/artikel/news/neue-bdi-studie-klimaschutz-braucht-investitionsturbo/ externer Link)

Jetzt – nach dieser Ablehnung des Antrags von Verdi – ist nur noch ein neuer und direkter Antrag beim Kongress selber noch möglich (Aussichten: ziemlich chancenlos)(Zu der Position von Verdi vgl. ihre Studie zum Kohleausstieg: https://www.verdi.de/themen/nachrichten/++co++3f6b93d6-7b32-11e6-9b97-525400b665de externer Link).

Auch die IG Metall unterstützt – inzwischen – diesen Rückzieher auf eine klimafeindlichere Position, weil viele Betriebsräte in der Autobranche die schärferen Zielvorgaben des „Klimaschutzplanes 2050“ der Bundesregierung für den Verkehrssektor fürchten.

Die kritischere Position von Verdi dürfte somit auf DGB-Ebene „untergehen“ (http://www.taz.de/!5497171/ externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=130952
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