Der DGB als stiller Teilhaber von Schwarz-Rot? Die Gewerkschaften geben einer Großen Koalition politischen Kredit. Das ist riskant

Schon vor der Bundestagswahl konnte kein Zweifel sein: Die Spitzenfunktionäre von zwei der drei größten Einzelgewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund, der IG Metall und der IG Bergbau-Chemie-Energie, setzten für die neue Legislaturperiode auf eine Große Koalition. Schwarz-Rot war ihre Perspektive. Die ebenfalls mitgliederstarke Gewerkschaft ver.di war da eher zurückhaltend, sie ist politisch etwas bunter gefärbt. Im DGB-Vorstand schloss man sich der Option von IGM und IGBCE an. Und für die Entscheidung der SPD-Spitze, eine regierende Partnerschaft mit der CDU/CSU anzustreben, waren Ratschläge aus gewerkschaftlichen Führungskreisen gewiss förderlich. Naiv wäre die Annahme, in den Vorstandsetagen des DGB und seiner Mitgliedsverbände hätte auch das Projekt einer rot-rot-grünen Bundesregierung Unterstützung finden können; ein „linkes Lager“-Denken hat hier keine Chance. Sympathisanten der Linkspartei finden sich in nennenswerter Zahl nur in der unteren Funktionärsschicht der Gewerkschaften, und die Grünen gelten zumeist als gewerkschaftsfremd…“ Artikel von Arno Klönne in telepolis vom 12.11.2013 externer Link

Aus dem Text: „… Vor der Bundestagswahl, so bei den Maikundgebungen, hat es nicht an starken Worten gewerkschaftlicher Repräsentanten gefehlt, in der deutschen Politik sei ein entschiedener Kurswechsel fällig. Von einer „Wende“ hin zur „sozialen Republik“ war die Rede; nun sei eine „Umverteilung von oben nach unten“ dran. Die großkoalitionären Verhandlungen jetzt sind frei von solchen Ambitionen. Steuerpolitisch ist Umwälzendes gar nicht mehr im Gespräch; sozialpolitisch sind einige Reparaturarbeiten in Aussicht genommen, die teilweise gewerkschaftlichen Forderungen entgegenkommen, aber keineswegs bedeuten, dass neue gesellschaftspolitische Ziele angesteuert würden.
Als symbolischer Erfolg auch für gewerkschaftliche Wünsche verbleibt die Einigung auf einen irgendwie mit Staatshilfe verordneten Mindestlohn. Dass dieser großflächig die Armutsrisiken ausräumen wird, ist nicht zu erwarten… Für die regierungspolitischen Überlegungen der Vorstände von Industriegewerkschaften und der einflussreichen Großbetriebsräte, die ja ihre Sitze auch in den Aufsichtsräten der Konzerne haben , ist entscheidend: Von einer Großen Koalition können sie erwarten, dass diese die Interessen des großindustriellen, exportorientierten Kapitals pflegt, damit auch jener Stammbeschäftigten, die das Zentrum der Mitgliederschaft von IGM und IGBCE bilden. In dieses Kalkül ist die Partnerschaft mit den industriellen Arbeitgebern eingeschlossen. (…) In den Vorständen der DGB-Gewerkschaften wird zudem erwartet, eine Große Koalition werde dem eigenen organisationspolitischen Interesse nützlich sein. Ein Beispiel auch dafür: Seit längerem schon wünscht man sich hier, unterstützt von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, eine gesetzlich vorgeschriebene „Tarifeinheit“ in den Betrieben. Das Streikrecht würde dabei eingeschränkt, aber eingedämmt die Konkurrenz von Seiten kleiner, aktivistischer Spartengewerkschaften außerhalb des DGB, wie etwa des Lokführerverbandes
…“

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