Unheimlich still. Januarstreik. Vor 100 Jahren begann der bis dahin größte politische Ausstand der deutschen Geschichte

USPD 1917„… Als im August 1914 der Krieg begann, hatten die Führer der freien Gewerkschaften alle laufenden Arbeitskämpfe sofort abgebrochen. Die Mitglieder wurden durch den Beschluss, fortan keine Streikunterstützung mehr auszuzahlen, wirksam diszipliniert. Dazu trat eine gerade in der Gewerkschaftspresse besonders intensive ideologische Beeinflussung im Sinne des »Burgfriedens«. Zog das nicht, dann kam die Polizei – unter dem verhängten Belagerungszustand stand der auf die Militärbehörden übergegangenen staatlichen Exekutive ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfolgung und Ahndung jeder »Störung« der Kriegführung zur Verfügung. Bis zum Januar 1918 hatten in Deutschland dennoch zahlreiche »wilde« Lohnstreiks und auch einige politische Massenstreiks – also Aktionen, die über den Rahmen einzelner Unternehmen und Werke hinausgingen und sich außerdem nicht allein um Lohn- und Ernährungsfragen drehten – stattgefunden. Der erste war der »Liebknechtstreik« vom 28. Juni 1916, dem Tag, an dem der Prozess gegen den am 1. Mai 1916 auf dem Potsdamer Platz verhafteten Karl Liebknecht begann. Er blieb auf Berlin beschränkt, erfasste aber etwa 55.000 Arbeiterinnen und Arbeiter. (…) Nach dem Liebknechtstreik verstärkten die aufgeschreckten Spitzen von SPD und Gewerkschaften ihre Polemik gegen die »Generalstreikapostel«. Die Militärbehörde assistierte, indem sie die Einziehung der identifizierten »Hetzer« verfügte oder sie ihn »Schutzhaft« nehmen ließ. (…) Nachdem sich die Lebensbedingungen im Winter 1916/17 für die Masse der Bevölkerung katastrophal verschlechtert hatten, streikten Mitte April 1917 in Berlin mehr als 200.000 Arbeiter, in Leipzig 30.000, in Magdeburg und Kiel je etwa 10.000, einige tausend in anderen Städten. (…) Der Gewerkschaftsbürokratie gelang es zwar noch einmal, sich in die Bewegung zu drängen und den Streik abzuwürgen, sie verschliss dabei aber ihre Autorität. Als Ende Januar 1918 ein neuer Massenstreik losbrach, unternahmen die Vorstände der Gewerkschaften gar nicht erst den Versuch, sich einzuschalten…“ Artikel von Leo Schwarz in der jungen Welt vom 27.01.2018 externer Link

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