Serie zur Novemberrevolution von Winfried Wolf

Kundgebung "November 2018 - 100 Jahre unvollendete Revolution" am 8.11.2018 in BerlinKaum ein Tag vergeht, an dem nicht in Kommentaren, Rückblicken und Dokumentationen der Revolution gedacht wird, die vor 100 Jahren in Deutschland stattfand. Allerdings verfälscht die große Mehrheit dieser Beiträge das, um was es damals ging. Die tatsächlichen Errungenschaften der Revolution – Frieden, Frauenwahlrecht, demokratische Grundrechte – werden nicht ausreichend gewürdigt. Die tatsächlichen Ziele der Revolution – direkte Demokratie bzw. eine Kontrolle eines Parlamentes durch Räte, gewählt von der arbeitenden Bevölkerung, werden so gut wie nie erwähnt. Und die tatsächliche Gewalt, ausgehend von Freikorps, Reichswehr und frühen faschistischen Gruppen, mit der gegen diese berechtigten Forderungen und gegen die Arbeiterräte vorgegangen wurde, wird nicht nur verschwiegen. Meist wird die Wirklichkeit auf den Kopf gestellt und behauptet, die Revolution selbst sei gewalttätig gewesen. Wir bringen auf den NachDenkSeiten in drei Teilen einen ausführlichen Text von Winfried Wolf zur Novemberrevolution, zur Bayerischen Räterepublik und zur aktuellen Debatte über diese Ereignisse. Diesem Text lag ursprünglich ein in Kassel und Stuttgart gehaltenes Referat des Verfassers zugrunde, welches sich vor allem auf Klaus Gietinger, Der verpasste Frühling, auf Sebastian Haffner, Der Verrat und auf Richard Müller, Die Geschichte der Revolution stützt…“ Vorbemerkung der Nachdenkseiten zur 3teiligen Serie:

  • (Teil 2) Die Bayerische Räterepublik – Bauernräte inklusive
    „… In dieser Darstellung kann nicht dieses breite Spektrum der Revolution abgedeckt werden. Das ist auch nicht der Anspruch dieser Arbeit. Auf Bayern soll jedoch gesondert eingegangen werden. Es handelt sich immerhin um das einzige Land im Reichsgebiet, in dem ein Modell direkter Demokratie mit Arbeiterräten, gepaart mit einer parlamentarischen Regierung, zunächst erfolgreich war und in dem es eine Reihe anderer interessanter Besonderheiten gab. Dass in Bayern die Uhren anders ticken, gilt in Deutschland als Allgemeingut. Allerdings ist damit heute in der Regel gemeint, dass es dort oft mehr als anderswo in Deutschland reaktionäre Tendenzen gibt und dass zum Beispiel die CSU traditionell deutlich rechts von ihrer Schwesterpartei steht. (…) Die Negativtitulierungen treffen kaum die Gefühle, die die bayerische Bevölkerung in ihrer Mehrheit Eisner entgegenbrachte. Generell versetzt die Entwicklung in Bayern in den Jahren 1918/19 uns heutzutage vielfach ins Erstaunen. Hier fand die Revolution früher als anderswo im Deutschen Reich statt.[4] Sie war tiefer als im sonstigen Reich in der Bevölkerung verankert. Sie konnte sich so lang wie nirgendwo sonst im Reich an der Macht halten. Sie hatte zutiefst demokratischen Charakter. Und sie war, wie überall im Reich, gutmütig und vor dem Eingreifen der Konterrevolution großzügig. Sie vermied solange viele der Fehler, die in Berlin begangen wurden, wie ihr führender Kopf – Kurt Eisner – lebte...“ Teil 3 des Beitrags von Winfried Wolf bei den NachDenkSeiten vom 7. Dezember 2018 externer Link
  • (Teil 2) Die Revolution in Deutschland und die Debatte anlässlich des 100. Jahrestags
    „… Diejenigen, die akzeptieren, dass es überhaupt eine Revolution in Deutschland gab, stellen diese in der Regel als die Tat weniger dar. Teilweise als Theateraufführung oder Operette, teilweise als Putsch. Oft als Resultat einer Kabinettspolitik. Dabei gelegentlich als völlig unnötig. (…) Was es im November 1918 und danach in Deutschland gab, das war eine zutiefst demokratische, von breiten Massen getragene Revolution, eine weitreichende Umwälzung der politischen Verhältnisse. Die deutsche Revolution hatte eine breitere soziale Basis und damit eine größere demokratische Legitimation als die Oktoberrevolution in Russland (was natürlich auch darauf zurückzuführen war, dass in Russland 1917 die Arbeiterklasse eine deutliche Minderheit darstellte und die große Mehrheit der Bevölkerung auf dem Land lebte). Diese Novemberrevolution hatte das Ziel einer direkten Demokratie, wie sie im Wesentlichen durch die Arbeiter- und Soldatenräte zum Ausdruck gebracht wurde. Sie war weitgehend unblutig, insoweit es die Revolutionäre betrifft. Und sie war gnadenlos gutmütig und idealistisch – zu gutmütig angesichts ihrer Feinde…“ Teil 2 des Beitrags von Winfried Wolf bei den NachDenkSeiten vom 4. Dezember 2018 externer Link
  • (Teil 1) Novemberrevolution und Bayerische Räterepublik. Begeisternde Versuche einer direkten Demokratie und die Debatten am 100. Jahrestag
    „… In der deutschen Geschichte wird bestenfalls die Revolution von 1848 neutral und latent positiv gesehen. Doch die Novemberrevolution 1918? Gar die Bayerische Räterepublik? Die werden vielfach vergessen oder als Putsch, als „spartakistisch“, als „bolschewistisch“ und als Gewaltausbruch dargestellt. Es handelte sich jedoch um eine reale, um eine tatsächliche Revolution. Um die größte, die es in der bisherigen deutschen Geschichte gab – um eine Revolution mit einer echten Massenbasis, ja, mit einer weit größeren demokratischen Grundlage, als es eine solche 1848 in Deutschland oder 1917 in Russland gab. Es war auch eine äußerst demokratische Revolution. Es war eine höchst gutmütige und – soweit es die Revoltierenden und die Revolutionäre betrifft – eine weitgehend unblutige. Es handelt sich auch um eine Revolution, die Bleibendes schuf. Es waren die Novemberrevolution und ihre Vorläufer, die Massenstreiks in der deutschen Rüstungsindustrie, die das Kriegsende erzwangen und die den Frieden möglich machten. Die Monarchie und die Feudalherrschaft wurden im November 1918 beseitigt: Danach wurde nie mehr, auch nicht in der NS-Zeit und auch nicht nach Ende des Zweiten Weltkriegs über die Wiedereinführung der Monarchie diskutiert. Der Kaiser und die feudalen Zeiten waren ab November 1918 endgültig diskreditiert…“ Serie zur Novemberrevolution – Teil 1 vom 01. Dezember 2018 bei den Nachdenkseiten externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=141995
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