1. Mai: Der Adel der Arbeitslosigkeit

„Fast alle sind sich einig: Der Mensch muss arbeiten, und zwar hart. Dabei sollten wir uns den rein menschlichen Wert des Nutzlosen in Erinnerung rufen, fordert M. Probst.
Es gilt als gesichert, dass Arbeitslosigkeit heute als ein Makel angesehen wird. Es ließe sich die Sache ebenso gut umgekehrt betrachten: Weit davon entfernt, Schande zu sein, ist die Arbeitslosigkeit etwas, das ihre Träger auszeichnen kann, um nicht zu sagen: adelt. Ja doch, sie adelt, die Arbeitslosigkeit. Worauf bereits die um sich greifende Marotte hindeutet, den Arbeitslosen wahlweise als Schmarotzer, Parasit oder Müßiggänger zu bezeichnen – im Rückgriff auf das alte Vokabular und Weltbild der Adelskritik, wie es die um Selbstverständnis ringenden bürgerlichen Kreise zur Zeit der Aufklärung formulierten
…“ Artikel von Maximilian Probst in der Zeit online vom 30.04.2013 externer Link. Aus dem Text:

„… Ob von Leistung die Rede ist, die sich wieder lohnen solle, oder sich in Hamburg Hausbesetzer den dynamisch-flotten Namen „Komm in die Gänge“ ans Revers heften oder die Showmaster der Superstar-und-Modelsendungen im Fernsehen ihre Kandidaten knechten, unisono tönt es von fern und nah: Du musst arbeiten! Und zwar hart. An dir, an den anderen, an allem. Mit dem Ergebnis, dass das hervorstechende Merkmal unserer Zeit der Schweißgeruch ist. (…) Und wollen nicht all jene, die auf Arbeitslose schimpfen, sich einreden, dass ihr Hecheln, Japsen, Keuchen, Ächzen einen nicht hinterfragbaren Sinn hat? Mehr noch: Die Invektiven gegen Hartz-IVler und Plagiatoren sind immer auch ein Sinnstiftungsversuch derjenigen, die uneingestandene Zweifel beschleichen, die heimlich einen Neid nähren gegen die Arbeitslosen und deren Möglichkeit der Muße. Glück ohne Macht, Lohn ohne Arbeit, Titel ohne Mühsal sind verpönt, weil insgeheim verlangt…“

Siehe dazu auch Erwerbslosigkeit als Alltag

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=33562
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