„Ein Jugendlicher wird etwa 10.000 Stunden länger arbeiten als sein Vater“. Ulrich Renz über die Glücksfindung in unserer Gesellschaft

Die durchökonomisierte Gesellschaft und ihr Arbeitswahn ist das Thema des Buches Tyrannei der Arbeit von Ulrich Renz. Telepolis sprach mit dem Mediziner über das Mantra von Politik, Wirtschaft, Medien und Eliten. Interview von Reinhard Jellen in telepolis vom 15.02.2014 externer Link

  • Aus dem Text: „… Unter Mobilmachung verstehe ich, dass immer mehr menschliche Energien in die Wirtschaft gelenkt werden – also dorthin, wo sie Gewinn bringen. Die Beschäftigungsquote wird auf immer neue Rekordstände getrieben, noch nie standen in der deutschen Geschichte so viele Menschen in Arbeitsverhältnissen wie derzeit. Mütter sollen jetzt ihre Babypause auf ein Minimum reduzieren, und aus anderen Ländern werden junge Leute angeworben, auf dass auch deren Qualifikationen hierzulande profitabel gemacht werden, auch wenn sie in deren Heimatländern schmerzhaft fehlen. Heute arbeitet ein Vollzeit-Angestellter durchschnittlich eine knappe Stunde länger in der Woche als er das vor 15 Jahren getan hat, nämlich 43 Stunden. Zum ersten Mal hat sich damit ein Trend umgekehrt, der immerhin schon anderthalb Jahrhunderte angedauert hat: Dass nämlich die Arbeitstage der Menschen immer kürzer wurden. Und genauso ist auch zum ersten Mal seit den Hochzeiten der industriellen Revolution die Lebensarbeitszeit wieder am Steigen. Ein Jugendlicher, der heute am Anfang seines Berufslebens steht, wird etwa 10.000 Stunden länger bei der Arbeit sein als sein Vater oder seine Mutter.  Das ist aber nur die rein quantitative Seite der Mobilisierung. Arbeit hat auch eine andere Qualität angenommen. Die Menschen müssen jetzt mehr ranklotzen. Arbeiten ist härter geworden, dichter, intensiver. Tyrannischer – um es mit dem Begriff aus meinem Buch zu sagen…“
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