Die Austeritätspolitik hat versagt. Offener Brief von Piketty an Merkel

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 9.7.2015

Sorry, vielleicht ist das für heute die einzig „der Achtung werte“ Meldung, die ihr vielleicht noch genauer darstellen könnt (schon weil die Medien sich „obstinat“ weigern, uns den Text des Briefes der fünf Professoren mitzuteilen (= der Kampf gegen das Internetgeschehen?)

Sicher ist das z.B. auch schon von Varoufakis auf Einladung des IMK in Berlin u.a. ausgeführt worden. (http://www.vorwaerts.de/blog/europas-sparkurs-gegen-oekonomische-vernunft externer Link) Was ja sogar ein sehr faire Würdigung von Ulrich Schäfer in der Süddeutschen am 8. Juli 2015 unter der Überschrift „Was von Varoufakis bleibt“ gefunden hat. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-was-von-varoufakis-bleibt-1.2554535?reduced=true externer Link) Diese Würdigung von Ulrich Schäfer schloß mit der Aufforderung, bei allen Fehlern, die er auch gemacht hat, sollte die EU nicht daran hindern, die Debatte, die Varoufakis angestoßen hat, endlich zu führen – und ihre Politik ein gutes Stück zu korrigieren.

Ein offener Brief von Piketty an Merkel – mit gewaltiger Internetverbreitung!

Dem Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty ist es gerade mit einem offenen Brief zur Griechenlandkrise an Angela Merkel gelungen – über dieses
„Internetfundstück“ in wenigen Stunden Tausende oder gar Millionen Mal weltweit verbreitet zu werden. Diesen Brief hatte er am Dienstag mit dem Titel „Der Sparkurs ist gescheitert“ auf der Website des amerikanischen Politik-Magazins „The Nation“ veröffentlicht. (http://www.thenation.com/article/austerity-has-failed-an-open-letter-from-thomas-piketty-to-angela-merkel/ externer Link, und dem Berliner Tagesspiegel ist es jetzt zu danken, dass der Brief auch deutsch in die Medien kam: http://www.tagesspiegel.de/politik/offener-brief-von-oekonomen-an-angela-merkel-jetzt-ist-der-zeitpunkt-die-gescheiterte-sparpolitik-zu-ueberdenken/12021886.html externer Link) Die Mitautoren sind Jeffrey Sachs, Dani Rodrik, Simon Wren-Lewis – und der Deutsche Heiner Flassbeck. Dahinter steckt wohl auch Avaaz, eine – laut Süddeutsche „umstrittene“ – digitale Aktivistenorganisation, die weltweit knapp 42 Millionen Mitglieder zählt -,und die aus der digitalen Organisation „move.on“ hervorgegangen ist. (http://www.sueddeutsche.de/medien/offener-brief-von-kapitalismuskritiker-piketty-wenn-wissenschaftler-kampagne-machen-1.2556450?reduced=true externer Link, In dem englischen Artikel in „The Nation“ gibt es links am Rand auch die Möglichkeit, diesen Brief mit zu zeichnen – über Avaaz.)

So geht dieser Brief Hand in Hand mit der klaren Aussage des französischen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron, „Einen neuen Versailler-Vertrag der Eurozone“ dürfe es nicht geben“ (http://www.taz.de/Krisengipfel-zu-Griechenland/!5211026/ externer Link). Gustav Horns Hoffnungen richteten sich ja jetzt schon frühzeitig auf Frankreich in der Eurozone (vgl. die Seite 2 bei https://www.labournet.de/?p=82884).

Aufhören mit Griechenland als Versuchskaninchen für Austerität

Jedenfalls passt der Brief zu der heute vermeldeten Aussage von Alexis Tsipras, dass er der Ansicht ist, dass Griechenland die letzten fünfeinhalb Jahre so etwas wie ein Versuchskaninchen für Sparpolitik in der Eurozone war (diese Erkenntnis von ihm wird jedoch laut Süddeutsche ihm nichts nützen…) Ich würde eher diese Versuchsanordnung noch ausweiten – und sagen, Griechenland war seit dem Landtagswahlkampf 2010 in NRW von Merkel dazu auserkoren, das Versuchskaninchen für die Herrschaft der Finanzmärkte über schwächere Volkswirtschaften in der „gemeinsamen“ Eurozone abzugeben, als sie lauthals den Spekulanten verkündete, Griechenland kann Pleite gehen – mit allen Folgen der Explosion der Schulden und Zinsen vor allem für Griechenland. (Nebst der gleichzeitigen „wunderbaren“ Zinssenkung für Deutschland und Exportförderung)

P.S.: Es ist ja in diesem Zusammenhang nicht so zentral, aber ich habe schon aus der Süddeutschen die Bezeichnung Kapitalismusgegner bei Piketty nicht übernehmen wollen, denn ob das der Fall ist, darf zumindest bezweifelt werden, denn Peter Kalmbach, weist sehr schön in einem Aufsatz im
„Leviathan“ (Heft 2 / 2015, Seiten 299 ff.) nach, dass Piketty eigentlich den Rahmen der Neoklassik überhaupt nicht verlässt – aber vielleicht beginnt er ja gerade damit…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=83191
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