Bruch mit der EU. Der Ökonom Thomas Piketty formuliert mit Kollegen unorthodoxe Ideen zur Stabilisierung der Euro-Zone

Europa. Anders. Machen. Demo am 20. Juni2015 in Berlin„… Der Kritik Pikettys und seiner Kollegen am Management der Euro-Krise kann jeder anständige Linke zustimmen, etwa wenn vom »toten Winkel der politischen Kontrollmöglichkeiten«, einem »schwarzen Loch der Demokratie« und »postdemokratischer Autokratie« die Rede ist. Ihnen ist auch bewusst, dass »das gesamte ›europäische Projekt‹ auf den Prüfstand« gehört. Ihr Vorschlag sei daher lediglich ein Einstieg in einen längerfristigen Transformationsprozess. Kern ihres Konzepts ist die Schaffung eines Parlaments für die Euro-Zone. Allerdings soll dies nicht, wie das jetzige EU-Parlament, demokratisches Feigenblatt bleiben, sondern zum realen Machtzentrum der Euro-Zone werden. (…) Piketty und Co. wollen ihre Projekt nämlich nicht im Rahmen der EU-Institutionen, ihrer Verträge und Verfahren verwirklichen, sondern als sogenannten intergouvernementalen Vertrag, das heißt mit einem völkerrechtlichen Abkommen, wie es x-beliebige Staaten untereinander abschließen können. Dann hätten weder die Mitgliedsstaaten außerhalb der Euro-Zone dabei mitzureden noch die EU-Kommission oder der Europäische Gerichtshof. Piketty hat begriffen, dass auch nur halbwegs progressive Reformen in der Zwangsjacke der EU-Verträge keine Chance haben. Der Neoliberalismus ist quasi verfassungsmäßig in den EU-Regularien verankert. Man spricht von »neoliberalem Konstitutionalismus«. Auf legalem Wege sind die Verträge nur durch einstimmigen Beschluss aller Mitgliedsstaaten zu ändern. Das macht alle linke Hoffnung, die EU im Rahmen der bestehenden Verträge sozial gerecht und demokratisch zu machen, zur Illusion…“ Besprechung von Peter Wahl in der jungen Welt vom 16.10.2017 externer Link von Stéphanie Henette, Thomas Piketty, Guillaume Sacriste, Antoine Vauchez: Für ein anderes Europa. Vertrag zur Demokratisierung der Euro-Zone, C. H. Beck Verlag, München 2017. 89 S., zehn Euro.

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